Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 282

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zugehen, dass die finanziellen Probleme der Gerichtsmedizin Wien durch diese Vor­gangsweise verbessert werden.

Wenn als Begründung die Tatsache angeführt wird, dass sich einige wenige Akademi­ker (Gerichtsmediziner und Institut Wien) nicht über die Abrechnung von Obduktionen verständigen können, so muss man die Änderung der StPO (und damit den Abgang von essentiellen Grundsätzen des österreichischen Sachverständigenwesens) als überschießende Maßnahme bezeichnen. Missstände und Probleme der Universitäten müssen auch von den Universitäten geregelt und ausgeräumt werden. Universitäten wie Innsbruck, Salzburg und Graz zeigen, dass es bereits praxisgerechte und zufrie­denstellende Vereinbarungen in diesem Bereich gibt.

Angesichts der Tatsache, dass es Institutsvorstände gibt, die gar keine Gerichtsme­diziner sind, oder nur zu einem relativ geringen Prozentsatz ihrer Verpflichtung für die­se Institute tätig sind, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Neu-Rege­lung.

Folgend werden nun einige Stellungnahmen vom Februar und März 2009 zum (für die betroffenen verheimlichten) Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen unkommen­tiert wiedergegeben:

(Februar 2009) - Das Präsidium der Österreichischen Gesellschaft für Gerichtliche Me­dizin (ÖGGM) übermittelt zur geplanten Änderung der StPO, wonach in Zukunft auch universitäre Einrichtungen zu Sachverständigen bestellt werden sollen, folgende

Stellungnahme der ÖGGM

Grundsätzlich sind das Sachverständigenwesen und die Universitäten getrennt zu be­trachten. Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger wird man aus eigener Initiative, nachdem man in dem betreffenden akademischen Fachgebiet mindestens fünf Jahre eigenverantwortlich tätig war und eine Prüfung vor dem Landes­gericht abgelegt hat (weitere Details sind hier nicht relevant). Sachverständiger zu sein hat also weder spezifisch etwas mit der Ausbildung zum Facharzt noch mit der berufli­chen Tätigkeit an einer universitären Einrichtung zu tun. In Österreich sind 1350 medi­zinische Sachverständige registriert, von denen viele an Universitäten arbeiten, ohne dass hier eine spezielle Gesetzgebung vorläge. Von den 34 für Gerichtsmedizin regis­trierten Sachverständigen sind 21 an universitären Einrichtungen tätig. Die Anlassge­setzgebung betrifft somit 21 von 1350 medizinischen Sachverständigen und mehreren tausend Sachverständigen insgesamt.

Die Wertung „Anlassgesetzgebung“ ist deshalb gerechtfertigt, weil die diversen Anläufe zur Novellierung des § 128 (2) StPO auf „Anregungen“ des Rechnungshofs aufgrund einer Überprüfung der Gerichtsmedizin Wien im Jahre 2003 (und später) auch der an­deren Institute im Jahre 2005 beruhen. Aus den seinerzeitigen Begutachtungsverfah­ren ergibt sich eindeutig, dass eine Institutsbeauftragung auf breiter Basis abgelehnt wurde (siehe Anlage).

Der Grund ist sehr einfach dargelegt. Die Justiz hat derzeit ein direktes Durchgriffs­recht auf einen von ihr persönlich beauftragten Sachverständigen. Ein Sachverständi­ger an einer Institution wie der Universität kann sich dagegen hinter dem BDG „verste­cken“. Es ist vollkommen wesensfremd, dass Leiter von universitären Einrichtungen Personen mit Tätigkeiten beauftragen sollen, die nie Aufgabe eines Universitätsinstituts waren, in sämtlichen anderen Bereichen aller Universitäten nie zur Aufgabe werden sollen und zu deren Erfüllung Qualifikationen notwendig sind, die von den Sachver­ständigen privat erworben wurden.

Auch ist zu berücksichtigen, dass der derzeitige Personalstand ausreicht, um die Auf­gaben der Institute in Forschung und Lehre abzudecken. Die Universitäten müssten für


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