Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung / Seite 27

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Wochen revidieren diejenigen, die vor wenigen Monaten noch etwas anderes gesagt haben, nach unten. Sie überbringen einfach Nachrichten. Tatsache ist, dass Sie über Monate hinweg nicht darauf gehört haben, dass Sie noch im Februar, im März von ganz anderen Wirtschaftsprognosen ausgegangen sind. Sie legen gerade jetzt ein Doppelbudget vor, wo wir ein neues Haushaltsrecht haben und eigentlich die Unsinnig­keit von Doppelbudgets erwiesen sein sollte! Man braucht nämlich gerade jetzt mehr Flexibilität. Gerade jetzt, wo Sie sagen, alle stochern im Trüben, legen Sie ein Doppel­budget vor und geißeln noch dazu völlig überflüssigerweise die Wirtschaftsforscher für das Überbringen schlechter Nachrichten.

Ich weiß nicht, ob das ein guter Anfang für eine Diskussion ist. Die Überschrift für das Budget heißt „Kampfansage an die Krise“. Inhaltlich ist es genau das nicht. Es ist eine Kapitulation vor der bittersten Auswirkung der Krise, nämlich der Arbeitslosigkeit. Ar­mutsbekämpfung und soziales Elend werden vollkommen ignoriert, und wir werden jetzt noch einmal sehr genau beleuchten, warum das so ist. Sie haben gestern behaup­tet, niemand wird im Regen stehen gelassen. – Das ist leider falsch, und das ist das Bittere an diesem Budget. (Beifall bei den Grünen.)

Es wird gerade nicht um jeden Arbeitsplatz gekämpft, im Gegenteil: Die zusätzliche Arbeitslosigkeit ist sehr hoch. Es werden nämlich im Jahr 2011 zusätzlich 100 000 Ar­beitslose in Kauf genommen, und es wird sogar zusätzliche Arbeitslosigkeit von Seiten des Bundes, von Seiten der öffentlichen Hand produziert: Sie sparen bei Ermessens­ausgaben, das heißt, Sie sparen bei Projekten im Sozial-, im Kultur-, im Bildungs- und im Frauenbereich. Sie sparen auch im öffentlichen Bereich direkt Jobs ein und sind so­gar noch stolz darauf, 1 820 Arbeitslose zu produzieren. (Zwischenbemerkung von Vi­zekanzler Dipl.-Ing. Pröll. Abg. Mag. Molterer: Verwaltungsreform! Abg. Groß­ruck: Van der Bellen wäre besser gewesen!)

In den wichtigen Bereichen, wo in vielen anderen Ländern im Moment Investitionen diskutiert werden – im Umweltschutz, in der Pflege, in der Kinderbetreuung, in der Bil­dung, an den Universitäten –, werden keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen. Nein, man nimmt ein Wachstum von 50 Prozent bei der Arbeitslosigkeit einfach in Kauf.

Und dann sind Sie noch stolz auf Ihr Arbeitsmarktbudget, das gerade einmal um 8 Pro­zent wächst. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein und lässt diese Phrase „zusätzli­ches Geld in die Hand nehmen“ eigentlich als echte Worthülse stehen.

Gleichzeitig wird die Arbeitslosenunterstützung nicht erhöht, gleichzeitig wird die Not­standshilfe nicht erhöht, gleichzeitig wird die Grundsicherung, die Mindestsicherung wieder einmal auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Das bedeutet, zusätzliches soziales Elend, zusätzliche Verarmung in Österreich in Kauf zu nehmen, bewusst in Kauf zu nehmen, und das ist definitiv der falsche Weg! (Beifall bei den Grünen.)

Ein christlich-soziales Budget, so lautete heute die Überschrift. Es ist ein ÖVP-Budget, nur: mit christlich und sozial hat es nichts mehr zu tun. (Abg. Bucher: katholisch!) Ein Satz von Ihnen war gestern sehr bezeichnend, Herr Finanzminister: Wir dürfen den Menschen nicht suggerieren, dass sie ihre Eigenverantwortung beim Staat wie den Mantel an der Garderobe abgeben können, denn das hätte weitreichende negative Fol­gen für die gesamte Wirtschaft.

Um wen geht es Ihnen jetzt eigentlich? Geht es Ihnen um die Wirtschaft, oder geht es Ihnen um die Menschen? Sie sagen, da ist kein Unterschied. Sie machen aber einen sehr großen Unterschied zwischen den Menschen. Bankensicherungspaket okay, haben Sie gemacht. 10 Milliarden € Garantien für die Industrie – okay, haben Sie ge­macht. Wir finden das auch in Ordnung so. 10 Milliarden € Kredite für osteuropäische Staaten, eine Möglichkeit zu unterstützen, jetzt neu im Budgetbegleitgesetz – durchaus okay, das haben Sie gemacht. Haftungsausschluss für Bankmanager, für die ÖIAG-


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