Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung / Seite 124

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bibliotheksgesetz in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Kulturbericht 2007

Begründung

Die Frage nach gleichberechtigtem Zugang zu Wissen und Informationen ist aktueller denn je. Chancengleichheit in diesem Bereich ist ein bedeutender Indikator für die Funktionsfähigkeit von Demokratien. Gerade Bibliotheken fällt dabei die wichtige Aufgabe zu, niederschwelligen und kostenfreien Zugang zum Wissen für alle zu garantieren.

Österreich besitzt – im Gegensatz zu den meisten EU-Staaten – bis heute kein Gesetz, das die Verbreitung, mediale Ausstattung, Größe und den Personalbedarf öffentlicher Bibliotheken regelt. Bibliotheksinitiativen bleiben hierzulande zumeist den Kommunen und den Kirchen überlassen, jedoch gibt es keine Verpflichtung für Gemeinden, Bibliotheken einzurichten.

Zwar sieht die Statistik auf den ersten Blick nicht schlecht aus: 846.000 BenutzerInnen haben 2007 18,1 Millionen Medien (in erster Linie Bücher) aus 1507 öffentlichen Bibliotheken entlehnt, in denen etwas mehr als 8000 MitarbeiterInnen das Publikum betreuen.

Vergleicht man diese Zahlen aber etwa mit dem PISA-Sieger Finnland, stellt sich Ernüchterung ein: Während die FinnInnen 13-mal jährlich eine öffentliche Bibliothek besuchen und dabei durchschnittlich 20 Medien entlehnen, sind Österreicherinnen und Österreicher im Schnitt nur etwas mehr als einmal jährlich in einer Bibliothek anzutreffen und leihen nur 2,2 Bücher pro Jahr aus. Auch bei der Auswahl herrschen krasse Unterschiede: Der Bücherbestand pro EinwohnerIn beträgt in Österreich 1,25, in Finnland hingegen 7.

Darüber hinaus, und dies ist eines der größten Probleme, arbeiten rund 6700 der 8000 BibliothekarInnen in Österreichs öffentlichen Bibliotheken ehrenamtlich, verrichten diese Tätigkeit also in ihrer Freizeit, werden nicht bezahlt und besuchen kaum Aus- und Weiterbildungskurse.

Die Frequenz der Bibliotheksbesuche sowie die Erreichbarkeit und BenutzerIn­nen­freundlichkeit öffentlicher Bibliotheken steht in direkter Korrelation zur Lese­kompetenz: In diesem Bereich rangiert die finnische Jugend in EU-weiten Unter­suchungen regel­mäßig an erster Stelle, während rund 20 % der österreichischen 15- bis 16-Jährigen über keine messbare Lesekompetenz mehr verfügen und daher de facto von jeglichem schriftlich vermittelten Wissen ausgeschlossen sind.

Die eminente Bedeutung von Bibliotheken als zentralem Bestandteil eines demo­kratischen, öffentlichen Bildungssystems und Kulturangebotes kann niemand ernsthaft infrage stellen. Um dieses Angebot zu gewährleisten, braucht Österreich aber ein modernes Bibliotheksgesetz.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite