Zweites Beispiel: Strafverfahren gegen Grasser und Julius Meinl. – Wieder eine Person aus dem Nahbereich der ÖVP. Das Thema ist relativ klar im Zusammenhang mit dem Finanzminister: schwerer Betrug und Untreue im Zusammenhang mit Meinl European Land und Meinl International Power.
Es geht schlicht um die Frage: Sind tausende Kleinanleger in diesem Land durch den Namen des Finanzministers geblendet und abgezockt worden? – Das soll dieses Verfahren klären. Seit dem Jahr 2007 gibt es diesbezüglich eine Anzeige, aber kein Ergebnis. Und auch hier liegt es an Ihnen, Frau Justizministerin, klar zu machen, dass gute Kontakte zur Politik jedenfalls nicht davor schützen, dass dieser Sachverhalt konsequent und schnell untersucht wird. (Beifall bei den Grünen.)
Nächstes Beispiel – diesmal nicht im Nahbereich und diesmal nicht im Dunstkreis der ÖVP, sondern im Herzen der ÖVP –: der ehemalige Innenminister Platter. Verfahrensgegenstand: Verdacht auf Amtsmissbrauch. – Rückblende, 2007: Erstmals kommt die Familie Zogaj in die mediale Debatte, und das Innenministerium in die Defensive. Da ist etwas passiert, was für den Rechtsstaat einzigartig ist: Der Polizeicomputer wurde massiv beschäftigt, es hat Abfragen gegeben. Und am nächsten Tag hat eine beispiellose Medienoffensive des Innenministeriums begonnen, um die öffentliche Stimmung gegen die Familie Zogaj zu beeinflussen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Das ist der Gegenstand dieses Verfahrens. Es hat 38 Einvernahmen gegeben. Auch dieses Verfahren läuft seit 2007 – immer noch ohne Ergebnis.
Frau Bundesministerin, auch hier das Ersuchen: Die Behörden sollen das konsequent untersuchen.
Nächstes und letztes Beispiel: das Strafverfahren gegen den Staatsanwalt Schön. – Diese Sache ist hier weniger bekannt. Eines Tages kommt der Anwalt Eichenseder zum Staatsanwalt Schön und übergibt ihm – er vertritt einen Promianwalt in einem Scheidungskrieg – eine Strafanzeige. Allein diese Vorgangsweise ist unüblich. Normalerweise läuft eine derartige Strafanzeige in der Einlaufstelle ein. Wie sich herausstellt, sind Eichenseder und Schön gute Freunde. Wie sich weiter herausstellt, ist Schön für diese Strafanzeige an sich gar nicht zuständig. Er zieht die Strafanzeige an sich. Das hat den Vorteil, dass er dadurch indirekt auch zuständig wird für eine Strafanzeige, die gegen den Promianwalt gerichtet ist.
Was macht der nicht zuständige Staatsanwalt? – Er stellt die Anzeige gegen den Promianwalt ein und erhebt Anklage gegen die Ehefrau des Promianwalts.
Da ist mein Appell auch relativ klar: Das gehört aufgearbeitet und untersucht. Ist das die Spitze eines Eisbergs oder ist das ein Einzelfall? – Es liegt in Ihrer Verantwortung, hier Licht ins Dunkel zu bekommen.
Und, damit kein Missverständnis entsteht, ich habe da ein gerüttelt Maß an Distanz. Ich verlange nicht von Ihnen, dass bestimmte Ergebnisse durch die Staatsanwaltschaft erzielt werden, sondern ich will eines sichergestellt wissen: Ich will, dass Sie sicherstellen, dass die Staatsanwaltschaft in diesen heiklen Verfahren konsequent ermitteln darf und dann im Sinne des Rechtsstaats die notwendigen Schritte in die eine oder andere Richtung einleitet. (Beifall bei den Grünen.)
Ich habe auch mit einer gewissen Freude, Frau Bundesministerin, gelesen, dass Sie sich der Korruptionsbekämpfung widmen wollen. Da würde ich Sie ersuchen, einen Blick in das Regierungsübereinkommen zu werfen, denn dort ist die Korruptionsbekämpfung auch ein Thema. Da ist von Präzisierung und Adaptierung die Rede, und der „gelernte Österreicher“ weiß, wenn manche Politikerinnen und Politiker von „Präzisierung“ und „Adaptierung“ reden, dann meinen sie eigentlich die Lockerung der Korruptionsbestimmungen. Und genau das ist hier der Fall.
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