Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 78

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Das hat sich durch die gesamten Verhandlungen durchgezogen: Sie haben ein Bud­getprogramm vorgelegt, in dem davon ausgegangen wird, dass es aufgrund der soge­nannten Staats- und Verwaltungsreform massive Einsparungen gibt. – Das soll sein, in dem Punkt sind wir ja Partner, nur haben Sie nicht dazugesagt, dass die Budgetver­handlungsgruppe ein volles Programm von über 3 Milliarden € an Einsparungen einkal­kuliert hat, während die zuständige Verhandlungsgruppe Staatsreform dieselbe als Ganzes abgeblasen hat – als Ganzes! Das darf Sie nicht wundern, wenn Sie ausge­rechnet Herrn Niessl und Herrn Sausgruber in diese Gruppe aufnehmen. Da hätten Sie sich etwas anderes überlegen müssen!

Jetzt haben wir das zwar im Budgetprogramm, allein es ist eine Täuschung. – Ich muss Ihnen das von Anfang an sagen. Man fragt sich, was einem lieber ist: eine streitende Regierung wie früher – eine, die wirklich um etwas streitet –, oder eine, die mit einem Schwindel beginnt.

Jetzt haben Sie eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Im Regierungsprogramm stand noch – ich habe das jetzt herausgesucht; Seite 255 –:

„Der Arbeitsgruppe“, nämlich betreffend diese gloriose Einsparung, „sollen folgende Personen angehören: 1. der Präsident des RH, 2. Prof. Dr. Bernhard Felderer (IHS), 3. Prof. Dr. Karl Aiginger (WIFO), 4. der Bundeskanzler, 5. der Bundesminister für Finan­zen“.

Heute lesen und hören wir, dass der Erste und Wichtigste wahrscheinlich schon abge­sprungen ist, nämlich der Präsident des Rechnungshofes. – Das hätte ich an seiner Stelle auch gemacht, denn sich wieder mit zwei Landeshauptleuten hinzusetzen, die seit Jahrzehnten alles in dem Bereich blockieren, dabei kann er sich nur die Finger ver­brennen! Und außerdem ist es nicht seine Aufgabe, für derartigen Unfug Assistenz zu leisten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zu einem anderen Finanzthema: Leider zieht es sich ja wirklich durch dieses Pro­gramm, dass Sie Ihre Versprechen und Ihren Willen zum neuen Stil dann nicht durch­halten können, wenn es um konkrete Maßnahmen geht, etwa in der Steuerpolitik. – Damit zum Ernst der Sache.

Herr Kopf, wenn Sie sagen, es gibt eine Steuerentlastung für alle, die Steuern zahlen, dann ist das ziemlich zynisch. – Sie meinen: all jene, die Lohn- und Einkommenssteuer zahlen; richtig ist aber natürlich, dass alle in diesem Land eine besonders hohe Abga­ben- und Steuerlast zu tragen haben – MehrwertsteuerzahlerInnen zum Beispiel –, und das trifft gerade die, die besonders wenig verdienen. Das österreichische Steuersys­tem ist mitnichten umverteilend – jetzt schon nicht und in Zukunft noch weniger. (Abg. Kopf: Die geringste Spreizung aller Länder!) Das ist nicht so. Wenn man alle Abgaben und Steuern zusammenzählt, dann kommt das heraus, und genau das verstärken Sie jetzt noch. In Ihrer Politik ... (Abg. Dr. Ferdinand Maier schüttelt dem Bundeskanzler und weiteren Regierungsmitgliedern die Hand.) – Jetzt ist der Raiffeisenkonzern beim Bundeskanzler auch schon; ich habe immer geglaubt, er ist nur beim Vizekanzler. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Jakob Auer: Wenn Sie Stabilität wollen, dann müssen Sie zu Raiffeisen gehen!)

Zurück zum Ernst: Wenn Sie solche Ankündigungen machen, dann wäre es vernünftig, wenn eine Steuerreform so ausschaut, dass auch diejenigen etwas davon haben, die besonders wenig verdienen. Die würden es außerdem – Stichwort Beschäftigungspoli­tik – sofort ausgeben. Das wäre vernünftig!

Langfristig werden wir mit diesem Programm nicht weit hüpfen! Wenn Sie all diese fünf Jahre hindurch fiskalpolitisch nichts anderes machen wollen als das, dann ist diese An­kündigung heute eine Drohung, weil die kalte Progression das in denselben fünf Jah­ren aufgefressen haben wird.

 


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