Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll18. Sitzung / Seite 78

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14.29.29

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft des Österreichischen Rundfunks ist untrennbar mit der Zukunft der österreichischen Kultur verbunden, und das ist auch der Grund, warum ich mich heute als ÖVP-Kultursprecherin zu Wort melde. Ich mache mir weniger Sorgen um die Unab­hängigkeit des ORF, denn ich glaube, wir haben hier in Österreich ein gutes System, auf das wir vertrauen können. Ich mache mir allerdings viel mehr Sorgen um die Zu­kunft der österreichischen Kunst und Kultur, denn angesichts des Kurses, den der ORF derzeit einschlägt, ist eine solche Sorge berechtigt. Man muss die diesbezüglichen Vorgänge genau beobachten.

Es ist heute schon der seinerzeitige Generalintendant des ORF, Gerd Bacher, zitiert worden. Bacher ist in einer Zeit aktiv gewesen, als der ORF ein Vorzeigeunternehmen war. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das glaube ich! Da war die ÖVP-Herrschaft noch unge­brochen!) Er selbst hat sogar von einer Zentralanstalt der österreichischen Identität ge­sprochen. Und das ist schon richtig! Damals hatte der ORF ein Korrespondentennetz, um das uns viele beneidet haben, es gab Programminnovationen, kreative Sendungs­konzepte, und vor allem gab es eine Vielzahl österreichischer Produktionen, die es heute in dieser Form leider nicht mehr gibt. Das hat diese Phase geprägt, und dadurch konnten wir auch einen hohen Kulturstatus genießen.

Wenn wir uns das Programm des ORF heute ansehen, merken wir, dass davon leider nicht mehr sehr viel übrig geblieben ist. Wenn man den Vergleich mit deutschen Privat­sendern anstellt, so gibt es da mittlerweile durchaus viele Gemeinsamkeiten, mit dem einzigen Unterschied, dass die US-amerikanischen Serien in den deutschen Privatsen­dern innerhalb einer Woche gezeigt werden, während sie bei uns an einem Abend aus­gestrahlt werden.

Deshalb fragt sich die Zuseherin, der Zuseher zu Recht: Was ist mit dem Programm­auftrag des ORF und was ist mit dem differenzierten Gesamtprogramm aus Informa­tion, Kultur und Unterhaltung?

Um ein Beispiel aus Deutschland heranzuziehen: Der bekannte Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki hat aus Protest gegen die Inhalte der öffentlich-rechtlichen Anstalten so­gar einen deutschen Fernsehpreis abgelehnt, um dem Ausdruck zu verleihen, um zu demonstrieren, dass er mit dem, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk anbietet, nicht zufrieden ist. Natürlich ist das, auf österreichische Verhältnisse umgelegt, ein Symbol­akt, aber er drückt einfach auch die Befindlichkeiten der Bürgerinnen und Bürger aus, die tagtäglich vor dem Fernseher sitzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ORF argumentiert die derzeitige Vorge­hensweise und auch den Einkauf vieler US-Serien damit, dass es dabei vor allem auch um die Gewinnung werberelevanter Zielgruppen geht. Vor allem junges Zielpublikum soll dadurch generiert werden. Dazu kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung nur Folgen­des sagen: Junge Menschen sind bereits Stammgäste bei anderen Medienplattformen. Die sind auf diese Weise nicht mehr anzulocken!

Dass es Einbrüche bei der Werbung gegeben hat, ist mittlerweile deutlich. Das ist un­umstritten, und deshalb wird es auch am Generaldirektor liegen, in der Diskussion mit dem Stiftungsrat, wo ja dieses neu vorgelegte Konzept auch sehr kritisch betrachtet werden wird, Antworten auf diese Situation zu finden.

Ich möchte speziell auch für eine betroffene Branche Partei ergreifen, die am heutigen Tag noch nicht angesprochen worden ist, nämlich die Filmwirtschaft. Die österreichi­sche Filmwirtschaft hat viele Erfolge einfahren können: Oscar, Oscar-Nominierungen, viele internationale Preise. Was mich persönlich bedrückt, ist, dass der ORF es nicht geschafft hat, dieses Potential und diese Erfolge zu nutzen. Österreichische Produktio-


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