Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 93

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ersten „Einschulungsmonate“ wird den BeraterInnen ein „Provisionsvorschuss“ ge­währt, welcher im Fall AWD nach Ausscheiden der BeraterInnen häufig zurückgefor­dert und eingeklagt wird.

Die hohe Fluktuation und die ständige aggressive Neuanwerbung von EinsteigerInnen in die Pyramide erscheint dabei als Teil des Geschäftskonzeptes: NeueinsteigerInnen sind nämlich gehalten, von Beginn an möglichst viele KundInnenkontakte zu bringen, und bearbeiten zu diesem Zweck insbesondere ihre Verwandten und Bekannten. Bei diesen Personen besteht aufgrund der persönlichen Beziehungen ein besonderer Ab­schlussdruck. Von diesen durch die laufend neu herangezogenen Beratungseinsteige­rInnen ständig ausgedehnten KundInnenkreisen profitiert der Finanzvertrieb insgesamt.

Dies führt neben der wirtschaftlichen Ausbeutung der NeuberaterInnen zu einer weite­ren wesentlichen negativen Auswirkung der pyramidenspielartigen Strukturvertriebe: mangelhafte KundInnenberatung aufgrund hohen wirtschaftlichen Drucks und man­gelnder Kenntnisse.

Durch die geringe Entlohnung, welche ausschließlich aus abschlussbezogenen Provisi­onszahlungen besteht, sind die BeraterInnen wirtschaftlich dem Zwang ausgesetzt, möglichst viele Abschlüsse zu erzielen – unabhängig ob diese im Interesse der Kun­dInnen liegen oder nicht.

Die Beratungstätigkeit erfolgt dabei ab einem sehr frühen Stadium alleine. Regelmäßig werden NeuberaterInnen bereits nach 5-10 Kundengesprächen, die sie in Begleitung einer „Führungskraft“ absolvieren, alleine zu KundInnen ausgesandt. Formell werden sie dabei als FinanzdienstleistungsassistentInnen gem. § 2 Abs 1 Z 15 WAG 2007 tätig – ein freies Gewerbe ohne jeden Befähigungsnachweis. Zwar erhalten nach An­gaben der Finanzvertriebe wie etwa AWD die BeraterInnen intern Schulungen, welche letztlich zur Ablegung der internen „Wirtschaftsberaterprüfung“ und extern zum Erwerb des Befähigungsnachweises für VermögensberaterInnen nach § 136 GewO führen sol­len, diese Schulungen sind jedoch einerseits an die Erreichung bestimmter KundInnen­kontaktzahlen und Erfolgsquoten geknüpft, und bestehen andererseits zu wesentlichen Teilen in Vorträgen über Verkaufspsychologie, die Bedienung der AWD Softwareinstru­mente usw., während inhaltliche finanzwirtschaftliche Kenntnisse insbesondere im Hin­blick auf Risiken nur rudimentär vermittelt werden.

Diese mangelnden Kenntnisse über Funktionsweise und Risiken der Finanzwirtschaft führen dazu, dass die BeraterInnen in ihrer Beratungstätigkeit zu den von ihnen vermit­telten Geschäften ausschließlich auf die ihnen vom Finanzvertrieb zur Verfügung ge­stellten Informationen angewiesen sind.

Das fehlende Risikobewusstsein zeigt sich etwa auch daran, dass in vielen Fällen be­richtet wird, dass die gesetzlich vorgeschriebene Risikoberatung mit Aufnahme eines schriftlichen Beratungsprotokolls von BeraterInnen als bloßer Formalakt dargestellt wurde, wobei vorausgefüllte Formulare den KundInnen mit beschwichtigenden Erklä­rungen zur Unterschrift vorgelegt wurden.

Zusammengefasst zeigt sich daher, dass durch den Strukturvertrieb von Finanzinstru­menten die KundInneninteressen an objektiver und fachkundiger Anlageberatung mas­siv verletzt werden, und gleichzeitig die BeraterInnen in unzumutbarer Weise ausge­beutet werden.

Diesen Missständen kann nur durch ein generelles Verbot der Vermittlung von Finanz­instrumenten nach Art eines Strukturvertriebes begegnet werden.

Eine derartige Regelung der zulässigen Organisation von Berufsausübung in sensiblen Bereichen ist dem österreichischen Recht nicht fremd, denkt man etwa an die entspre­chenden berufsrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Ausübung der Rechtsanwalt-


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