Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 153

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14.14.45

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Staatsse­kretäre! Hohes Haus! Wir haben gerade gehört, dass auch in Krisenzeiten der Pulver­schnee fällt.

Aber nun zum Ernst der Sache: Die Regierung sagt, es gibt Steuererleichterungen. – Wirklich erleichtert fühlt sich aber kaum jemand. Alles hat sein Pro und Kontra. Der Chef der Universitätenkonferenz, Universitätsprofessor Dr. Badelt, sagt, er hätte sich ein schlimmeres Budget erwartet; er könne damit leben. Fragt man die einzelnen Rek­toren, sagen sie einem, sie können damit nicht oder kaum leben.

Bundesminister Stöger sendete aus, die Krankenkassen werden saniert werden. – Fragt man die Kassenobleute und deren Direktoren, so sagen diese, davon sei man weit entfernt. – Was stimmt also jetzt?

Lassen Sie mich beginnen mit dem politischen Aufrechnen, mit dem politischen Hick­hack. Zum CERN-Sitz zu fahren, das sollte für österreichische Wissenschafterinnen und Wissenschafter kein Tourismusunternehmen sein, sondern eine Riesenchance, ja eine Notwendigkeit. Wenn Hahn sich dieses Geld der Mitgliedsbeiträge nicht mehr leis­ten kann, spricht alles dafür, dass sein Budget bei Weitem nicht so gut ist, wie er und seine Mitarbeiter das uns gegenüber darzustellen versucht haben.

Wenn es dann noch heißt – nach diesem Faymann-Machtwort –, wenn das Geld nun für CERN verwendet wird, wird es den jungen Wissenschaftern, dem FWF und ande­ren Kooperationen fehlen, so ist das doch eine sehr tragische Sache und zeigt eigent­lich die ganze Erbärmlichkeit der Budgetsituation im Bildungs- und Wissenschaftsbe­reich.

Das wäre vergleichbar mit folgender Situation: Bundesminister Hahn hat eine sehr gute Kantine in seinem Haus, geleitet von einem berühmten Koch. Faymann sagt: Bringen Sie mir bitte ein CERN-Menü!, und Hahn antwortet darauf: Ja, wenn Sie das befehlen – aber dann sind Gulasch und Fisch gestrichen!

So wird Politik gemacht: „Kannibalismus“ zwischen Angeboten, „Kannibalismus“ zwi­schen einzelnen Wissenschaftsdisziplinen.

Einige Leute haben sich etwas erhofft – das weiß ich –, wenn Beiträge an CERN nicht mehr gezahlt werden, nämlich dass sie das Geld kriegen. Aber wer hat wirklich an die jungen Wissenschafter gedacht? – Niemand! Und das muss ein Ende haben.

Die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, alle haben in diesem Zusammen­hang protestiert; daher meine Frage: Warum könnte nicht Mitterlehner einen kleinen Teil dazu beitragen? Warum könnte nicht – zum Ruhme der Sozialdemokraten – auch Ministerin Bures einen kleinen Teil beitragen? Die Nutznießer wären alle. Aber das ge­schieht leider nicht. Und das nennt sich Regierung?!

Zum Thema Krankenkassen: Es ist nicht so – ich würde Stöger gerne die Freude ma­chen und ihm recht geben; in vielen Dingen hat er auch recht –, dass die Krankenkas­sen saniert werden, wie Stöger sagt; das ist falsch. Die Budgets der Krankenkassen werden trister werden, weil die Finanz- und die Wirtschaftslage schlechter werden. Die Einnahmen werden noch mehr abbrechen. Maßnahmen der Regierung kommen zu spät – und obendrein nur halbherzig. Wer wird die Folgen tragen? Alle sagen: Nein, die Patienten werden das nicht spüren! – Natürlich werden die Patientinnen und Patienten das spüren – außer sie bleiben gesund.

Ganz Westösterreich besitzt eine einzige Fachärztin für Kinderpsychiatrie, eine einzige! X Bundesländer haben Krankenkassen, die keinen einzigen Vertrag mit einer Logopä­din, mit einer Physiotherapeutin haben. Vom Ministerium hört man, wenn jemand krank ist, kriegt er das schon. Aber wissen Sie, was mir die Therapeuten sagen: Eine ältere


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