Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 357

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

keine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren, und ich kann Ihnen sagen, ich habe damals den Widerstand aller anderen EU-Mitglieder sehr stark gespürt.

Wichtig war auch – das hat Österreich gleichfalls durchgesetzt –, dass EU-Verhandlun­gen mit Kroatien beginnen. Es wäre unsinnig gewesen – wir sehen das auch im Lichte des Verhandlungsverlaufs –, zuerst mit der Türkei Verhandlungen zu beginnen und dann erst oder gar nicht mit Kroatien. – Auch das also eine österreichische Leistung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben durchgesetzt, dass es eine zweite Option gibt, und zwar ansatzweise. Mehr war damals nicht zu erreichen, aber immerhin, dieser zweite Ansatz, der neben dem Vollbeitritt auch eine zweite Option eröffnet, das war unser Anliegen, und das haben wir alleine – gegen alle anderen! – durchgesetzt.

So viel zu Ohnmachtsgefühlen oder zum Gefühl, dass Österreich in der EU nichts be­wegen, nichts durchsetzen könne. – Das stimmt nicht! Wir können, wenn wir energisch auftreten, wenn wir uns trauen, eine eigene österreichische Linie zu haben und auch bei dieser Linie zu bleiben, meine Damen und Herren.

Wir haben auch ein Verhandlungskorsett mit der Türkei durchgesetzt, das es vorher in dieser Form noch nie gegeben hat – sehr kritisiert von vielen unserer Freunde –, etwas jedenfalls, was uns ermöglicht, in der Praxis sorgfältig und mit der gebotenen Behut­samkeit vorzugehen. Das bewährt sich, meine Damen und Herren: Acht Kapitel sind jetzt ausgesetzt in diesen Verhandlungen mit der Türkei, weil die Türkei nicht die entsprechenden Fortschritte in ihrer Politik nachweisen kann! Das ist ein richtiger Weg, das ist ein guter Weg, das ist ein Weg, den Österreich in der Europäischen Union mit bewirkt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher wundert es mich auch, was Frau Kollegin Grossmann hier gesagt hat, die, sofern ich sie richtig verstanden habe, sehr Frau Merkel und Herrn Sarkozy gedankt hat. Beides Politiker, die ich sehr schätze, aber, ehrlich gesagt, Sie rennen da bei mir offene Türen ein, denn damals, im Jahre 2005, als es galt, die Position durchzusetzen: zweite Option, ergebnisoffene Verhandlungen, Aufnahmefähigkeit, da war von Merkel oder Sarkozy noch keine Rede. Das war das Europa von Blair, Schröder und Chirac. Damals, also sehr früh, haben wir Österreicher uns durchgesetzt; später sind dann auch andere Leute dieser unserer Linie gefolgt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe daher jetzt eigentlich nicht, was dieser vernudelte Hinweis soll, wir wollen keine Beitrittsverhandlungen, sondern nur mehr Verhandlungen. – So steht es ja in den Dokumenten, die seit einiger Zeit vorliegen. Da haben andere Leute ihre Position geändert; wir Österreicher aber nicht – und wir haben dazu auch keinen Grund. (Abg. Dr. Cap: Das stimmt einfach nicht!)

Meine Damen und Herren, es ist schon wichtig, dazu Stellung zu nehmen, denn: Ein Abbruch von Beitrittsverhandlungen oder von Verhandlungen, wie wir es ja immer genannt haben, löst nichts der Probleme, die wir jetzt in Österreich haben. Ja, es gibt Probleme, meine Damen und Herren, ja, es gibt Probleme bei den Jungen, es gibt Probleme in der Integration, es gibt in Einzelbereichen enorme Defizite: bei der Sprachausbildung, auch da und dort auf kommunaler Ebene. Ich höre das, denn ich bin draußen an der sogenannten Basis viel unterwegs. Ja, da gibt es Sorgen; Sorgen etwa von jungen Leuten, die es nicht immer leicht finden, mit ihren Altersgenossen, die etwa einen türkischen oder anderen Hintergrund haben, umzugehen.

Daher: Wir müssen diesen jungen Menschen helfen, müssen sie unterstützen; Defizite müssen abgebaut werden in unserem Land, in den Gemeinden; überall dort, wo es darauf ankommt. – Jetzt eine feige Kurve zu nehmen und zu glauben, man könne in demagogischer Art und Weise, man könne durch ein An-den-Horizont-Stellen des


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite