Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 663

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die Folge gehabt, dass wir auch in den ersten Klassen der Volksschule ab dem nächsten Jahr wieder 30 SchülerInnen sitzen gehabt hätten.

Also von großem Fortschritt kann niemand reden. Das ist eine marginale Verbes­serung, wobei marginal bedeuten soll, für die SchülerInnen, die es betrifft, ist es sehr wichtig, aber die Umsetzung erfolgt bei Weitem nicht im gesamten Schulsystem.

Wenn man die anderen Bereiche anschaut, von denen Sie erzählen, dass viel geschehen wird, dann stellt sich die Frage: Wo eigentlich? Beim Förderunterricht? Ich meine, der Nachhilfeboom ist ja eklatant in Österreich, es fließt wohl kaum in einem anderen Land dermaßen viel Geld in die private Nachhilfe. Warum? – Weil es an den Schulen nicht geleistet wird.

Jetzt kann man über verschiedene Modelle nachdenken. Ich bin ja jemand, der eher sagt, zusätzliche, eigens ausgebildete FörderlehrerInnen, die SchülerInnen spezifisch unterstützen können, wären wahrscheinlich sinnvoller. Wenn der Klassenlehrer auto­matisch der ist, der den Förderunterricht dort abhält, wo es ein großes Problem gibt, dann ist das strukturell schon etwas schwierig; da kann es ja auch andere Probleme geben. Aber sei’s drum, man könnte sagen, entweder gibt es eine generelle Verpflich­tung der LehrerInnen an den Schulen, mehr Förderunterricht zu geben, oder es gibt eine spezielle Ausbildung.

Wenn Sie nach Skandinavien schauen, dann werden Sie sehen, dass in Finnland jeder zehnte Lehrer und jede zehnte Lehrerin im Pflichtschulbereich eigens ausgebildet ist, FörderlehrerIn ist, zum Teil in Kleingruppen Einzelunterreicht gibt. Das ist wahrschein­lich der Kern des Erfolgsrezepts, warum dort der Anteil an SchülerInnen, die aus dem Schulsystem rauskippen, deutlich geringer ist.

Aber wo verändert sich denn etwas? Sie haben vorhin gesagt – und das war für mich schon ein Warnsignal –, was auf jeden Fall kommen muss, ist die höhere Lehrver­pflichtung. Jetzt sage ich mal, über das kann man ja diskutieren, möglicherweise auch im Rahmen einer neuen Gehaltskurve. Den SchülerInnen bringt eine höhere Lehr­verpflichtung von Lehrern allerdings mit Sicherheit nichts.

Es stellt sich die Frage, warum ein Lehrer einen besseren Unterricht machen soll, wenn er statt 20 – ich weiß nicht, woran Sie im Ausbau denken – 22 oder 24 Stunden unterrichtet. Das wird keine Qualitätsverbesserung in den Klassen bringen. Eine Qualitätsverbesserung kann es geben, wenn die Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich Zeit hätten, um mit den Schülern individuell, außerhalb des Unterrichts zu arbeiten, wenn diese Fördermaßnahmen da sind.

Wenn ich jetzt von Ihnen höre, Ihr großes Ziel ist die Erhöhung der Lehrverpflichtung, dann frage ich mich, welches bildungspolitische Konzept denn dahintersteht. Das ist ein Sparkonzept, das man möglicherweise auch erfüllen kann, ich möchte gar nicht abstreiten, dass es da Möglichkeiten gibt, aber das ist in erster Linie wieder ein Sparkonzept, aber keine bildungspolitische Maßnahme. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind massiv dafür, dass das in Österreich endlich angegangen wird. Ich kenne das mittlerweile aus privater Erfahrung. Wenn man Kinder hat, die gerade von der Volks­schule in die höhere Schule wechseln, dann kennt man auch das Umfeld, und man weiß, dass dieser Spruch: Wir haben Schularbeit!, für einen sehr hohen Anteil der Eltern und der Kinder gilt. Das ist keine Ausnahmesituation, das ist etwas, womit alle zu tun haben. Es ist ja für mich ganz interessant, manchmal auch wieder rein­zuschauen, wie jetzt unterrichtet wird; das möchte ich gar nicht abstreiten. Der Punkt ist nur, die Kinder, deren Eltern das nicht mit ihnen machen, haben einen eklatanten Nachteil in diesem Land.

 


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