Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll10. Sitzung / Seite 161

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Die Erdgas-Versorgungskrise hat die fatale Energie-Abhängigkeit Österreichs und der EU gezeigt: Österreich ist zu mehr als 70 Prozent von Energieimporten abhängig und deckt seinen Energiebedarf zu knapp 80 Prozent aus fossilen, nicht erneuerbaren Energiequellen (Öl, Gas, Kohle, Atomstrom). Die Importabhängigkeit steigt ebenso seit Jahren wie die Energieimporte selbst.

Bei Erdgas ist Österreich zu mehr als 80% von Importen abhängig, weniger 20% kön­nen aus eigener Förderung gedeckt werden. Die Importabhängigkeit konzentriert sich dabei stark auf Russland. 60% des österreichischen Erdgasverbrauchs kommen aus Russland. Bei Erdöl (93%) und Kohle (84%) ist die Importabhängigkeit sogar noch deutlich höher als bei Erdgas. Auch Atomstrom bedeutet eine Abhängigkeit von Roh­stoffquellen außerhalb Europas. Die EU ist bei Uran zu 95% von Importen abhängig, Hauptlieferland: Russland.

Geschieht nichts, wird der österreichische Energiebedarf bis 2020 insgesamt um fast 20 Prozent steigen, der Gasbedarf sogar um 50 Prozent. Die gefährliche Abhängigkeit würde sich weiter dramatisch erhöhen.

In Österreich wird der Bau von neuen Gaskraftwerken von 6.200 MW diskutiert, die al­leine drei Viertel des derzeitigen Jahresgasbedarfs verbrauchen würden. Das bedeutet elf Gaskraftwerke mit Investitionskosten von 4 Milliarden Euro. Der gleichzeitig nötige Ausbau von Gaspipelines in Österreich würde weitere 1,5 Milliarden Euro verschlingen. Selbst wenn nicht alle geplanten Gaskraftwerke realisiert werden geht die Gaswirt­schaft von einem Verbrauchswachstum bei Erdgas von 50 Prozent bis 2020 aus. Da­durch würde weiter in die steigende Energieabhängigkeit investiert werden.

Insgesamt haben die beiden großen Energiekrisen der vergangenen Jahre – die aktu­elle Gaskrise und die extrem hohen Ölpreise in den Jahren 2006 bis 2008 – die große Verletzlichkeit Europas und Österreichs durch die massive Abhängigkeit von Energie­importen gezeigt. Letztlich sind es die BürgerInnen, die unter hohen Preisen oder Lie­ferstops zu leiden haben. Niemand, schon gar nicht die Bundesregierung, kann eine Garantie abgeben, dass solche Krisen in der Zukunft nicht wieder auftreten und sich verschärfen. Es darf daher nicht im Verwalten der Krise steckengeblieben werden. Es müssen jetzt die Weichen für einen großangelegten, radikalen Umbau unserer Ener­gieversorgung gestellt werden. Ein Beenden der teuren und gefährlichen Abhängigkeit von Öl-, Gas- und Atomstromimporten ist machbar. Was fehlt ist ein koordinierter Ener­gieplan für Österreich.

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, wie eine langfristige Energiekonzeption ausse­hen kann:

Schweiz: 2004 bis 2007 wurden die Arbeiten für Energieperspektiven bis ins Jahr 2035 durchgeführt. Die Resultate des breit angelegten Diskussionsprozesses bilden die Grundlage für die politische Diskussion zur künftigen Ausgestaltung der schweizeri­schen Energie- und Klimapolitik nach dem Auslaufen des aktuellen Energieprogramms EnergieSchweiz im Jahr 2010.

Deutschland: Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm (IEKP) der Bundesregie­rung wurde 2006 / 2007 erarbeitet. Drei Arbeitsgruppen legten Szenarien als Grundla­ge für eine Gesamtenergiekonzept vor, drei hochrangig besetzte Energiegipfel beglei­teten den Prozess auf politischer Ebene.

Eines muss klar sein: Österreich darf nach Ende dieser Krise nicht zur Tagesordnung übergehen. Die Bundesregierung darf sich nicht auf die Verwaltung der aktuellen Krise beschränken, sondern muss die nötigen Lehren aus der Krise ziehen und einen groß­angelegten Strukturwandel in der österreichischen Energieversorgung einleiten mit dem Ziel, Österreich unabhängig von gefährlichen und teuren Öl-, Gas- und Atom­strom-Importen zu machen.

 


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