Jetzt muss ich Sie noch einmal fragen, Frau Innenministerin: Vor all diesen Geschichten und vor den Bildern dieser Menschen, die teilweise 89, 90 Jahre und älter sind und die eine ganz andere Lebensgeschichte zu erzählen haben, ist es nicht eine unfassbare Entgleisung, hier den Spieß umzudrehen und aufzurechnen zu beginnen? Offensichtlich war es eine erste spontane Reaktion. Sie haben zwei weitere Anläufe gebraucht, um sich unzweideutiger zu diesem Vorfall zu äußern. Aber die Frage bleibt schon, ob mit dieser Grundhaltung, die dahinter steckt, wenn so etwas passiert, gleich einmal Opfer zu Provokateuren zu machen, entschieden gegen Rechtsextremismus in Österreich vorgegangen werden kann. Diese Frage müssen Sie heute beantworten.
Ich möchte noch eine andere Geschichte erzählen, die Ihre Verfehlung noch überbietet, und das ist eine vom Klubobmann Strache, der offensichtlich entweder dabei war oder über Augenzeugen- oder Ohrenzeugenberichte gewusst hat, wie sich dieser Vorfall dort abgespielt hat.
Bei dem Parteitag sagte er zwar, die Vorfälle in Ebensee seien zu verurteilen, er präsentierte aber gleichzeitig seine reale Sicht der Dinge. In diesem Stollen hätten die Jugendlichen Woche für Woche gespielt. Am Tag der Ereignisse sei es zuerst zu einem Streit zwischen den Jugendlichen und den Besuchern gekommen, wobei es in der Folge zu „blöden Sagern“ gekommen sei. Die Burschen gehörten an den Ohren gezogen, mit ihnen Klartext geredet, eine ordentliche Tachtel gegeben – aber nicht wochenlang in U-Haft.
So, jetzt stellen sich hier einige Fragen. Entweder war der Kollege Strache dabei, das glaube ich nicht, das glaubt wohl niemand, oder es ist ihm berichtet worden, was sich dort zugetragen hat – aber offensichtlich nicht von den Opfern, die das ganz anders beschreiben. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Oder er macht genau dasselbe: Er verharmlost so einen Vorfall, dreht die Opfer- und Täterspirale einfach um und macht die Opfer zu Provokateuren. Er spricht von Streit.
All das schreit nach einer offiziellen Entschuldigung der offiziellen Repräsentanten des Landes Österreich. Auf das warten die Opfer bis zum heutigen Tag! Ich denke, das wäre heute eine gute Gelegenheit. (Beifall bei den Grünen.)
Wir haben die Sorge – und ich glaube, die haben mittlerweile viele Menschen in Österreich –, dass nicht entschieden genug die Lehren aus dieser Vergangenheit gezogen werden und dass man nicht entschieden genug gegen Rechtsextremismus, versteckten Antisemitismus und auch offenen Antisemitismus in Österreich vorgeht. Über Jahre hinweg scheinen sich hier gewisse Trends zu verfestigen, und das kann man auch an konkretem Verwaltungshandeln und konkreten Verwaltungsakten nachvollziehen, die nicht mehr passieren.
Es hat sehr große Betroffenheit und Verwunderung ausgelöst, Frau Innenministerin, dass Sie als Konsequenz angekündigt haben, Sie werden sich die Szene nun näher anschauen. Es stellt sich die Frage, was bis jetzt eigentlich geschehen ist – war es bislang nicht der Fall, dass die Szene näher angeschaut worden ist, sie beobachtet wurde? Offensichtlich nicht. Es ist die Zahl der Anzeigen wegen Wiederbetätigung in den letzten Jahren angestiegen, es gibt immer mehr. Es gibt offensichtlich auch solche Personen wie David Ernest Duke, einen neonazistischen Agitator, der in Österreich völlig unbehelligt auftreten kann und der überhaupt nicht beobachtet wird. Dafür ist offensichtlich keine Ressource vorhanden, oder man will es nicht machen, oder man interessiert sich einfach nicht.
Sie, Frau Ministerin, haben nun die Möglichkeit zu erklären, warum gewisse Beobachtungen einfach nicht mehr erfolgen, warum der Verfassungsschutz es eingestellt hat, einen eigenen Rechtsextremismusbericht zu erstellen, warum im allgemeinen Verfassungsschutzbericht rechte Burschenschaften nicht mehr vorkommen, neonazistische
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