ersten „Einschulungsmonate“ wird den BeraterInnen ein „Provisionsvorschuss“ gewährt, welcher im Fall AWD nach Ausscheiden der BeraterInnen häufig zurückgefordert und eingeklagt wird.
Die hohe Fluktuation und die ständige aggressive Neuanwerbung von EinsteigerInnen in die Pyramide erscheint dabei als Teil des Geschäftskonzeptes: NeueinsteigerInnen sind nämlich gehalten, von Beginn an möglichst viele KundInnenkontakte zu bringen, und bearbeiten zu diesem Zweck insbesondere ihre Verwandten und Bekannten. Bei diesen Personen besteht aufgrund der persönlichen Beziehungen ein besonderer Abschlussdruck. Von diesen durch die laufend neu herangezogenen BeratungseinsteigerInnen ständig ausgedehnten KundInnenkreisen profitiert der Finanzvertrieb insgesamt.
Dies führt neben der wirtschaftlichen Ausbeutung der NeuberaterInnen zu einer weiteren wesentlichen negativen Auswirkung der pyramidenspielartigen Strukturvertriebe: mangelhafte KundInnenberatung aufgrund hohen wirtschaftlichen Drucks und mangelnder Kenntnisse.
Durch die geringe Entlohnung, welche ausschließlich aus abschlussbezogenen Provisionszahlungen besteht, sind die BeraterInnen wirtschaftlich dem Zwang ausgesetzt, möglichst viele Abschlüsse zu erzielen – unabhängig ob diese im Interesse der KundInnen liegen oder nicht.
Die Beratungstätigkeit erfolgt dabei ab einem sehr frühen Stadium alleine. Regelmäßig werden NeuberaterInnen bereits nach 5-10 Kundengesprächen, die sie in Begleitung einer „Führungskraft“ absolvieren, alleine zu KundInnen ausgesandt. Formell werden sie dabei als FinanzdienstleistungsassistentInnen gem. § 2 Abs 1 Z 15 WAG 2007 tätig – ein freies Gewerbe ohne jeden Befähigungsnachweis. Zwar erhalten nach Angaben der Finanzvertriebe wie etwa AWD die BeraterInnen intern Schulungen, welche letztlich zur Ablegung der internen „Wirtschaftsberaterprüfung“ und extern zum Erwerb des Befähigungsnachweises für VermögensberaterInnen nach § 136 GewO führen sollen, diese Schulungen sind jedoch einerseits an die Erreichung bestimmter KundInnenkontaktzahlen und Erfolgsquoten geknüpft, und bestehen andererseits zu wesentlichen Teilen in Vorträgen über Verkaufspsychologie, die Bedienung der AWD Softwareinstrumente usw., während inhaltliche finanzwirtschaftliche Kenntnisse insbesondere im Hinblick auf Risiken nur rudimentär vermittelt werden.
Diese mangelnden Kenntnisse über Funktionsweise und Risiken der Finanzwirtschaft führen dazu, dass die BeraterInnen in ihrer Beratungstätigkeit zu den von ihnen vermittelten Geschäften ausschließlich auf die ihnen vom Finanzvertrieb zur Verfügung gestellten Informationen angewiesen sind.
Das fehlende Risikobewusstsein zeigt sich etwa auch daran, dass in vielen Fällen berichtet wird, dass die gesetzlich vorgeschriebene Risikoberatung mit Aufnahme eines schriftlichen Beratungsprotokolls von BeraterInnen als bloßer Formalakt dargestellt wurde, wobei vorausgefüllte Formulare den KundInnen mit beschwichtigenden Erklärungen zur Unterschrift vorgelegt wurden.
Zusammengefasst zeigt sich daher, dass durch den Strukturvertrieb von Finanzinstrumenten die KundInneninteressen an objektiver und fachkundiger Anlageberatung massiv verletzt werden, und gleichzeitig die BeraterInnen in unzumutbarer Weise ausgebeutet werden.
Diesen Missständen kann nur durch ein generelles Verbot der Vermittlung von Finanzinstrumenten nach Art eines Strukturvertriebes begegnet werden.
Eine derartige Regelung der zulässigen Organisation von Berufsausübung in sensiblen Bereichen ist dem österreichischen Recht nicht fremd, denkt man etwa an die entsprechenden berufsrechtlichen Vorschriften hinsichtlich der Ausübung der Rechtsanwalt-
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