Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 113

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.38.49

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz besonders möchte ich unsere – nicht anwesende – Justizministerin begrüßen. Das ist unglaublich! Obwohl das Justizbudget massiv betroffen ist, hat sie während der ersten Lesung nur kurz vorbeigeschaut und eine 2-Minuten-Rede gehalten, gestern bei der Debatte des Budgetbegleitgesetzes hat sie nur mehr kurz vorbeigeschaut und heute während der zweiten Lesung kommt sie überhaupt nicht mehr! Das ist wirklich ungeheuerlich! Es herrscht Personalknappheit, es herrscht Budgetknappheit – und die Justizministerin fehlt! Offensichtlich fürchtet sie sich vor der Debatte und vor dem Parlament. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Und wo ist der Herr Van der Bellen?!)

Die Situation in der Justiz ist angespannt. Insofern freue ich mich, dass ich die Frau Ministerin für den öffentlichen Dienst da habe, die ja da Mitverantwortung hat und mir jetzt zwangsläufig anstelle der Justizministerin ihr Ohr wird leihen müssen.

Frau Ministerin! Bei den Staatsanwälten fehlen uns 30 Planposten. Die Situation ist mittlerweile so weit, dass die Gefahr besteht, dass nicht mehr alle Strafverfahren ordnungsgemäß durchgeführt werden können.

Im Bereich der Wirtschaftsabteilung wird jetzt endlich einmal die Wirtschaftskriminalität unter die Lupe genommen, aber es gibt nicht ausreichend Posten. Das ist bedauerlich.

Bei den Richtern fehlen 150 Planposten, es sind seit Jahren keine neuen Planposten dazugekommen. Wir im Hohen Haus schaffen aus gutem Grund immer wieder neue Gesetze, neue Straftatbestände, aber das Personal, das das vollziehen soll, zur Verfügung zu stellen, das schaffen wir nicht.

Der Oberste Gerichtshof hat eine Anfallsteigerung von 15 Prozent; es kommt trotzdem kein neues Personal dazu. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Die Verfahrens­dauer wird zunehmen, Rechtsgenauigkeit und Rechtssicherheit werden darunter leiden.

Ähnlich ist die Situation bei den Kanzleikräften. Da hat es in den letzten Jahren schon massive Einsparungen gegeben – in den letzten sechs Jahren wurden 600 Personen eingespart! Die Konsequenzen sind klar. Man muss nur einmal auf ein Gericht gehen, um zu sehen, die Leute dort leiden unter dem Burnout-Syndrom. Wenn die Protokolle nicht versendet werden, wenn die Ladungen nicht versendet werden, dann können die Richter noch so schnell verhandeln – die Verfahrensdauer wird zunehmen!

Ähnlich ist die Situation auch bei den Gerichtsvollziehern – dort fehlen 20 bis 30 Plan­posten – und bei den BezirksanwältInnen – dort fehlen 50 Planposten.

Im Strafvollzug ist die Situation ebenfalls angespannt. Es besteht nur die Hoffnung, dass das Haftentlastungspaket greift und durch sinkende Haftzahlen die Beamten dort entlastet werden. Allein, mir fehlt der Glaube, denn es wird zu wenig sein, was durch das Haftentlastungspaket gewonnen werden kann. Man muss sich nur die Zahlen anschauen: Da fehlt es an SozialarbeiterInnen, an PsychologInnen, an medizinischem Personal. In der Justizanstalt Josefstadt sind für über tausend Häftlinge 5,5 Planposten für PsychologInnen vorgesehen; das ist schlicht zu wenig.

Aber Folgendes interessiert mich, Frau Bundesministerin: Haben Sie so gut verhandelt und hat die Justizministerin so schlecht verhandelt? Oder war die Ankündigung der Justizministerin, dass sie 440 Planposten mehr fordert, nicht ganz ernst gemeint und ein Showeffekt für die Öffentlichkeit?

 


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