Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 765

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Nächster Punkt: Die wahre, doch auch kritisch anzumerkende Masse, die im Justiz­geschehen zu verzeichnen ist, findet sich in Wahrheit im Budgetbegleitgesetz, was heute nochmals Anlass ist, auf schwerwiegende Nachteile zu verweisen.

Punkt eins: Es geht um eine massive Kostenbelastung im Ausmaß von 220 € als Gebühr für Obsorgestreitigkeiten, wo man gehört hat, dass zwischen SPÖ und ÖVP seit dem Ausschuss, in dem das Budgetbegleitgesetz beschlossen worden ist, Ver­handlungen laufen sollten – mit einem gegenseitigen Gezerre, wer den anderen gewinnen oder verlieren lässt. Es ist ganz evident, dass das eine massive Beein­trächtigung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ist, die sich mit diesen Dingen leider auseinandersetzen muss.

Also unter dem Aspekt des Konsumentenschutzes und der Bevölkerungsfreundlichkeit, noch dazu auf einem Gebiet, wo es keine Freudensstürme entfachen dürfte, sich streiten zu müssen, nämlich um das Obsorge- und Kinderbesuchsrecht, könnte doch nochmals eine Einladung an die Herrschaften ergehen. Angeblich soll die ÖVP sich da sperren. Euch fehlt ein hoher Anteil am Milchpreis, das weiß ich schon. Daher wollt ihr diese 100 Millionen, um die es vielleicht ginge, keinesfalls auslassen. Vielleicht geht es eh nur um eine Million, da sind wir ja bescheiden.

Also es wäre doch angebracht, der rechtsuchenden Bevölkerung – und das betrifft die Ärmsten des Landes, die auf diesem Gebiet einen Streit austragen müssen – ent­gegenzukommen und diese Gebührenbelastung auszusparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Nächster Kritikpunkt: Es kommt zu einem Anheben der Streitwertgrenze für die Anwen­dung des Mahnverfahrens von jetzt ohnedies schon 30 000 € auf 75 000 €. Das ist durch Einsparungsbedürfnisse der Justiz nicht zu rechtfertigen. Und ich führe vor Augen, welches Risiko das für Beklagte ist. Es kann leicht sein – noch dazu, wo die eigenhändige Zustellungspflicht entfällt –, dass durch Irrtum ein Zahlungsbefehl rechts­kräftig wird. Die alte Möglichkeit eines Einspruches gibt es nicht mehr. Es haben dann Leute durch Irrtum eventuell einen Titel am Hals, der exekutierbar ist, der aber 1 Million Schilling ausmacht in alter Währung, und müssen sich eventuell durch mühsame Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu behelfen versuchen, mit einer extremen Ungewissheit, ob so etwas möglich ist.

Eine hohe Gefahr, die insbesondere unter dem Titel Konsumentenschutz zu betrach­ten wäre.

Nächster Punkt: Anhebung der Streitwertgrenze für Bagatellverfahren von 2 000 auf 2 700 €. Ich rufe in Erinnerung, dass die Anfechtbarkeit im Bagatellverfahren nur aus Gründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung möglich ist, nicht auf dem sehr wesentlichen Gebiet der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswür­digung. Auch das ein großes Konsumentenschutzproblem, noch dazu, wo mehr als 80 Prozent aller zivilgerichtlichen Streitfälle den Streitwert von nicht einmal 2 200 € erreichen. Das ist nicht einsehbar.

Nächster Punkt: Anhebung der Streitwertschranke für die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofes im ordentlichen Revisionsbereich von 4 000 auf 5 000 € und von 20 000 auf 30 000 € für den Fall der außerordentlichen Revision. Diese immer höher gelegte Abschrankung der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofes ist abzulehnen, so hoch ist die Anfallsteigerung nicht und auch nicht der Geldwertverlust, zumal in Öster­reich mit der Zivilverfahrensnovelle 1983 das Zulassungssystem im Revisionsbereich nach deutschem Vorbild zwar eingeführt, aber nicht konsequent eingeführt wurde, weil die Streitwertschranke für Grundsatzfragen in Deutschland nicht existiert.

Ich erinnere an das berühmte Zinsenurteil des Bundesgerichtshofes im Jahre 1982, wo über die Frage entschieden wurde, ob eine Bank berechtigt wäre, Zinsen einseitig fest-


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