Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 953

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Das wird sicherlich nicht gehen, es sei denn, wir wollen den Wirtschaftsstandort Öster­reich ruinieren, denn: Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Wenn wir das nicht wollen, meine Damen und Herren, dann stehen uns sehr schmerzhafte strukturelle Reformen bevor, und die müssen sich über alle Be­reiche durchziehen. Es geht dabei aber nicht darum, sparen zu Lasten der Bildung, sparen zu Lasten der Sicherheit, sparen zu Lasten der Gesundheit. Es geht darum, diese Mittel möglichst effizient einzusetzen.

Ich habe einmal schon gesagt, ich kenne keinen Polizisten, der nicht sagt, zu viel Büro­kratie. Ich kenne keinen Lehrer, der nicht sagt, zu viel Bürokratie. Ich kenne keinen Arzt, der nicht sagt, zu viel Bürokratie. – Da liegen ja Einsparungspotentiale, meine Damen und Herren! Aber ich gebe gerne zu, wir haben dabei natürlich Schwierigkeiten, und ich möchte sie auch ganz offen aussprechen.

Die erste Schwierigkeit – die gibt es in jeder Demokratie, damit müssen wir leben –: Du kannst hundert Mal überzeugt sein, dass deine Meinung die richtige ist, wenn du keine Mehrheit hast, hilft dir das nichts! – Okay. Damit muss man leben.

Das Zweite ist – und das kann man schon lösen –, dass wir unbedingt den Grundsatz beachten müssen: Reformen, Strukturreformen gehen nur mit den Betroffenen und nie gegen die Betroffenen! Du kannst nie eine Bildungsreform gegen die Lehrer machen. Du kannst nie eine Gesundheitsreform gegen die Ärzte machen. Und du wirst im Bereich der Sicherheit nie etwas gegen die Exekutive machen können. Das heißt: Reformen mit den Betroffenen und nicht gegen die Betroffenen.

Der dritte Punkt – ein sehr heikler Punkt, ich spreche ihn einmal offen an, meine Da­men und Herren –: Wir sind als Parlament das oberste Organ des Bundes. Wir haben nur ein Problem: Keiner von uns lebt im Bund, wohnt im Bund und arbeitet im Bund. Jeder von uns lebt, wohnt und arbeitet in einer Gemeinde, einer Region, einem Bundesland. Natürlich hat man da starke emotionale Bindungen – zu seiner Gemeinde, zu seiner Region, zu seinem Bundesland.

Nur, ehrlich gestanden, wir müssen uns von einer Haltung lösen, die für mich vor unge­fähr 20 Jahren ein sehr negatives Schlüsselerlebnis war: Damals gab es im Parlament eine Kontroverse zwischen Bund und Ländern in der Frage der Spitalsfinan­zie­rung/Krankenkassenfinanzierung. Damals habe ich von einem mächtigen Landes­hauptmann – er ist heute nicht mehr im Amt; ich nenne auch keinen Namen – den schönen Ausspruch gehört: Wenn einer meiner Abgeordneten im Parlament da zustimmt, ist er die längste Zeit Abgeordneter gewesen!

Meine Damen und Herren, mit dieser Einstellung werden wir die Probleme nicht lösen. Das heißt, wir sind unglaublich gefordert, eine kommunikative Herausforderung, dass wir auch unseren Freunden in den Gemeinden, in den Regionen, in den Ländern sagen: Wir sitzen im Grunde in einem Boot, und wenn wir den Staatshaushalt in den nächsten Jahren nicht wieder in Ordnung bringen, dann wird das auch nicht gut sein für die Gemeinden, nicht gut sein für die Länder. Wir sitzen hier in einem Boot!

Wenn wir vom Wirtschaftsstandort Österreich im Sinne von Arbeitsplätzen, Einkommen und sozialer Sicherheit reden, so muss uns allen klar sein, der Wirtschaftsstandort Österreich ist die Summe von neun Landeswirtschaftsstandorten, meine Damen und Herren.

Diese Herausforderung müssen wir in Angriff nehmen, da sind wir gefordert, mit unse­ren Freunden in den Gemeinden, in den Regionen, in den Ländern zu reden; letztlich sitzen wir in einem Boot. Ich glaube, nur so werden wir die Herausforderungen bewäl-


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