Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 128

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Prinz: Sie wird schon bei der Spezialdebatte dabei sein! Da brauchen Sie keine Sorge zu haben, Herr Steinhauser!)

Was uns die Frau Justizministerin da vorgelegt hat, ist eine Mischung aus belastend, verzweifelt, getrickst und skurril. Für jede dieser Zuschreibungen kann man einen Be­leg finden.

Belastend ist die Gerichtsgebührenerhöhung um 5 Prozent. Neue Gerichtsgebühren werden in so sensiblen Bereichen wie bei Obsorgestreitigkeiten, bei Vergleichen bei Unterhaltsstreitigkeiten, im Besuchsrecht oder im Sachwalterschaftsrecht eingeführt – alles hochsensible Bereiche! All das wird jetzt von der Frau Justizministerin mit zusätz­lichen Gerichtsgebühren belegt. Argumentiert wird das Ganze damit, dass man nur dann den Kernaufgaben der Justiz nachkommen kann, wenn man den Bürgerinnen und Bürgern diese Belastungswelle zumutet.

Da frage ich mich schon Folgendes: Warum ist der Bundesregierung der Rechtsstaat so wenig wert, dass man die Bürgerinnen und Bürger gerade im Krisenjahr mit einer Gebührenerhöhung massiv belastet? – Man hat den Eindruck, dass sich die Justizmi­nisterin jenes Geld, das ihr der Finanzminister verweigert hat, jetzt von den Rechts­schutz suchenden Bürgern wieder holt.

Wenn die Frau Justizministerin im Ausschuss argumentiert, dass Kostenwahrheit das oberste Prinzip wäre, dann sage ich: Na gut, aber das heißt, sie wird in Zukunft für je­den auf der Straße gefahrenen Kilometer Maut bezahlen, wenn sie für Kostenwahrheit ist! Dann frage ich sie: Ist sie wirklich für Selbstbehalte im Gesundheitssystem, und zwar in der ganz extremen Form? Ist sie für Schulgeld und, und, und?

Wenn sie das ist, dann frage ich mich, ob sie die wirtschaftspolitische Debatte des letzten halben Jahres versäumt hat, denn mittlerweile hat da ein Paradigmenwechsel stattgefunden, und das ist auch richtig so. Der Rechtsstaat ist ein zentrales Herzstück der öffentlichen Aufgaben, und der gehört steuerfinanziert. Es darf beim Zugang zum Rechtsschutz keine sozialen Selektionen geben! (Beifall bei den Grünen.)

Aber nehmen wir das zur Kenntnis, der Finanzminister verteilt auf der einen Seite Steu­erzuckerln, und auf der anderen Seite ziehen die Fachministerinnen und Fachminister den BürgerInnen das Geld wieder aus der Tasche.

Die Justizministerin ist offensichtlich verzweifelt. Das zeigt sich an der Maßnahme, dass sie die Mindesttagsätze bei Geldstrafen von 2 € auf 4 € erhöht. Das heißt, diejeni­gen, die sich etwas haben zuschulden kommen lassen, sollen mehr zahlen. Das klingt in erster Linie zwar recht gut – okay, die zahlen eben mehr –, nur: Was wird die Folge sein? – Ich sage es noch einmal: Wirtschaftskrise! Die Betroffenen werden sich die Geldstrafen nicht leisten können, werden sie nicht bezahlen, werden Ersatzfreiheits­strafen antreten und damit den Staat viel mehr kosten, weil es keine Einnahmen bringt und die Ersatzfreiheitsstrafe Geld kostet.

Es wird im Budgetbegleitgesetz getrickst. Wir wissen, dass die Zahl der bedingten Entlassungen im Haftentlastungspaket massiv gestiegen ist. Das befürworten wir, nur gibt es eine logische Folge: Es braucht dann natürlich mehr Bewährungshelfer, die die bedingt Entlassenen betreuen, damit auch das Haftentlastungspaket in seiner Wir­kung – nämlich mehr Resozialisierung – greift.

Daher ist also mehr Personal nötig. Was aber macht die Justizministerin? – Nein, nicht mehr Personal, denn das kostet mehr, sondern wir machen etwas anderes: Wir trick­sen! Wir sagen einfach im Gesetz, künftig kann jeder Bewährungshelfer statt 30 Klien­ten 35 betreuen, und schon geht sich wieder alles aus. Was auf der Strecke bleibt, ist die Qualität.

 


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