Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung / Seite 156

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Sozial­demokratie, die doch manche Zweifel aufkommen haben lassen: Wie halten wir es denn jetzt mit dem Thema Steuern – Steuererhöhung oder doch Verzicht darauf? Auf der einen Seite Landeshauptleute – ich muss in der Mehrzahl sprechen –, ÖGB-Vertreter, AK-Präsidenten und andere und auf der anderen Seite sozialdemokratische Ikonen wie Androsch und Vranitzky, die sich massiv dagegen gewehrt haben, und zwar in schriftlichen Kommentaren. Also sie können gar nicht fehlinterpretiert worden sein, sie haben diese Kommentare ja selbst geschrieben, Herr Krainer, in mancher Zeitung nachzulesen.

Da hätte ich mir gewünscht, dass der Herr Bundeskanzler heute eine Spur deutlicher geworden wäre in Sachen Verzicht auf eine Steuererfindungs- und Steuererhöhungs­diskussion. Wenn hier von einem Vermögen an der Börse gesprochen wurde, dann muss ich sagen, mancher, der schon ein paar Wochen in der Politik ist, hört hier die Nachtigall doch ein wenig trapsen.

So gesehen: Die Diskussion ist da, wir müssen sie führen. Aber, Herr Themessl, damit eines klar ist: Was ohne ÖVP in Sachen Steuern passiert, weiß ich nicht, aber mit der ÖVP wird es weder neue Steuern noch Steuererhöhungen geben, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Titel Ihres Dringlichen Antrages, Herr Strache, ist ja kein schlechter, der Inhalt lässt aber dann sehr zu wünschen übrig: „Solidarität statt Klassenkampf“. – Ja, Solidarität braucht es. Und die Diskussion, Herr Krainer, führen wir allemal. Und da können wir recht zufrieden sein: Das Wifo sagt in diesen Monaten, dass das obere Drittel der Steuerzahler in diesem Lande 64 Prozent des Steuervolumens zahlt, aber nur 40 Prozent des Leistungsvolumens aus dem Titel Soziales, Gesundheit und Bildung lukriert. Das unterste Drittel zahlt lediglich 9 Prozent des Steueraufkommens, lukriert aber 29 Prozent dieses Leistungsvolumens aus diesen drei Bereichen.

Der europaweit errechnete, ein wenig schwer verständliche – aber es gibt nichts Bes­seres – Gini-Koeffizient, ein Maß für die Verteilungsgerechtigkeit in Sachen Steuern und Einkommen, schaut für Österreich nicht schlecht aus, denn von den 15 alten EU-Mitgliedstaaten sind gerade Dänemark und Schweden besser und noch verteilungs­gerechter, wenn man so will, als wir, dann kommen wir. Die Deutschen sind ein Stück schlechter. (Abg. Krainer: Die Steuerreform hat das ein Stück gerechter gemacht, und das ist gut!) – Ihre Zwischenrufe weisen auf ein gewisses Maß an Nervosität hin, Herr Kollege.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag der Freiheitlichen ist ja inhaltlich kein wirklich zielführender, da hat der Herr Bundeskanzler völlig recht: Wenn das einzige Mittel, der Krise zu begegnen, ein Soli-Zuschlag für Leute ist, die mehr verdienen als der Bundespräsident, na grüß Gott. Wir haben das vom Finanzressort und von Finanzminister Pröll durchrechnen lassen, das brächte gerade 30 Millionen €. (Abg. Krainer: 12!) Also an Symbolik wäre das eher ein Stück in Richtung mehr Neid und Befriedigung von Grundemotionen als alles andere. Und, Herr Bundeskanzler, was Sie nicht berichtet haben: Der Antrag spricht überhaupt nur von einer Befristung auf ein Jahr.

Interessant an der Diskussion bei unserem Regierungspartner ist ja ein wenig, dass – ich sage das jetzt einmal so – die Linken in der SPÖ Steuern einführen wollen – auch ein Landeshauptmann, der aus einem Bundesland kommt, das ich sehr, sehr gut kenne –, die ja zum Teil von der SPÖ selbst abgeschafft wurden. Lacina hat ja die Vermögenssteuer abgeschafft, aus gutem Grund, wie zum Beispiel auch Androsch immer wieder zitiert. Er hat sie abgeschafft in den neunziger Jahren – übrigens mit einem gewissen Johannes Ditz an seiner Seite. Und da sage ich jetzt noch einmal: Chuzpe. Das ist dann schon ein bisschen eine Chuzpe, wenn mehr oder weniger


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite