Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 69

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Die Krise geht zulasten der unteren Einkommen – das ist der Befund, den, glaube ich, alle teilen. Was heute noch nicht gesagt worden ist, was man aber sagen muss, ist: 2,5 Millionen Menschen in Österreich – diejenigen mit den untersten Einkommen, mit den niedrigsten Einkommen – werden von dieser Steuerreform keinen einzigen Cent erhalten. Sie erhalten keinen einzigen Cent! (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt nicht!) Das stimmt, Herr Kollege Finanzminister. Sie verweisen immer darauf, dass bereits letztes Jahr 300 Millionen € über die Senkung von Sozialversicherungsbeiträ­gen (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Genau!), konkret Arbeitslosenversicherungsbeiträgen (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Genau!), für diese Menschen zur Verfügung gestellt wor­den sind. Aber eine kritische Frage darf ich an Sie schon noch stellen – die können Sie dann später beantworten –: Die obersten 10 Prozent erhalten 500 Millionen €, und die untersten 2,5 Millionen Menschen wollen Sie mit 300 Millionen € abspeisen. (Abg. Krainer: Aber das stimmt ja nicht! Das ist ja falsch!) Erscheint das nicht etwas unaus­gewogen (Abg. Krainer: Das stimmt ja nicht, bitte! Das ist ja falsch!), vor allem vor dem Hintergrund, dass die Krise – das ist jeden Tag tatsächlich spürbar – zulasten der unteren Einkommen geht? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Das stimmt ja nicht!) – Das ist nachweisbar der Fall!

Eine Antwort sind Sie auch schuldig geblieben, nämlich: Wann kommt die Stunde der Wahrheit? Jede Tarifsenkung muss man auch in irgendeiner Form einmal gegenfinan­zieren. Wann wird das stattfinden? Wie wird das stattfinden? Wer werden diejenigen sein, die zur Kasse gebeten werden? – Jetzt merken wir Bestrebungen in allen Res­sorts, bei Ermessensausgaben zu sparen, de facto ein Sparpaket über alle Bereiche hinweg zu machen. Verteilungspolitisch, gerechtigkeitsmäßig ist das unklug und unge­recht. Sie sollten sich lieber überlegen, wie Sie jene Menschen, die am ärgsten belas­tet und betroffen sind, entlasten, anstatt mit dem Rasenmäher über alle Budgets – von der Bildung über das Sozialressort über die Kultur – irgendwie drüberzufahren. (Beifall bei den Grünen.)

Welchen Beitrag leistet das Paket zur Konjunktur? Sie sind sehr stolz darauf, das habe ich auch aus den Hearings herausgehört, dass die Rechnungen der Experten und Ex­pertinnen – es waren eigentlich nur Experten, fällt mir gerade ein, es war keine einzige Frau beim Hearing dabei (Rufe bei ÖVP und FPÖ: ... bei den Grünen?!) – ungefähr in die Richtung von 10 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen gehen. (Abg. Tamandl: ... bei den Grünen?) – Sie können sich auch einmal um die Frauenquote bemühen. Da sind nicht immer wir allein dafür zuständig. Das wäre auch eine Aufgabe der ÖVP! (Beifall bei den Grünen.)

10 000 zusätzliche Arbeitsplätze also. Darauf sind Sie stolz. – Das ist auch gut, nur: Mit 3,2 Milliarden € beziehungsweise mit 3 Milliarden € kann man durchaus mehr Arbeits­plätze schaffen. Wenn Sie das in direkte Beschäftigung stecken, nämlich in die Kinder­betreuung, in die Pflege, in zusätzliches Lehrpersonal, ist die Beschäftigungswirkung ein Dreifaches. Das sollten Sie sich schon überlegen, gerade auch vor dem Hinter­grund der derzeitigen Spardiskussion im Bildungsbereich. (Beifall bei den Grünen.)

Das Familienpaket wird schon auch mit einem gewaltigen Schmäh zu verkaufen ver­sucht. Die Werbung, es handle sich hier um ein 13. Gehalt für Familien, ist wirklich ein Schmäh – ein bösartiger Schmäh. Viele Menschen, viele Familien haben von diesem Familienpaket bis auf den Absetzbetrag gar nichts, und das betrifft vor allem allein­erziehende Menschen – das sind 250 000 Frauen. 44 000 Menschen in Österreich, die an der unteren Einkommensgrenze liegen, spüren von diesem Familienpaket gerade einmal 90 €.

Superverdiener – und es sind nicht wenige in Österreich, die trotzdem in diese Einkom­menskategorie fallen – können von diesem Familienpaket 3 500 € lukrieren. (Abg. Krainer: Aber auch Mittelverdiener!) Ich finde das ungerecht. Ich finde, gerade die Al-


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