Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 283

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zusätzliche Aufgaben Ärzte neu einstellen, diese in sechs Jahren zu Fachärzten ausbil­den und ihnen dann nach weiteren fünf Jahren die Qualifikation zum allgemein gericht­lich beeideten und zertifizierten Sachverständigen finanzieren.

Zusätzlich hätte die Universität die Verpflichtung, den Bereitschafts- und Rufdienst zu finanzieren, den die Gerichtsmediziner Österreichs als private und bislang kostenlose Leistung seit jeher rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr erbringen. Nachdem dieser Ruf­dienst trotz zahlreicher Vorstöße zu keiner Zeit von der Justiz oder anderweitig bezahlt wurde, ist auch nicht anzunehmen, dass das Justizministerium die Universitäten dafür entschädigen würde.

Für die Universitäten wären zumindest die zuletzt genannten Leistungen in Amtshilfe zu vollbringen. Damit ist es unwahrscheinlich, dass die Universitäten überhaupt eine Chance hätten, einen vollen finanziellen Ausgleich zu erhalten – anders als jetzt, wo­nach der volle Kostenersatz von den Sachverständigen zu leisten ist und Ausbildung, Rufdienst und Haftung in deren Verantwortungsbereich liegen.

Auch wären fundamentale Fragen der Haftung zu klären, die jetzt per Gesetz dadurch gelöst sind, dass jeder Sachverständige eine Versicherung abschließen muss, um in die Liste der Sachverständigen eingetragen werden zu können.

Andererseits ist anzuerkennen, dass Obduktionen an Medizinischen Universitäten durchaus durchgeführt werden sollten und dort auch durchgeführt werden. Dies ist ak­zeptabel, wenn den Universitäten dafür der volle Kostenersatz geleistet wird, wie in den §§ 26 und 27 UG 2002 gefordert. Damit ist das wirtschaftliche Interesse der Uni­versität abgedeckt und gleichzeitig können Erkenntnisse aus der privaten Sachverstän­digentätigkeit für Forschung und Lehre genutzt werden. Die dienstlichen Erfordernisse sind auch bei der jetzigen Rechtslage selbstverständlich vorrangig und entsprechend zu berücksichtigen.

Wenn an einzelnen Instituten die Situation derzeit unbefriedigend ist, dann kann auch eine gesetzliche Regelung dran nichts ändern.

Mit der Bitte, diese Überlegungen in Ihrem Entscheidungsprozess zu berücksichtigen und mit freundlichen Grüßen

A.Univ.Prof. Dr. Walter Rabl

Präsident der ÖGGM

o.Univ.Prof. Dr. Edith Tutsch-Bauer                     o.Univ.Prof. Dr. Eduard-Peter Leinzinger

Vizepräsidentin der ÖGGM                                                                     Vizepräsident der ÖGGM

Anlage zu dieser Stellungnahme:

Auszüge aus Stellungnahmen zu 186/ME (XXII. GP) Strafprozessnovelle 2005 (Au-
gust 2004) http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXII/ME/ME_00186/pmh.shtml

231 d.B. (XXIII. GP) Strafprozessreformbegleitgesetz I (Oktober 2007)    http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIII/ME/ME_00087/pmh.shtml

„Beeinträchtigung der Grundsätze der Unmittelbarkeit und Unabhängigkeit gutachterli­cher Tätigkeit; monopolistische Bevorrechtung“ (Präsident des OGH)

„Bedenkliches Monopol der Institutsvorstände; Aufgabe zweckmäßiger, richterlicher Entscheidungskompetenz; Heranziehbarkeit anderer FA f. Gerichtsmedizin wäre offen zu halten“ (Generalprokurator beim OGH)

„Rückschritt zu formellen Beweismittelgeboten vergangener Zeiten; wie Ordnung des SV-Wesens in den früheren Ostblockstaaten; gefährdet die Unabhängigkeit des SV und der Rechtssprechung und ist mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen Pro­zessordnung nicht vereinbar; verfassungsrechtliche Bedenken; Wahrung der Erwerbs-


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