Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll10. Sitzung / Seite 224

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend die Neuorientierung der österreichischen EU-Politik, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2 „Erklärungen des Bundeskanzlers und des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten gem. § 19 Abs. 2 GOG zur österreichischen EU-Politik samt Debatte“ in der 10. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 21. Jänner 2009

Der neue EU-Vertrag von Lissabon hat in vielen Staaten Europas zu einer sehr kontro­versiellen Diskussion geführt. Auch in Österreich wurde dieser Vertrag vor der Ratifizie­rung im Parlament ausführlich debattiert. In diesen Diskussionen wurde ein Unbehagen mit der Europäischen Union und ihrer Politik artikuliert, das uns allen zu denken geben muss. Dieses generelle Unbehagen fand auch im irischen Referendum über den Lissa­bon-Vertrag seinen Ausdruck.

Auch in Österreich besteht gegenwärtig eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der EU. Nachdem eine überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher 1994 für einen Beitritt zur Europäischen Union gestimmt hat, begegnen wir heute einer Stimmung der Verunsicherung und manchmal auch Ablehnung. Viele Menschen sind enttäuscht und verärgert über die geringen Fortschritte, die die EU auf dem Weg zu einer Sozialunion erreicht hat.

Viele Menschen beklagen das Demokratiedefizit der EU und die mangelnde Transpa­renz. Und viele Menschen haben den Eindruck, dass sich die EU nicht mit ihren tat­sächlichen Problemen beschäftigt, sondern primär mit sich selbst. Österreich soll sich als aktives Mitglied dafür einsetzen, dass die EU zu einer echten Sozialunion wird. Die Auswirkungen europäischer Entscheidungen auf Arbeitnehmer und klein- und mittel­ständische Unternehmen müssen wesentlich stärker berücksichtigt werden. Der öster­reichische Arbeitsmarkt, der sich nun wieder so positiv entwickelt, muss durch Über­gangsfristen geschützt bleiben. Im Rahmen des Kampfes gegen den Klimawandel muss auch das Transitproblem endlich gemeinsam gelöst werden.

Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion wäre es sinnvoll, dass Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen. Sollte also ein geänderter Reformvertrag neuerlich von Österreich ratifiziert werden müssen, sollte diese Vorgangsweise gewählt werden. Dies gilt auch für einen möglichen Beitritt der Türkei, der die derzeitigen Strukturen der EU überfordern würde. Wir wollen an einem Europa arbeiten, das sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen auf die­sem Kontinent orientiert, und damit das Vertrauen in dieses große Einigungswerk wie­derherstellen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, um sicherzustellen, dass zukünftige Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen. Das gilt auch für den Fall der Ratifizierung eines geänderten Vertrages von Lissabon und insbesondere auch für einen möglichen Beitritt der Türkei zur EU.“

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