Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll18. Sitzung / Seite 58

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Genau das darf nicht der Fall sein! Der ORF soll und muss entpolitisiert werden. Dort­hin sollte die Reise gehen. Und natürlich sollte man auch darüber nachdenken, ob es nicht vernünftig wäre, ein Hearing mit Experten hier im Parlament zu beschließen, ob das jetzt Herr Mahr ist, ob das andere Experten sind, die wir da einladen, um einmal wirklich über die Zukunft der elektronischen Medien zu diskutieren. Das wäre ein sach­licher Zugang – aber nicht mit solchen Methoden, wie sie da von der Regierungsbank vorbereitet werden!

Wir wollen einen ORF, der sich dem Objektivitätsauftrag auch wirklich verpflichtet fühlt und diesen auch umsetzt und die Qualität steigert. Transparenz, Qualität, Objektivität – das ist gefragt, aber das haben wir leider in den letzten Jahren nicht immer erlebt. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wir wollen nicht, dass die Regierungsparteien diese entscheidenden Werte und vor al­len Dingen auch gesetzlichen Vorgaben mit Füßen treten, und wir brauchen natürlich einen starken rot-weiß-roten ORF, für den wir auch stehen und eintreten – keine Fra­ge –, aber nicht Misswirtschaft und Parteiproporz! Die Bundesregierung will aber genau in diese Richtung vorpreschen! Es geht in Richtung Regierungsfunk à la DDR, und man kann sogar sagen, Albanien ist heute medienpolitisch weiter als Sie mit dem, was Sie vorhaben, Herr Faymann und Herr Ostermayer.

Die ÖVP spielt da leider mit – und da frage ich mich schon, warum. Warum? Da muss es doch einen Masterplan dahinter geben, und ich frage mich: Wie kann der Plan da­hinter ausschauen? Was steckt dahinter, dass man den ORF systematisch in diese Richtung führt und offenbar vorhat, ihn am Ende zu zerschlagen?

Für solch ein Vorhaben könnte es mehrere Hintergründe geben. (Abg. Bucher: Kann nur Raiffeisen sein!) Und ich sage ganz offen, da gibt es nun einmal den Raiffeisen-Chef Konrad, der schon ein begehrliches Auge auf den Kanal ORF 1 geworfen hat und ein begehrliches Auge auf den Radiosender Ö 3 geworfen hat. Das ist seit Längerem bekannt. Und Monika Lindner, eine enge persönliche Busenfreundin von Herrn Konrad, ermöglichte ja zu ihrer Zeit als ORF-Generalintendantin eine strategisch enorm wichti­ge Beteiligung an einem Kernpunkt der ORF-Macht.

„Natürlich“ hat Raiffeisen damals – mit Lindners Unterstützung – 40 Prozent Anteil am ORS, dem ORF-Tochterunternehmen, erhalten, das auch den Auftrag zur digitalen Verteilung erhalten hat. Und natürlich ist der ORF ganz eng verflochten mit ORS, mit dem Raiffeisen-Unternehmen, wo Konrad die entscheidende Gewalt hat und natürlich auch Pläne entwickelt hat. Und aufgrund der schlechten finanziellen Situation des ORF überlegt man sogar, weitere ORS-Anteile jetzt an den Raiffeisen-Konzern, sprich: Kon­rad, zu verkaufen, damit es dann eine totale Abhängigkeit im Bereich des Vertriebs des ORF-Programms gibt, eine Privatisierung des ORF zugunsten des Medienriesen Raiff­eisen – ganz im Sinne Konrads.

Sie, Herr Faymann, spielen offenbar mit bei diesem Masterplan, denn anders kann ich mir Ihre Vorgangsweise in dieser Frage nicht erklären.

Als Dank ist Lindner nach ihrer Abwahl gleich „weich gefallen“ und berät heute die Me­dien-Holding von Raiffeisen. Geschäftsführer dieser Holding ist der ÖVP-Abgeordnete Ferdinand Maier. (Oh-Rufe bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.) – Es sitzen ja viele, die dem Raiffeisen-Konzern von Konrad nahestehen, heute hier auf Mandaten der ÖVP.

Der ORF-Stiftungsratsvorsitzende Pekarek ist übrigens auch Teil des Raiffeisen-Kon­zerns, und in diesem Zusammenhang haben sogar die ORF-Betriebsräte im Septem­ber des Vorjahres nicht zu Unrecht den Rücktritt Pekareks gefordert.

 


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