Balkan, auf unsere südöstlichen Nachbarn zu richten, denn ich höre den einen oder anderen, der da Verbindungen herstellt zum Vertrag von Lissabon, der Weiterentwicklung der Europäischen Union, und seine Zweifel hat. Wir sollten als Österreich nicht zulassen, dass die Dynamik, die europäische Integrationsdynamik in dieser Region zum Erliegen kommt. Das sage ich auch ganz bewusst angesichts der Schwierigkeiten, die es im bilateralen Verhältnis zwischen Slowenien und Kroatien gibt. Ich bin froh, dass der österreichische Außenminister sich vorgenommen hat, da eine positive Rolle zu spielen, wenngleich ich vor Illusionen in diesem Bereich warne. Aber wir sollten uns weiterhin nachdrücklich einsetzen.
Es gibt auch eine Reihe anderer großer außenpolitischer Herausforderungen für die Europäische Union, neben den vielen Baustellen des Krisenmanagements in der Welt: die Ausgestaltung der östlichen Nachbarschaft, ein ganz wesentliches Thema – hiezu wird es im Mai einen Gipfel geben; dieser ist zumindest geplant –, die Beziehungen mit der neuen US-Regierung – auch hier gilt es, zu vielen Themen neue, weitere Entwicklungen voranzutreiben – und auch die Verhandlungen über das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Russischen Föderation.
Meine Damen und Herren, der Nahe Osten ist ein Thema, das uns am Herzen liegt, und eine große Herausforderung. Wir stehen mit Erschütterung vor einer menschlichen Katastrophe, auch einer wirtschaftlichen und einer politischen Katastrophe in Gaza. Ich möchte mit Ihnen einen Blick auf die Fakten werfen – es zahlt sich aus –, soweit wir sie bis jetzt überhaupt kennen: 1 340 tote Palästinenser, soweit wir es jetzt wissen, zwei Drittel Zivilbevölkerung; davon 460 Kinder, 106 Frauen. 5 320 Verletzte, auch davon 1 855 Kinder, 795 Frauen. 13 tote Israelis, davon vier Zivilisten. – Ich vergleiche nicht gerne einen Krieg mit dem anderen, aber werfen wir einen Blick auf den Libanonkrieg des Jahres 2006: Damals hat es 1 100 palästinensische und libanesische Todesopfer gegeben und 160 tote Israelis.
Meine Damen und Herren, die Situation ist in der Tat humanitär erschütternd. Ich habe gestern in Genf den Chef des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz getroffen. Er hat gesagt, man kann sich die Verletzungen nicht vorstellen. Ich appelliere daher an den Gesundheitsminister, zu prüfen, ob Österreich da nicht auf der medizinischen Seite Hilfe leisten kann – ich bin überzeugt davon, dass wir es können; aber: wie wir es können –, Soforthilfe für die Verletzten in Palästina. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Meine Damen und Herren, der zweite Punkt: Es ist an der Zeit für eine dauerhafte Lösung, für eine dauerhafte, umfassende Friedenslösung. Die humanitäre Hilfe allein genügt nicht. Wir brauchen ernsthafte Verhandlungen. Wir brauchen eine neue regionale Sicherheitsarchitektur im Nahen Osten. Es gibt Modelle, es gibt Muster. Es war in Europa möglich, in den siebziger Jahren die Schlussakte von Helsinki zu beschließen und auf ihr etwas aufzubauen. Warum also nicht nach der KSZE eine KSZN, eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Nahost? Natürlich müssen dafür die Voraussetzungen geschaffen werden. In der Resolution 1860 haben wir bereits die Moskauer Konferenz festgehalten, die dieses Jahr noch stattfinden soll, eine weitere in Paris, in Kairo. Warum nicht auch in Wien? Warum nicht Ernst machen? Denn die bilateralen Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis allein werden den Erfolg nicht bringen. Das haben wir nunmehr wieder gesehen.
Also warum nicht jetzt auch die amerikanische Administration auffordern, Ernst zu machen, mit dem Iran zu sprechen? Es kann nicht so sein, dass hier Stillschweigen über Jahrzehnte hinweg als einzige „Politik“ – unter Anführungszeichen – betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP.) Das wird uns keinen Erfolg, keinen dauerhaften Frieden im Nahen Osten bringen.
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