Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 199

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rende mit eingeschränkter Mobilität oder Studierende, die sich an den Wahltagen nicht am Wahlort befinden, weil sie zum Beispiel gerade ein Auslandssemester in Anspruch nehmen.

Konkret betroffen sind zum Beispiel die Studierenden des Fernstudiums Rechtswissen­schaften an der Universität Linz. Sie haben im Jahr 2007 folgenden Wunsch an den Wissenschaftsminister herangetragen – Zitat –:

Wir können alles elektronisch abwickeln in unserem Studium, nur zur Wahl müssen wir nach Linz fahren. – Zitatende.

Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum wir diesen Studierenden E-Voting und da­mit die einfache Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung vorenthalten sollten.

Ich kenne natürlich auch die gegen E-Voting immer wieder vorgebrachten Kritikpunkte, die ja heute bereits angeklungen sind. Es wird gerne darauf hingewiesen, dass auch beim E-Voting die Wahlgrundsätze des allgemeinen, persönlichen, freien, geheimen und gleichen Wahlrechts einzuhalten sind. Das ist völlig richtig! Diese Bedenken wur­den auch sehr ernst genommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) Auch betref­fend die geheime Wahl, Herr Kollege Wittmann.

Es wurde natürlich darauf Bedacht genommen, dass dabei die geheime Wahl sicherge­stellt ist. Vergessen Sie bitte in diesem Zusammenhang nicht, dass in Österreich seit Kurzem auch die Möglichkeit der Briefwahl besteht und bei der letzten Nationalratswahl auch erfolgreich zur Anwendung gelangt ist.

Mit der Einführung der Briefwahl wurde eine ganz entscheidende Weichenstellung in Richtung E-Voting vorgenommen. Der Gesetzgeber, der bisher den Schutz des Grund­satzes der geheimen Wahl zur Sache des Staates gemacht hat und die Stimmabgabe ausschließlich in Wahlzellen oder mittels fliegenden Wahlkommissionen gestattet hat, übergab damit direkt dem Bürger die Verantwortung, sein Wahlgeheimnis selbst zu schützen. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Wertentscheidung ge­troffen hat, dass er die Wähler als verantwortlich genug erachtet, den Ort der Stimmab­gabe so zu wählen, dass sie im Moment der Stimmabgabe unbeeinflusst sind. Diesem Prinzip folgt auch das E-Voting.

Es ist noch eine weitere Wertentscheidung zum Ausdruck gekommen, nämlich die Wertentscheidung, dass es bei den Wahlgrundsätzen, die ich ja bereits angesprochen habe, nicht nur die geheime Wahl sicherzustellen gilt, sondern auch das allgemeine Wahlrecht. Bei der Briefwahl haben wir dem allgemeinen Wahlrecht einen stärkeren Vorzug gegenüber dem geheimen Wahlrecht gegeben. Das ist eine Wertentscheidung, die natürlich auch beim E-Voting eine Rolle spielt.

Ich darf Sie darüber hinaus auch daran erinnern, dass der Verfassungsgerichtshof im Jahre 1995 anerkannt hat, dass an die Nationalratswahlen und die Interessenvertre­tungswahlen unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind. Ausgehend davon hat der Verfassungsgerichtshof bereits damals die Briefwahl bei der Arbeiterkammerwahl und bei der Personalvertretungswahl des Bundes ermöglicht.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch der Europarat – und der ist ja wirk­lich unverdächtig – davon ausgeht, dass E-Voting und die Einhaltung der von mir be­reits genannten Wahlgrundsätze einander keineswegs ausschließen. Das gilt auch für das geheime Wahlrecht. Dies ergibt sich klar und deutlich aus den Empfehlungen des Europarates zum E-Voting. Darin wird auch empfohlen, dass der Wahlvorgang des E-Votings den Wählern neutral und unparteiisch zu erklären ist. Schade, dass dies ange­sichts der zahlreichen Anti-E-Voting-Kampagnen im ÖH-Wahlkampf leider nicht mög­lich war. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.53

 


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