Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung / Seite 225

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durchaus besser, obwohl Sie konträr zu meiner Position stehen. Es kommt darauf an, welche Ziele ich damit verfolge.

Unser Ziel als Grüne mittels einer Zusammenlegung der Kassen ist nicht in erster Linie die Kostenersparnis – diese würde ich gering einschätzen –, unser Ziel ist es, das zu erreichen, was im österreichischen Gesundheitssystem noch immer fehlt und worüber auch in dieser Debatte nicht gesprochen wurde: Wir haben ein Mehrklassen-Gesund­heitssystem!

Warum spricht man nicht über Folgendes? – Ich bringe Ihnen ein Beispiel, das ist meine persönliche Erfahrung, ich schildere sie Ihnen kurz: Auf der Suche nach einem Augenarzt für meine Mutter in Wien ist es mir passiert – nicht nur bei einem Augenarzt, sondern bei mehreren; das ist eine Erfahrung, die alle anderen wahrscheinlich auch teilen oder zumindest kennen –, dass ich gefragt wurde: Welche Kasse hat Ihre Mutter? – Daraufhin habe ich gefragt: Warum wollen Sie das wissen? – Antwort: Wenn sie bei der Gebietskrankenkasse ist, ist ein halbes Jahr Wartezeit, wenn sie bei einer von den kleinen Bundeskassen ist, ist ein Monat Wartezeit, wenn sie Privatpatientin ist, kommt sie sofort dran.

Das ist eine Realität, und ich vermute, das ist nicht nur in Wien eine Realität. – Herr Bundesminister Stöger sagt, er weiß das nicht.

Ich bringe Ihnen ein anderes Beispiel: Meine Mutter ist aus Oberösterreich; sie kommt in Wien in kein Krankenhaus. Sie wissen, warum: Sie ist oberösterreichische Sozial­versicherte, und wenn Sie in Wien ins AKH oder in eines der anderen Krankenhäuser will, dann braucht sie eine Zuweisung durch einen Facharzt.

Wie schauen die Realitäten in Oberösterreich aus? – Der Facharzt, fast egal in welchem Bereich, ist in der Regel auch derjenige, der im Spital der Arzt ist, der zuständige Primar. Und der zuständige Primar im Spital wird den Patienten/die Patientin nicht nach Wien überweisen, sondern der sagt: Das mache ich genauso gut! – Dann kommt man eben in das zuständige Kreis- oder auch Bezirkskrankenhaus, aber man kommt nicht nach Wien zur Spitzenmedizin.

Herr Bundesminister, ich sage Ihnen, das sind Realitäten! Sie müssen es nicht an diesem Beispiel festmachen, aber das sind Realitäten aus dem Alltag, mit denen alle Versicherten in unterschiedlicher Form zu tun haben. Wenn mich schon die Ärzte, die mich ja teilweise kennen, anreden und sagen: Sie glauben nicht, Herr Abgeordneter, was wir in diesem und jenem Bereich erleben! – und es gibt die Klassenmedizin, sie ist Realität in Österreich –, dann, so meine ich, wissen viele Menschen jenseits von mir noch viel mehr, was es bedeutet, in solch einem System zu leben.

Das brauchen wir jetzt gar nicht denunziatorisch zu komplettieren, denn da teile ich Ihre Ansicht, Herr Minister: Wir haben kein allzu schlechtes System. Reden wir jetzt nicht über die Sonderfälle, dann haben wir kein allzu schlechtes System. Aber wichtig ist: Was ist unser Ziel? – Der eine hat als Ziel die Einsparung, die er durch irgendeine Zusammenlegung erreichen will; mein Ziel, ich habe es Ihnen schon genannt, ist ein anderes.

Ich habe nicht nur dieses eine Ziel, einen gleichen Zugang, eine gleiche Leistung für alle erreichen zu wollen – beziehungsweise ist das ja ein grünes Ziel und nicht mein persönliches –, sondern da gibt es noch andere Vorstellungen in diesem Bereich.

Wenn etwa Frau Kollegin Lapp hier erklärt, eine einzige Versichertenstruktur oder eine Kassa – es ist egal, wie Sie es nennen – sei patientenfern, dann sage ich Frau Kollegin Lapp, das hat mit Patienten- oder Versichertenferne überhaupt nichts zu tun! Aber eines weiß ich schon, Frau Kollegin Lapp, nämlich dass die Selbstverwaltung, so wie sie jetzt existiert, so etwas von versichertenfern ist wie nur irgendetwas.

 


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