Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 105

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Rasinger. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.09.08

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Kollegen auf der Regierungsbank! Dieses Budget ist ein Beitrag zur Solidarität in der Gesund­heits­politik. Ein Beitrag zur Solidarität deshalb, weil wir dadurch das Regierungs­programm umsetzen können, welches die Kernaufgabe wie folgt umschreibt: die höchstmögliche Versorgung für alle – unabhängig von Alter und Einkommen.

Das klingt so locker, das ist aber international eines der am schwierigsten umzu­setzenden Anliegen. Zum Beispiel: In Deutschland findet gerade der Deutsche Ärzte­tag statt. Dort gibt es Riesendiskussionen, ob man offen oder verdeckt rationieren soll. In Deutschland wird offen darüber geredet, dass zum Beispiel Dicke, Raucher zurück­gereiht werden beziehungsweise dass eine Herzoperation vor einer Hüftoperation rangiert. Das ist übrigens eine Diskussion, die in England oder in Amerika ganz offen und beinhart geführt wird. In vielen Ländern wird diese Diskussion jedoch verdeckt geführt.

Diese Diskussion geht ja schon seit Jahren. Das hat dazu geführt, dass in Deutschland über 2 000 Praxen gar nicht mehr besetzbar sind und zirka 3 000 Ärzte pro Jahr das Land verlassen. Das heißt, umgelegt, dass nach einer sehr limitierten Ausbildung, mit der von zirka 11 000 Leuten 9 500 fertig werden, 30 Prozent sagen: Ich will oder kann nicht mehr verantworten, dort zu arbeiten. Sie gehen lieber nach Schweden oder nach England oder nach Norwegen. Das ist eigentlich eine Bankrotterklärung. Da bin ich stolz, dass ich in Österreich und Teil davon bin.

Ich fühle mich auch als Gesundheitspolitiker dafür verantwortlich, dass die Leistungs­erbringer – das sind Ärzte, Schwestern et cetera – zufrieden arbeiten können, denn nur zufriedene Menschen können Patienten gut behandeln, und dass wir den Menschen auch die Versorgung geben, die sie brauchen. Welchen Menschen? – Ich selber bin, wie alle wissen, Hausarzt in einer eher unterprivilegierten Gegend Wiens, nämlich in Meidling, am Gürtel.

Ich sage immer: Der Wert eines Gesundheitswesens zeigt sich nicht darin, ob sich ein Hofrat oder ein Industrieller eine Behandlung leisten kann – in Wien sind doppelt so viele Fachärzte privat tätig wie mit Kassenvertrag –, sondern darin, dass eine ältere Frau mit niedrigem Bildungsstand und niedrigem Einkommen das bekommt, was sie will. Das muss unsere Leitschnur sein! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Natürlich haben wir Problemfelder, das ist gar keine Frage. In Österreich sind wir sozusagen Weltmeister im Spitalliegen, aber so, wie es Felderer, Köck und andere sagen, dass man locker 3 Milliarden € einsparen kann, das ist ja fast eine Beleidigung der Intellektualität. Wenn ich heute auf der grünen Wiese ein Gesundheitswesen planen würde, würde ich das ganz anders machen, aber 3 Milliarden € einzusparen bei 10 Milliarden € Endkosten im Spitalsbereich heißt, dass ich 30 Prozent der Spitäler zusperren muss. Das soll jetzt jeder für sein Bundesland beantworten, ob das umsetzbar ist und ob das sinnvoll ist, ob die Leute dann auch ins Spital gehen können, ja oder nein.

Ich behaupte, es ist schlicht und einfach nicht möglich, und selbst wenn es möglich wäre, hätte ich Zusperrkosten und Verlagerungskosten, denn die Patienten lösen sich ja nicht in Luft auf. Man hat allein 2,47 Millionen Patienten, die Spitalsaufenthalte durchmachen.

 


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