Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung / Seite 242

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schon, der Napoleon war auch dazu in der Lage, du bist nur ein bisschen größer gewachsen als der Napoleon. Daher bitte ich dich, einfach zuzuhören.

Wenn man also die Verfügungen über Geldstrafen mit einbezieht – und das steht im Antrag nicht drinnen –, dann ist das schon die erste Ausweitung. Und meine Befürch­tung, die Befürchtung meiner Fraktion ist folgende: Man hat auf der Strafrechtseite zunächst einmal ursprünglich als Ersatz in Strafverfahren vor Bezirksgerichten als Anklagevertreter den Bezirksanwalt eingeführt.

Nun führen wir als Organ der Rechtsprechung den Rechtspfleger ein. Wer garantiert uns, dass nicht der nächste Schritt ist, dass sozusagen auf der Ebene der Bezirks­gerichte dann nicht auf einmal der Rechtspfleger unter der Observanz eines Richters auf der Richterbank sitzt und der nicht juristisch ausgebildete, nur fachlich ausgebil­dete Bezirksanwalt die Anklage vertritt, also oben ein Rechtspfleger sitzt, der den Urteilsspruch fällt, natürlich im Namen eines Richters, der gar nicht da ist? Verstehen Sie, das ist unsere Skepsis, und diese Skepsis wird durch diesen Antragstext nicht ausgeräumt.

Wir haben nicht die Auffassung, dass in einem Bereich, wo so tief in die Persönlich­keits­rechte eines Beschuldigten eingegriffen wird wie in der Strafrechtspflege, der Richter durch jemand anderen ersetzt werden soll. Das ist die Tendenz, die hin zum Amtsgericht läuft, wie es die Bundesrepublik Deutschland hat, aber das ist nicht das, was wir uns vorstellen, zumal es auch das Problem des „tribunal“-Begriffs nach der EMRK aufwirft. Das heißt, eine Situation wird dadurch meiner Ansicht nach nicht geklärt, sondern weiterhin in Wirklichkeit zu Lasten des Beschuldigten, zu Lasten unserer traditionellen Form der Gewaltenteilung verschoben, nämlich zu Lasten der Rechte des Beschuldigten und zu Lasten der bisherigen Qualität der Strafrechtspflege.

Diesen Weg wollen wir – ganz offen, das ist eine rechtspolitische Entscheidung – nicht beschreiten, sondern wir wollen haben, dass auch auf der Ebene der Strafrechtspflege bei den Bezirksgerichten weiterhin speziell als Richter ausgebildete Richter die Urteile fällen und die maßgeblichen meritorischen Entscheidungen treffen. (Beifall beim BZÖ.)

20.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.45.00

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Stadler, ich kann mich dem eigentlich anschließen. Auch wir sind nicht unbedingt Freunde einiger der von Ihnen genannten Punkte, das heißt, auch wir lehnen es ab, um es genau zu sagen, dass Urteile oder rechtsprechende Entscheidun­gen durch nichtrichterliches Personal getroffen werden sollen. Das ist auch nicht die Intention dieses Gesetzes. (Abg. Mag. Stadler: Noch nicht!) Wir haben nur die Verfas­sung dahin gehend zu ergänzen, dass es ermöglicht wird, andere Tätigkeiten, die nicht rechtsprechend sind, durch andere Organe, nämlich durch Rechtspfleger, wie es sich in der Zivilrechtspflege bewährt hat, durchführen zu lassen.

Ich halte auch nichts davon, von dem Grundsatz wegzugehen, dass die Recht­sprechung ausschließlich richterliche Angelegenheit ist; das wäre falsch. Aber die Ermöglichung, Rechtspfleger auch in der Strafrechtspflege einzuführen, ist, glaube ich, eine vernünftige Erweiterung des Spektrums, aber nicht in die Verfassung, weil ich glaube, dass das Materiengesetzgebung sein muss. Das ist ein typischer Fall einer Materiengesetzgebung, weil man sonst in der Verfassung ja Teile von Materiengeset­zen hat, weil man dann jede Verfassungsbestimmung durch Erklärungen erweitern


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