Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 92

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te, zB sogenannter „Immobilienaktien“, aufgeklärt wurden. Häufig erfolgten Investitio­nen ohne ausreichende Risikostreuung und Wertpapierdepots mit spekulativem Cha­rakter wurden als Tilgungsträger für endfällige (Fremdwährungs-) Kredite herangezo­gen, obwohl sie für einen solchen Zweck völlig ungeeignet sind.

Angesichts dieser gehäuften Fehlberatungen liegen offenkundig massive Mängel im System der Anlageberatungsberufe vor. Um in Zukunft derartige gravierende Bera­tungsfehler zu vermeiden wird daher das System der Anlageberatungsberufe umfas­send zu reformieren sein.

Ein wesentlicher Teil dieser Bemühungen muss ein Verbot pyramidenspielartiger Strukturvertriebe für Finanzinstrumente sein. Nach derartigen Systemen arbeiten zB die bekannten Anbieter AWD, OVB, DVAG, EFS, MLP und andere.

In den letzten 20 bis 30 Jahren entwickelten sich mehrere sogenannte „Finanzvertrie­be“, welche Anlageberatung sowie den Vertrieb von – teils spekulativen – Finanzinstru­menten nach dem Prinzip sogenannter „Strukturvertriebe“ anbieten.

Ein Strukturvertrieb in diesem Sinne ist durch den pyramidenartigen, hierarchisch or­ganisierten Aufbau seiner VerkäuferInnen- bzw. BeraterInnenstruktur charakterisiert, wobei die BeraterInnen regelmäßig als (Schein-) Selbständige agieren. Neu eingestie­gene BeraterInnen sind neben der intensiven KundInnenakquisition gehalten, auch ihrerseits weitere BeraterInnen anzuwerben. Nach komplizierten Bewertungssystemen können dadurch die BeraterInnen in der Struktur der Vertriebspyramide nach oben stei­gen. Die ihnen untergeordneten, insbesondere von ihnen angeworbenen NeuberaterIn­nen bilden ihre Substruktur, an deren erwirtschafteten Provisionserträgen die höherste­henden BeraterInnen wesentlich mitverdienen. Im Beispiel des Strukturvertriebes AWD ist etwa nachgewiesen, dass die Provisionsanteile für die BeraterInnen auf den unters­ten Stufen für von ihnen vermittelte Abschlüsse deutlich geringer sind, als für die Bera­terInnen der oberen Stufen.

Die Finanzvertriebe insgesamt vermitteln Vertragsabschlüsse mit Unternehmen der Fi­nanzwirtschaft und finanzieren sich durch Provisionen, welche das vermittelte Unter­nehmen an den Finanzvertrieb zahlt und mitunter indirekt auf die EndkundInnen ab­wälzt. Den BeraterInnen gegenüber zahlt der Finanzvertrieb anteilige Provisionen je nach der Stellung in der Vertriebspyramide aus. Diese fallen – jedenfalls in den unteren Stufen der Pyramide – regelmäßig deutlich geringer aus als jene Provisionen, die tat­sächlich selbständige VermittlerInnen auf dem freien Markt erzielen könnten.

Die BeraterInnen in einem derartigen Strukturvertrieb tragen somit wirtschaftlich das unternehmerische Risiko genügend KundInnen (und SubberaterInnen) anzuwerben, während sie gleichzeitig in ihren Ertragschancen gegenüber tatsächlich selbständigen FinanzvermittlerInnen eingeschränkt sind. Trotz häufig intensiver organisatorischer Ein­bindung in die Vertriebsstrukturen des Finanzvertriebes (bis hin zu Kleidungsvorschrif­ten, Arbeitszeitvorgaben (zB Vermitteln insb. während der Weihnachtsfeiertrage)) be­stehen durch die Ausgestaltung der Vertragsbeziehung als (Schein-)Selbständige auch massive Probleme bei der sozialrechtlichen Absicherung (Arbeitnehmerschutz, Kran­ken- und Pensionsversicherung, Arbeitslosenversicherung etc.).

Die neu eingestiegenen BeraterInnen werden massivem Druck in der KundInnenakqui­sition ausgesetzt, was zu extrem hohen Arbeitszeiten bei aufgrund der Provisionsstruk­tur geringen Erträgen führt. Es ergibt sich aufgrund der ausbeuterischen Arbeitsbedin­gungen eine hohe Fluktuation der BeraterInnen. Schätzungen zufolge sollen etwa bei AWD bei einem Beraterstand von österreichweit ca. 1600 BeraterInnen jährlich rund 500 BeraterInnen ausscheiden. Bis zur Absolvierung der internen „Wirtschaftsberater­prüfung“ sollen ca. 80-90% der neu eingestiegenen BeraterInnen wieder aussteigen, und finden sich dann in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation wieder: Für die


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