Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Wien, 2. März 2009
sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Wir beziehen uns auf unser Schreiben vom 19.2.2009, mit dem wir zu dem Vorhaben Stellung genommen haben, dass künftig auch Universitätsinstitute und nicht wie bisher nur physische Personen als gerichtliche Sachverständige berufen werden können.
Mittlerweile haben wir Details der beabsichtigten Änderung erfahren, zu denen wir noch Folgendes zu bedenken geben:
Die Bestellung eines Instituts für Gerichtsmedizin hat zwar nicht obligatorisch zu erfolgen es kann vielmehr auch ein Sachverständiger aus dem Bereich der Gerichtsmedizin bestellt werden, der nicht zu den Mitarbeitern eines solchen Instituts gehört. Damit besteht weiterhin die Möglichkeit, eine natürliche Person zum Sachverständigen zu bestellen.
An den bereits aufgezeigten Einwänden ändert sich dadurch aber nichts:
schon die bloße Möglichkeit der Bestellung einer juristischen Person hat jene schwer wiegenden Systemwidrigkeiten und Nachteile zur Folge, die wir bereits aufgezeigt haben
die für den Sachverständigenbeweis charakteristische freie Wahlmöglichkeit der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die bestgeeignete Person auszusuchen, ist dadurch eingeschränkt, dass zertifizierte Sachverständige, die Institutsangehörige sind, eben nicht ausgewählt werden können
stattdessen wird die bei Bestellung eines Instituts diese Wahlmöglichkeit in unzulässiger Weise „delegiert“ und auf eine Person übertragen, die nicht einmal die fachlichen Voraussetzungen selbst erfüllen muss
die dann getroffene Auswahl durch den Institutsvorstand verstößt gegen das im Sachverständigen- und Dolmetschergesetz grundgelegte System der Zertifizierung und gegen das damit verfolgte zentrale Anliegen der Qualitätssicherung, weil sie dem Leiter des Instituts offenbar die Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen des § 2 SDG überlässt, setzt doch der uns mitgeteilte Text gar nicht voraus, dass der zu bestellende Institutsangehörige in die Liste eingetragen ist, sondern lediglich, dass er die Voraussetzungen dafür erfüllt. Diese Beurteilung ist aber nach dem bisherigen System ausschließlich Sache des zuständigen Gerichtshofpräsidenten. Sie in die Hände einer außerhalb des Justizbetriebes stehenden Person zu legen, ist sachlich nicht gerechtfertigt
Sollte ins Auge gefasst werden, im Zusammenhang mit der beabsichtigten Regelung überdies eine Dienstpflicht der betreffenden Universitätsangehörigen vorzusehen, so möchten wir nachdrücklich darauf hinweisen, dass eine solche mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit von Sachverständigen nicht vereinbar wäre. Damit würde ein weiteres tragendes Prinzip des Sachverständigenbeweises infrage gestellt.
Wir wiederholen daher unsere dringende Bitte, von der Verwirklichung dieses Vorhabens abzusehen.
Für weiter führende Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und sind auch jederzeit bereit, unseren Standpunkt etwa im Rahmen einer Enquete darzulegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
HR Dr Alexander Schmidt Prof DI Dr Matthias Rant
Rechtskonsulent Präsident
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