Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 52

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Ich will aber die Zeit dazu nützen, um das Gesundheitsthema generell zu beleuchten. Ich habe vor mehreren Tagen die neueste Zahl der e-card-Benützungen erfahren. 102 Millionen Arztbesuche von Österreichern fanden statt, die ihre e-card verwendet haben, das heißt, im Schnitt hat jeder Österreicher achtmal im Jahr Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Wenn Sie jetzt noch die 16 Millionen Ambulanzkontakte und die 2,5 Millionen Spitalsaufenthalte dazuzählen, so kommen Sie auf eine enorme Zahl an Behandlungen, die in Österreich durchgeführt werden.

Jetzt könnte man natürlich die Frage stellen: Ist das notwendig? – Ich höre immer wie­der von Gesunden: Na ja, die Ärzte bestellen ihre Patienten so gerne zu sich. – Als ob die Patienten sich gerne warm sitzen würden!

Ich sage Ihnen eines: Ich habe in meiner Karriere, das sind doch schon 25 Jahre – ich schaue nur jünger aus, als ich tatsächlich bin –, ich habe in den 25 Jahren, in denen ich Hausarzt bin, noch nie einen Patienten erlebt, der sich freut, wenn er eine Spritze bekommt oder wenn er eine Stunde auf die Behandlung beim Arzt warten muss.

Diese Versorgung in Österreich hat uns ja nach vorne gebracht. Wo liegen wir im Ran­king, kritisch gesehen? – Wir pendeln so zwischen eins und drei in der Weltrangliste; da kann man über alles streiten. Bei den Kosten ist der öffentliche Anteil seit zehn Jah­ren gleichbleibend. Ich bleibe also dabei, wir haben in Österreich keine Kostenexplo­sion, wir haben eine Leistungsexplosion.

Sehr wichtig erscheint mir im Gesundheitswesen – das kann man gar nicht oft genug wiederholen – Folgendes: Das Gesundheitswesen ist die Solidaritätsleistung schlecht­hin: Gesunde zahlen für Kranke, Junge für Ältere, Reiche für Ärmere. Wenn das nicht der Fall wäre, zerfiele das ganze System. Ich glaube, wir können auf das österreichi­sche System, egal, wie wir dazu stehen, stolz sein!

Ich habe immer wieder – oft im Parlament – Kollegen erlebt, die gefragt haben, ob das notwendig sei, man sollte doch höhere Selbstbehalte einführen, und so weiter. Der entscheidende Punkt ist: Wenn man gesund ist, ist einem das alles egal; wenn man krank ist, hat man es enorm eilig, da geht es oft um Sekunden. Ich habe noch nie einen Patienten erlebt, sei es Manager, sei es Parlamentarier, egal wer, der gesagt hat: Ich will keine Versorgung, ich will weiter krank bleiben. Macht mit mir, was ihr wollt!

Ich glaube, der wesentliche Punkt einer Gesundheitsversorgung – vom Gesundheitsmi­nister abwärts – ist, dass wir planerisch dafür Vorsorge treffen, dass im Falle X, den ein Gesunder gar nicht bestimmen kann, alle Ressourcen vorhanden sind, die Alzheimer­versorgung stimmt, die Herzinfarktversorgung stimmt und so weiter. In diesem Sinn ist alles, was da gesagt wird, sehr wichtig, ist auch das, was die Kollegin von der FPÖ (in Richtung der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein) gesagt hat, wichtig.

Natürlich müssen wir alles tun, damit wir für die Kinder die besten Startvoraussetzun­gen haben. Die können sich nämlich überhaupt nicht wehren. Ihnen kann man keinen schlechten Lebensstil vorwerfen. Wir müssen fragen: Was braucht ein Kind? Was können wir tun, damit wir die Behinderung eines Kindes so mildern, dass es später nicht zu schwer behindert durchs Leben gehen muss? Alles können wir nicht schlich­ten, alles können wir nicht heilen, aber wir können sehr vieles tun.

Ich bin eher ein leiser Typ, was Gesundheitspolitik anlangt. Ich bin nicht der Meinung, dass wir Österreich ständig zu einer großen Reformbaustelle erklären müssen. Damit wird der Anschein erweckt, es sei nicht alles in Ordnung. Ich bin eher der Meinung, dass wir an vielen, vielen kleinen Schrauben drehen müssen – egal, wo. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn wir an diesen Schrauben drehen, dann werden wir diesen Spitzenrang, den wir haben, den wir täglich erkämpfen müssen, wei­ter behalten.

 


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