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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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26. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 16. Juni 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

26. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                         Dienstag, 16. Juni 2009

Dauer der Sitzung

Dienstag, 16. Juni 2009: 9.05 – 19.20 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (12. Ärztege­setz-Novelle)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 492/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerb von Zusatzfacharzt­qualifikationen für bisher nicht berücksichtigte Bereiche der Kindermedizin

3. Punkt: Bericht über den Antrag 519/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindermedizin: Erwerb von bisher unberücksich­tigten Zusatzqualifikationen

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheits­gesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 473/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Umsetzungs- und Finanzierungsplan einer bundesweiten, abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung

8. Punkt: Bericht über den Antrag 491/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung und Ausbau des Nationalen Kindergesundheitsplans

9. Punkt: Bericht über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche und über den

Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche

10. Punkt: Bericht über den Antrag 565/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der e-card durch zusätzliche Funktio­nen


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11. Punkt: Bericht über den Antrag 566/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolle­gin und Kollegen betreffend rasche Evaluierung der Leistungsinformation

12. Punkt: Bericht über den Antrag 178/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verpflichtung der Hersteller von Mobiltelefonen zur Angabe des SAR-Wertes

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zah­lungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) erlassen und das Bankwesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Überweisungsgesetz aufgeho­ben wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internatio­nalen Währungsfonds

16. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Inter­nationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD 8)

17. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang

18. Punkt: Protokoll gemäß Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union zur Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zoll­bereich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke

19. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz (B-VG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (644/A)

20. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I 2005/100, geändert wird (602/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      25

Ordnungsrufe .............................................................................................  196, 196

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 1267/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .......................................      44

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung        124

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................    124

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ...........................................  127, 135


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Elisabeth Hakel .......................................................................................................    129

Dr. Peter Sonnberger ..............................................................................................    130

Bernhard Themessl ................................................................................................    131

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................    132

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................    134

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung:

Karl Öllinger ............................................................................................................      46

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................      47

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ...........................................................................      47

Wortmeldung der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek in Bezug auf einige von Abgeordnetem Mag. Harald Stefan während seiner Ausführungen in der Debatte zu Tagesordnungspunkt 19 gemachten Aussagen ....................................    184

Aktuelle Stunde (6.)

Thema: „Bildungspolitische Schwerpunkte für das Schuljahr 2009/2010“ .....      25

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer .............................................................................................................      25

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied ...............................................................      28

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................      30

Werner Amon, MBA ................................................................................................      31

Dr. Walter Rosenkranz ...........................................................................................      33

Ursula Haubner .......................................................................................................      34

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ..............................................................................      35

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................      37

Mag. Dr. Beatrix Karl ..............................................................................................      38

Mag. Heidemarie Unterreiner .................................................................................      40

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................      41

Dr. Harald Walser ....................................................................................................      43

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................  44, 114, 196, 201

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (149 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (12. Ärz­tegesetz-Novelle) (181 d.B.) .....................................................................................      47

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 492/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerb von Zusatzfacharztqualifikationen für bisher nicht berücksich­tigte Bereiche der Kindermedizin (182 d.B.) ............................................................      47

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 519/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinder­medizin: Erwerb von bisher unberücksichtigten Zusatzqualifikationen (183 d.B.)          47

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      48

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................      49


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Dr. Wolfgang Spadiut .............................................................................................      51

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................      51

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      53

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................      55

Erwin Spindelberger ...............................................................................................      55

Dr. Andreas Karlsböck ...........................................................................................      56

Anna Franz ..............................................................................................................      57

Annahme des Gesetzentwurfes in 181 d.B. .............................................................      58

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 182 und 183 d.B. ..........................      58

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (155 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicher­heitsgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Er­nährungssicherheitsgesetz geändert werden (184 d.B.) .........................................      59

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier .................................................................................................      59

Oswald Klikovits .....................................................................................................      60

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      61

Kurt List ...................................................................................................................      62

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      65

Hermann Lipitsch ...................................................................................................      66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigung für Contergan-Opfer – Ablehnung ......................  63, 68

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................      68

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (154 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (185 d.B.) ..................................................................................................................      68

Redner/Rednerinnen:

Renate Csörgits ......................................................................................................      68

Anna Höllerer ..........................................................................................................      69

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      70

Dr. Wolfgang Spadiut .............................................................................................      71

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer bundeseinheitlichen Berufsausbildung für Bademeister – Ablehnung .............................................................................  72, 74

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................      74

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (153 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (186 d.B.) ..................................................................................................................      74

Redner/Rednerinnen:

Ing. Erwin Kaipel .....................................................................................................      74

August Wöginger ....................................................................................................      75

Bernhard Vock ........................................................................................................      76

Dr. Wolfgang Spadiut .............................................................................................      7


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7

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      77

Hermann Lipitsch ...................................................................................................      78

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................      78

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 473/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Umsetzungs- und Finanzierungsplan einer bundesweiten, abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung (187 d.B.) ...........................................................................      79

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................      79

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................      79

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      81

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................      81

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      83

Erwin Spindelberger ...............................................................................................      84

Oswald Klikovits .....................................................................................................      84

Günter Kößl .............................................................................................................      85

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 187 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend einen Umsetzungs- und Finanzierungsplan einer bundes­weiten, abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung (E 35) ...................................      86

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 491/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung und Ausbau des Nationalen Kindergesundheitsplans (188 d.B.) ..................................................................................................................      86

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche und über den

Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche (189 d.B.) ..................................................................................................................      86

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .....................................................................      86

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................      87

Ursula Haubner .......................................................................................................      88

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................      91

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................      92

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................      93

Johann Hechtl .........................................................................................................      94

Dr. Andreas Karlsböck ...........................................................................................      95

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................      96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Abschaffung der Krankenhaus-Selbstbehalte für Kinder – Ableh­nung ...............................................................................................................  90, 97

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 188 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Umsetzung und Ausbau des Nationalen Kindergesund­heitsplans (E 36) .......................................................................................................      97

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 189 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche (E 37) ....................................................................................................      97


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10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 565/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auf­wertung der e-card durch zusätzliche Funktionen (190 d.B.) ..................................      97

Redner/Rednerinnen:

Dr. Wolfgang Spadiut .............................................................................................      97

Renate Csörgits ......................................................................................................      98

Karl Donabauer .......................................................................................................      99

Werner Neubauer ....................................................................................................    100

Karl Öllinger ............................................................................................................    101

Mag. Gertrude Aubauer ..........................................................................................    102

Dr. Andreas Karlsböck ...........................................................................................    103

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 190 d.B. ..................................................    104

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 566/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend rasche Evaluie­rung der Leistungsinformation (191 d.B.) .................................................................    104

Redner/Rednerinnen:

Johann Hechtl .........................................................................................................    104

Karl Donabauer .......................................................................................................    105

Bernhard Vock ........................................................................................................    106

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................    107

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................    108

Dr. Andreas Karlsböck ...........................................................................................    109

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 191 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend rasche Evaluierung der Leistungsinformation (E 38) ...........    110

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 178/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verpflich­tung der Hersteller von Mobiltelefonen zur Angabe des SAR-Wertes (192 d.B.)          110

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................    110

Ing. Erwin Kaipel .....................................................................................................    111

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................    112

Josef Jury ................................................................................................................    113

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 192 d.B. ..................................................    114

Zuweisung des Antrages 178/A(E) an den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie .......................................................................................................    114

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (207 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) erlassen und das Bankwe­sengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzge­setz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsge­setz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Über­weisungsgesetz aufgehoben wird (213 d.B.) ...........................................................    114

Redner/Rednerinnen:

DDr. Werner Königshofer ......................................................................................    114

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................    115

Mag. Roman Haider ................................................................................................    117

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    119

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................    121


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Mag. Werner Kogler ................................................................................................    122

Mag. Peter Michael Ikrath ......................................................................................    123

Dr. Johannes Jarolim .............................................................................................    136

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ...................................................................    137

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................    139

Konrad Steindl ........................................................................................................    141

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................    142

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (168 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (214 d.B.) ..................................................................................................................    143

Redner/Rednerinnen:

Jakob Auer ..............................................................................................................    143

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................    145

Lutz Weinzinger ......................................................................................................    146

Christoph Hagen .....................................................................................................    148

Mag. Werner Kogler ................................................................................................    151

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    151

Johann Hechtl .........................................................................................................    152

Rupert Doppler ........................................................................................................    153

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................    154

Ing. Erwin Kaipel .....................................................................................................    155

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................    156

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................    157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehrwertsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten durch Feuerwehren und Rettungshilfsorganisationen – Ablehnung .  147, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferin­nen und Helfer – Ablehnung .....................................................................  149, 158

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die angemessene Berücksichtigung der Zeiten freiwilliger Leistungen bei Blaulichtorganisationen im Pensionsrecht – Ablehnung ..  153, 158

Annahme des Gesetzentwurfes ...............................................................................    158

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (158 d.B.): Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (215 d.B.) ........................................................................................    158

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (195 d.B.): Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationa­len Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD 8) (216 d.B.) ...............................    158

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (148 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang (217 d.B.) ..................................................................................................................    158

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (157 d.B.): Protokoll gemäß Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union zur Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 8

reich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke (218 d.B.) ...................................................................................................................................    159

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................    159

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................    160

Ernest Windholz ......................................................................................................    162

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    163

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................    164

Jakob Auer ..............................................................................................................    165

Gerhard Huber .........................................................................................................    166

Petra Bayr ................................................................................................................    167

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 215 und 216 d.B. .....................................    168

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 217 und 218 d.B. ................................    169

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 218 d.B. ......    169

19. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert werden (644/A) ..........................................................    169

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ..............................................................................    169

Dr. Josef Cap ...........................................................................................  171, 192

Karlheinz Kopf .........................................................................................................    175

Heinz-Christian Strache .........................................................................................    176

Mag. Ewald Stadler ..................................................................................  178, 194

Karl Öllinger ............................................................................................................    180

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    182

Dr. Harald Walser ....................................................................................................    184

Herbert Kickl ............................................................................................................    186

Herbert Scheibner ...................................................................................................    190

Zuweisung des Antrages 644/A an den Verfassungsausschuss .............................    196

20. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz (NAG), BGBl I 2005/100, geändert wird (602/A) .............................    196

Redner/Rednerinnen:

Mag. Alev Korun .....................................................................................................    196

Angela Lueger .........................................................................................................    197

Günter Kößl .............................................................................................................    198

Dr. Walter Rosenkranz ...........................................................................................    198

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................    199

Zuweisung des Antrages 602/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten ....    201

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ...............................................................................................      44

219: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bun­desgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korrup­tionsprävention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 9

220: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (31. KFG-Novelle)

221: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (13. FSG-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

222: Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009)

223: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampfkes­seln und Wärmekraftmaschinen (Dampfkesselbetriebsgesetz – DKBG) geändert wird

224: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Durchführung der REACH-Verordnung erlassen und das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird

Berichte ....................................................................................................................      45

III-69: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 2008 sowie der Bericht zum österreichischen Joint-Implementation- und Clean-Development-Mecha­nism-Programm 2008 und die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Voll­ziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-71: Tätigkeitsbericht des Verkehrs-Arbeitsinspektorates für das Jahr 2008; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-72: Tätigkeitsbericht 2008 der Energie-Control GmbH; BM f. Wirtschaft, Fami­lie und Jugend

III-74: Zweiter Bericht des Biopatent Monitoring Komitees; BM f. Verkehr, Innova­tion und Technologie

III-75: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2008; BM f. Wirtschaft, Familie und Jugend

III-76: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2009; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ...........................................................      45

Aufnahme der Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen zwischen der Repub­lik Österreich und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte

Aufnahme der Verhandlungen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 unterzeich­neten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigung für Con­tergan-Opfer (659/A)(E)

Mag. Christine Muttonen, Silvia Fuhrmann, Mag. Heidemarie Unterreiner, Stefan Petzner, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird (660/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 10

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gütesiegel für Finanzpro­dukte (661/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit bei der Bun­des-Mitfinanzierung von Öffi-Infrastruktur durch ein „Bundesgesetz zur Finanzierung von ÖPNV-Infrastruktur in städtischen Großräumen“ (662/A)(E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfür­sorgegesetz geändert wird (663/A)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz geändert wird (664/A)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Möglichkeit zur Aussetzung der Auszahlung von Mitteln nach dem Bundes-Sportförderungsgesetz (665/A)(E)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Besteuerung von Waisen­renten (666/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forcierung gentechnikfreier Futtermittel und Versicherung für Lizenzgeber von GT-Futtermittel (667/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung der Ausschlussfrist und Einrichtung eines Unterstützungsfonds für österreichische Contergangeschädigte (668/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Errichtung eines Prä­ventionsfonds für Jugendgesundheit (669/A)(E)

Fritz Neugebauer, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG und das Pensions­kassengesetz geändert werden (670/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en und öffentlichen Dienst betreffend Zwangsverheiratung (2331/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zwangsverheiratung (2332/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Zwangsverheiratung (2333/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Zwangsverheiratung (2334/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend statistische Daten zum Ausmaß von Gewalt gegen Frauen (2335/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Gewalterkennung in Krankenhäusern (2336/J)

Hannes Fazekas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend FPÖ-Wahlkampfveranstaltung in Graz – Wiederbetätigung mittels des Hitler­grußes (2337/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 11

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Thayatal (2338/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Donau-Auen (2339/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Gesäuse (2340/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Hohe Tauern (2341/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Kalkalpen (2342/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel (2343/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund-
heit betreffend „Hygiene- und Lebensmittelkontrollen in Zügen (Speisewagen) im Jahr 2008“ (2344/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Tierhaltende Betriebe in der Landwirtschaft (Zucht- und Mastbetrieb) im Jahr 2008“ (2345/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Feuerwerkskörper und Gesundheitsschäden 2008/2009“ (2346/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kontrollen von Schlaf-, Liege-, Büffet- und Speisewagen im Jahr 2008“ (2347/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Budgetierung des Schubhaftzentrums in Leoben (2348/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend den dramatischen Personalstand der Exekutive in Graz (2349/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Sicherstellung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens durch die Justizbehörden bezüglich des SPÖ-Privatstiftungsskandals (2350/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Untätigkeit der Korruptionsstaatsanwaltschaft im Bereich von Amtsmissbrauch und Nötigung bei der ASFINAG Maut Service GmbH (2351/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Organhandel und organisierte Krimina­lität im Kosovo/Albanien“ (2352/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 12

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Tierische Lebensmittel und lebende Tiere – Arzneimittelrückstände in Ös­terreich 2008“ (2353/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Security-Personal (beziehungsweise Ordner und Türsteher) – ein Sicher­heitsrisiko?“ (2354/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Strafverfahren nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzge­setz (LMSVG) und nach anderen Bundesgesetzen im Jahr 2008“ (2355/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Umweltinformationsgesetz: Abfrage von Umweltinformationen 2007 und 2008“ (2356/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Steirisches Kürbiskernöl? – Kürbiskerne aus China und anderen fremden Ländern!“ (2357/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Generierung von finanziellen Mitteln seitens der EU mit Hilfe der Austrian Development Agency (ADA) (2358/J)

Hannes Fazekas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Vorwurf: Attacke an FPÖ von Linksextremisten (2359/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verkehr mit der Außenwelt – Besuchsmöglichkeiten (2360/J)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung der KonsumentInnenbildung (2361/J)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „Aktionsplan Konsumentenschutz“ (2362/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Tele­fonkosten der Ressorts (2363/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2364/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2365/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2366/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die Telefonkosten der Ressorts (2367/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die Telefonkosten der Ressorts (2368/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Telefonkosten der Ressorts (2369/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 13

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2370/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2371/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2372/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2373/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2374/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2375/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Telefonkosten der Ressorts (2376/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bienensterben aufgrund der Saatgutbehandlung mit neonicotinoidhältigen Saatgutbeizen und taten­loses Zusehen der Behörden (2377/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Sachwalterschaft (2378/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend den 166-km-Transport einer H1N1-verdächtigen Spei­chelprobe mit dem Taxi (2379/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kindersicherung im Auto (2380/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend vereins- und unternehmensfeindliche Bestimmungen für den Versand von Massensendungen (Info.Mail) bei der Österreichi­schen Post AG (2381/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Ausbildungsheimes SEEBENSTEIN (2382/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Ausbildungsheimes REICHENAU (2383/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Kommandogebäudes GENERAL KÖRNER (2384/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Kommandogebäudes FM RADETZKY (2385/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 14

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Kommandogebäudes FM HÜLGERTH (2386/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Kommandogebäudes FM HESS (2387/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 8 (2388/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 7 (2389/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 9 (2390/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresgeschichtlichen Museums (2391/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Kommandogebäudes OBST BILGERI (2392/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Ausbildungsheimes ISELBERG (2393/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Ausbildungsheimes FELBERTAL (2394/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes STIFTGASSE (2395/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes SCHWENKGASSE (2396/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes ROSSAU (2397/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes GARNISIONSSTRAßE (2398/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes FRANZ JOSEFS KAI (2399/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Amtsgebäudes FM CONRAD (2400/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Fliegerhorstes VOGLER (2401/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Fliegerhorstes HINTERSTOISSER (2402/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Fliegerhorstes FIALA FERNBRUGG (2403/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2404/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Evaluierung internationaler Ab­kommen (2405/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 15

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2406/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2407/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2408/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2409/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2410/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2411/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2412/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2413/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2414/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2415/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Evaluierung internationaler Abkommen (2416/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Beanstandungen bei Tiertransporten (2417/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Solidaritätsfonds zur Erbringung von Leistungen an in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Tabaktrafikanten (2418/J)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erhöhung der Steuerfreibeträge für Menschen mit Behinderungen (2419/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend bessere Infrastruktur und mehr Personal für Oberösterreichs Exekutive (2420/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend eine „Karfreitags-Veranstaltung“ von Tierschützern zur Religionsverhöhnung (2421/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2422/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2423/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 16

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend das „Gender Budgeting“ in Öster­reich (2424/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2425/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2426/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2427/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2428/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2429/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2430/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2431/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2432/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2433/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2434/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend das „Gender Budgeting“ in Österreich (2435/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend irreführende Kennzeichnung von Kernöl (2436/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend irreführende Kennzeichnung von Kernöl (2437/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Prüfung der steirischen SPÖ-Stiftung durch das Finanzamt (2438/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 6 (2439/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 17

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 5 (2440/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Heeresleistungssportzentrums 4 (2441/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Truppenübungsplatzes SEETAL (2442/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Truppenübungsplatzes LIZUM/WALCHEN (2443/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Lagers KAUFHOLZ (2444/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Truppenübungsplatzes HOCHFILZEN (2445/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Lagers KAISERSTEINBRUCH (2446/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Truppenübungsplatzes BRUCKNEUDORF (2447/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Truppenübungsplatzes ALLENTSTEIG (2448/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Schlosses ALLENTSTEIG (2449/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Schießplatzes RAMSAU/MOLLN (2450/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Schießplatzes FELIXDORF (2451/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Fliegerhorstes BRUMOWSKI (2452/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Nutzung des Lagers EISENERZ (2453/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ausschreitungen bei der Demonstration gegen die EU-Wahlkundgebung in Graz (2454/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend das Internetprojekt Google Street View (2455/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Kosten der Bundesbetreuung von 1999 bis 2004 (2456/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Bevorschussung von Leistungen aus der Pensi­onsversicherung (2457/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend das Internetprojekt Google Street View (2458/J)

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 18

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend „Europa. Österreich entscheidet“ – Veranstaltung des Zweiten Präsidenten des Nationalrates am 25.5.09 (22/JPR)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend Information über Auslieferungsbegehren (23/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (1575/AB zu 1579/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1576/AB zu 1518/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (1577/AB zu 1520/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (1578/AB zu 1523/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (1579/AB zu 1524/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (1580/AB zu 1528/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (1581/AB zu 1529/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (1582/AB zu 1532/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (1583/AB zu 1533/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (1584/AB zu 1537/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kol­leginnen und Kollegen (1585/AB zu 1546/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (1586/AB zu 1553/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (1587/AB zu 1554/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (1588/AB zu 1556/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1589/AB zu 1557/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1590/AB zu 1562/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 19

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (1591/AB zu 1566/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüch­ler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (1592/AB zu 1574/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (1593/AB zu 1575/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (1594/AB zu 1576/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (1595/AB zu 1580/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (1596/AB zu 1586/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartel­gruber, Kolleginnen und Kollegen (1597/AB zu 1587/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (1598/AB zu 1589/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (1599/AB zu 1593/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (1600/AB zu 1602/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1601/AB zu 1607/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Mayer­hofer, Kolleginnen und Kollegen (1602/AB zu 1608/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (1603/AB zu 1617/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (1604/AB zu 1623/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (1605/AB zu 1624/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1606/AB zu 1637/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1607/AB zu 1638/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuch­ner, Kolleginnen und Kollegen (1608/AB zu 1664/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Petzner, Kol­leginnen und Kollegen (1609/AB zu 1516/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 20

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (1610/AB zu 1522/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1611/AB zu 1530/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (1612/AB zu 1538/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (1613/AB zu 1567/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1614/AB zu 1582/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (1615/AB zu 1583/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (1616/AB zu 1594/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (1617/AB zu 1612/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (1618/AB zu 1614/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Haubner, Kol­leginnen und Kollegen (1619/AB zu 1629/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1620/AB zu 1643/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (1621/AB zu 1662/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen (1622/AB zu 1517/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Marko­witz, Kolleginnen und Kollegen (1623/AB zu 1535/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (1624/AB zu 1547/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kol­leginnen und Kollegen (1625/AB zu 1548/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1626/AB zu 1564/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (1627/AB zu 1591/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heide­marie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (1628/AB zu 1620/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (1629/AB zu 1550/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 21

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1630/AB zu 1604/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1631/AB zu 1605/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1632/AB zu 1610/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1633/AB zu 1611/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1634/AB zu 1616/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (1635/AB zu 1521/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1636/AB zu 1545/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1637/AB zu 1559/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (1638/AB zu 1581/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen (1639/AB zu 1551/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen (1640/AB zu 1539/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (1641/AB zu 1549/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1642/AB zu 1568/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (1643/AB zu 1595/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (1644/AB zu 1622/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (1645/AB zu 1630/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1646/AB zu 1644/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1647/AB zu 1655/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen (1648/AB zu 1661/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (1649/AB zu 1628/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 22

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (1650/AB zu 1642/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (1651/AB zu 1665/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (1652/AB zu 1666/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (1653/AB zu 1667/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (1654/AB zu 1618/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (1655/AB zu 1626/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (1656/AB zu 1640/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (1657/AB zu 1652/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1658/AB zu 1656/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (1659/AB zu 1660/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1660/AB zu 1668/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1661/AB zu 1653/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (1662/AB zu 1719/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (1663/AB zu 1733/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Man­fred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1664/AB zu 1764/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (1665/AB zu 1798/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1666/AB zu 1717/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen (1667/AB zu 1669/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1668/AB zu 1671/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 23

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen (1669/AB zu 1672/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1670/AB zu 1684/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Kolleginnen und Kollegen (1671/AB zu 1714/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1672/AB zu 1769/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (1673/AB zu 1811/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1674/AB zu 1845/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1675/AB zu 1961/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräu­ter, Kolleginnen und Kollegen (1676/AB zu 2093/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1677/AB zu 1670/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1678/AB zu 1676/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1679/AB zu 1725/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (1680/AB zu 1810/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1681/AB zu 2079/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsber­ger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (1682/AB zu 1673/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (1683/AB zu 1685/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (1684/AB zu 1713/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (1685/AB zu 1847/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (1686/AB zu 1647/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 24

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1687/AB zu 1678/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1688/AB zu 1679/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1689/AB zu 1680/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1690/AB zu 1686/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (1691/AB zu 1689/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (1274/AB zu 1303/J) (Zu 1274/AB zu 1303/J)


09.05.12


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 25

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Die Amtlichen Protokolle der 23. Sitzung vom 20., 26., 27., 28. und 29. Mai 2009 sowie der 25. Sitzung vom 29. Mai 2009 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und un­beanstandet geblieben.

Am heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet: Mag. Molterer, Praßl, Dr. Haimbuchner und Mag. Lunacek.

09.05.48Aktuelle Stunde


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Bildungspolitische Schwerpunkte für das Schuljahr 2009/2010“

Ich gebe bekannt, dass die Aktuelle Stunde im Zeitraum von 9.05 Uhr bis 10.15 Uhr vom ORF live übertragen wird.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mayer. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte, Herr Abgeordneter.


9.06.19

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über die Bildungspolitik der kommen­den Jahre sprechen, so ist zu sagen, dass es erfreulich ist, dass die Gewitterwolken, die sich während der Budgetverhandlungen über der Bildungspolitik gebildet haben, verzogen sind. Ein strahlend blauer Himmel gibt Einblick in eine moderne und offensive Bildungspolitik – wie ich meine –, eine Bildungspolitik, die vor zwei Jahren von Bil­dungsministerin Claudia Schmied auf Reformkurs gebracht wurde.

Eines der Herzstücke dieses Reformkurses ist mehr Kleingruppenarbeit und die Sen­kung der Klassenschülerhöchstzahlen. Allein dieser Bereich verschlingt für das kom­mende Schuljahr einen dreistelligen Millionenbetrag.

Mehr Kleingruppenunterricht und Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen bedeuten für unsere Schülerinnen und Schüler verbesserte Möglichkeiten für die Lehrer, die Kin­der individuell zu fördern.

Als sich in den Budgetverhandlungen Finanzlücken auftaten, erschöpfte sich die Krea­tivität von Claudia Schmied nicht darin, Kürzungen als Erfolg zu verkaufen – frei nach dem Motto: Es hätte noch schlimmer kommen können!, wie wir es von den vorange­gangenen Jahren gewohnt waren, oder etwa: Wirtschaftskrise und Budgetdefizit und andere Entwicklungen verlangen ein Engerschnallen des Gürtels! –, nein, für die Minis­terin war klar, die begonnenen Reformen müssen fortgesetzt werden und vom Parla­ment beschlossene Verbesserungen müssen mit Nachdruck umgesetzt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 26

Claudia Schmied akzeptierte keine Stop-and-go-Lösung, sie verlangte eine kontinuier­liche Weiterentwicklung der Bildungsreform. Ich bin froh, dass sie so hartnäckig dabei geblieben ist.

Markus Leeb hat vor Kurzem im „NEWS“ gesagt – ich zitiere –: Wenn wir über Schule sprechen, „sprechen wir über die Chancen der kommenden Generationen unseres Landes. Es geht um die Qualifikation, um Jobs und um die Chance Österreichs, Wohl­stand und den sozialen Frieden zu sichern. Die Grundlage all dessen ist Bildung.“

Daher, meine Damen und Herren: Seien wir stolz, dass wir sagen können, Österreich geht seinen Weg in Richtung einer modernen und zeitgemäßen Bildung konsequent weiter – zum Vorteil der kommenden Generationen und zur Sicherung des Wohlstan­des für alle in unserem Land!

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Herzstück in der Bildungsreform von Claudia Schmied ist die Neue Mittelschule. Ziel dieses Schulversuches „Neue Mittelschule“ ist eine Reform der erstarrten Strukturen in der Sekundarstufe I.

Lassen Sie mich die dringende Notwendigkeit dieser Reform an einem Beispiel festma­chen. Ich bin immer wieder als Springer, als Supplier-Reserve in den Schulen tätig und möchte Ihnen kurz ein Beispiel von einer Sonderschule bringen, an der ich unterrichtet habe. Es war eine Klasse der neunten Schulstufe mit neun Schülern, darunter ein Albaner, zwei türkische Migranten, ein Mädchen aus einem Erziehungsheim, das dort unterrichtet wurde, ein türkisches Mädchen, ein kroatisches Mädchen, ein Legastheni­ker und zwei Neonazis, die bereits vor Gericht standen.

Der dort unterrichtende Lehrer war über mehrere Wochen verhindert. Ich war einige Tage an dieser Schule und hatte nicht diesen Druck, unbedingt den Unterrichtsstoff weiterzubringen, und ich hatte die Möglichkeit, mich mit dem sozialen Umfeld und da­mit, wie es den Schülern so geht und wie sie an diese Schule gekommen sind, ausein­anderzusetzen.

Da wurde ersichtlich: Der eine hatte eine Schwäche in Deutsch, der andere in Mathe­matik, der andere kam aus einer Klasse einer Schule, an der ich einige Wochen davor unterrichtet hatte, die einfach überfüllt war, weil der Migrantenanteil zu hoch war. Da hat man gesagt: Okay, den, der am schwächsten ist, der das nicht „packt“, den geben wir einfach in die Sonderschule! – Das ist Selektieren auf dem untersten Niveau.

Man hat die Schüler einfach zusammengegeben. Man glaubt, wenn man all diese Fehl­entwicklungen oder alle Schüler, die sich nicht aufgrund der bisherigen Strukturen inte­grieren lassen, in eine eigene Schulform zusammengibt, hätte man damit etwas Gutes getan. – Genau das Gegenteil ist der Fall!

Wenn man sich anschaut, woher die Eltern dieser Kinder kommen, sieht man, dass sie aus bildungsfernen Schichten stammen. Und wenn man mit ihnen diskutiert und zu­sammensitzt und andere Möglichkeiten des Unterrichts nutzen kann, sieht man, dass in Wahrheit keiner dieser Schüler – kein einziger! – in eine solche Sonderform müsste, sondern durchaus gut und bestens – bei besseren Voraussetzungen – integrierbar wä­re! – Und um diese Chancen geht es!

Auf der anderen Seite kann man, wenn man in einer Integrationsklasse in einer Haupt­schule unterrichtet, miterleben, dass die Begabtesten, die Besten in diesen Klassen mit eingebunden werden, die schwächeren Schüler zu unterrichten, ihnen zu helfen und sie zu fördern. Wenn man sieht, wie alle davon profitieren – die Besten, die Guten, weil sie hier mit eingebunden sind und noch besser werden –, dann brauche ich keine wis­senschaftliche Studie, meine Damen und Herren, um zu erkennen, dass wir bezüglich der Unterrichtsformen etwas Neues brauchen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 27

Und genau das ist der Weg, den Claudia Schmied mit dieser Initiative „Neue Mittel­schule“ gehen will und geht: erproben zu lassen, was möglich ist, was die besten Alter­nativen für unsere Kinder, für die 10- bis 14-Jährigen sind! – Das ist die zentrale Her­ausforderung. Und darum geht es bei dieser Weiterentwicklung.

Es darf nicht länger sein, und wir können es uns auch volkswirtschaftlich gar nicht leis­ten, für 10- bis 14-Jährigen ein drei-, in der Zwischenzeit durch die neuen Reformen sogar viergliedriges System zu haben: Sonderschule, Hauptschule mit den bereits jetzt bestehenden unterschiedlichen Formen, AHS-Unterstufe und die Neue Mittelschule.

Es ist ganz wichtig, dass wir die nächsten drei bis vier Jahre nützen, um diese Schule weiterzuentwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können es uns auch volkswirtschaftlich nicht leisten, einen eigenen Bereich Son­derschule, einen eigenen Bereich Hauptschule, einen eigenen Bereich AHS-Unterstufe zu führen – alles für dieselbe Altersform der 10- bis 14-Jährigen.

Wenn man nun weiß, es gibt Länder – ich möchte Sie nicht mit Finnland oder anderen Staaten langweilen –, wo rechtzeitig erkannt wurde, dass nur eine gemeinsame Ausbil­dung diesen Weg dorthin öffnen kann, dann müssen wir diesen Weg gehen. Selbst für jene, die das nur volkswirtschaftlich betrachten, ist erkennbar, dass man mit vier ver­schiedenen Schultypen für ein- und dieselbe Altersgruppe von Schülern nicht die beste Betreuung hat. Wir müssen die Zeichen der Zeit erkennen, die entsprechenden Maß­nahmen setzen und individuelle, spezielle Förderungen ermöglichen. Dort, wo die Kin­der Schwächen haben, müssen wir sie fördern. Dort, wo sie Stärken haben, müssen wir sie stärker fordern.

Das sind die Möglichkeiten, die eine neue gemeinsame Schule auftut. Und ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass am Ende dieser Debatte der Neuen Mittelschule ste­hen wird: Jawohl, alle suchen gemeinsam diesen Weg, wie wir die Ausbildung für diese Altersgruppe verbessern können!

Zu diesen zwei starren Formen, der Sonderschule und der Hauptschule: Es freut mich, wenn ich auch von AHS-Kollegen oder dem Bildungssprecher selbst der Grünen, der selbst AHS-Direktor war (Abg. Großruck: War? – Abg. Dr. Walser: Ist!) – ist – und weiß, wie die Situation an der AHS-Unterstufe ist, höre, dass es selbst für die vermeint­lich Begabtesten in diesem Alter eine große Chance ist, gemeinsam mit anderen un­terrichtet zu werden, und dass diese Chancen nicht im Geringsten beeinträchtigt wer­den.

Ich fordere daher alle Bildungsinteressierten, nein, ich fordere alle Abgeordneten auf: Tragen Sie die offensive Bildungsreform von Claudia Schmied (Abg. Scheibner: Ja, wo ist denn die?) zum Wohle der kommenden Generationen, zum Wohle unserer Kin­der und Kindeskinder und damit zur Sicherung des Wohlstandes für alle in unserer Ge­sellschaft mit! (Abg. Scheibner: Da bricht ja ... schon ganz zu Beginn ein!)

Meine Damen und Herren, das kommende Schuljahr – davon bin ich felsenfest über­zeugt – wird ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein, nämlich für eine kindgerechte Schule. (Beifall bei der SPÖ.)

9.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich nun die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. – Frau Ministerin, die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. Bitte sehr. (Abg. Scheibner: Was ist übrig geblieben von Ihrer Reform? – Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit den zwei Stunden mehr?)



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 28

9.16.18

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Budgetbeschluss steht fest, die Bildungsreform geht weiter. Das sind für mich die zwei zentralen Sätze. Und es ist eines für mich auch ganz klar: Jetzt sind Vertrauen und konstruktive Zusammen­arbeit wichtig, Vertrauen und konstruktive Zusammenarbeit vor allem zwischen den Schulpartnern und mir, vor allem auch innerhalb der Bundesregierung.

Vor zweieinhalb Jahren sind wir gestartet und haben seither oft auch – und ich darf das betonen – mit breiter parlamentarischer Mehrheit wichtige Schritte gesetzt, um die Bil­dung in unserem Land zu verbessern. Wir müssen diesen Weg – davon bin ich über­zeugt – fortsetzen.

Immer wieder diskutieren wir im Parlament, auch im Unterrichtsausschuss, über die Ziele unserer bildungspolitischen Anstrengungen. Ich möchte die drei für uns wichtigs­ten noch einmal vorneweg betonen und unterstreichen.

Wir brauchen die beste Bildung für alle Kinder. Wir müssen auf die Begabungen und Talente achten, denn – und das sage ich auch mit einer ganz klaren Orientierung auf die Leistung – Spitzenleistungen brauchen eine breite Basis. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt ist das große und jetzt schon über Jahrzehnte gültige Ziel: mehr Chancengerechtigkeit. Bildungsabschlüsse dürfen nicht länger – und ich glaube, man kann das nicht oft genug wiederholen! – von der Geldbörse, vom finanziellen Status, von der Herkunft der Eltern abhängig sein. Alles andere – Elmar Mayer hat es auch be­tont – wäre sozial ungerecht und – ich sage das jetzt auch als Ökonomin – betriebs­wirtschaftlich und ökonomisch nicht vertretbar.

Dritter Punkt: Wir müssen den Anschluss an internationale Spitzenleistungen schaffen. Österreich befindet sich in einem Standortwettbewerb. Gebildete, motivierte Bürger und Bürgerinnen sind unsere wichtigsten Kraftquellen, unsere wichtigsten Res­sourcen. Und daher ist es auch ganz klar, dass Wirtschaftskammer und Industriellen­vereinigung klar auf der Seite der Bildungsreform stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe schon erwähnt, dass wir in den letzten zweieinhalb Jahren Schritt für Schritt Verbesserungen erreicht haben. Ich freue mich, dass ich heute hier stehen kann und sagen kann, dass dieser Weg fortgesetzt wird. Das Budget im Bildungsbereich wird von 6,8 Milliarden € auf 7,2 Milliarden € aufgestockt. Dazu kommt die in dem Kompro­miss erreichte Liquiditätsüberbrückung – ich nenne es einmal so – in der Größenord­nung von 423 Millionen €.

Ich sage hier und jetzt und in aller Deutlichkeit, dass die Stundung der BIG-Mieten – das möchte ich hier klar aussprechen – natürlich nur eine Überbrückung des Liquidi­tätsbedarfs meines Ressorts ist und daher – und das sage ich auch schon jetzt – harte Budgetverhandlungen 2010 ins Haus stehen werden. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wohin wird überbrückt? Was ist nach der Überbrückung?)

Besonders wichtig sind für mich auch Investitionen in die Schulbauten. Es ist ge-
glückt, für die Jahre 2009 und 2010 auch aus dem Konjunkturpaket der Bundesregie­rung 600 Millionen € für Bauinvestitionen zu reservieren. Und ich werde ganz genau darauf achten, dass diese 71 Projekte österreichweit plangemäß umgesetzt werden.

Das bedeutet eine bessere Infrastruktur für unsere Kinder, hat aber auch ganz wichtige regionalpolitische Effekte im Bereich der Beschäftigung, vor allem im Baugewerbe und Baunebengewerbe. Der Großteil der zusätzlichen Budgetmittel, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht in Beschäftigung, geht in die Beschäftigung von Lehrern und Lehrerinnen. Mit Ende des Schuljahres 2009/2010, wenn ich jetzt zum Beginn zurück-


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gehe, also zweieinhalb Jahre zurückrechne, umfasst die Reform 7 000 Posten von Lehrern, die das Angebot für unsere Kinder verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben gefragt, wo die Maßnahmen, wo die Projekte sind, wo die Reform ist. Ich möchte Ihnen hier die aus meiner Sicht zehn wichtigsten operativen konkreten Maß­nahmen für das Schuljahr 2009/2010 kurz vorstellen, wobei ich davon ausgehe, dass wir dieses Maßnahmenprogramm auch im Unterrichtsausschuss im Detail besprechen werden.

Der erste Punkt wurde schon erwähnt, und es ist das wohl die seit Jahrzehnten größte, auch finanziell größte bildungspolitische Kraftanstrengung: Verringerung der Klassen­schülerhöchstzahlen. Wir erreichen immerhin schon mit September 2009 den dritten Jahrgang im Bereich der Volksschulen, der Hauptschulen, der Polytechnischen Schu­len und auch der AHS-Unterstufe.

Im Endausbau werden 880 000 Schüler und Schülerinnen von dieser Maßnahme profi­tieren. Das ist wichtig und notwendig, weil wir gerade auch vor den anstehenden gro­ßen Themenstellungen, vor allem im Bereich Migration, auf Individualisierung und Er­höhung der Betreuung unserer Kinder setzen müssen.

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang sind für mich die Berufsschulen, wo wir auch Kleingruppen einrichten müssen, um auch dort besseren Unterricht zu gewähr­leisten und vor allem auch die kommunikativen Kompetenzen unserer Schüler und Schülerinnen zu verbessern.

Zweiter Punkt: Senkung der Drop-out-Quoten, vor allem im Bereich der neunten Schulstufe. Dort werden wir den Weg, nämlich Kleingruppenunterricht einzuführen, konsequent fortsetzen, in Deutsch, Mathematik und jeweils einem schultypischen Leit­fach. Auch dort erreichen wir sehr, sehr viele Schüler: 31 000 Schüler und Schülerin­nen werden von dieser Maßnahme profitieren.

Dritter Punkt – und auch das habe ich hier im Hohen Haus bereits immer wieder aus­führen dürfen –: Sprachförderung. Ich werde nicht müde, zu sagen, jedes Kind, das in Österreich die Schule besucht, muss die deutsche Sprache gut beherrschen. Daher bin ich sehr froh, dass Staatssekretärin Marek in sehr kurzer Zeit die Vereinbarung mit den Bundesländern geglückt ist, dass wir das verpflichtende Kindergartenjahr einrichten. Da erwarte ich mir sehr, sehr viel auch in Richtung Verbesserung der Schuleingangs­phase, und ich möchte auch die Förderprogramme im Bereich muttersprachlicher Unterricht ausbauen.

Vierter Punkt: Neue Mittelschule, wurde bereits erwähnt. Faktum ist – und darüber freue ich mich einfach –, dass jetzt in ganz Österreich an über 240 Standorten 20 000 Schüler und Schülerinnen diese Schule besuchen. Wir werden ganz genau evaluieren. Bei der letzten Novelle zum § 7a haben wir uns auf die Evaluierung auch gesetzlich noch präziser geeinigt, um dann, wohl im Jahr 2013, entsprechende Ent­scheidungen zu treffen.

Fünfter Punkt: Tagesbetreuung. Da setze ich voll und ganz auf Qualität. Wir haben ein Gütesiegel eingerichtet. Die Schulen müssen sich um dieses Gütesiegel bemühen. Sie müssen einreichen und bekommen es dann für zwei Jahre. Auf Basis dieser Quali­tätskriterien gehen zusätzliche Mittel gerade auch in den Pflichtschulbereich, um eine moderne Tagesbetreuung, nämlich Abwechslung und Motivation, für die Kinder zu er­reichen. Bewegung, Lernen, Sport, Kultur sollen da verankert werden. Die entspre­chenden Ressourcen dafür sind vorgesehen. Ich habe bei der letzten Präsidentenkon­ferenz der Landesschulräte auch entsprechend motiviert, dass sich die Schulen auch darum bemühen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sechster Punkt: Ich möchte endlich damit beginnen, mein großes Anliegen, nämlich Managementstrukturen an den Schulen einzurichten, umzusetzen. Es ist ja für mich unvorstellbar, wie ein Direktor, eine Direktorin 100 Lehrer und Lehrerinnen koordinieren kann. Hier brauchen wir Managementstrukturen.

Auch das ist mir ein Anliegen, genauso wie Gewaltprävention als siebenter Punkt, das Erfolgsprojekt Lehre und Matura oder auch die stärkere Förderung der Privat­schulen, weil gerade von dort auch wichtige Impulse kommen.

Zehnter und letzter Punkt: Bessere Bildungsberatung und Berufswegentschei­dung.

Drei große strategische Themen möchte ich zum Abschluss in den Raum stellen, die wir dann vertiefend besprechen müssen: neues, zeitgemäßes Dienstrecht, Dienst- und Besoldungsrecht. Zweiter Punkt: Verwaltungsreform, nämlich mehr Verantwortung vor allem am Schulstandort, und dritter Punkt: moderne gemeinsame Ausbildung für alle im Lehrberuf Tätigen.

Es liegen große Kraftanstrengungen vor uns. Ich freue mich auf die Diskussion und Zu­sammenarbeit mit Ihnen und darf sagen, dass ich Ihre Kritik auch ernst nehme. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Rudas. 5 Minuten. – Bitte.


9.26.56

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin Dr. Schmied, von mir werden Sie wenig Kritik bekommen, weil ich denke, dass noch nie so viel im Bildungsbereich geschehen ist wie in der Zeit, seit Sie Bildungsministerin sind. (Beifall bei der SPÖ.)

In welcher Gesellschaft wir leben, entscheidet sich im Klassenzimmer. Daher müssen wir uns die Frage stellen: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Ich will in einer glücklichen, in einer teamfähigen, in einer wissenshungrigen und leistungsfreundlichen Gesellschaft leben. Und genau das ist die Aufgabe der Bildungspolitik.

Es ist in der Bildungspolitik wichtig, zu wissen, wo man hingehen will, und zwar nicht nur kurzfristig, sondern vor allem auch langfristig. Im Jahr 2009 und im Jahr 2010 wer­den da wichtige Schritte in diese Richtung gesetzt, wichtige Schritte in Richtung Chan­cengerechtigkeit, bessere Durchlässigkeit und natürlich auch Spitzenleistungen. Und bei diesen Schritten dürfen parteipolitische Dogmen keine Rolle spielen. Hier müssen ausschließlich die nächste Generation, die Kinder, die Schülerinnen und Schüler eine Rolle spielen.

Hier dürfen wir nicht in alten Mustern denken, nicht von verhindern sprechen oder – oft wurde es zitiert – ein Zurück zum Staat verlangen, sondern hier müssen wir aus­schließlich daran denken, wie wir die Bildungspolitik so gestalten können, dass sich un­sere Schülerinnen und Schüler wohlfühlen, sich aber auch die Gesellschaft weiterent­wickelt, besser wird, die Menschen besser miteinander umgehen können.

Deshalb möchte ich einige Punkte, die für Sie Schwerpunkte sind – Sie haben es schon erwähnt, Frau Ministerin –, herausstreichen. Die gemeinsame Mittelschule zu mehr Chancengleichheit. Ich weiß, dass da mit sehr vielen Vorurteilen gearbeitet wird. Ich weiß, dass es da auch Ängste gibt, wie das eben ist, wenn man etwas ändern möchte.


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Ich glaube nur – das sieht man auch, wenn man sich international umschaut –, dass in der heutigen Zeit eine andere Schule als eine gemeinsame Mittelschule gar nicht möglich ist, weil wir es nicht zulassen dürfen, dass Zehnjährige aufgrund ihrer Herkunft oder aufgrund ihrer familiären Bedingungen oder auch nur deswegen, weil sie mit zehn Jahren eben noch nicht so weit entwickelt sind wie andere und es bei ihnen eben ein, zwei Jahre länger dauert, andere Chancen haben als Gleichaltrige. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Sie brauchen gar nicht so dazwischenzubrül­len.

Da braucht man nicht nervös zu werden, da muss man auch keine parteipolitische Ell­bogentaktik anwenden, dafür gibt es überhaupt keinen Grund, sondern da sollte man, wie ich meine, einfach rational nachdenken, überlegen, was das Beste für die Kinder ist, was das Beste für die Gesellschaft ist, und gemeinsam gute Programme entwi­ckeln. In fast allen Bundesländern – völlig unabhängig davon, von welcher Partei der Landeshauptmann oder die Landeshauptfrau gestellt wird – hat die Neue Mittelschule einen enormen Andrang. Die Schülerinnen und Schüler wollen dorthin, und die Eltern suchen nach freien Plätzen. Das heißt, evaluieren wir es, seien wir aber offen, unab­hängig davon, welches Parteibuch wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, jeweils haben.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den ich herausstreichen möchte, ist, dass sich die Gesell­schaft ändert, dass sich die familiären Rahmenbedingungen ändern – und da muss sich auch ein Bildungssystem ändern. Da, seien wir ehrlich, hinken wir ziemlich nach.

Deshalb halte ich den Ausbau von Tagesbetreuung für besonders wichtig, aber ich mache da noch ein bisschen Druck dahin gehend, dass sich dies noch mehr beschleu­nigt. Das ist enorm wichtig. Heute darf das Faktum, dass ich als Schülerin oder Schüler in der Schule Erfolg habe, nicht davon abhängig sein, ob sich die Eltern Nachhilfe leis­ten können. Es darf nicht davon abhängig sein, ob ein Elternteil genug Zeit, aber auch Wissen und Energie hat, mit den Kindern zu lernen. Bildungsaufgaben müssen in der Schule stattfinden, Erziehung zu Hause.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ganz wesentlicher Punkt einer Bildungspolitik ist aber auch, Schülerinnen und Schülern kritisches Denken beizubringen, weil ich in einer Gesellschaft leben möchte, die kritisch ist. Deshalb ist mir das Fach Politische Bildung wichtig, aber noch viel wichtiger ist es, in der Schule kritisches Denken auch zuzulassen, und das kann in Mathematik, Geschichte, Deutsch, Französisch und Eng­lisch der Fall sein.

Fördern wir ruhig auch die Schülerinnen und Schüler, die wir in unserem heutigen Bil­dungssystem noch als besonders auffällig definieren! Vielleicht sind sie nicht auffällig, sondern werden einmal politisch aktiv, vielleicht werden sie aber einfach auch nur kri­tische Menschen, und das halte ich für enorm wichtig, weil sich eine Gesellschaft nur mit kritischem Denken weiterentwickeln kann.

Ich freue mich auf die Schuljahre 2009/2010. Frau Ministerin, ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Reformeifer. Die Sozialdemokratie steht hinter Ihnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.


9.32.09

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich kann eigentlich unmittelbar an die Ausführungen meiner Kollegin Mag. Rudas anschließen, die davon gesprochen hat, dass die Neue Mittelschule ein Erfolgsmodell ist. Ich bin froh, dass diese Idee, die


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Neue Mittelschule zu erproben, in unterschiedlichsten Ausformungen und Varianten in Österreich umgesetzt wird. Da sind wir eines Sinnes, das ist gut. Und ich bin eigentlich auch sehr dankbar dafür, dass die Frau Bundesministerin sehr deutlich gemacht hat, dass wir im Jahr 2013 all diese Modelle evaluieren werden. Dann werden wir entschei­den, was wir ins Regelschulwesen übernehmen und was nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein bisschen war das ja wie eine Korrektur der Ausführungen des Elmar Mayer, der hier jene Offenheit, die auch Sie, Frau Rudas, angesprochen haben, vermissen hat las­sen, denn Elmar Mayer hat schon gewusst, was am Ende herauskommt, nämlich die gemeinsame Schule. Und genau diese Dogmen sollte man, wenn man einen offenen Prozess haben will, nicht sozusagen an den Beginn stellen. (Abg. Neugebauer: Das ist eine vernünftige Vorgangsweise!) Ich würde sehr dafür plädieren, schauen wir uns an, was am Ende herauskommt, und dann entscheiden wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Bildungspolitik – das ist mir schon wichtig – ist nicht Selbstzweck, sondern Bildungs­politik – und da decken wir uns vollinhaltlich – hat das Ziel, bestmögliche Rahmenbe­dingungen für unsere Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Bildungspolitik hat die Aufgabe, zu garantieren, dass wir die besten Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen haben. Darum ist es wichtig – und dazu bekennt sich die Bundesregierung –, dass wir auch die Lehrerausbildung weiterentwickeln, vorantreiben.

Wir haben mit den neuen Pädagogischen Hochschulen einen wichtigen Schritt ge­setzt. Jetzt ist eine Arbeitsgruppe am Werk, die bis zum Ende des Jahres weitere Vor­schläge dafür machen wird, wie man auch im Zusammenhang mit dem Bologna-Pro­zess die Lehrerausbildung weiterentwickeln soll, denn es ist auch notwendig – die Frau Bundesministerin hat das bereits angesprochen –, Lehrerinnen und Lehrer zu motivie­ren, daher auch eine mittlere Führungsebene an den Schulen zu haben. In der Tat ist es schwierig, dass ein Direktor alles steuert. Da gibt es positive Beispiele, etwa an den Berufsbildenden Höheren Schulen mit Abteilungsverantwortlichen und Ähnlichem mehr. Ich glaube, dass das auch für andere Schultypen ein durchaus interessantes Modell sein kann, denn wir brauchen die besten Lehrerinnen und Lehrer, das ist un­zweifelhaft notwendig.

Nur die besten Lehrerinnen und Lehrer sind imstande, für die Schülerinnen und Schü­ler ein individualisiertes Angebot sicherzustellen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist auch gewesen, die Klassenschülerhöchstzahlen zu senken.

In der Tat ist es so – und da wird es in absehbarer Zeit auch sehr konkrete Gespräche geben –, dass ein neues Dienstrecht verhandelt wird, das den aktuellen Herausforde­rungen auch entsprechend gerecht wird.

Es ist notwendig, dass wir die Nachmittagsbetreuung in qualitativer Hinsicht weiter­entwickeln, auf freiwilliger Basis weiter ausbauen, denn wie hat Frau Rudas gemeint – ich habe es mitgeschrieben –: Bildung soll in der Schule stattfinden, Erziehung zu Hau­se. – Das kann ich nicht zu 100 Prozent unterschreiben, denn ich glaube, dass beides auf beiden Seiten stattfinden wird müssen. Bildung darf auch zu Hause stattfinden und Erziehung auch in der Schule, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wir haben heute natürlich auch Familienstrukturen, die dazu angetan sind, dass immer mehr Erziehungsaufgaben in die Schule hineingetragen werden. Wir müssen auch garantieren und sicherstellen, dass die Lehrerinnen und Lehrer jene Mittel an die Hand bekommen, dass sie diese Erziehungsaufgabe auch leisten können.

Ich glaube, dass wir auch sicherstellen müssen, dass das, was unsere Schulen stark macht, sie auch im internationalen Vergleich stark macht, und wir müssen die Autono­mie der Standorte stärken. Ich halte es für einen richtigen Ansatz, subsidiäre Entschei­dungen zu ermöglichen, näher an den Menschen zu sein, näher mit den Entscheidun-


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gen an den Betroffenen zu sein. Das ist, wie ich meine, ein gutes Konzept. Daher ein Nein zu überbordender Zentralisierung, aber ein Ja zu einer Zentralisierung dort, wo sie qualitätssichernd wirkt. Jene Subsidiarität wollen wir forcieren. Dann wird es uns meiner Meinung nach insgesamt gelingen, ein hervorragendes österreichisches Bil­dungssystem weiterzuentwickeln. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz mit 5 Minuten zu Wort. – Bitte.


9.37.21

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren in den Zuschau­erreihen und vor den Fernsehgeräten! Frau Abgeordnete Rudas hat gemeint, die Zu­kunft der Gesellschaft beginne im Klassenzimmer. – Dies aus dem Munde einer Ver­treterin einer sich selbst als staatstragend bezeichnenden Partei halte ich eher für erschreckend, denn die Zukunft der Gesellschaft beginnt jedenfalls in der Familie. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber das passt vielleicht in ein System, das eine Filmregisseurin erst im Februar im „Club 2“ erwähnte, die gemeint hat, man müsse die Kinder möglichst schnell den Eltern wegnehmen und in ein Schulsystem hineinbringen, damit sie von den österreichischen Alkoholiker-Eltern wegkämen und sich politisch nicht in irgendeiner Form vielleicht so­gar rechts gerieren könnten. – Das ist das, was offensichtlich hinter diesen Ausführun­gen steht, diese Gesellschaft, die sich die SPÖ und Frau Abgeordnete Rudas wün­schen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Abgeordnete Rudas hat auch gemeint, man müsse in der Bildungsdebatte nicht auf das Parteibuch schauen. – Ich kann Sie beruhigen, in der österreichischen Bil­dungsdebatte gibt es nur ein rotes und ein schwarzes Parteibuch, sonst keines. Wir wären sehr wohl dafür, wenn Sie endlich einmal damit beginnen würden, im eigenen Stall auszumisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Mayer, von dem offensichtlich als Erstredner auch die Initiative ausgegan­gen ist, hat uns hier präsentiert, wie gut Frau Bundesministerin Schmied bis jetzt gear­beitet hat, und hat Fragen gestellt unter dem Thema: Was wird im Schuljahr 2009/2010 an Schwerpunkten gesetzt werden?

Nun, es ist gut, wenn man am Ende eines Schuljahres auch ein bisschen ins nächste Schuljahr hineinschaut, aber es wäre doch interessant gewesen, wenn man am Ende eines Schuljahres auch die Noten für das abgelaufene Schuljahr verteilte. Da muss ich fragen: Was ist eigentlich bei den Österreicherinnen und Österreichern aus der Bil­dungsdebatte an Positivem hängen geblieben? Was wurde tatsächlich umgesetzt? – Und ich kann Ihnen sagen: Es ist nicht viel, eigentlich nichts!

Im Gegenteil: Wir erinnern uns an die Baustelle, an die zwei Monate Stillstand in der Debatte, wo zwar die ersten Seiten der Magazine gefüllt waren, aber Bildungspolitik eigentlich nicht stattgefunden hat.

Heute wird uns in einem Zehn-Punkte-Programm beziehungsweise in drei zusätzlichen strategischen Punkten von der Frau Bundesministerin das erklärt, was bereits im Re­gierungsprogramm 2008 gestanden ist, also nichts Neues und bisher keinerlei Umset­zung.

Das heißt, es ist sehr wohl die Frage zulässig, was sich denn tatsächlich nächstes Jahr ändern soll, wenn man schon vonseiten des Koalitionspartners hört, dass man sich be­züglich des einen oder anderen Themas – etwa Zentralismus versus Subsidiarismus – wird finden müssen. Da glaube ich, dass die Reformen nicht besonders schnell und


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griffig angegangen werden, sondern dass sehr lange diskutiert werden muss. Die Frau Bundesministerin hat ja bereits gesagt, es soll Schritt für Schritt gehen, aber die Schritte werden immer kleiner und kleiner, so wie sie ja auch selbst gesagt hat, und das ist eigentlich unerträglich.

Die Bildungsdebatte, die bereits während der ersten PISA-Studien losgetreten wurde, hat sich nicht vom Fleck bewegt, obwohl das unbedingt notwendig wäre, gerade in Punkten wie eben der Frage nach den Chancen der österreichischen Kinder oder der Gewalt an Schulen. Es wird aktuell nichts umgesetzt, obwohl es unerträglich ist, wie Gewalt zwischen den Kindern aber auch zwischen Kindern und Eltern immer mehr zunimmt. An sich schieben wir die Themen nur vor uns her, und es wird keine konkrete Lösung in irgendeiner Form angeboten. Das ewige Rezitieren des Regierungspro­gramms wird Österreich sicherlich nicht zu dem bringen, was anfangs gesagt wurde, nämlich dass wir im Bildungsbereich wieder den Anschluss an die europäische Spitze finden sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend zum Kollegen Mayer, der gemeint hat, es haben sich die Gewitterwolken verzogen und der Himmel ist hellblau: Ein bisschen mehr blaue Politik würde dem Land eindeutig besser tun als schwarze Gewitterwolken mit Morgen- und Abendrot, das nur kurz dauert. (Beifall bei der FPÖ.)

9.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


9.42.08

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Frau Bundesministerin! Wenn die SPÖ heute in der Aktuellen Stunde gerade bejubelt, welche bildungspolitischen Fortschritte gemacht werden, und Kollege Mayer sagt, dass sich die Gewitterwolken verzogen haben, dann möchte ich sagen: Die viel bejubelte Senkung der Klassenschülerhöchstzahl ist schon im Jahr 2006 unter einer anderen Regierung festgemacht worden. (Beifall beim BZÖ.)

Es werden zwar jetzt die Klassenschülerhöchstzahlen gesenkt, aber im Gegensatz zum damaligen Programm werden in den Ländern die Kleinschulen und Kleinstschu­len – die bildungspolitische „Nahversorgung“ im ländlichen Raum – geschlossen. Das sollte man auch dazusagen! (Beifall beim BZÖ.)

Diese heutige Aktuelle Stunde kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Koali­tion aus SPÖ und ÖVP eine Koalition der Reformverweigerer ist, Reformverweigerer im Bereicht der nachhaltigen sozialen Sicherheit – siehe zum Beispiel die längst anste­hende Gesundheitsreform! –, aber auch im Bereich der Bildungspolitik. Was die Bil­dungspolitik betrifft, erinnere ich an die blamable Diskussion um zwei Stunden Mehrar­beit für die Lehrerinnen und Lehrer, die während der Budgetdebatte stattgefunden hat und die wirklichen Probleme überlagert hat: dass wir keine effiziente Schulverwaltung und kein effizientes Schulmanagement haben, dass wir noch kein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht haben und dass wir mit der Integrationsarbeit auch hinterher­hinken.

Man hat aber auch die Bundesministerin Schmied im Regen stehen gelassen. Ich freue mich daher, dass heute bei dieser Diskussion auch der Herr Bundeskanzler auf der Regierungsbank sitzt, denn bisher habe ich nicht das Gefühl gehabt, dass Bildung Chefsache ist. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schule ist auch in dieser Koalition nach wie vor eine ideologische Spielwiese, und das sieht man am Beispiel der Gemeinsa­men Schule der 6- bis 15-Jährigen. Die ÖVP blockiert. Herr Kollege Amon hat in seiner


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Rede gesagt – wie hat er es ausgedrückt? –, man soll bezüglich dieser Gemeinsamen Schule noch warten, hinhalten, probieren; die anderen sehen in dieser Gemeinsamen Schule hingegen das große Heil. – Ich sage: Das alles wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, die doch die besten Chancen verdient haben. Gerade eine frühe Selek­tion nimmt ihnen aber sehr, sehr viele Chancen weg.

Jetzt hat sich diese Regierung auf eine neue Form der Zusammenarbeit geeinigt. Nach offensivem Streiten beim Budget und ein bisschen Kuscheln dazwischen ist jetzt Blo­ckade angesagt. Das beste Beispiel ist die Zentralmatura, die gegen die Novelle des Universitätsgesetzes gestellt wird: Man hat sich auf den kleinsten gemeinsamen Nen­ner, nämlich auf eine Protokollanmerkung, geeinigt, damit dieses Thema überhaupt noch vor dem Sommer ins Parlament kommt. Daher sage ich: Das ist ein Armutszeug­nis in der Bildungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Einen Bereich, den Sie nicht gelöst haben, der also nach wie vor ungelöst ist, möchte ich zum Schluss noch ansprechen. Frau Bundesminister, Sie haben jetzt gesagt, es sei sozial ungerecht, wenn die Kinder, die aus einem Elternhaus kommen, wo es finanziell vielleicht nicht so einfach möglich ist, gute Bildung zu bekommen, nicht die gleichen Chancen haben. Da bin ich Ihrer Meinung, aber warum tun Sie nichts gegen dieses Nachhilfe-Unwesen? Tausende von Schülerinnen und Schülern in Österreich brau­chen Nachhilfe und können sich diese Nachhilfe nur leisten, wenn die Eltern tief in die Tasche greifen. 150 Millionen € werden jährlich für Nachhilfe ausgegeben. Alleine in Oberösterreich sind es 36 Millionen €. Und das können sich letztendlich nur jene Fami­lien und jene Eltern leisten, die eine entsprechende Finanzkraft haben. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, da besteht akuter Handlungsbedarf! Seit 2007 liegt ein Antrag des BZÖ im Parlament vor, um Nachhilfe im Rahmen des Unterrichtes zu gewähren (Abg. Ing. Westenthaler: Gratis!), Nachhilfe in den letzen Ferienwochen zu geben – ähnlich wie es in Finnland in den letzen Jahren gut funktioniert. (Beifall beim BZÖ.) Man könnte ja auch die schulautonomen Tage heranziehen, um den jun­gen Menschen dementsprechend zu helfen und sie zu unterstützen.

Zum Schluss kommend: Sehr geehrte Frau Bundesministerin, es genügt nicht, ständig zu sagen, Sie wollen die beste Bildung für alle Kinder, wenn Sie diese realen Baustel­len nicht beseitigen. Was diese Koalition bisher gezeigt hat, gerade in der Bildungs­politik, ist ein Schritt nach vor, zwei Schritte zurück. Die Hoffnung, dass es in Zukunft anders wird, habe ich nicht, denn Sie werden leider Gottes in der Bildung weiter­wurschteln und dadurch die Chancen unserer Kinder verspielen. (Beifall beim BZÖ.)

9.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt die Frau Klubvorsitzende Dr. Gla­wischnig-Piesczek mit 5 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


9.47.26

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Sprachbild der Gewitterwolken und des blauen Himmels hat ja jetzt schon einige Red­nerinnen und Redner zu weiteren Metaphern angeregt. Also, die blaue Bildungspolitik, die wollen wir, glaube ich, nicht (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie „glauben“, dass Sie es nicht wollen, Sie wissen es aber nicht!), denn Sie haben in den letzten Wochen und Monaten alles blockiert, was in irgendeiner Form ein Fortschritt in eine richtige Richtung gewesen wäre, und wollen eher zurück in autoritäre Prinzipien des 19. Jahrhunderts. – Das wollen wir nicht.


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Dass das Sprachbild der Kollegin Haubner, die Bildungsministerin sei „im Regen ste­hen gelassen“ worden, zutrifft, das konnte, glaube ich, ganz Österreich zu 100 Prozent bestätigen. Die Bildungsministerin wurde sowohl von ihrem eigenen Parteichef, dem Bundeskanzler, als auch insbesondere vom Finanzminister und Vizekanzler zu 100 Prozent im Regen stehen gelassen, und das ist das große Versäumnis vor allem der ÖVP. Wir haben nun eine Bildungsministerin, die an Händen und Füßen gefesselt in ihrem Ministerium sitzt und sich nie sicher sein kann, ob ihr der Koalitionspartner wiederum in den Rücken fallen wird. – Das ist die Situation in der Bildungspolitik. (Bei­fall bei den Grünen.)

An den Schulen wurde sehr, sehr viel Porzellan zerschlagen. Eine Bildungsreform setzt natürlich voraus, dass all diejenigen, die im Bildungssystem arbeiten, die Partnerinnen und Partner, auch die Lehrenden mit an einem Strang ziehen und davon überzeugt sind. Wie Sie das nach diesen Monaten des Streits wieder in den Griff bekommen möchten, ist mir ein Rätsel – und vor allem auch, wie Sie das unter den bestehenden budgetären Vorraussetzungen in den Griff bekommen möchten.

Wir diskutieren jetzt über Bildungspolitik, nachdem das Budget beschlossen worden ist – ironischer, zynischer geht es wohl nicht mehr. Die wesentlichen Voraussetzungen wären gewesen, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise das einzig Wichtige und Richtige zu tun, die Riesenbaustelle Bildung in Angriff zu nehmen und einen Bildungsvorrang im Budget für die Schule, für die Kindergärten und für die Universitäten zu schaffen. – Das haben Sie nicht gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt erleben wir immer wieder eine Bildungsministerin, die sich hier herstellt und ein Wunschkonzert herunterbetet, die immer wieder die Dinge, die ohnehin alle gut finden und hinsichtlich derer sie viele Unterstützer hat, herunterbetet, aber in keiner Weise eine Realisierung ankündigen kann, zum Beispiel bei der Klassenschülerhöchstzahl. Ich möchte nicht wieder die ganze Mängelliste aufzählen, aber wie Sie diese Senkung tatsächlich in den nächsten Jahren realisieren wollen, weiß ich nicht.

Die berufsbildenden höheren Schulen mit einer Klassenschülerzahl in einer Größen­ordnung von 35, 36, 37 Kindern und Jugendlichen und mit einer Drop-out-Rate von über 50 Prozent, das sind die großen Problembereiche, die Sie mit dem Budget – mit den bestehenden Fesseln, die Ihnen angelegt worden sind – in den nächsten zwei oder drei Jahren sicher nicht bewältigen können.

Auch das Bauprogramm haben Sie angesprochen: Ausgerechnet im Bauprogramm wurde umgeschichtet und gekürzt, um den Lehrerstreit beenden zu können; ausge­rechnet die Behindertengerechtigkeit wurde weggestrichen. Zum fairen Besoldungs­recht – das haben wir, glaube ich, schon zehn oder 15 Jahre gehört – sagen Sie, dass Sie jetzt mit den Verhandlungen beginnen.

Also dass Sie sich nach den letzten zehn bis 15 Jahren überhaupt noch trauen, das Wort „Verwaltungsreform“ in den Mund zu nehmen, ist außerordentlich mutig. Der Rechnungshofpräsident arbeitet mit Zähnen und Klauen daran, dass überhaupt die Be­reitschaft vorhanden ist, eine Verwaltungsreform in Angriff zu nehmen.

Sie sehen also, dass die Baustelle sehr groß ist, und wenn Sie sagen, dass Sie die Kri­tik ernst nehmen, dann glaube ich Ihnen das schon. Nur ist Ihre Reaktion darauf die blanke Hilflosigkeit, und es wäre nicht so traurig und düster, würde es nicht in den nächsten fünf Jahren am Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden. Weder im Strategieplan noch im Budget für die nächsten zwei Jahre finden sich kon­krete Ansatzpunkte, das Problem Bildungsbaustelle zu lösen, und das ist die politische Verantwortung, die nicht nur Sie trifft, sondern vor allem den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Vizekanzler. (Beifall bei den Grünen.)


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Es gab jetzt schon eine Diskussion darüber, wo die Zukunft der Gesellschaft liegt, und zu diesem Punkt möchte ich eine weitere These hinzufügen, die noch nicht genannt wurde: nämlich dass vor allem der Kindergarten und der frühkindliche Bereich der wichtigste ist, wenn es um den Rucksack fürs Leben geht. Im Kindergarten wird der Rucksack für das Leben der Kinder und Jugendlichen gepackt, und wenn man sich die­sen Bereich nicht verantwortungsbewusster ansieht und dafür nicht mehr Ressour­cen – von mehr Platz und mehr Geld bis hin zu einer besseren Ausbildung und einer besseren Bezahlung, vor allem für die Frauen, die in diesem Bereich tätig sind – zur Verfügung stellt und keinen Bildungsplan und nicht mehr Bildungsverantwortlichkeit einführt, dann hat man das grundlegende Problem noch nicht verstanden.

Das ist Ihre Aufgabe, Frau Bildungsministerin. In der Volksschule ist es zu spät; der Rucksack fürs Leben wird im Kindergarten gepackt. Wir werden morgen eine Artikel-15a-Vereinbarung beschließen, die einen winzigen Schritt in die richtige Richtung dar­stellt, aber wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann braucht es noch mindes­tens 20 bis 25 Jahre, bis wir in diesem Bereich – nämlich im Bereich der Kindergarten­förderung und der Kindergartenbildung – auf einem internationalen Niveau sind, wenn wir nicht überhaupt noch weiter zurückfallen. Das fehlt noch in Ihrem Bouquet! Aller­dings reicht ein Bouquet alleine nicht, schönreden reicht nicht, sondern ein bisschen mehr budgetäre und politische Verantwortung der Herren in der Regierung – nämlich des Kanzlers und des Vizekanzlers – wäre ganz dringend notwendig! (Beifall bei den Grünen.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl mit 5 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


9.52.56

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass nach jahrelangem Stillstand in den letzten Jahren endlich frischer Wind in die Bildungspolitik gekommen ist. Natürlich muss man dabei Schritt für Schritt vorge­hen, und das macht die Frau Bundesministerin Schmied sehr konsequent.

Es gibt allerdings in bildungspolitischen Diskussionen hier im Haus so ein fixes Muster, das darin besteht, dass in einem Scheingefecht immer die Kompetenz der Familie und die der Schule – was die Erziehung und die Bildung der Kinder betrifft – gegeneinander ausgespielt werden. Das spielt sich ungefähr so ab, dass jemand ans Rednerpult kommt und sagt: Da hat die Schule eine wichtige Aufgabe in der Ausbildung und Aus­stattung unserer Kinder zu übernehmen!, und dann kommt jemand anderer, vornehm­lich aus den Reihen des BZÖ und der Freiheitlichen, heraus und sagt: Ihr wollt den Eltern die Kinder wegnehmen! – Das ist wirklich ein absurdes Scheingefecht, sehr ge­ehrte Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen), weil sowohl die Schule als auch die Eltern eine wichtige Aufgabe in der Erziehung und Bildung der Kinder zu erfüllen haben, und im Idealfall funktioniert das harmonisch und wunderbar miteinander.

Gut. Wie ist es aber, wenn es nicht funktioniert? – Da ist überhaupt keine schlechte Ab­sicht, Missachtung des Elternhauses oder sonst etwas dahinter, aber wenn Sie sich Daten ansehen, wenn Sie sich Familien ansehen, so werden Sie feststellen, dass auch heute noch in Österreich Kinder, die in einer Stadt aufwachsen, die in einem Eltern­haus aufwachsen, in dem die Eltern gut ausgebildet sind, viel bessere Chancen auf eine höhere Bildung haben, und da gilt es mitzuhelfen, alle Kinder zu unterstützen und sie durch die Schule – nach ihren Begabungen und Fähigkeiten – individuell zu för­dern.


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Dabei haben natürlich die ausgebildeten Pädagogen und Pädagoginnen eine ganz ent­scheidende und wichtige Aufgabe wahrzunehmen, unseren Kindern – und zwar allen in diesem Land – ein wichtiges Fundament für ihr Leben mitzugeben, damit alle Kinder, gleich in welche Familie mit welchen Chancen sie hineingeboren sind, für ihr späteres Leben gut ausgestattet sind. Genau in diese Richtung geht die Frau Bundesministerin jetzt Schritt für Schritt – mit der Bildungspolitik, die sie hier macht. Es geht darum, die Kinder individueller zu fördern – die Schwachen zu fördern, die Starken zu fordern, wie es so schön heißt – und diesen Weg in wichtigen kleinen Schritten, die in Summe dann immer mehr werden und von denen immer mehr Kinder profitieren werden, auch kon­sequent weiterzugehen.

Ja, es gibt mehr kleinere Klassen als in den letzten Jahren – natürlich werden nicht alle von heute auf morgen umgestellt, leider geht das nicht, aber Schritt für Schritt wird das gemacht. In den letzten Jahren sind es die ersten und zweiten Klassen gewesen, und im nächsten Schuljahr kommen die dritten Klassen dazu. Es werden immer mehr Kin­der in kleinen Gruppen gefördert und unterrichtet – vornehmlich in den Hauptgegen­ständen –, damit die Lehrer und Lehrerinnen auch die entsprechende Gelegenheit haben, auf die Kinder besser einzugehen und sie dort zu stärken und zu fördern, wo sie Probleme haben und wo ihre Talente liegen.

Die Neue Mittelschule ist ein Erfolgsmodell. Es machen bereits 800 Klassen mit, 20 000 Schüler und Schülerinnen werden es nächstes Jahr sein, und, jawohl, Herr Kol­lege Amon, Ziel ist es, mit der Neuen Mittelschule dorthin zu kommen, wo der Großteil der anderen Ländern bereits ist, nämlich dass wir nicht weiter Schicksal spielen bei neunjährigen Kindern. Ein Lehrer oder eine Lehrerin soll nicht mehr Schicksal spielen müssen, indem er oder sie sagen muss: Ich kann zwar in dem Alter noch nicht genau abschätzen, wo die Fähigkeiten und Talente des Kindes sich einmal hinentwickeln wer­den, aber ich als Einzelperson muss jetzt sagen, welches Kind in welche Schule gehen muss oder darf. Da sind wir wirklich eines der letzten Länder in Europa und auch darüber hinaus, und da wollen wir im Sinne unserer Kinder an europäische Standards anschließen. (Abg. Mag. Hakl: Das ist ja falsch!)

Ich freue mich auch sehr, dass wir morgen das verpflichtende beitragsfreie letzte Kin­dergartenjahr beschließen werden, weil die Frühförderung der wichtigste Sockel ist und wir hier wirklich alle Kinder mit einbeziehen und entsprechend fördern müssen, sodass sie im letzten Kindergartenjahr eine entsprechend gute Ausstattung und Startposition für die Schule und damit für den weiteren Lebensweg bekommen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Hagen: Dank Jörg Haider!)

9.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl mit 5 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


9.58.02

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bildung und Wissen sind die Grundlagen für den persönlichen und beruflichen Erfolg eines jeden Men­schen. Angesichts dieser Bedeutung halte ich es für völlig falsch, Bildungsdiskussionen rein auf Strukturfragen zu reduzieren, wie es sehr häufig geschieht. Wenn wir über Bildung sprechen, müssen vielmehr die Qualität, die Vielfalt und die Attraktivität des Bildungsangebots im Vordergrund stehen.

Das Bildungssystem von heute muss aber vor allem auch die Leistungsfähigkeit des Einzelnen frühzeitig erkennen und gezielt fordern und fördern. Darüber hinaus muss es lebensbegleitendes Lernen ermöglichen und vom Kindergarten bis zur Hochschule allen faire Chancen und gute Perspektiven für das weitere Leben bieten.


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Für den Hochschulbereich bedeutet dies, dass weiterhin das Ziel verfolgt werden muss, die Zahl der Absolventinnen und Absolventen anzuheben, um damit das Bil­dungsniveau der österreichischen Bevölkerung zu erhöhen.

Zu diesem Zweck soll, neben der generellen Weiterentwicklung der Qualitätssicherung im Studium, unter anderem die Vorbereitung auf die individuelle Studienwahl in der Schule unterstützt werden, um damit den Übergang von der Schule in den tertiären Be­reich zu verbessern. Dazu bedarf es klarerweise intensiver Kooperationen zwischen der Sekundarstufe und den Hochschulen.

Wie stellen wir uns nun solche Kooperationen konkret vor? – Es soll natürlich zu einer Ausweitung und Vernetzung des Beratungs-, Bildungs- und Informationsangebots für Studieninteressierte und Maturantinnen und Maturanten kommen. Dabei sollen vor allem neue Formen der individuellen Begleitung besonders gefördert werden.

Konkret geht es dabei zum Beispiel um das Tutoring, das heißt, Studierende begleiten Schülerinnen und Schüler zu Lehrveranstaltungen an den Universitäten, oder um Coaching, wo erfahrene Studierende jüngere Studierende über die Anfängertutorien in der Studieneingangsphase hinaus begleiten.

Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist natürlich auch die mit der Novelle des Universitätsgesetzes 2002 geplante Studieneingangs- und Orientierungs­phase. Diese Eingangsphase soll den Studierenden einen Überblick über die Inhalte und den Verlauf eines Studiums geben und soll es ihnen daher ermöglichen, sich schon möglichst frühzeitig ein Bild über das Studium machen zu können, um damit möglichst frühzeitig entscheiden zu können, ob die Studienwahl die richtige war.

Die geplante Universitätsgesetz-Novelle ist aber auch ein ganz wichtiger Schritt zur weiteren Umsetzung der Bologna-Struktur an den österreichischen Hochschulen. Künf­tig sollen alle Studien in Bachelor- und Masterstudien umgewandelt werden können. Das soll auch für jene Studien gelten, wo das momentan noch gesetzlich ausgeschlos­sen ist, wie zum Beispiel für die Lehramtsstudien. Durch die damit eröffneten Möglich­keiten, Bachelor-Studien mit verschiedenen facheinschlägigen oder fachfremden, na­tionalen oder internationalen Masterstudien zu kombinieren, wird es den Studierenden ermöglicht, ihre tertiäre Ausbildung und damit ihre Bildungs- und Entwicklungskarrieren individuell zu gestalten.

Es soll insgesamt sichergestellt werden, dass sich diese individuelle Gestaltung der Bil­dungskarrieren durch das gesamte Bildungssystem zieht, durch das gesamte Schul­system und daran anschließend natürlich auch durch das Hochschulsystem.

Frau Bundesministerin Schmied hat angesprochen, dass wir auf die Begabungen und Talente achten müssen. Das ist auch Bundesminister Hahn ein ganz wichtiges Anlie­gen. Begabtenförderung will er etwa dadurch umsetzen, dass künftig nach Inkrafttreten der Universitätsgesetz-Novelle unmittelbar im Anschluss an das Bachelor-Studium für besonders Begabte die Möglichkeit besteht, zum Doktoratsstudium oder PhD-Studium zugelassen zu werden. Das heißt, es soll für besonders Begabte die Möglichkeit eröff­net werden, das Masterstudium zu überspringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in unserem Bildungssystem muss natürlich auch die Qualität im Vordergrund stehen. Die Weiterentwicklung der Qualitätssiche­rung im Studium habe ich bereits angesprochen. Qualitätssicherung ist aber für uns vor allem im Zusammenhang mit der Ausbildung der Lehrer von besonderer Bedeutung. Mein Kollege Werner Amon hat ja bereits angesprochen, dass wir für unsere Schülerin­nen und Schüler die besten Lehrer ausbilden müssen. Frau Bundesministerin Schmied hat in einer Presseaussendung vom 11. Dezember gesagt, die Lehrer sind die Schlüs-


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selpersonen. Wir müssen sie daher entsprechend ausbilden und ihnen das nötige Rüstzeug mitgeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Erreichung dieses Ziels muss unser aller Anliegen sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Un­terreiner mit 5 Minuten. – Bitte.


10.03.33

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Jugend oben auf den Rängen! Die Tatsache, dass zurzeit Kultur- und Bildungspolitik in einem Ressort vereint sind, wäre eine große Chance, ein Zusammenwirken zu schaffen. Ös­terreich ist ein Kulturland. Der kulturelle Reichtum, die Attraktivität, der Stolz, der Ruhm: All das basiert auf unserem kulturellen Erbe!

Dasselbe gilt auch für unsere Bildung, und auf diesen beiden Gebieten müssen wir Weltspitze bleiben beziehungsweise, wenn das nicht mehr gegeben ist, wieder werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Auf beide Gebiete muss deshalb auch in Krisenzeiten ganz besonders geachtet wer­den, denn ein Weiterführen unseres Kulturerbes wie auch die Ausbildung unserer Ju­gend auf höchstem Niveau werden in Zukunft Österreich nicht nur ideellen, sondern auch wirtschaftlichen Wohlstand bieten. Die Weichen werden heute gestellt, heute wird entschieden, wie Österreich in der Hinsicht in zehn, in zwanzig Jahren ausschauen wird.

Wir können uns international behaupten, wenn wir diese beiden Felder Kultur und Bil­dung optimal ausbauen und Weltspitze bleiben beziehungsweise in der Bildungspolitik wieder erlangen. Wir haben Opernhäuser, Theater, Orchester, Festivals von Weltrang, wir müssen aber auch alles daransetzen, damit diese höchste Qualität gesichert bleibt, und dafür ist die bestmögliche Ausbildung unserer Jugend vonnöten.

Die musische Ausbildung, und hier vor allem die musikalische Bildung, beginnt schon im Kindergarten und muss in der Volksschule einen festen Bestandteil bilden. Der Volksschullehrer war über Jahrzehnte in Österreich der Kulturträger, und der Volks­schullehrer beziehungsweise die Volksschullehrerin müssen das wieder werden (Beifall bei der FPÖ), denn es ist ganz einfach notwendig, dass über das Beherrschen der Grundtechniken hinaus – es ist ja selbstverständlich, dass unsere Kinder das können müssen – auch das, was uns ausmacht, unsere Identität, weitergetragen wird.

Auch die Musik hat eine große identitätsstiftende Säule in Österreich aufgebaut. Es gibt viele große Kulturleistungen in der Menschheitsgeschichte, aber das, was hier in Österreich die Wiener Klassik in den letzten Jahrhunderten geleistet hat, als sich die großen Komponisten quasi die Türschnalle in die Hand gegeben haben, ist einmalig, ist einzigartig auf der Welt. Wir haben die Verpflichtung, das an spätere Generationen weiterzugeben, und wir haben auch die Pflicht – und da sind Sie aufgerufen, Frau Ministerin –, das zu gewährleisten. Hier müssen Sie Verantwortung übernehmen.

Eine Enquete zum Thema Musikerziehung ist zu wenig, es ist auch zu wenig, wenn man hier nur Lippenbekenntnisse kundtut, sondern es muss gehandelt werden. Ich kann mich noch erinnern, in der Regierungserklärung war eine Machbarkeitsstudie für Pop-Musik angesagt. Ich meine, das ist ja nicht nur zu wenig, das ist sogar eine Schande. Das darf in einem Kulturland wie Österreich überhaupt nicht vorkommen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie sind verantwortlich dafür, dass dieses Kulturgut auch Bildungsgut bleibt, und zwar angefangen vom Kindergarten über Volksschulen, Musik­schulen, Mittel- und Hochschulen muss das auf höchstem Niveau vermittelt werden. Doch von all dem, Frau Ministerin, habe ich von Ihnen noch nichts gehört – ich habe sehr gut aufgepasst –, auch heute nicht, auch bei Ihren zehn Punkten nicht. Wo bleibt jetzt wirklich die große Bildungsreform? Außer Gezänk um die Zahl der Unterrichts­stunden habe ich keine inhaltliche Formgebung erkennen können. Und auch das, was heute der Kultursprecher der Sozialdemokraten gesagt hat, es gäbe Herzstücke in der Bildungspolitik, habe ich nicht erkennen können. Ich erkenne nur Stückwerk, ich erkenne nur Flickwerk – und das ist zu wenig für Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Was glauben Sie, Frau Ministerin, dass die Jugend in Zukunft braucht? – Natürlich, die Grundtechniken müssen da sein, aber sie muss auch ausgebildet werden, um ein sinnvolles, erfülltes Leben führen zu können. Und das muss auch über den bloßen Ma­terialismus hinausgehen. Wissensvermittlung, wie ich gesagt habe, ist selbstverständ­lich. Was braucht sie noch? – Ein kleines Anklingen habe ich heute von der Kollegin Rudas gehört, aber nur kritische Schüler ist zu wenig, auch da muss mehr geboten werden. Eine ethische Grundhaltung kann man auch in den Schulen erlernen, morali­sches Handeln kann man ermöglichen, Tugenden kann man auch an den Schulen entwickeln. Diese Grundausbildung ist in allen Bildungseinrichtungen möglich, basie­rend auf dem, was bei uns in Europa in den letzten Jahrhunderten, ja, Jahrtausenden an Wissensgut entstanden ist, auf das wir stolz sein können und das wir weitergeben müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz noch auf zwei Zeilen in unserer Bundeshymne hinweisen. Es heißt hier: „Heimat bist du großer Söhne, Volk, begnadet für das Schöne.“ – Nehmen wir das ernst! (Beifall bei der FPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.


10.09.07

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Minister! Hohes Haus! Aktuelle Stunde mit dem Thema „Bildungspolitische Schwerpunkte für das Schuljahr 2009/2010“. Hört, hört! Aktuelle Stunde! Ich frage mich: Was ist an dieser Diskussion aktuell? Das sind die Themen, die wir vor einem Jahr diskutiert haben und die wir mit dieser Regierung – da braucht man kein großer Wahrsager zu sein – in zwei Jahren auch noch immer diskutieren werden. (Beifall beim BZÖ.) Und „bildungspolitische Schwerpunkte“? – Sie hätten den Titel „Bildungspoliti­sche Leichtgewichte“ oder „Bildungspolitischer Notstand und Stillstand“ nehmen sollen, dann hätten Sie zumindest das Thema getroffen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bildung ist der Rohstoff unserer Kinder, der Rohstoff für unsere Zukunft – und diese Regierung tut nicht sehr viel, dass dieser Roh­stoff besser wird und mehr wird.

Das staatliche Bildungssystem ist angesprochen worden, doch das staatliche Bildungs­system ist nur ein Teil der Bildung. Darüber hinaus gibt es – um auf Kollegin Kuntzl einzugehen – die Familie, es gibt die Gesellschaft, es gibt die Bildungseinrichtungen. Ich weiß schon, der Links-Links-Block sieht vielleicht nur den Staat im Vordergrund, der Links-Rechts-Block vielleicht nur die Familien, wir sehen die Bildungsdiskussion etwas gesamthafter, weil wir vom BZÖ auch entsprechende Konzepte haben.

Ich darf eines hier auch ganz deutlich hervorheben: Wenn morgen der Gratiskindergar­ten beschlossen wird, der hier von der SPÖ und in Oberösterreich von der ÖVP abge-


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feiert wird, dann kann ich nur sagen: Danke, lieber Herr Landeshauptmann Dr. Jörg Haider!, denn in Kärnten gibt es den Gratiskindergarten seit drei Jahren. (Beifall beim BZÖ.)

Ein Bildungssystem muss gewisse Erfolgskriterien haben, dazu zählt die Qualität ge­nauso wie die Quantität, und es muss rechtzeitig passieren, damit unsere Kinder auch rechtzeitig eine entsprechende Ausbildung bekommen. Ob das das Dienstrecht ist, ob das die Verwaltungsreform ist, ob das die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer sel­ber ist, die zu hinterfragen ist, ob das die Internationalisierung ist, ob das die Infrastruk­tur ist, ob das die Schulen sind – hier ist viel zu tun. Man hat den Eindruck, dass diese Regierung wirklich schläft, Dinge verschläft und letztlich auch versagt, denn solange in Österreich Schüler in Containerklassen unterrichtet werden, solange es in Schulen her­einregnet und solange eine Kleinschule nach der anderen geschlossen wird, kann man sicher nicht sagen, dass das eine Bildung ist, die das Wort „Zukunft“ verdient. (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf aber die Kollegen von der ÖVP noch etwas näher mit der UG-Novelle befas­sen, denn auch hier versagt die Bildungspolitik gravierend, weil wir als Parlamentarier bis heute keinen Entwurf haben. Es gibt kein Expertenhearing, es sind die Betroffenen nicht eingebunden, nicht die Studenten, nicht die Professoren, auch nicht das Parla­ment, denn wie wir ja in einer Diskussionsveranstaltung gehört haben, werden das ÖVP und SPÖ mit ihrer knappen Mehrheit von 55 Prozent schon richten. Also – hört, hört! – die Parteien, die ÖVP und die SPÖ werden das richten, nicht die demokrati­schen Volksvertreter.

Es ist eigentlich eine Schande, dass wir heute über Dinge diskutieren, die wir noch gar nicht zu Gesicht bekommen haben, abgesehen davon, dass es keine Begutachtung gibt, obwohl es um wichtige Dinge wie die Zusammensetzung der Gremien auf den Universitäten oder auch die Rektorenauswahl geht. Letztlich bleibt ein Ausschuss über, wo wir in 30, 40 Minuten eine UG-Novelle beschließen werden – also ÖVP und SPÖ; von uns gibt es eine Ablehnung –, die wichtige Dinge enthält, die man nicht ausdisku­tiert hat.

Wenn ich heute in einer Tageszeitung lese, dass die Frau Bildungsminister bereit ist, zu „tauschen“ – sie tauscht die Zentralmatura mit einer Fußnote gegen die UG-Novel­le –, dann frage ich mich: Was ist das für eine Bildungspolitik, die nicht auf der Mei­nung von Experten, nicht auf der Meinung der Eltern, nicht auf der Meinung der Lehrer und Professoren aufbaut, sondern auf einem politischen Basar, meine sehr geehrten Damen und Herren?! (Beifall beim BZÖ.)

Die Regierungsspitze, ob Vizekanzler Pröll oder Faymann, ist ja wiederum nicht hier, weil Bildungspolitik zwar im Regierungsprogramm ein Thema ist, in der Realpolitik aber nicht. (Abg. Großruck: Pröll ist hier!) Er sitzt auf der hinteren Bank, dort gehört er aber nicht hin, er sollte bei der Bildungspolitik, Herr Kollege von der ÖVP, in der vordersten Reihe sitzen. Das würde ich mir erwarten; er tut es aber nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie einen weiteren Bereich in der Wissenschaft ansprechen, die Forschung, dann erinnere ich an das CERN-Theater, wo man einen Minister in seinem Handlungs­feld eingebremst hat, wo die SPÖ gemeinsam mit dem schwarzen Landeshauptmann auf die Bremse gestiegen ist, weil er versucht hat, uns aus der internationalen Spitzen­forschung herauszunehmen. Und da frage ich mich, ob das die richtigen Wege sind.

Was übrigbleibt, sind schöne Worte hier vom Rednerpult, hier von der Regierungsbank aus, in der Regierungserklärung, in den Pressekonferenzen, in Zeitungsberichten, aber keine konkreten Taten für unser Land. Ich denke, dass Österreich, dass die Menschen, aber auch unsere Kinder etwas Besseres verdient haben (Beifall beim BZÖ): eine Bil­dungspolitik, die uns nach vorne bringt in Europa, die Zukunft hat, die uns Chancen


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gibt – und keine rot-schwarze bildungspolitische Baustelle. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

10.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Walser mit 5 Minuten. – Bitte.


10.14.48

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! In wenigen Wochen werden wieder 8 000 österreichische Schülerinnen und Schüler nach neun Jahren Schulpflicht ihre Bildungskarriere beenden, 8 000 SchülerIn­nen, die nicht sinnerfassend lesen können. Jahr für Jahr gibt es in diesem Land eigent­lich bildungspolitische Skandale, denn wenn wir das nicht als Skandal empfinden, was uns Lehrherren Jahr für Jahr sagen, die meinen, sie würden Lehrlinge aufnehmen, aber sie können es nicht, weil die AbsolventInnen unserer Pflichtschulen teilweise nicht sinnerfassend lesen können, was dann?

Ein Drittel aller SchülerInnen, ein Drittel aller 15-Jährigen in unserem Land gehört zur Risikogruppe. Das ist eigentlich eine Bankrotterklärung für unser Schulsystem, und wir haben hier dringenden Handlungsbedarf. Sie, meine Damen und Herren von den Re­gierungsparteien, haben eigentlich eine Reform beschlossen, zu der Sie sich jetzt, Kol­lege Amon, offensichtlich schon wieder nicht mehr bekennen. Sie haben heute gesagt, das Ziel sei nicht vorgegeben. Sie haben Ihre Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ kritisiert, was den Schulversuch der Neuen Mittelschule anlangt. Da steht ganz klar drinnen – das haben Sie beschlossen im Parlament –, dass das Ziel die Hinausschie­bung der Bildungslaufbahn-Entscheidung ist. Also ganz klar: Das Ziel der Neuen Mittel­schule ist es, die Kinder nicht mehr schon mit neuneinhalb Jahren zu trennen, sondern mit 14 Jahren. Davon wollen Sie jetzt nichts mehr wissen, und das ist ganz, ganz ty­pisch für die Arbeit in dieser Regierung.

Frau Ministerin, ich akzeptiere, Sie haben überall die Probleme erkannt – aber gelöst werden sie nicht, denn das, was wir hier an Schulversuchen haben, das ist, wie Ihr Kol­lege Amon richtig ausgeführt hat, alles andere als ein Versuch in Richtung gemein­same Schule der 10- bis 14-Jährigen. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich auf einen anderen bildungspolitischen Skandal auch noch eingehen. Jedes Jahr ist es so, dass in etwa 50 000 österreichische Schülerinnen und Schüler das Bildungsziel nicht erreichen. Etwa 40 000 davon müssen dann auch tatsächlich ein Jahr wiederholen. Das ist eine menschliche Katastrophe, das ist für diese Schüle­rInnen ein Misserfolgserlebnis der Sonderklasse, das ist für ihre Familien eine schwie­rige Angelegenheit; es ist für das ganze Umfeld problematisch. Es ist so nebenbei gesagt auch volkswirtschaftlich ein Irrsinn, was hier abläuft in unserem Land, denn das Jahr zu wiederholen kostet den Staat, allein wenn wir die Hauptschulen hernehmen, 6 900 €, 6 900 € für ein pädagogisch sinnloses Unterfangen, bei den Berufsschulen kostet es 11 500 €. Das machen wir Jahr für Jahr.

Wir haben in unserem Land eine Repetenten-Quote von etwa 4,5 Prozent. Länder mit modernen bildungspolitischen Systemen – Finnland, die skandinavischen Länder – ha­ben eine solche von deutlich unter 1 Prozent; Finnland etwa hat 0,4 Prozent. Ich sage nicht, dass es nie sinnvoll sein kann, eine Klasse zu wiederholen, in ganz, ganz selte­nen Fällen mag das Sinn machen, aber so, wie wir es haben, in dieses System einge­baut, so ist es sinnlos. (Beifall bei den Grünen.)

Es kann niemand erklären, warum ein Schüler, eine Schülerin, der/die, sagen wir, in Mathematik ein Nichtgenügend hat, aber hervorragende Leistungen in Französisch, in Englisch, in Latein oder anderen Fächern, ein Jahr wiederholen soll, warum der/die


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auch diese Fächer wiederholen soll, die er/sie hervorragend absolviert hat. Das macht keinen Sinn. Das hemmt die Entwicklung dieser Schülerinnen und Schüler.

Wir müssen zu einem System kommen, das SchülerInnen zur Neugier erzieht, wir müssen zu einem System kommen, wo wir SchülerInnen nicht fragen: Was weißt du? Was weißt du noch nicht? Das ist nicht die zentrale Frage, Neugier ist das, was wir in unserem Bildungssystem umsetzen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, dass die Prophezeiung Ihres Parteikollegen, des ehemaligen Stadtschulrats­präsidenten Kurt Scholz, nicht eintrifft, der ganz düstere Bilder malt für die schulpoli­tische Entwicklung, der dieses Jahr als „annus horribilis“ bezeichnet hat, als schreckli­ches Jahr der Bildungspolitik. Hier, glaube ich, brauchen wir Mut, und zwar nicht den Mut, den Ihnen der Herr Scholz attestiert – er hat von „suizidalem Mut“ gesprochen; so weit wollen wir nicht gehen –, wir brauchen den Mut, wir brauchen das Auge nach vor­wärts gerichtet. Wir müssen diese Reformen endlich angehen. Es ist dringend an der Zeit. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.20.01Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1267/AB


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 1267/AB der Anfrage 1198/J der Abgeordneten Dr. Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen betreffend klimarelevante Maßnahmen bei der Wohn­bausanierung durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

10.20.31Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2331/J bis 2417/J;

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 22/JPR und 23/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 1575/AB bis 1691/AB;

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 1274/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird (219 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (31. KFG-Novelle) (220 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (13. FSG-Novelle) und die Straßen­verkehrsordnung 1960 geändert werden (221 d.B.),

Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009) (222 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Betrieb von Dampfkesseln und Wärmekraftmaschinen (Dampfkesselbetriebsgesetz – DKBG) geändert wird (223 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Durchführung der REACH-Verordnung erlassen und das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird (224 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft betreffend Umweltförderungen des Bundes 2008 sowie der Bericht zum österrei­chischen Joint-Implementation- und Clean-Development-Mechanism-Programm 2008 und die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförde­rungsgesetzes erwachsenden Belastungen (III-69 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Nationaler Bildungsbericht Österreich 2009, vorgelegt von der Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur (III-76 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Verkehrs-Arbeitsinspektorates für das Jahr 2008, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-71 d.B.);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Tätigkeitsbericht 2008 der Energie-Control GmbH, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-72 d.B.),

Zweiter Bericht des Biopatent Monitoring Komitees, vorgelegt von der Bundesministe­rin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-74 d.B.),

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde für das Jahr 2008, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-75 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Amtssitzabkommen zwischen der Republik Ös­terreich und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte,

Aufnahme der Verhandlungen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Ab­schluss eines Protokolls zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 8 und 9 sowie 15 bis 18 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.


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Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

*****

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.21.07


10.21.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Am Samstag, dem 13. dieses Monats, hat es in der Josefstadt von der Sozialistischen Jugend ausgehend einen Spaziergang – wie es genannt wurde –, einen Antifaschis­tischen Spaziergang durch den 8. Bezirk gegeben (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine Geschäftsordnungswortmeldung! Er muss einen Antrag stellen!), der zu Beginn gestört wurde von Menschen, die vermummt, schwarz vermummt waren, mit Smiley-Masken adjustiert waren. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine Geschäftsordnungs­debatte! – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung!)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordne­ter, die Einwendungen, die hier als Zwischenrufe kommen, sind berechtigt. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung! – Abg. Ing. Westentha­ler: Er muss einen Antrag stellen!) Sie haben sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet, also kommen Sie bitte zur Sache in Sachen Geschäftsordnung oder unter­lassen Sie diese Wortmeldung!


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Frau Präsidentin, ich komme zur Sache. Unter den versammelten schwarz adjustierten Menschen, die NS-Parolen gerufen ha­ben (Abg. Strache: Was soll denn das, Frau Präsidentin?) wie „national und sozial“, befand sich auch der parlamentarische Mitarbeiter des Präsidenten Graf, Herr „N.N.“. (Abg. Strache: Das ist ein Witz! Was ist das für eine parteiorientierte Vorsitz­führung, Frau Präsidentin? – Rufe beim BZÖ: Wo ist der Antrag?)

Heute lesen wir in der Zeitung: Graf verteidigt Mitarbeiter. – Frau Präsidentin, ich forde­re Sie deshalb auf (Abg. Strache: Das ist unglaublich!), in der Präsidiale diese Äuße­rung des Herrn Graf beziehungsweise das Verhalten des Herrn „N.N.“, der in einer Nazi-Versammlung aufgetreten ist, entsprechend zu erörtern. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein klassischer Missbrauch!) Ich ersuche Sie, die Präsidenten – ausgenommen Präsidenten Graf, der ja schon eine Stellungnahme abgegeben hat –, um eine Stel­lungnahme und um eine Erörterung in der Präsidiale des Parlaments. (Abg. Strache: Das ist unfassbar!)

Frau Präsidentin! Ich sage das deshalb, weil ...


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordne­ter, ich habe Ihr Verlangen gehört. (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Frau Präsidentin! Es geht darum: Das Par­lament spielt in der Auseinandersetzung um nationalsozialistische Wiederbetätigung eine große, eine wichtige ...

10.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich beende jetzt Ihre Aus­führungen zur Geschäftsbehandlung. Sie haben Ihr Anliegen vorgebracht.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Öllinger.)


Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.


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10.23.45

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsiden­tin! Im Unterschied zu meinem Vorredner beantrage ich zunächst gleich einmal, dass eine Sonderpräsidiale einberufen wird, um diesen Geschäftsordnungsmissbrauch durch die Grünen ein für alle Mal abzustellen (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ) sowie der Frau Präsidentin und den beiden anderen Präsidiumsmitgliedern, nämlich dem Zweiten und dem Dritten Präsidenten, eine Handhabe zu geben, dass frühzeitig das Mikrophon abgedreht werden kann, wenn derartiger Missbrauch mit der Geschäftsord­nung betrieben wird. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Stadler, Ihr Antrag ist kein Antrag, dass wissen Sie auch, denn es kann keinen Antrag auf Abhaltung einer Son­derpräsidiale geben. Aber Sie können versichert sein, dass das Thema, das heute hier stattgefunden hat ... (Abg. Mag. Stadler: Wollen Sie eine Sitzungsunterbrechung ha­ben?) Das ist meine Entscheidung! Aber Sie können versichert sein, dieses Thema wird in der Präsidiale behandelt werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich glaube, es ist doch besser, wenn wir die Präsidenten abwählen können!)

*****

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wie­ner Stunden“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP: 108 Minuten, FPÖ: 96 Minuten sowie BZÖ und Grüne je 84 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.25.311. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (149 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (12. Ärztegesetz-No­velle) (181 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 492/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerb von Zusatzfacharztqualifikationen für bisher nicht berücksichtigte Berei­che der Kindermedizin (182 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 519/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindermedizin: Er­werb von bisher unberücksichtigten Zusatzqualifikationen (183 d.B.)



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 3 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein mit einer ge­wünschten Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.


10.26.27

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ein Wort noch zu dem, was hier eben passiert ist, Frau Präsidentin: Es ist schon zu hinterfragen, ob Sie mit der Vorsitzführung nicht überlastet sind, wenn Sie hier von grüner und roter Seite parteipolitische Agitation zulassen. (Beifall bei der FPÖ.) Man sollte schon einmal fragen, ob Sie, Frau Präsidentin, mit der Vorsitzführung nicht ein bisschen überfordert sind! Diese Frage müssen Sie sich gefallen lassen. Es kann nicht sein, dass das Hohe Haus missbraucht wird für rein parteipolitische Agita­tion und Polemik, die sich gegen einzelne Personen, gegen einzelne Mitarbeiter und gegen die Freiheitliche Partei richtet. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Wal­ser: Ihre Mitarbeiter sind die, die das Haus schädigen!)

Das, was Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und von den Roten, hier ma­chen, ist Menschenhatz der ganz miesesten Art und Weise! Sie missbrauchen dieses Hohe Haus! (Beifall bei der FPÖ.) Sie missbrauchen das Hohe Haus für Ihre links-linken ideologischen Vorstellungen, und Ihnen wäre es am liebsten, hier Menschen ein­fach vorzuführen. – Das ist Menschenhatz, was Sie betreiben! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Auf der Tagesordnung stehen jetzt allerdings die Berichte des Gesundheitsausschus­ses, und zwar zunächst einmal die Ärztegesetz-Novelle. Wir werden dieser Ärztege­setz-Novelle zustimmen, denn sie bringt mehr Transparenz, sie macht das System etwas flexibler, und auch die Anerkennung wird gewährleistet. Mitverhandelt mit dieser Materie werden auch noch zwei weitere Anträge, zwei oppositionelle Anträge, die sich mit der Kindermedizin beschäftigen, bei denen es in Wahrheit darum gegangen ist, dass man hier Zusatzqualifikationen schaffen sollte.

Meine Damen und Herren! Gerade Eltern von kranken und chronisch kranken Kindern oder Eltern von Kindern mit seltenen Krankheiten haben oft enorme Belastungen auf sich zu nehmen. Es ist für sie oft sehr schwierig, einen geeigneten Arzt zu finden, das ist sehr oft ein Hürdenlauf. Genau aus diesem Grund war es uns auch ein Anliegen, dass wir für diese Menschen, für diese Eltern etwas machen. Wir wollen eben diesen Eltern helfen, dass sie es ein bisschen einfacher haben. Leider Gottes hat das die Mehrheit hier in diesem Hohen Haus abgelehnt, was mir völlig unverständlich war – und das auch noch mit einer Begründung, die überhaupt nicht nachvollziehbar war. So hat Frau Abgeordnete Oberhauser gesagt, es handle sich hiebei um reinen Populis­mus. – Frau Abgeordnete, Populismus ist das nicht!

Es gibt eine gendergerechte Medizin, zu der wir uns bekennen, aber nichts Spezielles für Kinder. Die Einzigen, die hier in diesem Hohen Haus in keiner Weise eine Lobby haben, die niemanden haben, das sind die Kinder. Für diese Menschen machen wir überhaupt nichts. Ich meine, das sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft, und genau für diese sollten wir uns endlich einmal ein bisschen einsetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Ausbildungsverordnung – auch das nehme ich zur Kenntnis –, die in Kraft getreten ist, macht neue Zusatzqualifikationen sozusagen noch nicht notwendig, weil sie noch nicht evaluiert ist. Das ist für mich wenig Begründung. Jetzt brauchen die Eltern, jetzt brauchen diese Menschen Unterstützung, und es ist nicht so, dass das jetzt eine Phan-


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tasie ist, die in den Köpfen der Oppositionspartei gewachsen ist, sondern es sind vor allem Elternorganisationen, die genau diese Forderungen schon seit Jahren erheben.

Meine Damen und Herren, genau das ist es: Wenn man ein Kind mit einer seltenen Er­krankung hat, dann beginnt der Spießrutenlauf, dann bräuchte man eine Erleichterung, und das kann nur möglich werden, wenn wir Zusatzqualifikationen im Bereich der Kin­dermedizin festlegen.

Interessant finde ich, dass gerade die SPÖ das so vehement ablehnt, da sich ja gerade Sie von der SPÖ hier immer so darstellen, als wären Sie die Vertreter der sozial Schwachen. Genau diese Menschen sind davon betroffen: Menschen, die sich nicht so gut wehren können, Menschen, die wenig bis keinen Zugang zu Bildung haben und die auch nicht immer wissen, wohin sie sich wenden sollen.

Wenn immer gesagt wird, die „Experten beraten“, dann muss ich schon fragen, wozu wir eigentlich dann noch eine Regierung haben. Permanent hören wir über die „Exper­ten-Meinungen“. – Da kann ich nur sagen: Setzen wir diese Regierung ab und machen eine Experten-Regierung, wenn Sie ohnehin alles übernehmen, was Ihnen Experten sagen! Zumindest ein bisschen an Eigenverantwortung wäre einer Regierung schon zuzumuten (Beifall bei der FPÖ), und es wäre wirklich gut, wenn diese Regierung manchmal auch ein bisschen mehr Mut aufbringen würde.

Gerade jetzt, wo man über eine neue Gesundheitsreform verhandelt, wäre es ein ganz wichtiger und wesentlicher Punkt gewesen, darin endlich auch die Kinder einzubezie­hen und darauf zu achten, was die speziellen Bedürfnisse für Kinder, für Familien, für Eltern sind. (Beifall bei der FPÖ.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch, ich emp­fehle Ihnen, § 59 der Geschäftsordnung zu lesen, vor allen Dingen auch die Erläute­rungen dazu. Es gibt die Möglichkeit eines Antrages zur Geschäftsbehandlung und einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. Diese Unterscheidung ist vorzunehmen. Gerade bei der Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung sieht die Geschäftsordnung kaum Einschränkungen vor. Wenn wir hier etwas anderes wollen, dann haben wir darüber im Geschäftsordnungskomitee beziehungsweise im Geschäftsordnungsaus­schuss zu befinden. Das möchte ich an dieser Stelle klar gesagt haben.

Ich hätte die Möglichkeit, über die Eingangsphase Ihrer Ausführungen einen Ordnungs­ruf zu erteilen, unterlasse das jedoch. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser mit 5 Minuten Rede­zeit. – Bitte.


10.32.04

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab würde ich mir wünschen, dass wir uns mit der Frage des Umganges betreffend Mitarbeiter des Herrn Präsidenten Graf bezie­hungsweise mit der Person des Herrn Präsidenten Graf in anderer Weise auseinander­setzen könnten (Abg. Vilimsky: Zum Thema!) und nicht darauf angewiesen wären, in diesem Falle zur Geschäftsordnung dazu zu diskutieren. Es würde mich sehr freuen, dazu auch etwas von unserem Koalitionspartner, und zwar in sachlich neutraler und klarer Position, zu hören. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Vilimsky: Hört, hört!)

Frau Kollegin Belakowitsch, wir sind hier im Parlament, und ich glaube, es ist Ihnen nicht entgangen, dass hier Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Parteien sitzen. Das heißt, wo, wenn nicht hier, werden parteipolitische Argumente gebracht (Abg. Strache: Aber nicht im Rahmen der Geschäftsordnung!) – und das hoffentlich in ruhi-


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ger und sachlicher Art und Weise und nicht in der Aufgeregtheit, wie das zuvor von Ihnen dargebracht wurde.

Jetzt zur Ärztegesetz-Novelle. Mit dieser werden, wie bereits gesagt wurde, einige Dinge transparenter; es werden Anerkennungsrichtlinien geschaffen und auch Verbes­serungen hinsichtlich der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten erzielt. In diesem Zu­sammenhang gleich zur sogenannten 1 : 1-Ausbildung, das heißt, wenn eine Ausbil­dungsstelle dazukommt, muss auch gezwungenermaßen ein Facharzt dazukommen.

Wir alle, glaube ich, sind ja in den letzten Jahren von Kolleginnen und Kollegen damit befasst worden, dass es vor allem in Mangelfächern sehr schwierig ist, Fachärzte zu finden und die Ausbildung zu garantieren. Dem wird hiemit Rechnung getragen, indem per Verordnung des Ministers mehr oder weniger ein Mangelfach definiert werden kann – und im Falle eines Mangelfaches dann trotzdem ausgebildet werden kann.

Mit dieser Gesetzesnovelle wird aber auch für unsere Studentinnen und Studenten einiges getan; so wird zum Beispiel die Famulatur neu geregelt. Die Ausbildungssitua­tion hat sich verändert, die Ausbildungsqualität hat sich verändert – und so ändern sich auch die Anforderungen, die an Famulantinnen und Famulanten im Spital gestellt wer­den. Dem wird mit dieser Ärztegesetz-Novelle Rechnung getragen, indem von der blo­ßen Hilfestellung bei ärztlichen Leistungen zur Durchführung einzelner ärztlicher Leis­tungen übergegangen wird. Damit wird man, wie ich meine, dem Ist-Zustand gerecht, und unsere zukünftigen Kolleginnen und Kollegen Ärzte können in Rechtssicherheit arbeiten.

Nun zu den zwei Entschließungsanträgen, zu denen Frau Kollegin Belakowitsch ge­sprochen und gemeint hat, für mich sei das Populismus. Liebe Frau Kollegin Belako­witsch, Sie zitieren in Ihrem Entschließungsantrag ganz groß die UN-Konvention für Kinderrechte, schreiben aber in der Begründung dazu, die freiheitliche Gesundheits­politik bekenne sich zur besten gesundheitlichen Versorgung aller Staatsbürger. – Sehen Sie, Frau Kollegin Belakowitsch, das unterscheidet uns, denn wir bekennen uns zur besten gesundheitlichen Versorgung aller in unserem Lande lebenden Menschen.

Zuerst im Entschließungsantrag die UN-Konvention für Kinderrechte zu zitieren, weiter unten dann aber ganz klar zu sagen, Migrantinnen und Migranten, die noch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben, wollen wir medizinisch nicht versorgen ... (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo steht das?) „Aller Staatsbürger“ heißt es in Ihrem Antrag, daher meine Frage: Und was ist mit den anderen?!

Die FPÖ-Forderung nach einer eigenen Krankenversicherung für Nicht-Inländer ist ja hinlänglich bekannt und wird von uns auch weiterhin in allerschärfster Form abgelehnt. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Mag. Stefan: Ist ja genug Geld da! Es geht sich alles aus! Ja, da haben Sie eh recht!)

Zur Frage der Anerkennung der von Ihnen genannten Fächer: Im Jahre 2006 haben wir einen großen Fächer-Kanon von pädiatrischen Zusatzfächern genehmigt, und wir schauen uns einmal an, wie das wird, wie das kommt. Sie von der FPÖ sind ja immer diejenigen, die fordern, dass man zuerst einmal einen Arzt und dann erst den nächsten Arzt besuchen kann, und Sie verweisen stets auf e-card-Missbrauch und so weiter.

Wenn Eltern beispielsweise einen Kinderarzt aufsuchen, dann sage ich, dass mit gera­dezu hundertprozentiger Garantie dieser Kinderarzt – auch ohne Spezifizierung auf Kinderurologie oder Kinderradiologie – ganz genau weiß, welcher Kollege/welche Kol­legin Erfahrungen auf welchem Gebiet hat, und richtig zuweist.

Zuletzt: Es gefällt mir, dass Sie, Frau Kollegin Belakowitsch, hier sagen, seitens der FPÖ gebe es ein klares Bekenntnis zu Gender medicine, denn ich erinnere mich auch an andere Aussagen seitens der FPÖ hier: „Genderwahn“, „Genderwahnsinn“ und so


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weiter. Es freut mich daher sehr, dass die FPÖ das Wort Gender nun positiv in ihren Wortschatz aufgenommen hat und das nunmehr doch begrüßt. (Beifall bei der SPÖ.)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. 4 Minuten. – Bitte.


10.36.54

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Diese Novelle zum Ärztegesetz dient der Anerkennung von Berufsqualifikatio­nen. Dabei spielen auch die Zusatzqualifikationen für die Kindermedizin eine große Rolle. Frau Dr. Belakowitsch hat gesagt, sie möchte den Eltern helfen. – Wir wollen primär den Kindern helfen, die ja die Leidtragenden sind, und wir müssen die beste Gesundheitsversorgung auch für unsere Kinder sicherstellen. (Beifall beim BZÖ.)

International gesehen liegt Österreich bei der Gesundheitsversorgung der Kinder von 21 untersuchten Staaten nur an 18. Stelle. Wir sind daher gefordert, bessere Voraus­setzungen für die Gesundheitsvorsorge zu schaffen. Dazu werden bestens ausgebilde­te Ärzte auf den Gebieten der Kindermedizin, und zwar in Urologie, Radiologie, Ortho­pädie sowie der – auch ganz wichtig – Kinderpsychologie, benötigt.

Was die Kinderpsychologie anlangt, wäre es ja bereits möglich, bei Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Mutter-Kind-Pass festzustellen, in welchem Umfeld die Kin­der leben, und zu schauen: Gibt es Gewalt in der Familie, gibt es Alkoholismus eines Elternteils oder eine andere Sucht? Wie ist das soziale Umfeld?

Bei einer solchen Untersuchung könnten bereits „Risiko-Kinder“ – unter Anführungszei­chen – herausgefiltert werden, und diese sollten dann schon ab dem Kindergarten, spätestens aber ab der Volksschule größere Aufmerksamkeit erfahren und besser be­treut werden.

Durch die ständige Zunahme von Kinderkriminalität, Alkoholmissbrauch oder Gewalt in der Schule wird die psychologische Betreuung von Kindern in der Schule unbedingt notwendig; diese Betreuung müsste aber auch zu Hause weitergeführt werden.

Meine Damen und Herren, denken Sie einmal darüber nach: Feuerwehrmänner, Ret­tungsmänner sowie auch andere Personen, die schwere traumatische Erlebnisse er­fahren mussten, bekommen sofort eine psychologische Betreuung zur Verfügung ge­stellt, Kinder aber müssen mit ihren Problemen allein fertig werden! Daher: Helfen wir unseren Kindern, ihre Probleme durch psychische Betreuung mittels bestausgebildeter Kinderpsychologen zu bewältigen! (Beifall beim BZÖ.)

10.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasin­ger. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.


10.39.10

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Wir reden jetzt über die Ärztegesetz-Novelle, an und für sich keine weltbewegende Novelle, aber wieder ein kleiner Puzzlestein, etwas besser zu machen. Herausgegriffen habe ich mir da vor allem das Thema Mangelfächerver­sorgung. Es ist natürlich schon notwendig, dass, wenn es in verschiedenen Regionen einen Mangel an Psychiatern, Orthopäden oder auch Augenärzten gibt, der Minister sagt, wir müssen mehr ausbilden, damit wir überhaupt eine Versorgung sicherstellen können. Die planerische Sicherheit ist da schon sehr wichtig, denn wenn nicht ausge­bildet wird, kann man später noch so viele Pläne machen, aber dann gibt es eben keine entsprechende Versorgung.


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Ich will aber die Zeit dazu nützen, um das Gesundheitsthema generell zu beleuchten. Ich habe vor mehreren Tagen die neueste Zahl der e-card-Benützungen erfahren. 102 Millionen Arztbesuche von Österreichern fanden statt, die ihre e-card verwendet haben, das heißt, im Schnitt hat jeder Österreicher achtmal im Jahr Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Wenn Sie jetzt noch die 16 Millionen Ambulanzkontakte und die 2,5 Millionen Spitalsaufenthalte dazuzählen, so kommen Sie auf eine enorme Zahl an Behandlungen, die in Österreich durchgeführt werden.

Jetzt könnte man natürlich die Frage stellen: Ist das notwendig? – Ich höre immer wie­der von Gesunden: Na ja, die Ärzte bestellen ihre Patienten so gerne zu sich. – Als ob die Patienten sich gerne warm sitzen würden!

Ich sage Ihnen eines: Ich habe in meiner Karriere, das sind doch schon 25 Jahre – ich schaue nur jünger aus, als ich tatsächlich bin –, ich habe in den 25 Jahren, in denen ich Hausarzt bin, noch nie einen Patienten erlebt, der sich freut, wenn er eine Spritze bekommt oder wenn er eine Stunde auf die Behandlung beim Arzt warten muss.

Diese Versorgung in Österreich hat uns ja nach vorne gebracht. Wo liegen wir im Ran­king, kritisch gesehen? – Wir pendeln so zwischen eins und drei in der Weltrangliste; da kann man über alles streiten. Bei den Kosten ist der öffentliche Anteil seit zehn Jah­ren gleichbleibend. Ich bleibe also dabei, wir haben in Österreich keine Kostenexplo­sion, wir haben eine Leistungsexplosion.

Sehr wichtig erscheint mir im Gesundheitswesen – das kann man gar nicht oft genug wiederholen – Folgendes: Das Gesundheitswesen ist die Solidaritätsleistung schlecht­hin: Gesunde zahlen für Kranke, Junge für Ältere, Reiche für Ärmere. Wenn das nicht der Fall wäre, zerfiele das ganze System. Ich glaube, wir können auf das österreichi­sche System, egal, wie wir dazu stehen, stolz sein!

Ich habe immer wieder – oft im Parlament – Kollegen erlebt, die gefragt haben, ob das notwendig sei, man sollte doch höhere Selbstbehalte einführen, und so weiter. Der entscheidende Punkt ist: Wenn man gesund ist, ist einem das alles egal; wenn man krank ist, hat man es enorm eilig, da geht es oft um Sekunden. Ich habe noch nie einen Patienten erlebt, sei es Manager, sei es Parlamentarier, egal wer, der gesagt hat: Ich will keine Versorgung, ich will weiter krank bleiben. Macht mit mir, was ihr wollt!

Ich glaube, der wesentliche Punkt einer Gesundheitsversorgung – vom Gesundheitsmi­nister abwärts – ist, dass wir planerisch dafür Vorsorge treffen, dass im Falle X, den ein Gesunder gar nicht bestimmen kann, alle Ressourcen vorhanden sind, die Alzheimer­versorgung stimmt, die Herzinfarktversorgung stimmt und so weiter. In diesem Sinn ist alles, was da gesagt wird, sehr wichtig, ist auch das, was die Kollegin von der FPÖ (in Richtung der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein) gesagt hat, wichtig.

Natürlich müssen wir alles tun, damit wir für die Kinder die besten Startvoraussetzun­gen haben. Die können sich nämlich überhaupt nicht wehren. Ihnen kann man keinen schlechten Lebensstil vorwerfen. Wir müssen fragen: Was braucht ein Kind? Was können wir tun, damit wir die Behinderung eines Kindes so mildern, dass es später nicht zu schwer behindert durchs Leben gehen muss? Alles können wir nicht schlich­ten, alles können wir nicht heilen, aber wir können sehr vieles tun.

Ich bin eher ein leiser Typ, was Gesundheitspolitik anlangt. Ich bin nicht der Meinung, dass wir Österreich ständig zu einer großen Reformbaustelle erklären müssen. Damit wird der Anschein erweckt, es sei nicht alles in Ordnung. Ich bin eher der Meinung, dass wir an vielen, vielen kleinen Schrauben drehen müssen – egal, wo. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn wir an diesen Schrauben drehen, dann werden wir diesen Spitzenrang, den wir haben, den wir täglich erkämpfen müssen, wei­ter behalten.


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Ich glaube, wir sind besser aufgestellt als die Amerikaner, wo sich Barack Obama in den USA verzweifelt bemüht, etwas weiterzubringen. Wir sind aber auch besser aufge­stellt als die Bundesrepublik Deutschland, wo mittlerweile 30 Prozent eines Absolven­tenjahrganges eines Medizinstudiums davonlaufen – immerhin 3 000 Ärzte pro Jahr –, die nach Norwegen oder England verschwinden. 2 000 Praxen in Ostdeutschland kön­nen nicht mehr nachbesetzt werden.

Wissen Sie, was es bedeutet, wenn gar kein Arzt mehr da ist? – Da brauchen wir gar nicht über Versorgungsmangelfächer zu reden. Ist es nicht eine Schande, dass in Deutschland schon 600 € pro Monat gezahlt werden müssen, damit sich Mediziner überhaupt entschließen, Hausarzt zu werden? – Also in diesem Sinn sind wir eine Insel der Seligen. Helfen Sie alle mit, dass wir weiter für unsere Patienten ein gutes System erhalten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald mit gewünschten 7 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


10.45.11

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Zwei Sätze vorweg: Frau Präsidentin, wir Grüne und ich halten Sie nicht für überfordert. Und die Frage, wer hier das Parlament miss­braucht, ja schädigt, ist gerade jene, die wir ausreichend und nachhaltig diskutieren wollten. Sie wäre zu beantworten. (Beifall bei den Grünen.)

Die Ärztegesetz-Novelle ist gut und notwendig, bringt viele partielle Verbesserungen, erlaubt Mobilität, Internationalität, Vergleichbarkeit von Qualifikationen und bringt auch Rechtssicherheit. Das ist Grund genug, zu ihr ja zu sagen. Ein kleiner Wermutstropfen ist: Man reagiert hier unter anderem auf EU-Richtlinien und -Verordnungen aus den Jahren 2003 bis 2005. Ein Weltrekord an Geschwindigkeit ist das also nicht, aber vielleicht Grund genug, darüber nachzudenken, dass auch Ressorts in der heutigen Zeit derart finanziell und personell ausgestattet werden sollten, damit sie leichter und müheloser als bisher den Anforderungen der Zeit nachkommen können.

Ich halte wenig davon, hier Sparpakete präsentieren zu müssen. Von jedem Ressort wird das verlangt. Aber wenn es uns in Österreich nicht weiterhilft und die Gesetzes­lage nicht verbessert, so ist das ein Bumerang, den wir möglichst vermeiden sollten.

Was bemerkenswert ist, ist, dass auch für langfristig aufenthaltsberechtigte Menschen aus Drittstaaten und deren Angehörige bezüglich beruflicher Anerkennung und Qua­lifikation einiges getan wird. Weiters gibt es nun Mindestnormen für Flüchtlinge und Asylanten, dass sie im ärztlichen Bereich tätig werden können. Diesbezüglich wurden Regelungen getroffen, die äußerst wünschenswert waren.

Interessant ist auch Folgendes: In den letzten Jahren wurde die Ausbildung der Ärztin­nen und Ärzte an den Universitäten doch wesentlich modernisiert und verbessert, sie ist praxisnäher geworden. Daher war es notwendig, praktische Tätigkeiten und das Einüben in ärztliche Tätigkeiten auch haftungsrechtlich abzusichern. Das ist in dieser Gesetzesnovelle auch weitgehendst geschehen. Auch das Instrument der Lehrpraxen und deren Stellung im Rahmen der Ausbildung zur AllgemeinmedizinerIn oder Fach­ärztIn ist attraktiver und besser geworden.

Sehr positiv finde ich, dass man das registriert, was seit Langem bekannt ist, dass es nämlich Mangelfächer gibt. In einzelnen Sonderfächern der Medizin kann nicht die nöti­ge Anzahl an ärztlichem Nachwuchs produziert und ausgebildet werden.

Sensationell – aber im negativen Sinn erschreckend – ist der Mangel an ausgebildeten FachärztInnen für Psychiatrie, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsy-


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chiatrie. Ich halte es schlichtweg für einen Skandal, dass in ganz Westösterreich kein/e einzige/r Kinder- und Jugendpsychiater/in mit Kassen tätig ist, sodass hier Warte- und Stehzeiten bis zur Diagnose entstehen, es insbesondere bis zur stationären Therapie ein Jahr und länger dauern kann. Ich glaube, da herrscht Reformbedarf, dieser ist mit Nachdruck anzumelden. Ich erwarte mir auch, dass hier etwas geschieht. (Beifall bei den Grünen.)

Entscheidend bei der Ärzteausbildung ist aber nicht das Gesetz. Papier, auch wenn Gesetze auf ihm geschrieben werden, ist bekanntlich geduldig. Diese Geduld hätte ich nicht. Es geht darum, in der Praxis zu schauen, was wirklich passiert, denn es kann ja nicht so sein, dass wir hier etwas beschließen – und dann aus den Augen, aus dem Sinn, ohne später zu schauen, wie es in der Praxis läuft.

Legionen von TurnusärztInnen laufen seit Jahren Sturm und klagen über ihre schlechte Ausbildung. Das hat verschiedenste Gründe. Teilweise ist der Personalschlüssel in sta­tionären Krankenanstalten, wo die Ausbildung stattfindet, dergestalt, dass die in Ge­sundheitsberufen Tätigen schon sehr an ihrer Belastbarkeitsgrenze, um nicht zu sa­gen, an der Burn-out-Grenze angelangt sind. Turnusärzte, wenn sie Fragen stellen, fal­len sofort lästig und stören den Betrieb. Das klingt komisch, aber es ist so. Auszubil­dende als Ballast, als lästig zu empfinden, das kann keine zielführende Politik einer verbesserten Ärzteausbildung sein!

Arbeitszeiten, die in über der Hälfte der Krankenanstalten überschritten werden, geben keinen Raum, während der normalen, regulären Wochenarbeitszeit auch der Ausbil­dung Zeit zuzuwenden. Ich glaube, hier sollte das Ministerium schon schauen, dass Monopole von Ländern, von Landeshauptleuten, von Krankenanstalten, der Ärztekam­mer und diversen Organisationen auf Ausbildungsstätten, Anrechnung von Ausbil­dungszeiten immer wieder einverlangt werden. Diese Einäugigkeit, dieses Wegschau­en wie bisher darf nicht mehr erlaubt sein.

Zu guter Letzt kommen noch – was ich bedauere, dass sie abgelehnt wurden – die Sonderfächer und Additivfächer im Bereich der Pädiatrie. Ich weiß, es hat alles seine Grenzen, man kann auch etwas Überbordendes fordern. In der Inneren Medizin, wo ja Erwachsene behandelt werden, gibt es zig Fächer – ich könnte jetzt gar nicht alle aus­wendig aufzählen, ohne ein oder zwei Fächer zu vergessen –, die der Spezialisierung und dem Fortschritt der Medizin Rechnung tragen. Es ist eine Mär, dass ein Arzt eines Sonderfaches das Fach von A bis Z beherrscht. Das können manche behaupten, aber das ist falsch.

Wenn das in der Kinderheilkunde nicht geschieht, ist es schon ein Zeichen dafür, dass – anscheinend dem Gesetzgeber oder auch anderen nicht – Kinder das nicht wert sind oder nicht über jene Lobbys verfügen, wie sie Erwachsene haben.

Ich weiß, das Ministerium und die Länder haben Sorge, wenn man mehr Fachärzte schafft, müsste man dann in den Krankenanstalten auch Abteilungen für Kinder mit Le­ber- und Darmerkrankungen, für Kinder mit hormonellen Störungen, für Kinderurologie und so weiter einrichten. – Nein! Das muss man nicht in jedem Krankenhaus. Aber in jenen Zentren der Zentralversorgung und Spitzenversorgung müssten solche Abteilun­gen sein, müsste dieser Spezialisierung Rechnung getragen werden, und das geht nur, wenn man diesen Additivfacharzt einführt. Man braucht davon nicht Hundertscha­ren, aber einige in Österreich an bestimmten Zentren schon. Ich hoffe, dass wir das in dieser Legislaturperiode noch erleben werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Stö­ger. – Bitte, Herr Bundesminister.


10.52.38

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wenn wir die 12. Ärztegesetz-Novelle heute dem Parlament vorlegen und sie auch be­schlossen werden soll, ist schon darauf hinzuweisen, dass wir hier viele kleine Schritte setzen, die aber große Auswirkungen auf die Versorgung der Patientinnen und Patien­ten haben.

Wir wollen sicherstellen, dass die Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte durch gegensei­tige Anrechnungen erleichtert und die Mobilität der Ärztinnen und Ärzte erhöht wird. Wir wollen sicherstellen, dass neue Fächer, die natürlich auch Mangelfächer sein müs­sen, und auch die bekannten Mangelfächer, die angesprochen worden sind, besondere Zugänge zur Ausbildung gewähren, dass wir das Prinzip eins zu eins, Facharzt zu Aus­bildendem in dem Punkt erweitern.

Wir haben auch einen Schwerpunkt gesetzt, der es möglich macht, die Ausbildung in der Zahnmedizin mit der Doppelapprobation zu erleichtern. Bei der Entscheidung zur Zulassung zur Ausbildung muss die Doppelapprobation noch nicht vorliegen. Das führt in der Realität dazu, dass den Studentinnen und Studenten die Ausbildung in ihrem Ablauf erleichtert wird. Bürokratische Hemmnisse werden zurückgenommen, damit wir eine gute Versorgung im Gesundheitsbereich haben.

Wir haben darüber hinaus auch die Rolle der Famulanten verbessert. Damit sie ihre Ausbildung und ihre Erfahrung vertiefen können, können sie konkret am Patienten, an der Patientin lernen.

Insgesamt ist es das Ziel der 12. Ärztegesetz-Novelle, die Ausbildungssituation und da­mit die langfristige Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger mit 4 Minuten gewünschter Redezeit zu Wort. – Bitte.


10.55.16

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich möchte dort beginnen, wo der Kollege Rasinger aufgehört hat. Auch ich habe oft den Eindruck, dass alles im Gesundheitswesen ständig krankgejammert und schlecht­geredet wird. Ohne dass ich jetzt irgendwelche direkten Vergleiche mit anderen euro­päischen Ländern herstelle, möchte ich schon anmerken, dass wir hier in Österreich weltweit zu den führenden Staaten im Bereich der ärztlichen Versorgung, der Qualität und der allgemeinen Gesundheitsversorgung überhaupt zählen. Die Ärztegesetz-No­velle ist daher für mich der nächste Schritt in die richtige Richtung, um unser Gesund­heitssystem weiter zu verbessern.

Dennoch möchte ich auf einige Punkte etwas detaillierter eingehen. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 36 aus dem Jahr 2005 bekommen wir endlich ein einheitlicheres, transparenteres und auch flexibleres System der Anerkennung der beruflichen Qualifi­kation. Darüber hinaus ist es auch gelungen, einige Probleme im Bereich des Berufs­rechts zur Gänze zu lösen. Auf Anregung der Österreichischen Ärztekammer soll – wie wir alle wissen – die sogenannte Doppelapprobation, das Erfordernis zum Studienab­schluss der Humanmedizin und der Zahnmedizin für das Sonderfach Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, insofern adaptiert werden, als zukünftig der Abschluss des Zahnmedizinstudiums nicht mehr Voraussetzung für den Beginn einer Facharztausbil­dung, sondern nur noch Voraussetzung für den Antritt der Facharztprüfung sein soll.


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In Summe bringt dieses novellierte Ärztegesetz wichtige berufsrechtliche Anpassungen und dient insbesondere auch – wie schon erwähnt – der Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend Anerkennung der grenzüberschreitenden Berufsqualifikationen.

Das Wesentliche dabei ist, dass die Rechtssicherheit bei den Formulierungsbestim­mungen der Realität angepasst wird. Die gesetzlichen Regelungen für den Erwerb von Zusatzqualifikationen für bisher nicht berücksichtigte Bereiche der Kindermedizin, wie Sie es, Herr Dr. Grünewald, und auch Sie von der FPÖ gefordert haben, wurden nicht wegen „Populismus“ abgelehnt, sondern weil wir – wir haben das schon klar und deut­lich im Gesundheitsausschuss gesagt – bereits im Jahr 2006 eine Ausbildungsverord­nung erlassen haben, in die acht Zusatzfächer aufgenommen wurden.

Da die Studentinnen und Studenten, die damals ihr Studium begonnen haben und noch unter diese Ausbildungsverordnung fallen, mit diesem Studium noch nicht fertig sind, macht es Sinn, erst einmal abzuwarten, was sich aus diesem Studium entwickelt. Wir wollen zum jetzigen Zeitpunkt diese Erweiterung noch nicht haben, weil wir nicht wissen, ob sie zu diesem Zeitpunkt sinnvoll ist. Man sollte vorher anhand der Struktur­qualitätskriterien schauen, wo die Zusatzqualifikationen, die wir alle brauchen – das wissen wir –, vonnöten sind, bevor wir die entsprechenden Schritte setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck mit 5 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


10.58.31

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Ärztegesetz-Novelle – wie heute schon mehrfach erwähnt wurde –, die wir heute beschließen werden, bringt endlich die längst überfällige Rechtssicherheit und die notwendige Anpassung in vielen Teilbereichen der Medizin. Da ist für Ärzte, Zahn­ärzte, aber auch für die angehenden Ärzte, die Studenten, enorm wichtig.

Positiv hervorheben in diesem Zusammenhang möchte ich die doch sehr konsensuale und amikale Stimmung bei der Erstellung dieser Gesetzesnovelle. Man hat hier wirklich sämtliche Vorschläge der Berufsvertretung mehr oder weniger eins zu eins übernom­men. Das ist etwas sehr Positives, und es lässt für die geplante Gesundheitsreform wirklich hoffen, dass auch hier, im Gegensatz zum letzten Jahr, ein konsensualer und amikaler Umgangston mit den Fachgruppen gepflegt wird.

Bei allem Lob muss aber gesagt werden, dass diese ganze Adaptierung, die jetzt hier beschlossen wird, 15 Jahre gedauert hat. Ich weiß das aus eigener Erfahrung: 15 Jah­re hat es benötigt, jetzt bestimmte Adaptierungen, die zwar klein sind, aber große Aus­wirkungen haben, vorzunehmen, und die Ärzte, die handelnden Personen im Gesund­heitsbereich haben sich in dieser Zeit in einer geradezu indiskutablen Rechtsunsicher­heit befunden.

Da haben wir jetzt erstens einmal die Adaptierung bezüglich einer Doppelapprobation der Zahnärzte/Kieferchirurgen. – In den letzten 15 Jahren, muss man sagen, war eine Ausbildung zum Kieferchirurgen ein Hürdenlauf, und wir müssen froh sein, in diesem Land noch junge Leute gefunden zu haben, die diesen Weg gegangen sind.

Das Zweite ist die Ausbildung in Mangelfächern und die dafür in der Ausbildungsord­nung definierten Umstände, was ein Mangelfach zu sein hat. Auch da, muss man posi­tiv betonen, hat das Gesetz eine wirklich große Lücke geschlossen, da nämlich klei­nere Abteilungen – das besagt ja schon das Wort „Mangelfach“ – über eine geringere Anzahl an Fachärzten verfügt und einfach anders zu behandeln sind als große Fächer, wie zum Beispiel eine Chirurgie oder eine Interne.


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Am allerwichtigsten aber scheint mir der Punkt im Gesetz zu sein, der die gegenseitige Anerkennung von Diplomen und anderweitigen Ausbildungsnachweisen für Ärzte und Studenten aus anderen Ländern und Drittstaaten regelt.

Mit diesem Gesetz wird, wie auch schon gesagt, ein einheitlicheres, transparenteres und flexibleres System der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen geschaffen, aber wir dürfen diesen Umstand nicht als Ausrede oder als Vorwand benutzen, wenn wir den Ärztemangel, der uns in Zukunft bevorsteht, bekämpfen wollen. Ich habe das Gefühl, dass in unserem Land überhaupt noch nicht realisiert wird, dass wir auf einen Ärztemangel zusteuern. Momentan haben wir noch eine gegenteilige Situation, aber in ein paar Jahren wird es anders ausschauen.

Wir haben jetzt folgende Möglichkeiten, hier gegenzusteuern: Wir können einfach her­gehen und die Studienquote für angehende Mediziner erhöhen. Wir können Universitä­ten bauen. Wir können ausländische Ärzte anheuern, oder wir können, wie es zum Bei­spiel Norwegen vormacht, studienwillige Medizinstudenten ins Ausland schicken, wofür die Kosten vom Ministerium übernommen werden. Das wäre – zugegeben – eine Über­gangslösung, aber, wie gesagt, andere Länder machen das auch, und dieser Vor­schlag hat eines in sich: Er begrenzt die Kosten.

Denn: Wir wissen, es wird nicht funktionieren, die Studienquoten zu erhöhen, weil die Ressourcen nicht da sind.

Universitäten bauen? – Sie wissen, wir fordern eine vierte Med-Uni in Linz. Eine solche werden wir in absehbaren Jahren auch nicht bekommen. (Präsident Neugebauer über­nimmt den Vorsitz.)

Und wir wollen nicht, dass wir jetzt aufgrund dieses Gesetzes Drittstaatsangehörige, vor allem ausländische Ärzte, hereinholen und den eigenen jungen Leuten hier die Ausbildung verwehren, nur aufgrund einer gewissen Schlamperei.

Wenn wir unsere jungen Leute zum Studieren ins Ausland schicken, dann ist es ange­sagt, ihnen auch die Ausbildungskosten in angemessener Form zu ersetzen. Alles an­dere wäre ein sozialer Numerus clausus. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, ein Punkt noch, der nicht in diesem Gesetz hier erwähnt wird, der mir aber ausgesprochen wichtig ist, und er soll hier angesprochen werden, nämlich die ständige und andauernde Gesetzesübertretung im Bereich der Arbeitszeiten für Spi­talsärzte. Das ist im Ärztegesetz geregelt, wir haben diese Gesetze – aber diese Ge­setze werden in der Realität nicht eingehalten! Ich fordere auch von dieser Stelle aus, dass Sie als Aufsichtsbehörde ein Auge darauf haben und bei diesen Mängeln ein­schreiten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.


11.04.08

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Prinzipiell ist zu den jetzigen Änderungen im Ärztegesetz von 1998 zu sagen, dass diese auch in den Ländern auf breite Zustim­mung gestoßen sind.

Die Novellierung des Ärztegesetzes erfährt im Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-Richtlinien eine neue Systematik, die generell Verbesserungen bringt. So wird erstmals auch Nicht-EWR-Bürgern das Recht zur Berufsausübung eingeräumt, nämlich dann, wenn diese in Österreich über eine Daueraufenthaltsgenehmigung verfügen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 58

Ein weiterer Aspekt ist es, das Doppelstudium zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Ge­sichtschirurgie zu entzerren. Die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ist eine medizini­sche Spezialdisziplin, die nach dem Ärztegesetz sowohl den Abschluss des Studiums der Zahnmedizin als auch der Humanmedizin erfordert. Es schließt sich daran die Aus­bildung an einer Institution für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie die Ausbil­dung in chirurgischen Nebenfächern an.

Die Aufgaben dieser Disziplin sind vielfältig. Mit dieser Novelle ist der Abschluss des Zahnmedizinstudiums nicht mehr Voraussetzung für den Beginn der Facharztausbil­dung, sondern ist erst für die Eintragung in die Ärzteliste als Facharzt erforderlich. Da­durch entsteht für die Studierenden ein zeitlicher Spielraum. Die Absolvierung des Doppelstudiums wird erleichtert und vermutlich einem zukünftigen Mangel in dieser Berufsgruppe entgegengewirkt.

Eine Neuerung ist es auch, dass dem Gesundheitsministerium das Recht eingeräumt wird, durch eine Verordnung sogenannte Mangelfächer festzulegen, bei denen zeitlich limitiert von den sehr strengen formalen Voraussetzungen des Ärztegesetzes für Aus­bildungsstellen abgegangen werden kann.

Außerdem wird im Ärztegesetz die 1 : 1-Regelung für die Bewilligung von Ausbildungs­stellen entschärft werden, nämlich Ausbildungsverantwortlicher plus Facharzt, also plus ein weiterer Facharzt. Dies wird schon seit längerer Zeit gefordert.

Des Weiteren ist positiv hervorzuheben, dass es Verbesserungen für die jungen, aus­zubildenden Ärztinnen und Ärzte, nämlich für die Famulanten, gibt und dass es hier mehr Rechtssicherheit gibt.

Diese Novellierung ist zu begrüßen, denn sie entschärft Probleme, macht einiges einfa­cher und unbürokratischer und schafft mehr Rechtssicherheit. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.07


11.06.10

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend 12. Ärztegesetz-No­velle samt Titel und Eingang in 181 der Beilagen.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich um ein Zei­chen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 182 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenom­men.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 183 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 59

11.08.044. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (155 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsgesetz geändert werden (184 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf die Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. – Bitte.


11.08.39

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesgesetz, das wir jetzt diskutieren, wurde bereits im Ausschuss einstimmig beschlossen. Es geht um die Än­derung des Arzneimittelgesetzes, des Gewebesicherheitsgesetzes, des Arzneiwaren­einfuhrgesetzes und des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes.

Im Arzneimittelgesetz geht es konkret um begriffliche Anpassungen, im Gewebesicher­heitsgesetz geht es um eine Neuregelung beim Transport von Zellen, um die Erweite­rung der Inspektionsmöglichkeiten durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesund­heitswesen, und beim Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geht es um die wissenschaftliche Beratung zum Entwicklungsprogramm von Arzneimitteln. Auch das soll Aufgabe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen sein.

Es ist dies eine Materie, über die es an und für sich im konkreten Fall wenig Diskus­sionspunkte gibt; das Gesetz wird einstimmig beschlossen werden.

Erlauben Sie mir aber trotzdem, auf einige Problembereiche hinzuweisen, gerade in Anbetracht der Diskussion, die wir im Unterausschuss des Sportausschusses zum Thema Doping führen und bereits geführt haben.

Wir haben unter dem Tagesordnungspunkt 1 gerade die Änderung des Ärztegesetzes beschlossen. Wir diskutieren jetzt Materien, die ebenfalls mit der Doping-Diskussion im Zusammenhang stehen, und unter dem Tagesordnungspunkt 6 wird eine Novelle zum Blutsicherheitsgesetz diskutiert. Auch diese ist in Anbetracht der Skandale in Öster­reich, aber auch in Deutschland – ich denke hier nur an die Universitätsklinik Freiburg mit systematischem, organisiertem Doping durch Ärzte – im Zusammenhang mit Doping zu sehen.

Mit dem Arzneimittelgesetz, das wir heute beschließen, wird eines geklärt, und zwar hinsichtlich der Überwachung von Lebensmitteln, die im Verdacht stehen, Arzneimittel zu sein oder Stoffe der Verbotsliste zu beinhalten, sowie hinsichtlich der Beschlagnah­me von Dopingmitteln. Hier wird es klare Regelungen geben. Es wird auch klare Rege­lungen geben über die Mitwirkung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Kontrollen durch das Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen und durch die Organe nach § 76a Arzneimittelgesetz.

Was allerdings noch fehlt – und ich sage das hier ganz offen, wir haben es im Regie­rungsübereinkommen mit der ÖVP vereinbart –: Es fehlen weiterhin gerichtliche Straf­bestimmungen für das Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher und gefälschter Arzneimittel. – Ein Thema, das wir natürlich auch im Unterausschuss des Sportaus­schusses diskutieren werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit kurzer Zeit liegt der Ab­schlussbericht der Expertenkommission zur Aufklärung von Dopingvorwürfen gegen­über Ärzten der Abteilung Sportmedizin des Universitätsklinikums Freiburg vor. Ich ha-


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be bereits darauf hingewiesen, dass wir die Novelle zum Ärztegesetz diskutiert und be­reits beschlossen haben. Die zentrale Frage, die sich für uns stellt, ist, ob die Bestim­mungen im Ärztegesetz ausreichen, Dopingärzte sofort aus dem Verkehr zu ziehen.

Erlauben Sie mir, dass ich aus diesem Abschlussbericht der Kommission kurz zitiere:

Systematisches Epo-Doping des „Team Telekom“ unter ärztlicher Anleitung von Prof. Dr. Andreas Schmid und Dr. Lothar Heinrich wurde im Jahr 1995 während eines Trainingslagers auf Mallorca begonnen. Als Motiv für die Doping-Aktivitäten der Doping-belasteten Ärzte kommt ein nicht unerheblicher finanzieller Profit dazu. – Ende des Zitats.

Schlussfolgerung: Seit 1994 gab es durch Ärzte und ärztliches Personal organisiertes und systematisches Doping an der Universitätsklinik in Freiburg. Und diese Ärzte kön­nen noch immer ihrem Beruf nachgehen!

Und die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Reichen die gesetzlichen Bestim­mungen in Bezug auf jene Ärzte, die an Doping mitwirken – ich denke hier an die Dis­kussion um Humanplasma in Österreich –, aus oder reichen sie nicht aus?

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schließe nicht aus, da in der kommenden Sitzung des Unterausschusses das Thema Medizin diskutiert wird, dass wir uns einigen, genau diese Gesetze, die wir heute diskutieren und beschließen, neuerlich einer Änderung zuzuführen. Ich ersuche alle, aktiv an diesen Regelungen und Diskussionen mitzuwirken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.


11.14.10

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Mein Vorredner hat schon dar­auf hingewiesen, dass im Hohen Haus Konsens bezüglich der Änderung des Arznei­mittelgesetzes, des Gewebesicherheitsgesetzes, des Arzneiwareneinfuhrgesetzes und des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes besteht, und er hat auch schon auf viele Aspekte in diesem Zusammenhang hingewiesen.

Warum beschließen wir diese Änderungen? – Weil das Arzneimittelgesetz die Herstel­lung und den Verkehr der Arzneimittel regelt. Die Gesetzesänderungen dienen natür­lich in erster Linie der Umsetzung der Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union, und es ist schon angesprochen worden, dass es bei den Anpassungen des Arz­neimittelgesetzes um diese Umsetzungen geht und um die Arzneimittel für neuartige Therapien, um Kinderarzneimittel. Es geht um die Anpassung des Begriffes Arzneispe­zialität, und es geht bei der Änderung des Gewebesicherheitsgesetzes um den Trans­port von Zellen und Geweben. Das soll auch Dritten übertragen werden können, wenn diese über keine Bewilligung als Gewebebank verfügen.

Des Weiteren soll eben den Organen des Bundes für die Sicherheit des Gesundheits­wesens auch in Bezug auf Einrichtung und Beförderungsmittel dieser Dritten ein In­spektionsrecht eingeräumt werden.

So weit, so unspektakulär und wichtig. Gestatten Sie mir aber in diesem Zusammen­hang auch ein paar Anmerkungen zu unserem Gesundheitssystem, das außer bei den chronischen Miesmachern in Österreich allgemeine Anerkennung findet.

Es gibt natürlich immer, wie auch schon angesprochen, Möglichkeiten, das Gesund­heitssystem weiterzuentwickeln und zu verbessern, aber ich glaube, dass wir derzeit auf einem Stand sind, wo wir nicht nur die hohe medizinische Versorgung flächende­ckend entsprechend gewährleisten können, sondern dass wir auch bei Heilmittelbehel-


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fen und in der Versorgung mit Heilbehelfen und Arzneimitteln flächendeckend hohen Ansprüchen genügen.

Wenn mein Kollege Rasinger vorhin darauf hingewiesen hat, dass es keine Kostenex­plosion, sondern eine Leistungsexplosion gegeben hat, so darf ich in diesem Zusam­menhang schon auch auf die Ausgaben für Heilmittel hinweisen. Diese belaufen sich im Jahr 2007 auf immerhin 2,8 Milliarden €, also eine doch beträchtliche Summe. Die öffentlichen Ausgaben bei den staatlichen Trägern inklusive der Sozialversicherungs­träger belaufen sich für pharmazeutische Erzeugnisse und medizinische Ge- und Ver­brauchsgüter auf 2,9 Milliarden €. Und damit das auch ordentlich verwaltet wird und auch alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden können, geben wir bei der Verwaltung der Sozialversicherungsträger noch 639 Millionen € aus.

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe hier vor mir eine Umfrage lie­gen, die nicht uninteressant ist, wo eine Befragung zu ärztlich verordneten Medikamen­ten durchgeführt wurde. Zur Fragestellung: Haben Sie in den letzten zwei Wochen von einem Arzt verordnete Medikamente eingenommen?, sagen Männer im Alter von 15 bis 60 Jahren zu 27 Prozent ja und zu 72 Prozent nein. Bei den Frauen sagen 43 Pro­zent ja und 56 Prozent nein. Bei Männern ab 60 sagen 85,3 Prozent ja, bei den Frauen ebenfalls 85,3 Prozent. Den höchsten Anteil an verordneten Medikamenten von allen Bundesländern hat mein Bundesland, das Burgenland, mit 54 Prozent ja und 46 Pro­zent nein.

Diese Umfragen zeigen zum einen, dass natürlich die Kosten für die Medikamente in diesen Zahlen sehr wohl beinhaltet sind, zeigen aber auch, dass wir ein stärkeres Kos­tenbewusstsein insgesamt schaffen müssen, damit der Umgang mit diesen Medika­menten auch tatsächlich so gewährleistet ist, dass er auch medizinisch vertretbar und verträglich ist.

Es gilt hier natürlich in erster Linie der Grundsatz – ich glaube, er wird in allen Bundes­ländern befolgt –, dass man Prävention betreibt. Es gibt ja viele Formen der Präven­tion, und diese gilt es auch zu unterstützen. In diesem Sinne ersuche ich ebenfalls um Unterstützung dieser vorliegenden Gesetzesänderungen zu einer Weiterentwicklung des Gesundheitssystems in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.20.01

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ja, auch wir werden dieser Gesetzesvorlage selbstverständlich unsere Zustimmung geben. Es wurde schon viel über dieses Gesetz gesagt. Das ist eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, die auch notwendig und gut ist und mit Sicherheit auch ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Was heute auch schon vom Kollegen Maier von der SPÖ angesprochen wurde, ist eine Tatsache, und ich glaube, damit sollten wir uns in der Zukunft verstärkt auseinander­setzen: Wir bekommen den Markt immer mehr mit gefälschten Medikamenten über­schwemmt, die teilweise unwirksam sind, aber teilweise auch gefährliche Wirkungen haben.

Das entsprechend zu berücksichtigen fehlt mir hier schon ein bisschen, gerade in einem EU-weiten Gesetz, denn ich glaube, dass Österreich alleine hier fast machtlos ist. Nichtsdestotrotz halte ich es für eine ganz große Notwendigkeit, endlich einmal zu überlegen, wie man diesem Problem Herr werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 62

Wir wissen, dass wir in einer globalisierten Welt, wo Bestellungen über das Internet ganz einfach gehen, natürlich mit viel größeren Problemen konfrontiert sind. Wir wis­sen auch, dass es Kosten nach sich zieht, wenn Menschen gefälschte Medikamente zu sich nehmen, die wir dann wieder national tragen müssen. Daher ist das etwas, was ich wirklich für eine ganz, ganz wichtige Sache halte.

Mein Vorredner hat jetzt eine Statistik gebracht, wie viele Medikamente Menschen ver­schrieben bekommen. Da wäre es doch auch einmal ganz interessant zu schauen, wie viele Menschen Medikamente verschrieben bekommen und sie nicht einnehmen, wie viele Medikamente sozusagen nutzlos im Nachtkästchen liegen. Dazu gibt es nur Zah­len, die geschätzt werden, darüber gibt es also keine seriösen Aussagen. Aber auch das ist ein Punkt, der zu einer Kostenexplosion führt – Geld, das in Wirklichkeit besser eingesetzt werden sollte.

Das sind die Probleme, die wir gerade im Arzneimittelbereich haben.

Auf der anderen Seite gibt es eine ganz große Anzahl an chronisch kranken Men­schen, die schon seit Jahren fordern, dass es Medikamenten-Großpackungen gibt. Es gibt beispielsweise auch Kathetermaterial für Querschnittsgelähmte, wo immer wieder Kosten für die Betroffenen anfallen.

Also hier wäre eine Umverteilung von jenen, die Medikamente im Nachtkästchen ver­rotten lassen, hin zu jenen, die sie wirklich brauchen, eine sinnvolle Sache. Ich glaube, da sollten wir uns etwas überlegen, weil ich denke, dass wir als Gesundheitspolitiker dafür Verantwortung tragen, dass alle Menschen genau das bekommen, was sie brau­chen.

Ich würde es begrüßen und würde mich auch sehr freuen, wenn wir genau über diesen Bereich noch weiterdiskutieren könnten. Vor allem würde ich es auch begrüßen, wenn es dazu wirklich seriöse Umfragen gäbe. In diesem Sinne möchte ich sagen, wir stim­men diesem Gesetzentwurf zu, hoffen aber, dass es hier weitere Diskussionen gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.


11.22.41

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Wir vom Bündnis Zukunft Österreich stimmen selbstverständlich diesen vier Gesetzesänderungen und den entsprechenden EU-Anpassungen im Gesundheitsbereich zu.

Ich darf seitens des BZÖ einen Entschließungsantrag einbringen, der sich im Besonde­ren mit dem Arzneimittelgesetz auseinandersetzt und eine Entschädigung für Conter­gan-Opfer verlangt.

Meine Damen und Herren, Sie wissen ja, dass gerade die Zulassung von Arzneispe­zialitäten höchste Sorgfalt auf allen Ebenen erfordert. Der Gesetzgeber ist hier gefor­dert. Diese Zulassung muss nämlich zu jeder Zeit überprüfbar sein, sich einer Risiko­bewertung unterziehen können; laufende Qualitätsüberprüfungen aller beteiligten Ein­richtungen sind dabei mit einzuschließen. Die potentiellen Gefahren für Patienten und Patientinnen sind nach Möglichkeit auf allen Ebenen zu verhindern.

Das, geschätzte Damen und Herren, war nicht immer so, nämlich in den Jahren von 1958 bis 1961. In dieser Zeit war das rezeptpflichtige, von der Firma Grünenthal in Aachen erzeugte thalidomidhältige Medikament Softenon in Österreich zugelassen. Es handelt sich dabei um dasselbe Medikament, das weltweit unter der Bezeichnung „Contergan“ auf tragische Art und Weise überall bekannt wurde. Es versprach nämlich Beruhigung und Schlaf in allen Lebenslagen, und das für alle Altersstufen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 63

Wie damals üblich wurde das Medikament als Ärztemuster bereits einige Jahre vorher ausgegeben. Frühschwangere, Frauen, die damals Softenon zur Linderung ihrer Lei­den einnahmen, gebaren meist schwerstbehinderte Kinder, und das war die echte Katastrophe zur damaligen Zeit.

Einige dieser Kinder wurden in Heime abgeschoben, andere hatten Glück und durften in der eigenen Familie aufwachsen. Aber in diesen Familien sind riesige Probleme ent­standen: Ehepartner, Kinder, Eltern der Contergan-Geschädigten sind aufgrund dieser Problematiken und dieser Schwerstbehinderungen, dieser physischen und psychi­schen Leiden überfordert.

Es gibt auch viele, die sich in finanziellen Notlagen befinden. In zahlreichen Ländern der Welt werden heute Contergan-Geschädigte von den nationalen Regierungen, die damals das Medikament zugelassen haben, entschädigt. In Österreich ist das bis heu­te nicht passiert. Weder von staatlicher Seite noch von der Firma Grünenthal, die die­ses Medikament auf den Markt gebracht hat, gibt es bis jetzt eine Entschädigung oder irgendeine Rente oder Ähnliches.

Viele dieser Betroffenen sind nicht in die Öffentlichkeit gegangen, weil sie Angst und Scham hatten, ihr Schicksal medienöffentlich zu machen.

Zwischenzeitlich gibt es aber eine Selbsthilfegruppe, die Selbsthilfegruppe der Conter­gan- und Thalidomidgeschädigten Österreichs. Diese Selbsthilfegruppe wandte sich im Jahre 2008 mit der Bitte um Unterstützung an die verschiedensten Institutionen. Unter anderen wurde beim Bundespräsidenten, bei der Volksanwaltschaft und auch bei den zuständigen Ministerien um Unterstützung ersucht. Seitens des Gesundheitsministe­riums wurde damals informell eine Fondslösung in Aussicht gestellt, und es wurden auch Gespräche mit dem Finanzministerium angekündigt.

Nun ist ein Jahr vergangen, und die Contergan-Geschädigten warten noch immer auf eine konkrete Antwort der Politik. Hier, geschätzter Herr Gesundheitsminister, herrscht eindeutig Handlungsbedarf. Deshalb unser Entschließungsantrag. (Beifall beim BZÖ.)

Entschließungsantrag

der Abgeordneten List, Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmög­lich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den eine Entschädigungslösung für Con­tergan-Opfer umgesetzt wird.“

*****

Geschätzte Damen und Herren, helfen wir den Contergan-Opfern! (Beifall beim BZÖ.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten List, Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Ent­schädigung für Contergan-Opfer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 64

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (155 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (184 d.B.)

Gerade die Zulassung von Arzneispezialitäten erfordert höchste Sorgfaltspflicht des Gesetzgebers und muss zu jeder Zeit eine Risikobewertung und laufende Qualitäts­überprüfung aller beteiligten Einrichtungen miteinschließen um potentielle Gefahren für Patientinnen und Patienten zu verhindern.

Zwischen 1958 und 1961 war das rezeptpflichtige, von der Firma Grünenthal in Aachen erzeugte, thalidomidhältige Medikament „Softenon“ in Österreich zugelassen. Es han­delt sich dabei um dasselbe Medikament das weltweit unter der Bezeichnung „Conter­gan“ auf tragische Art und Weise bekannt wurde. Es versprach Beruhigung und Schlaf in allen Lebenslagen - und das für alle Altersstufen. Wie damals üblich, wurde das Me­dikament als Ärztemuster schon einige Jahre zuvor ausgegeben. Frühschwangere, die „Softenon“ zur Linderung ihrer Morgenübelkeit einnahmen oder um Unruhe und Schlaf­losigkeit zu überwinden, gebaren meist schwer behinderte Kinder. Die Beeinträchtigun­gen umfassten dabei fehlende Arme und Beine, Lähmungen der Hirnnerven, Missbil­dungen an Niere, Herz und Genitalien, Seh- und Hörstörungen.

Heute, mehr als 50 Jahre später, leben die österreichischen Contergan-Geschädigten immer noch teilweise am Existenzminimum. Einige wurden bereits als Kinder in Heime abgeschoben, einige hatten Glück und durften in der eigenen Familie aufwachsen. Viele haben schmerzhafte und traumatisierende medizinische Eingriffe und Behandlun­gen hinter sich und nur wenige hatten die Chance einen richtigen Beruf zu erlernen. Jene, die es geschafft haben erwerbstätig zu werden, sind heute durch ihre Behinde­rungen an Armen und/oder Beinen und die daraus resultierenden Abnutzungserschei­nungen der intakten Gliedmaßen und des Rückens im Alter von rund 50 Jahren bereits meistens arbeitsunfähig.

Die Eltern der Contergan-Geschädigten, welche diese bisher finanziell unterstützt und zum Teil gepflegt haben sind mittlerweile alt geworden und können ihre Kinder nicht mehr versorgen. Ehepartner und Kinder der Contergan-Geschädigten sind mit den physischen und psychischen Leiden ihrer Angehörigen überfordert. Man kämpft gegen Probleme, die aufgrund von permanenten körperlichen Schmerzen, Depressionen, Ar­beitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Frühpensionierungen und den daraus entstandenen finanziellen Notlagen entstanden sind.

In zahlreichen Ländern der Welt werden Contergan-Geschädigte von den nationalen Regierungen die das Medikament zugelassen haben entschädigt. In Österreich war in den Jahren 1958 bis 1961 das Bundesministerium für soziale Verwaltung mit der Zu­lassung dieses gefährlichen und in vielen Fällen auch tödlichen Medikaments befasst. Weder von staatlicher Seite noch von der Firma Grünenthal haben die Betroffen jemals eine finanzielle Entschädigung in Verbindung mit einer, den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechender monatlicher Rente erhalten. Scham und Angst von Eltern und Kindern vor einer medialen Berichterstattung über das Zustandekommen und die mannigfachen Folgen dieser Behinderung ließen die Betroffenen und ihre Familien ins Abseits des bewussten Vergessens gleiten.

Die „Selbsthilfegruppe der Contergan- und Thalidomidgeschädigten Österreichs“ wandte sich im Jahr 2008 mit der Bitte um Unterstützung an den Bundespräsidenten, die Volksanwaltschaft und die zuständigen Ministerien. Seitens des Gesundheitsministe­riums wurde ihnen informell eine Fondslösung in Aussicht gestellt und Gespräche mit dem Finanzministerium angekündigt. Seit mehr als einem Jahr warten die Contergan-Geschädigten nun auf eine konkrete Antwort der Politik.


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Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmög­lich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den eine Entschädigungslösung für Con­tergan-Opfer umgesetzt wird“.

*****


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.


11.27.17

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu den Bemerkungen des Kollegen Maier zum Thema Doping. Kollege Maier hat recht, natür­lich, und ich bin sehr dafür, müssen Ärzte, wenn sie Arzneimittel widerrechtlich zum Schaden von Personen einsetzen, bestraft werden können. Das Problem liegt bei Doping vielfach darin, dass Bestimmungen betreffend Doping in x Gesetzesmaterien aufgesplittert sind, schwer zu finden und nicht komprimiert sind. Ich glaube, wir sollten einmal schauen, dass das ein bisschen ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Also ich glau­be, da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Weiters wäre es wahrscheinlich auch dienlich, wenn die zuständigen Minister gebeten werden, in einem Unterausschuss des Sportausschusses, dem ich nicht angehöre, der über Doping verhandeln soll, anwesend zu sein. Das würde helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt zum Arzneimittel- und Gewebesicherheitsgesetz. Das ist ein ungeheuer mo­dernes, zukunftsträchtiges Gesetz, liest sich total spannend, muss ich sagen, und zeugt von einer großen Kompetenz des Ressorts. Es nimmt etwas von einer zukünfti­gen Medizin in das Heute herein und beugt sozusagen vor, gibt Rechtssicherheit und stellt auch etwas für und in Österreich klar, was die EU vor Jahren begonnen hat prä­ziser zu definieren.

Die Begriffsbestimmungen eines Arzneimittels waren nämlich nicht mehr ausreichend und erlaubten manchen Forschern, Klinikern und Anwendern Interpretationsspiel­räume, die ich nicht begrüße, dass es Einzelnen überlassen ist zu sagen, da gilt es als Arzneimittel und hier nicht.

Es hat, wie Sie wissen, an einer großen Universitätsklinik leider einen beträchtlichen Skandal gegeben, der durch diese Rechtsunsicherheit und auch durch eine durch, ich sage jetzt, Dummheit und nicht durch Bosheit, so hoffe ich zumindest, gegebene fal­sche Auskunft aus dem Ressort entstanden ist, wo man den dort Tätigen Mut gemacht hat oder die Entschlossenheit vermittelt hat, klinische Versuche zu machen, die im Großen und Ganzen ohne Bewilligung einer Ethikkommission zu Ergebnissen führten, die nicht alle hundertprozentig befriedigend waren, teilweise auch für die Patienten schädlich.

Dem kann nun Einhalt geboten werden. Dass ein Arzneimittel, wie es früher definiert wurde, immer aus den gleichen Wirksubstanzen zu bestehen hat, ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten, wo man in Zeiten der Gentechnologie auch mit Zellen, Geweben


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therapiert, die nicht immer gleich sind. Kein Mensch ähnelt dem anderen, und so sind auch Zellen nicht immer gleich. Auch hier etwas zu tun halte ich für ganz essenziell.

Viele Tumorerkrankungen, bösartige Bluterkrankungen bedürfen einer Stammzellthera­pie, und ein nicht unbeträchtlicher Teil, zumindest bei den bösartigen Bluterkrankun­gen, kann durch diese Therapien geheilt werden. Wie das zu machen ist, wie hier die Qualitätssicherung stattfinden muss, wenn man heutzutage sogar so weit kommt, dass man für Einzelpersonen maßgeschneiderte individuelle Therapien und Zellen so mani­puliert, dass sie zu ihrem Körper passen und Tumorzellen erkennen und bekämpfen können, muss geregelt werden.

Es darf keinen Hobbyforschern und Amateuren in Dr. Mabuse-Kämmerchen, die es ja eigentlich auch nicht gibt, überlassen werden, hier zu experimentieren. Hier braucht es Sicherheit, hier braucht es ein politisches Instrumentarium der Kontrolle.

Sehr gut ist, dass hier wieder einmal Kinder mit ihren Problemen fokussiert werden, und zwar insofern, als man registriert hat, dass vielfach Arzneimittel bei Kindern uner­probt eingesetzt werden, weil es über Jahrzehnte keine klinischen Studien an Kindern gab – oder zumindest keine ausreichenden. Dass Kinder dieser Gefahr nicht mehr aus­gesetzt werden können, finde ich total gut.

Aber nur, dass Sie sehen, dass das keine unkritische Befürwortung von Gentechno­logie ist: Früher hat man den Diabetikern Schweineinsulin, also Insulin vom Schwein, gespritzt. Nun ist man durch Gentechnologie in der Lage, menschliches Insulin, das sich durch nichts unterscheidet, durch nichts, durch kein Atom, zu injizieren und damit Erfolge zu erzielen. Und dass das unter Aufsicht, unter Forschungsfreundlichkeit und Patientenfreundlichkeit zugleich gemacht werden kann, ist sozusagen Resultat dieses Gesetzes.

Zum Schluss noch: Etwas wird auch geklärt und ermöglicht: Bei unheilbar, chronisch schwerst erkrankten Personen können, wenn alles andere versagt, auch Medikamente auf Risiko hin eingesetzt werden – dieses Risiko muss aber, wird beschrieben, ein möglichst kalkulierbares sein, es müssen bei Studien Nebenwirkungen erfasst wer­den –, um jenen Patienten, die sonst sozusagen hilflos der Erkrankung ausgesetzt sind, Patienten ohne therapeutische Möglichkeit die Chance einer Heilung oder zumin­dest Besserung zu geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.


11.33.36

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetzentwurf verändern wir eigentlich vier Gesetze: das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheits­gesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz.

Die Gesetzesänderungen – das ist ja bereits bei den Vorrednern angeklungen – sind eine Anpassung an die Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates über Arzneimittel für neuartige Therapien, aber auch für Kinderarzneimittel. Genauso wird der Begriff „Arzneispezialität“, an den eigentlich die Zulassungspflicht geknüpft ist, an die Vorgabe der Richtlinie 2001/83/EG angepasst.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass im Gesetz die Klarstellung enthalten ist, dass Nicht-interventionelle Studien, also Anwendungsbeobachtungen, wie man heute noch in der Medizin sagt, nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn sie dem Stand der modernen Wissenschaft entsprechen. Diese Klarstellung wird insbesondere im Zu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 67

sammenhang mit einer geplanten Einführung einer Meldepflicht für diese Studien von Bedeutung sein.

Auf etwas möchte ich aber ganz besonders hinweisen, und das wurde im § 41 dieses Gesetze ganz „leise“ angefügt. Ich möchte dem Herrn Bundesminister Danke sagen, denn es wird hier gesundheitspolitisch ein sehr wichtiger Schritt gesetzt: Die Mitglieder der Ethikkommission müssen klar ihre Verhältnisse zu den Pharmafirmen deklarieren. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, der in diesem Gesetz verankert ist.

Durch die Änderung im Gewebesicherheitsgesetz wird klargestellt, dass der Transport von Zellen und Geweben auch von Dritten durchgeführt werden kann, die über keine Bewilligung als Gewebebank verfügen, und dass diese Kontrolle dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen obliegt.

Im Arzneiwareneinfuhrgesetz wird klargestellt, dass bereits der Versuch der Übertre­tung von Verwaltungsstrafvorschriften bei der Einfuhr strafbar ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses 184 der Beilagen über die Regierungsvorlage 155 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arz­neimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Novellierungsanordnung in Artikel 1 Z 10 lautet:

„10. § 2a Abs. 3 lautet:“

2. Die Novellierungsanordnung in Artikel 1 Z 23 lautet:

„23. § 16b samt Überschrift entfällt.“

Begründung

Zu Z 1 (Art 1 Z 10 – § 2a Abs. 3 Arzneimittelgesetz) und Z 2 (Art 1 Z 23 – § 16b Arznei­mittelgesetz): Es handelt sich um die Beseitigung von Redaktionsversehen.

*****

Ich möchte mich abschließend für das gelungene Gesetz bei Herrn Bundesminister Stöger und seinen Mitarbeitern recht herzlich bedanken. Mit der Zustimmung des Ho­hen Hauses setzen wir einen wichtigen Schritt in der Gesundheitspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

11.37

11.37.30


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 68

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 184 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen vor, der sich auf Artikel 1 Z 10 und Z 23 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag gestellt wurde, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des gerade erwähnten Abänderungsantrages samt Titel und Eingang abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist angenommen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf stimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entschädigung für Contergan-Opfer.

Wenn Sie diesem Entschließungsantrag beitreten, bitte ich um ein zustimmendes Zei­chen. – Er findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

11.38.305. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (154 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (185 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.


11.38.50

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Beim Bäderhygienegesetz sollen folgende wichtige Punkte geändert werden:

Einerseits geht es um die Umsetzung einer Richtlinie des Europäischen Parlaments, wo die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung im Mittelpunkt stehen, und im zweiten Teil kommt es zu einer Präzisierung des Anwendungsbereiches des Bäderhygienegesetzes hinsichtlich Warmsprudelwannen, besser bekannt unter dem Namen Whirlpool.

Was nun die Umsetzung dieser EU-Richtlinie anlangt, die wesentlichen Neuerungen: Für jedes Badegewässer ist ein Badegewässerprofil zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. In diesem aktuellen Profil sollen potentielle Verschmutzungs- und Verun­reinigungsquellen hinsichtlich des Badegewässers, aber auch in der Nähe zum Bade­gewässer beschrieben, qualifiziert und analysiert werden.

Mittels derartiger Profile sollen wichtige Informationen gewonnen werden, die einerseits eine langfristige Planung bezüglich der Erhaltung des Badegewässers und der Bade­qualität, aber auch der Verbesserung ermöglichen sollen, es soll die Möglichkeit einer Erstellung von Checklisten im Zusammenhang mit Verschmutzungsereignissen ge­schaffen werden, und darüber hinaus sollen auch die Ergebnisse regelmäßig gewartet und überprüft werden.

Eine jährliche Einstufung der Qualität eines Badegewässers erfolgt künftig nicht nur aufgrund der Daten der letzten Badesaison, sondern der letzten vier Badesaisonen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 69

Darüber hinaus sollen auch im Zusammenhang mit den Bewirtschaftungsmaßnahmen formelle Verpflichtungen während der Badesaison eingeführt werden. Wenn es zur Nichteinhaltung der Werte kommt, sollen unmittelbare Maßnahmen gesetzt werden können. Weiters sollen auch langfristige Maßnahmen gesetzt werden können, um auch entsprechend umstrukturieren zu können, um für den Badeteich, für das Badegewäs­ser Entlastungen vornehmen zu können – eine sehr gute und notwendige Maßnahme. Darüber hinaus sollen auch die Öffentlichkeit, die Benutzer von Badeseen regelmäßig informiert werden, und dementsprechend kann man dann auch im Internet jeweils able­sen, wie es um die einzelnen Badegewässer steht.

Der zweite Teil betrifft die sogenannten Warmsprudelwannen oder die Anwendung des § 2 des Bäderhygienegesetzes. Sie wissen sicherlich alle auch aus eigener Erfahrung, dass diese Warmwassersprudelbecken wirklich einen Boom erleben. Allerdings muss man oft auch von einem Boom im Zusammenhang mit dem, was sich in diesem Was­ser befindet, sprechen. Um diesbezüglich auch eine gesundheitliche Maßnahme fest­zuschreiben, wird nun vorgeschrieben, dass der § 2 des Bäderhygienegesetzes An­wendung finden muss – eine sinnvolle, notwendige, wichtige gesundheitspolitische Maßnahme, aber darüber hinaus auch eine wichtige Maßnahme im Zusammenhang mit dem Tourismus, denn Österreich ist ein Tourismusland, und es ist notwendig, dass unsere Badegewässer und auch die Warmwassersprudelwannen gesund sind und uns nicht schaden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.


11.42.48

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Badetemperaturen um die 30 Grad, wie wir sie letztes Wo­chenende erleben durften, sorgen natürlich dafür, dass Jung und Alt gern den Sprung ins kühle Wasser wagen – und das kann man bei den österreichischen Badeseen und Badeteichen auch unbedenklich tun, denn sie weisen eine sehr hohe Wasserqualität auf. Der Badewasserreport der Europäischen Kommission weist das auch so aus, Gott sei Dank.

Trotzdem gibt es einen Wermutstropfen, denn 2008 wurden sieben Badestellen bean­standet, die nicht den EU-Hygienebestimmungen entsprochen haben – im Jahr davor waren es nur sechs. Diese Grenzüberschreitungen sind nicht gesundheitsgefährdend und beeinträchtigen auch den Badespaß nicht, aber trotzdem muss man dem natürlich nachgehen. Für mich ist es besonders interessant, da vier dieser beanstandeten Bade­stellen in Niederösterreich liegen, in meinem Wahlkreis, in meiner unmittelbaren Nähe. Eine davon ist ein Badeteich in Litschau, nahe an der tschechischen Grenze, eine Ba­destelle betrifft den Badeort Weißenkirchen an der Donau und zwei Badestellen den Kampfluss – das ist der wichtigste Fluss im Waldviertel, und davon betroffen sind der Badesee Ottenstein und das Kampflussbad im Kamptal.

Das Land Niederösterreich hat eine Studie in Auftrag gegeben, und auch die Auswer­tung liegt bereits vor. Es wurde der gesamte Kampfluss analysiert und dabei festge­stellt, dass kleine Zubringergerinne, wo Katastralgemeinden angrenzen, die keine Ab­wasseranlage haben, Probleme verursachen. Es wird auch bereits an der Beseitigung dieser Probleme gearbeitet.

Zweitens wurde auch festgestellt, dass Starkregenereignisse dazu beitragen, dass große Erdmassen mit dem Kampfluss mittransportiert werden und dann natürlich auch überhöhte Werte bei den nachfolgenden Messungen, die innerhalb von sechs bis 48 Stunden nach solchen Niederschlagsereignissen stattfinden, festgestellt werden. In


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 70

Niederösterreich wird bei diesen Badestellen innerhalb von 14 Tagen regelmäßig eine Kontrolle durchgeführt, und da kann es natürlich passieren, dass man gerade einen Zeitraum erwischt, wo solch eine besondere Betroffenheit durch ein Gewitter vorhan­den ist. Derartige Messdaten, die zur Verfälschung des Gesamtergebnisses beitragen, können künftig einmal im Jahr unberücksichtigt bleiben; also eine kurzfristige Ver­schmutzung durch wetterbedingte Einzelereignisse darf außer Acht gelassen werden. Das wird natürlich dazu beitragen, dass das Gesamtergebnis gerade beim Kampfluss, beim Wassergüteergebnis ein deutlicheres Bild abgibt.

Österreich schneidet trotz dieser Betroffenheit im EU-Vergleich sehr gut ab. 2008 wur­de für 97 Prozent der untersuchten Badeseen gute Wasserqualität bestätigt. Sie ent­sprechen den Standards, und 72 Prozent erfüllten sogar die freiwillig höheren Stan­dards.

Weiters ist in diesem Gesetz auch ein Lückenschluss bei den Badewassersprudelwan­nen enthalten – es wurde bereits von meiner Kollegin ausgeführt. Und zwar müssen zukünftig Unternehmen auch für jene Whirlpools, die nicht der Gewerbeordnung unter­liegen, eine Betriebsgenehmigung einholen, und sie müssen auch einmal jährlich ein wasserhygienisches Gutachten der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorlegen.

Es sind also neue Parameter, die in dieser Gesetzesänderung enthalten sind, durch die auch Maßnahmen gesetzt werden können, die zur Verbesserung der Wasserquali­tät der Badegewässer, und zwar vor allem auch der Oberflächengewässer, beitragen werden. Es wird eine zielgerichtete Datenauswertung vorgesehen, die vor allem auch einen langen Zeitraum von vier Jahren erfasst und natürlich auch zur Erstellung des Badewasserprofils beitragen wird.

Mehr Transparenz, mehr Information über die Badewasserqualität wird in Zukunft auch für die Badegäste möglich gemacht. Und damit wird im Sinne des Tourismus und vor allem auch zum Wohle der Badegäste auch weiterhin allen Menschen, die gerne in den österreichischen Seen und in den österreichischen Teichen schwimmen, ein uneinge­schränktes Badevergnügen möglich sein. (Beifall bei der ÖVP.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.


11.47.39

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir werden diesem Gesetz zustim­men. Es ist zu diesem Gesetz schon sehr vieles gesagt worden. Selbstverständlich ist es dringend notwendig, dass unsere Gewässer regelmäßig überprüft werden. Auch wenn nur sieben Gewässer eine Verunreinigung aufgewiesen haben, sind es um sie­ben zu viel, und jedes Gewässer, das verunreinigt ist, gehört sofort reguliert. Ich glau­be, dass das auch ganz, ganz wichtig ist, auch im Sinne unserer Bevölkerung, unserer Menschen, die ja das Recht haben sollen, in sauberen Gewässern baden zu dürfen.

Ich glaube auch – und das ist etwas, was in diesem Gesetz besonders gut ist –, dass Verschmutzungsquellen auch gekennzeichnet werden müssen. Damit kann der einzelne Badebesucher auch selbst entscheiden: Möchte er trotzdem hier baden oder möchte er es nicht, möchte er es unterlassen? Das ist etwas, was sicherlich ein ganz großer Fortschritt ist.

Was durch dieses Gesetz aber noch erfolgt – es wurde schon erwähnt –, das ist die Hereinnahme von Warmwassersprudelwannen. Das ist etwas, was wir als sehr gut empfinden. Wir glauben, dass gerade die Warmwassersprudelwannen, die sich ja nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 71

nur an Kurheilstätten, sondern auch an verschiedenen anderen Vergnügungsorten be­finden, einer strengeren Kontrolle unterzogen werden sollten. Wir wissen ja, dass sich Keime gerade im warmen Wasser besser halten.

Ein bisschen ein Problem habe ich noch mit der Häufigkeit der Kontrollen, nämlich gerade dieser Warmwassersprudelwannen. Ich glaube, man sollte gerade in solchen Bereichen auch wirklich eine regelmäßigere Untersuchung durchführen. Einmal im Jahr ist fast ein bisschen wenig.

Dennoch: Wir halten dieses Gesetz für einen Schritt in die richtige Richtung, und wir werden ihm daher zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.


11.49.31

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Nach den letzten Untersuchungen entsprechen 261 von 268 Seen den von der EU geforderten Qualitätskriterien. Zahlreiche Seen haben eine exzellente Wasserqualität, viele sogar Trinkwasserqualität. Die Anpassung an die EU-Richtlinien wird also kein Problem sein.

Wichtig sind die Bestimmungen für die Warmwassersprudelwannen, denn wir wissen, dass diese Whirlpools der beste Nährboden für Bakterien sind und eine potenzielle Ge­fahr, was Infektionskrankheiten betrifft, darstellen.

Eng verbunden mit der Badehygiene sind die Bademeister. Derzeit lässt die österrei­chische Rechtsordnung Normen betreffend eine einheitliche Berufsausbildung für den Berufsbademeister vermissen. Das fehlende Anforderungsprofil für einen Beruf, der große Verantwortung und Einsatz erfordert, führt dazu, dass beispielsweise nicht ein­mal die Fähigkeit des Schwimmens nachgewiesen werden muss. Diese Tatsache führ­te in der jüngeren Vergangenheit bereits zu dramatischen Vorfällen, in deren Folge sich in Kärnten ein des Schwimmens unkundiger Bademeister verantworten musste.

Seit mehreren Jahren wird nun in Österreich, am Österreichischen Normungsinstitut, an einer entsprechenden Richtlinie im Sinne der Qualitätssicherung der Ausbildung von Bademeistern gearbeitet. Derzeit schulen die Bundesländer Bademeister nach eigenen Vorstellungen und unterschiedlichen Ausbildungsrichtlinien. Im Sinne der Si­cherheit der Badegäste, aber auch der Bademeister ist dringend eine bundeseinheit­liche Regelung mit Standards zu schaffen, die unter anderem eine Ausbildung in den Bereichen Schwimmen, Erste Hilfe, Wasserrettung, Gästebetreuung, Hygiene, Desin­fektion und Wasseraufbereitung als unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung dieses Berufes sicherstellen.

Wir haben bereits im Mai 2008 einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich bringe heute noch einmal einen diesbezüglichen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dringend jene Schritte und Maßnahmen zu setzen, die die Einführung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes für ,Bäderaufsichts-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 72

personen (Bademeister) und damit eine entsprechende einheitliche Berufsausbildung sicherstellen.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung einer bundeseinheitlichen Berufsausbildung für Bademeister

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 5, Bericht des Gesund­heitsausschusses über die Regierungsvorlage (154 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (185 d.B.)

Derzeit lässt die österreichische Rechtsordnung Normen betreffend eine einheitliche Berufsausbildung für den Beruf Bademeister vermissen. Das fehlende Anforderungs­profil für einen Beruf, der große Verantwortung und Einsatz erfordert, führt dazu, dass beispielsweise nicht einmal die Fähigkeit des Schwimmens nachgewiesen werden muss.

Diese Tatsache führte in der jüngeren Vergangenheit bereits zu dramatischen Vorfäl­len, in deren Folge sich in Kärnten ein des Schwimmens unkundiger Bademeister wegen unterlassener Hilfeleistung in Folge eines tödlichen Badeunfalls verantworten musste.

Seit mehreren Jahren wird nun bereits am Österreichischen Normungsinstitut an einer entsprechenden Richtlinie im Sinne der „Qualitätssicherung“ der Ausbildung von Bade­meistern gearbeitet. Derzeit schulen die Bundesländer Bademeister nach eigenen Vor­stellungen und unterschiedlichen Ausbildungsinhalten.

Im Sinne der Sicherheit der Badegäste aber auch der Bademeister ist dringend eine bundeseinheitliche Regelung mit Standards zu schaffen, die unter anderem eine Aus­bildung in den Bereichen Schwimmen, Erste Hilfe, Wasserrettung, Gästebetreuung, Hygiene, Desinfektion und Wasseraufbereitung als unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung dieses Berufs sicherstellen.

Auf Initiative des BZÖ-Landtagsklubs wurde in diesem Sinne bereits am 07.02.2008 vom Kärntner Landtag ein Beschluss betreffend die Ausbildung für Bademeister ge­fasst, in welchem unter anderem durch die Erlassung entsprechender gesetzlicher Be­stimmungen ein Berufsbild für den Beruf „Bäderaufsichtsperson“ (Bademeister) bzw. die Schaffung einer entsprechenden Berufsausbildung und Fortbildung unter Beach­tung o.a. Lehrinhalte gefordert wird.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dringend jene Schritte und Maßnahmen zu setzen, die die Einführung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes für „Bäderaufsichts-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 73

personen“ (Bademeister) und damit eine entsprechende einheitliche Berufsausbildung sicherstellen.“

*****


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.


11.52.16

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Schon wieder ein sehr gutes Gesetz, wissenschaftlich kompetent, voll Verantwortung gegenüber Konsumenten, aber auch mit einem gewissen Amüsement zu lesen. Und da alles so tierisch ernst ist, würde ich ganz gerne auf die heiteren Noten dieses Gesetzes eingehen. Es zeigt nämlich, wie vielfach kompetent Beamte sind: Es wird dem föderalen Prinzip Rechnung getragen – dazu komme ich noch –, es wird auch der deutschen Sprache Huld und Würde zuteil, indem man den Whirlpool „Warm­sprudelwanne“ nennt (Abg. Großruck: Das haben die Freiheitlichen gewollt!) – auch eine Konzession –, und es ist so viel von „Oberflächengewässern“ und von anderen „Wässern“ die Rede, dass man fast glauben könnte, man sei noch im Zeitalter der k. u. k. Seemacht Österreich-Ungarn. So viel nautische Kompetenz war mir jedenfalls im Ressort bislang fremd.

Wenn man jetzt aber die föderalen Sachen liest, dann findet man da Folgendes – ich zitiere –:

„Der Landeshauptmann hat für jedes bestehende Badegewässer ... ein Badegewässer­profil zu erstellen sowie dieses regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Für neue Badegewässer ist das Badegewässerprofil bis zur Aufnahme des Badegewäs­sers in die Verordnung des Landeshauptmanns zu erstellen.“

Wenn ich mir jetzt so vorstelle: Wie läuft das ab? – Wenn ein Landeshauptmann die­sen Satz zehnmal gelesen hat und sich dann, in ein weißes Saunatuch gehüllt, mit handlichem Mikroskop von der Sauna ins Dampfbad bewegt und hier seinen Aufgaben nachkommt, gewinnt der Ausdruck „Landesvater“, der alles weiß und alles kann und alles macht, ziemlich an Gewicht.

Aber wenn man jetzt überlegt, dass die Krankenkassen – das hat auch etwas mit der See zu tun – mit ihren finanziellen Problemen langsam über Bord zu gehen scheinen, aber Österreich glücklich ist, wenn man schaut, dass in Badegewässern keine Salmo­nellen, Würmer und sonstige Sachen vorhanden sind und unsere Gäste vor Fußpilzen geschützt werden, dann hat das wieder eine andere Note. (Abg. Hörl: Das ist auch wichtig!) Es soll ja nicht so sein, dass vor jedem Whirlpool im Zillertal steht: Fragen Sie vor Benutzung den Arzt, den Apotheker, den Hotelier oder den Herrn Landeshaupt­mann! – Das kann es nicht sein. Und „Souvenirs“ wie Hepatitis, Würmer, Pilze sind nicht das, was der Tourist gerne nach Hause mitnimmt. Da verkaufen sich Tirolerhüte wahrscheinlich schon noch etwas besser.

Aber das Gesetz hat einiges geleistet, um sozusagen der Alpensaga nicht eine dritte Folge folgen zu lassen. Und hier hat das Ressort auch auf die Tourismusverbände ge­achtet oder gehört. Wenn man hört, dass in Whirlpools über 60 Prozent der Proben beanstandet werden, dann hat das schon etwas für sich.

Ich lese jetzt vor, was ich dem Tourismus zuschreibe:

Die Kontrollen werden so anzusetzen sein, „dass die erforderlichen Prüfungen und Dokumentationen stattfinden können, ohne das Wohlbefinden des Gastes beziehungs­weise die Privatsphäre der Gäste zu beeinträchtigen.“


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Jetzt weiß ich schon, dass sich in Whirlpools einiges an Privatem abspielen kann. Und dass diese Atmosphäre geschützt werden soll, ist mir auch klar. Ich gebe aber nur zu bedenken, dass, wenn man sich im Whirlpool ansteckt, nicht immer die Güte des Badewassers daran schuld sein muss. (Beifall bei den Grünen. – Ruf beim BZÖ: Was denn? – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Minister, ganz zum Schluss: Sie haben einiges zur Sicherheit beigetragen. Die Tourismusverbände jubeln. Es hat ja Sinn! Das Volk ist ja weise, man sagt: Auf der Alm, da gibt’s ka Sünd’! – Da ist das Whirlpool ja ausgelassen worden. Und das hat der Minister erkannt und hat darauf reagiert.

Was gut ist, Herr Minister Stöger, ist Ihre Ehrlichkeit: Sie sagen, es gibt nie ein Nullrisi­ko. – Das wird den Touristen nicht schaden, und ich wünsche ein frohes Baden! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.57

11.57.30


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 185 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist angenommen.

Ich darf auch einladen, dem vorliegenden Entwurf in dritter Lesung die Zustimmung zu erteilen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schaffung einer bundeseinheitlichen Berufsausbildung für Bademeister.

Wer diesem Antrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Er findet nicht die Mehrheit und ist abgelehnt.

11.58.116. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (153 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (186 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Eine Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.


11.58.31

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns nunmehr mit dem Blutsicherheitsgesetz, das unter anderem auch vorschreibt, welche Tests Blutspenden durchlaufen müssen, um größtmögliche Sicherheit für die Empfänger zu gewährleisten.

Bereits 1975 hat Österreich als eines der ersten Länder der Welt ein Gesetz zur Regle­mentierung der Plasmaspenden beschlossen, und 1999 wurde das Spenden von Blut­plasma und Thrombozyten durch das Blutsicherheitsgesetz neu geregelt. Es enthält zahlreiche Vorkehrungen zum Schutz von SpenderInnen und EmpfängerInnen und ist strenger als internationale Richtlinien.

In der heute zur diskutierenden Änderung geht es nicht um die Schutzbestimmungen im Blutsicherheitsgesetz – hier sind die Standards nach wie vor vorbildlich –, sondern


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 75

um einen administrativen Aspekt, um die Vereinfachung der Inspektionen. Die Inspek­tion von ortsfesten Blutspendeeinrichtungen oblag bisher den Bezirksverwaltungsbe­hörden. Diese sollen künftig nur mehr für die mobilen Blutspendeeinrichtungen zustän­dig sein. Die übrigen Inspektionen werden Aufgabe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Diese Maßnahme soll in Hinkunft in der Praxis die bisher auftretenden Doppelgleisig­keiten vermeiden helfen. Nicht nur die Bezirksverwaltungsbehörden werden entlastet, sondern auch für die betroffenen Betriebe erlaubt die neue Regelung eine einfachere und damit effizientere Administration, da sie in anderen Bereichen ihrer Tätigkeit den Arzneimittelgesetzen und somit ohnehin der Inspektion durch das Bundesamt unterlie­gen.

Was die Bundesanstalt für Sicherheit im Gesundheitswesen betrifft, die nun neue Auf­gaben übernehmen wird, wurde im Ausschuss auch von Minister Stöger festgehalten, dass die Bundesanstalt als Teil der AGES ohnedies über die nötigen personellen Res­sourcen verfügt.

Die AGES ist auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Bereich des Schutzes bei Medikamenten, bei der Nahrungsmittelsicherheit und auch im Umgang mit Pro­blemlagen, etwa im Fall der Neuen Grippe, eine zuverlässige Institution.

Eine wichtige Änderung ist auch die verpflichtende Schriftlichkeit zwischen der Blut­spendestelle und den Labors. Diese gewährleistet zweifellos bessere Nachvollziehbar­keit und mehr Transparenz bei der externen Vergabe von Laboruntersuchungen zur Feststellung der gefahrlosen Eignung von Blutspenden.

In Summe ist dies eine Vorlage, die mehr Effizienz und Klarheit bringen wird – also eine vernünftige Vorlage, die wir gerne unterstützen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.


12.01.52

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle des Blut­sicherheitsgesetzes ist eine Vereinfachung bei der Inspektion von Blutspendeeinrich­tungen. Es gab da bis dato in der Praxis Doppelgleisigkeiten, was zu einer Mehrbelas­tung für die betroffenen Betriebe geführt hat. Durch diese Änderung wird die Aufgabe der Inspektion von Blutspendeeinrichtungen von der Bezirksverwaltungsbehörde auf das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen übertragen. Das bedeutet insge­samt eine administrative Erleichterung.

Bei den mobilen Blutspendeentnahmen wird an der Zuständigkeit der Bezirksverwal­tungsbehörden festgehalten.

Weiters erfolgt auch eine Vorgabe bezüglich Vergabemodalitäten über die Auslagerung von Laborleistungen zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Spendern. Das ist eine wichtige Maßnahme. Da kann man von vornherein feststellen, ob man für die Blutspende geeignet ist oder nicht.

Insgesamt ist diese Novelle ein weiterer Schritt zur Gewährleistung der Sicherheit und der Durchführbarkeit im Bereich des Blutspendewesens in Österreich. Wir haben vor einigen Jahren die freiwillige unentgeltliche, also unbezahlte Blutspende im Gesetz ver­ankert, um zum einen die hohe Qualität der Blutkonserven sicherzustellen und zum an­deren einem internationalen Handel mit Blutprodukten entgegenzutreten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 76

Das nationale Blutspendewesen hat in Österreich eine lange Tradition und ist eine ge­wachsene Struktur, die vom österreichischen Roten Kreuz hervorragend gepflegt und betreut wird.

Wir sollten, Herr Bundesminister, meiner Meinung nach über einen eventuellen nächs­ten Schritt im Blutsicherheitsgesetz nachdenken, nämlich darüber, die nationale Selbst­versorgung gesetzlich zu verankern. Freiwillige, unbezahlte Blutspenden werden auf Basis nationaler Selbstversorgung von nicht auf Gewinn ausgerichteten Einrichtungen durchgeführt. Gerade in Zeiten von Epidemien und Pandemien wäre es, glaube ich, wichtig, eine nationale Selbstversorgung in diesem Bereich sicherzustellen.

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, Herr Bundesminister, dass Sie gestern ge­meinsam mit dem Präsidenten des Roten Kreuzes, Fredy Mayer, Auszeichnungen vor­genommen haben für Betriebe, die sich im Bereich des Blutspendewesens besonders engagieren und hervortun.

Ich möchte auch erwähnen, wer gestern ausgezeichnet wurde. Zu den diesjährigen Gewinnern zählen die Firma Agrarmarkt Austria, Henkel Austria, IBM Österreich, der Kaufpark Alterlaa sowie die HTL Mödling. Ich möchte diese Betriebe ganz bewusst er­wähnen, weil es wichtig ist, dass die Betriebe mithelfen, mitorganisieren bei den Blut­spendeeinrichtungen, beim Blutspendewesen.

Auch das Hohe Haus möchte ich hier positiv hervorheben: Es finden im Parlament das ganze Jahr hindurch Blutspenden statt. Das wird hier auch ordentlich eingerichtet, und dafür möchte ich mich ganz herzlich beim Präsidium bedanken.

Insgesamt werden Österreichs Patienten jährlich mit 500 000 Blutkonserven von 300 000 Spenderinnen und Spendern versorgt. Es sind aber insgesamt nur knapp 4 Prozent der Bevölkerung, die in Österreich regelmäßig Blut spenden gehen.

Schließen möchte ich, indem ich Rot-Kreuz-Präsident Mayer zitiere, der gestern an­lässlich der Auszeichnungsfeier gesagt hat:

Blut kann nicht künstlich hergestellt werden, und eine Konserve ist nur 42 Tage haltbar. Wir brauchen das ganze Jahr über engagierte Blutspenderinnen und Blutspender, die ihren roten Lebenssaft für kranke und verletzte Menschen spenden. Wichtig sind Un­ternehmen und Betriebe, die soziale Verantwortung übernehmen und konkretes En­gagement zeigen. – Zitatende.

Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen. Dieses Gesetz findet natürlich unsere Unter­stützung. Und meine Bitte wäre, über die nationale Selbstversorgung in Zukunft nach­zudenken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.


12.06.22

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Einsparungen im Verwaltungsbereich kann man nur begrü­ßen. Wenn es derzeit zu Doppelgleisigkeiten und damit zur Mehrbelastung der betrof­fenen Betriebe kommt, so muss eine Gesetzesänderung die Vereinfachung bringen.

Das Rote Kreuz berichtet stolz: Jeder bekommt nur das, was er braucht, denn nach der Entnahme wird das Blut in seine Bestandteile zerlegt, in rote Blutkörperchen und Blut­plasma. Die Wissenschaft ist hier enorm weit fortgeschritten. Auch die Haltbarkeit von 42 Tagen statt 21, also eine Verdoppelung, ist ein enormer Fortschritt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 77

Natürlich ist eine enorm große Bürokratie notwendig, vom Spender über die Blutspen­deeinrichtung zum Transport in die Labors der Krankenhäuser, über die Abteilungen des Krankenhauses zum Patienten, um allfällige Krankheiten auch noch im Nachhinein durch die Übertragung zu erkennen.

Wenn aber die Leitlinie für mobile Blutspendeaktionen sowie stationäre Blut-, Thrombo­zyten- und Plasmaabnahmen aus fünf Din-A4 Seiten, groß gedruckt, besteht und, was die Kotrolle betrifft, die Checkliste für Inspektionen neun Din-A4 Seiten, klein gedruckt, umfasst, also doppelt so dick ist, dann muss ich sagen: Es ist für mich unverständlich, warum die Checkliste für Inspektionen doppelt so dick ist wie die Richtlinie für Blut­spendeabnahmen, die die Vorgabe dafür ist, was zu kontrollieren ist. Die Inspektion sollte eigentlich das nachvollziehen, was die Leitlinie vorgibt.

Der Handlungsbedarf ist da offensichtlich. Hoffen wir, dass diese Gesetzesänderung die gewünschte Vereinfachung auch tatsächlich bringen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.


12.08.30

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Die Änderung des Blutsicherheitsgesetzes sieht eine Vereinfachung der Inspektionen vor, um Doppelgleisigkeiten zu verhindern. Die Blutspendeeinrichtun­gen werden von der AGES kontrolliert, die mobilen Entnahmen bleiben aber immer noch in der Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden. Wo da die Beseitigung der Doppelgleisigkeiten erfolgt, weiß ich nicht.

Die Frage, ob die Übernahme der Untersuchungen und der Kontrollen der Blutspende­einrichtungen durch die AGES eine Aufstockung des Personals erforderlich macht, wäre zu beantworten. Die AGES bekommt immer mehr Aufgaben zugeteilt, sodass es bald zu wenig Personal geben wird, und dann wird das Personal aufgestockt werden müssen, und wenn dadurch Mehrkosten entstehen, so ist das abzulehnen. Im Übrigen aber werden wir diesem Vorschlag zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

12.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.


12.09.34

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dieses Gesetz ist einer der ganz wenigen und seltenen Schritte im Sinne einer Verwal­tungsreform und im Sinne des Gedankens, dem Föderalismus auch gewisse Grenzen zu setzen. Was alles die Landesbehörden leisten sollen und was sie sich dafür teilwei­se mühsam an Kompetenzen aufbauen müssen, ist erstens kostentreibend und zwei­tens, sage ich jetzt sehr kritisch, nicht immer qualitätssichernd. Daher muss ich mei­nem Vorredner schon recht geben, wenn er die Frage aufwirft, warum nur stationäre Einrichtungen der Vereinfachung unterliegen, nicht aber ambulante Blutspendedienste. Das ist nur schwer nachzuvollziehen und ein Kompromiss, den man eigentlich vermei­den sollte.

Die stationären Einrichtungen haben schon allein aufgrund der Tatsache, dass sie in Krankenhäusern oder Rotkreuz-Zentren sind, gewisse infrastrukturelle Vorgaben, die ein Bus, der durch die Lande fährt und zum Spenden aufruft, in diesem Ausmaß gar nicht haben könnte. Es ist schade, dass es da eine Trennung gibt. Trotzdem ist diese Änderung gut.


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Noch eine kritische Bemerkung zu den Ländern, die ja bis jetzt die Verantwortung ge­tragen haben. Als es in den siebziger Jahren Hepatitis-C-Opfer unter Plasmaspendern gegeben hat, wollten die Länder eigentlich damit nichts zu tun haben. Es war verein­bart, dass Länder, Bund und Industrie, also Plasmafirmen, in einen Hepatitis-C-Opfer­fonds einzahlen. Der Bund hat gezahlt, die Industrie hat gesagt, sie zahlt nur dann, wenn die Länder zahlen, und die Länder haben nicht gezahlt.

Das fand ich schäbig! Und das sollte das Parlament schon dazu bewegen, dafür zu sorgen, dass die Länder, wenn sie Kompetenzen haben und innerhalb dieser etwas versäumt haben, die Verantwortung tragen gegenüber jenen, denen sie Schaden zuge­fügt haben oder bei denen sie zu wenig dazu beitrugen, diesen Schaden zu vermin­dern. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.


12.12.06

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Jeder von uns kann in wenigen Minuten Blut brauchen, aus irgendwelchen Gründen, und ich glaube, wir sind froh darüber, dass wir ein Gesetz haben und sicher sein können, dass wir Blut bekommen, das wir nicht nur vertragen, sondern das auch unserer Gesundheit nützt.

Weil hier gemeint worden ist, dass diese Gesetzesänderung ein Schritt zu einer Ver­waltungsreform ist, darf ich sagen: Ich sehe diesen Schritt eher in der Vereinfachung durch eine Dokumentation – Abgeordneter Maier hat ja heute schon das Thema Doping angesprochen –, darin, dass in allen Bereichen klar dokumentiert wird, was mit dem Blut, das abgenommen wird, geschieht. Das halte ich für wichtig. Dadurch soll ausge­schlossen werden, dass es in diesem Bereich sozusagen zu Machenschaften kommt, dass mit Blut gehandelt wird. Ich halte dies für eine wichtige Maßnahme zum Schutz der Menschen.

Es wurden bis jetzt jene Einrichtungen und Betriebe, in denen Blutabnahmen stattfin­den, sowohl von den Bezirksverwaltungsbehörden als auch vom Bundesamt für Si­cherheit im Gesundheitswesen überprüft. Jetzt hat man das sozusagen auf ein Gleis gestellt. Ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt ist, denn jemand, der seine Aufgabe gut macht, soll auch die Arbeit, die für alle wichtig ist, zugeteilt bekommen. Es sollen auf jeden Fall Machenschaften ausgeschlossen werden.

Wenn etwas passiert, dann werden eigentlich immer alle in einen Topf geworfen. Das wollen wir verhindern, denn es gibt viele gute Institutionen, die für uns das Blut bei den Menschen abnehmen und an uns weiterreichen.

Ich danke für dieses Gesetz – es ist wichtig, wir brauchen es einfach! (Beifall bei der SPÖ.)

12.13

12.13.30


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 153 der Beilagen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 79

12.14.277. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 473/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend eines Umsetzungs- und Finanzierungsplans einer bundesweiten, abgestuften Hospiz- und Palliativ­versorgung (187 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 7. Punkt der Tagesordnung auf.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.


12.14.56

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Palliativ- und Hospizversorgung spiegelt als sehr plakatives Beispiel wider, wie zerrissen und zersplittert Finanzierungen im Ge­sundheits- und Pflegebereich in Österreich sind. Während nämlich die Palliativversor­gung in den Spitälern der Gesundheitsversorgung zugeordnet wird, wird die Hospizver­sorgung dem Sozialrecht und der Pflege zugeordnet. Einen Teil zahlen die Länder – Kurt Grünewald sagt immer: Sterben ist Ländersache! (Abg. Dr. Grünewald: Ein Zi­tat!) –, und Heilbehelfe, Heilmittel und all die Sachen, die Menschen draußen benöti­gen, werden von der sozialen Krankenversicherung bezahlt. Das heißt, alles in allem ist das ein sehr zersplitterter Finanzierungsstrom, was auch zu der Schwierigkeit führt, dass man nicht genau abschätzen kann, was an Kosten eine effiziente Hospiz- und Palliativversorgung für Österreich zur Folge hätte.

Seit 2001 wurden von der damaligen Bundesregierung und auch von der letzten Bun­desregierung Anstrengungen unternommen, zu planen und zu erheben, und man hat versucht, das alles zusammenzuführen. Leider sind aufgrund der Zersplitterung diese Versuche derzeit über Planen und Erheben nicht hinausgegangen.

Auch diese Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, das prioritär zu behandeln – zum Ausdruck gebracht im Regierungsübereinkommen, aber auch in der Artikel-15a-Vereinbarung –, dafür zu sorgen, dass es zu einer flächendeckenden qualitätsgesi­cherten Palliativ- und Hospizversorgung kommt.

Es gab im Ministerium eine Arbeitsgruppe, die 2006, sofern ich mich richtig erinnere, ihren Abschlussbericht geliefert hat, wo es Vorschläge gegeben hat, die von den Län­dern zum Teil nicht übernommen wurden. Warum? – Weil die Finanzierungsströme außerhalb der LKF-Finanzierung für die Länder nicht geklärt waren. Daher gab es kla­rerweise auch in Anbetracht deren Budgets ein Veto.

Wir haben das jetzt wieder auf der Tagesordnung. Ich hoffe sehr, dass wir es dieses Mal aufgrund des Umstandes, dass das Gesundheitsressort und auch das Sozialres­sort in sozialdemokratischer Hand sind, schaffen werden, in den nächsten Jahren eine qualitativ gesicherte, menschenwürdige Hospiz- und Palliativversorgung für Österreich auf die Beine zu stellen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. In diesem Sinne glaube ich, dass wir dieses Thema wirklich in den nächsten Jahren zu einem Abschluss bringen sollten. Den Zwischenbericht, den der Minister bis 2010 vorlegen soll, sollten wir dafür nützen, darauf weiterführende fruchtbringende und zielführende Diskussionen zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.


12.17.57

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! In den heutigen Zeitungen ist von einer Mordverurtei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 80

lung die Rede, von einem Fall, wo ein unheilbar Kranker seinen Freund gebeten hat, ihn zu erschießen. Er habe darum gebettelt, inständig und immer wieder. „Zufällig“ hat der Sterbende eine Lebensversicherung von 220 000 € gehabt.

Ja, so abwegig ist es nicht, dass manchmal moralische Dämme brechen. Genau des­halb brauchen wir eine hochqualitative Hospiz- und Palliativversorgung. Es gibt da Plä­ne von 450 Betten plus mobile Dienste.

Der alles entscheidende Punkt ist der: Wenn Menschen dem Tode nahe sind, am Ende ihres Lebens sind, dann haben sie sehr oft Schmerzen, dann sind sie oft einsam, dann wissen sie oft nicht mehr aus und ein, und wenn sie dann keine Hilfe haben, keine hel­fende Hand da ist, dann ist der nächste Schritt ziemlich sicher der, dass sie sagen: Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr! Hilft mir jemand, zu sterben?

Dem nachzukommen, ist genau die falsche Antwort, denn wir wissen aus der Hospiz­bewegung, dass dann, wenn man diesen Menschen eine optimale Schmerztherapie gibt, wenn man diesen Menschen die Einsamkeit wegnimmt, der Sterbewunsch plötz­lich weicht und die Menschen die letzten Tage würdig verbringen wollen.

Warum ist das so wichtig? – Es ist vielleicht unspektakulär, aber es ist eine der wesent­lichsten menschlichen Fragen, die wir überhaupt stellen können: Wie gehen wir mit dem Ende des Lebens um?

Andere Staaten gehen sehr schleißig damit um. Für mich ist Holland das absolute Ne­gativbeispiel: 3 200 Patienten beenden ihr Leben nicht selbst, sondern es wird durch fremde Hand beendet – nicht mitgezählt die Dunkelziffer! –, und immerhin schon 20 Pro­zent sind Behinderte und Kinder, die gar nicht um ihren Tod bitten können.

Ich finde das – ich sage das hier ganz ehrlich – entsetzlich: Ich finde das entsetzlich, weil da ein Damm nach dem anderen bricht. Sie haben dort keine alten Menschen mehr! Sie brauchen auch keine Hospizversorgung, sie brauchen auch keine Pflegehei­me, weil die Menschen gar nicht da sind, weil sie ja schon um ihren Tod gebeten ha­ben und dann selbst sagen: Ich gehöre schon weg!, denn was soll der alte Mensch dann verlangen, wenn es keine Versorgung gibt?

Ich halte diesen ethischen Dammbruch, der in manchen europäischen Ländern stattfin­det und vor allem von Holland ausgegangen ist, für gar nicht lustig, für gar nicht ge­scheit und von einer menschlichen Armseligkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Da sind die österreichischen Hospizpläne wirklich sehr zu loben! Ich weiß, wie schwie­rig etwas durchzusetzen ist, ich weiß, wie schwierig etwas umzusetzen ist, aber ich glaube, wir sind da schon einen Schritt weitergekommen.

Jetzt läuft in Deutschland gerade die Rationierungsdebatte. Was soll die Politik sagen, wenn die Ärzte dort bei begrenzten Mitteln verlangen: Ja, bitte, was ist zuerst zu ma­chen, die Hüfte oder der koronare Bypass? – Natürlich kommt bei solchen Fragen auch immer die Rationierungsdebatte am Ende des Lebens, und es gibt sehr wohl Gesund­heitsökonomen – und ich kann sie Ihnen auch zeigen –, die noch vor zehn Jahren gesagt haben: Na ja, im letzten halben Jahr fallen etwa 50 Prozent der Kosten an; was, wenn wir das letzte halbe Jahr irgendwie verkürzen?

Ich denke, Gesundheit und Ökonomie gehen oft miteinander einher, sind eigentlich Zwangspartner, aber das darf nicht dazu führen, dass man ökonomische Ansätze über Gesundheitsansätze stellt. Jeder von uns – jeder Einzelne von uns hier! – kann mor­gen krank sein, kann morgen Hilfe benötigen, und ich glaube, es ist schäbig, es ist völ­lig abzulehnen, wenn ein Mensch am Ende seines Lebens erkennt, dass es keine Hilfe gibt, dass es keine Versorgung gibt, und dass er dann sagt: Bitte bringt mich um!


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Ich glaube, das ist nicht gescheit, und es bringt natürlich auch das ganze Personal in eine massive Stresssituation. Mich wundert es überhaupt nicht, dass es dort Burn-out-Fälle gibt!

Unser Ansatz muss ganz klar folgender sein: Wir brauchen am Ende des Lebens nicht Spitalsbehandlung und Intensivbehandlung um jeden Preis – auch das wollen wir nicht –, wir wollen aber den Schmerz und vor allem die Einsamkeit – es geht nicht im­mer nur um medizinische Handreichungen – bekämpfen, indem wir die richtige Antwort geben. Und die richtige Antwort heißt: optimales Ausbauen der Hospizbewegung, der Palliativversorgung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.) Dann wer­den solche Zeitungsüberschriften wie „Er hat ja darum gebettelt“ Einzelfälle sein und nicht die Regel. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Oberhauser.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.


12.23.28

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass auch die Regie­rungsparteien sich dazu durchringen konnten, diesem Antrag zuzustimmen.

Gerade in den letzten Monaten eines Lebens ist es so, das hat mein Vorredner schon gesagt, dass Menschen sehr häufig einsam sind – das ist der eine Teil. Der andere ist, dass Angehörige mit der Pflege sehr oft auch überfordert und überlastet sind, denn Sie wissen, wir haben derzeit leider die Situation, dass Patienten entweder im Kranken­haus sind oder sie werden sozusagen als unheilbar krank heimgeschickt. Da sind dann die Angehörigen sehr oft gefordert, und das ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand und eigentlich auch eine Schande für Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt, und ich glaube, wir müssen es uns leisten können – und wir können es uns auch leisten! –, Menschen gerade in solch schweren Situationen nicht alleine zu lassen. Und es ist sicher auch eines der Grund­rechte der Menschen, in Würde zu sterben und nicht irgendwo alleingelassen zu wer­den. Daher halte ich diesen Antrag für einen ganz, ganz wichtigen Antrag, für einen bahnbrechenden Antrag.

Ich hoffe, dass, nachdem dieser Zwischenbericht im Jahr 2010 vorgelegt werden soll, auch die Umsetzung sehr, sehr rasch angegangen wird, denn mit einer Evaluierung allein ist es ja noch nicht getan. Und ich bitte wirklich alle, die da Verantwortung haben, schnell und rasch Möglichkeiten auszuarbeiten, damit es in Österreich keinen sterben­den Menschen mehr geben muss, keinen schwerstkranken Menschen mehr geben muss, der nicht weiß, wie er seine letzten Monate verbringen kann/soll, und damit es auch keine Angehörigen mehr gibt, die bei der Pflege verzweifeln. (Beifall bei der FPÖ.)

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.


12.25.20

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Da­men und Herren Abgeordnete! Wir unterstützen diesen Antrag, wir glauben, dass er mehr als notwendig und dringlich ist.

Die Problematik in diesem Bereich ist bekannt: Wir treffen hier vor allem auf Personen, die schwer kranke Angehörige zu betreuen haben in einem Bereich, wo Medizin plötz-


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lich nicht mehr leistbar und finanzierbar wird. Es gibt die Diskussion über die Verabrei­chung und die Kosten von Schmerzmitteln.

Finanzielle Ressourcen dürfen in diesem Bereich keine Rolle spielen. Aus diesem Grund haben sich vor allem auf private Initiativen in Österreich Hospizeinrichtungen – ob sie von kirchlichen Organisationen unterstützt wurden oder auch von wirtschaftli­chen Institutionen – gegründet, die sehr erfolgreich und vor allem human vorbildlich agiert haben.

Es kann aber nicht die Aufgabe von Privatpersonen und Organisationen sein, diese Einrichtungen auch zu finanzieren und zu unterstützen; ich denke, dass es eine öffent­liche Verpflichtung ist, hier insbesondere im Bereich der Schmerztherapie und im Pal­liativbereich die Betreuung zu übernehmen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Kößl.)

Das Problem ist, dass die Verantwortlichen meist unter den unterschiedlichen Kompe­tenzen – ob dem Gesundheitsbereich oder auch dem Sozialbereich – hin- und herge­schoben werden, aus diesem Grund haben die Länder auch oft Aufgaben übernom­men.

Ich darf darauf verweisen, dass es am LKH Klagenfurt gleichfalls aus einer privaten Ini­tiative heraus bereits seit dem Jahr 2004 eine palliativmedizinische Einrichtung gibt, die sich aber nicht nur den Pflegebedürftigen und den sterbenden Menschen widmet, son­dern vor allem auch den Schmerzpatienten. Hier geht es darum, dass auch von Län­derseite die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, denn huma­nes Sterben kann nicht eine Frage der unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern oder Kassen sein, es sollte ein Grundrecht für jeden Menschen sein, und deshalb haben wir hier auch die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

Ich möchte auf noch einen Punkt aufmerksam machen, nämlich dass viele Pflege­bedürftige in Österreich als besondere Härtefälle eingestuft werden müssen, für deren intensiven Pflege- und Betreuungsbedarf die finanziellen Mittel in den Familien oft nicht ausreichen, selbst wenn sie in der Pflegestufe 7 eingestuft sind. Da möchte ich einfach anregen, dass es zu einer Sonderregelung kommt: Es sind wenige Einzelfälle, die da­von betroffen sind. Es sind meist schwerstbehinderte Menschen oder es sind Palliativ­patienten, die für eine gewisse Zeit intensiv medizinisch betreut werden müssten und keine Zusatzzahlungen bekommen – weder von den Kassen noch über die Sozialtöpfe, die auf Länderebene eingerichtet werden könnten.

Ich möchte daher anregen, dass wir so etwas wie eine zusätzliche Pflegestufe für diese Patientengruppe einführen, über die für einen gewissen Zeitraum, der ohnedies meist ein kurzer ist, finanzielle Unterstützung gewährt werden kann, damit Palliativ- und Krebspatienten auch die benötigten Medikamente oder die Heilbehelfe und Zu­satznahrung von den Krankenkassen bezahlt bekommen.

Wir unterstützen diese Initiative, weil sie eine segensreiche ist. Wir unterstützen sie deshalb, weil es bereits viele gute Einrichtungen auf Länderebene, im privaten Bereich und auch im kirchlichen Bereich gibt, die aber koordiniert werden müssten – und das ist das Entscheidende! –, denn wenn es eine zentrale Koordination vonseiten des Bun­des und der Länder gibt, dann könnten wir uns auch die notwendigen Mittel sparen und diese effizienter zum Wohle der Patienten einsetzen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Ab­geordneten der FPÖ.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 83

12.30.22

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Was uns hier vorliegt, ist ein Kompromiss; der Antrag hat ja anders gelau­tet. Ich werde dem Kompromiss zustimmen, weil er natürlich besser ist als nichts, gebe aber schon zu bedenken, dass auf unsere, auf meine Initiative hin eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, die über ein Jahr lang sich traf, diskutierte, evaluierte und im Sommer 2006 einen Bericht vorgelegt hat.

Der Bericht beschreibt die Situation des Ist-Zustandes und beschreibt, wie weit die ein­zelnen Bundesländer und ihre Einrichtungen vom Soll-Zustand – der wurde auf Basis von 2013 berechnet – entfernt sind. Da hat sich gezeigt, dass in manchen Bundes­ländern nicht einmal 20 Prozent des Soll-Zustandes erreicht wurden – nicht einmal 20 Prozent! Am besten war der Erfüllungsgrad immer bei der Freiwilligenarbeit, dort, wo es das Land nichts kostet, dort, wo auch der Bund und die Kassen nichts zu zahlen haben.

Das ist der Dammbruch, der notwendig wäre, nämlich hier zu erkennen, dass das, was wir jetzt haben, wieder eine Evaluierung ist! Und drei Jahre später, was werden wir sehen? – Es ist in drei Jahren einiges geschehen, aber viel zu wenig, das werden wir wissen. Und dann kommt erneut die Frage: Wer regelt dieses System?, oder glauben Sie wirklich, dass es vom Meldezettel, vom Meldeschein eines Sterbenden abhängen soll, in welcher Qualität, in welcher humanen Umgebung und Betreuung er oder sie zu sterben hat, oder vom Gutdünken eines Landeshauptmannes, von seinem persönli­chen Schatzkästchen des Budgets, oder von den Sternsingern oder von den Casinos Austria? – Also ich finde das unerträglich, und mir fehlt da langsam die Geduld! Es bleibt mir nichts anderes übrig und hin und wieder muss man eben lieb und nett sein, damit man überhaupt etwas bekommt, aber ich bin nicht gern lieb und nett!

Sterbende schreiben keine Beschwerdebriefe, das weiß ich schon, und Angehörige regen sich nicht gern Monate danach noch darüber auf, unter welchen Bedingungen ihre Verwandten sterben mussten. – Und es gibt so viele gute Projekte nicht nur der Caritas Socialis, auch der Diakonie und anderer Freiwilligenorganisationen, wie dem Roten Kreuz oder dem Dachverband der Hospizbewegung, die haben Pläne!

Was passiert in Tirol? Ich nenne nur ein Beispiel meines Bundeslandes: Dort fängt man jetzt an, ein Pilotprojekt im Außerfern zu machen – ein Versuchsprojekt! Solche Versuchsprojekte gibt es unzählige auf der ganzen Welt, auch in Österreich. Dieses Versuchsprojekt soll drei Jahre lang dauern, das heißt, in drei Jahren dürfen wir wieder nachfragen: Machen wir das oder machen wir es nicht? – Das stinkt mir!

Ich habe schön langsam zur Kenntnis genommen, dass sich Wohlhabende eine bes­sere, eine schnellere, eine bequemere Medizin leisten können. Und dass sich Wohlha­bende auch gleichzeitig ein humanes Sterben finanzieren können, das sei, wie es sei – aber dass es andere nicht können, finde ich erbärmlich. Und es ist auch ein Aberwitz des Föderalismus, dass, wenn ich im Krankenhaus liege, ich, so zynisch es klingt, umsonst sterbe, will ich aber zu Hause sterben, wo 90 Prozent der Sterbenden ihr Ende verbringen wollen, zahle ich das de facto, wenn es nicht über Spenden getragen wird, selbst. Die Qualität des Sterbens zahle ich mir selbst, und dieses Geld haben die wenigsten Leute!

Also ich wünsche mir Folgendes: Das kostet 110 Millionen €, und bis jetzt wurden schon an die 40, 50 Millionen investiert; das heißt, es kostet, um in Tirol 100 Prozent der Versorgung zu erreichen, ungefähr so viel wie der Rückbau des Fußball-EM-Sta­dions auf den Status quo ante – und das muss drinnen sein! Anderes lasse ich mir hier nicht mehr erklären. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Kickl.)

12.34



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 84

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.


12.35.03

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Dr. Grünewald! Ich gebe Ihnen recht, dass es schon ein bisschen schleppend dahingeht, denn – das muss man ja ganz ehrlich sagen – die ganze Diskussion hat bereits im Jahre 1999 angefangen, als damals, wenn ich das jetzt noch richtig im Kopf habe, im Krankenanstalten- und Groß­geräteplan erstmals das Wort Hospiz vorgekommen ist. Und erst im Jahr 2001 ist dann der flächendeckende Auf- und Ausbau beschlossen worden, und das war damals der erste Schritt in die richtige Richtung, dass man überhaupt sagt: Wir wollen ein Pal­liativkonzept in Österreich haben.

Es ist aber dann bereits im Jahr 2005 diese Artikel-15a-Vereinbarung mit den Ländern abgeschlossen worden, in der man sich darauf geeinigt hat, österreichweit einheitlich gleichwertige, flächendeckende abgestufte Versorgungen zu planen und auch prioritär umzusetzen – nur das Wort „prioritär“ widerspricht sich eigentlich. (Abg. Dr. Grüne­wald: Die Umsetzung! Die Umsetzung!)

Uns allen ist bewusst, dass es regional da und dort widersprüchliche und unterschied­liche Ansprüche geben kann, aber wir haben wirklich die verdammte Pflicht, das auch interdisziplinär zu betrachten. Das heißt, dass jetzt nicht nur der Gesundheitsbereich allein verantwortlich gemacht werden kann, sondern dass auch das Sozialwesen ge­nauso wie die psychologische Betreuung und die seelsorgerischen Aspekte mitberück­sichtigt werden müssen.

Ein Gesichtspunkt, den wir auch nicht außer Acht lassen sollten, ist die demographi­sche Entwicklung, die wir zu verzeichnen haben. Diese lässt nämlich erahnen, dass es immer mehr ältere Menschen in Österreich geben wird, und gleichzeitig wissen wir auch, dass es immer mehr Single-Haushalte und immer mehr Berufstätige gibt, die nicht mehr in der Lage sind, die Pflege der schwerstkranken Menschen übernehmen zu können. Und das wünscht sich keiner von uns – da erzähle ich nichts Neues –: im Sterben alleingelassen zu werden.

Daher ist es umso wichtiger, dass die Versorgung der Menschen bis zum Lebensende sowie die bestmögliche Versorgung der Leiden unabhängig von der sozialen Stel­lung – das zu betonen, ist mir wichtig – gewährleistet sein muss. In Kenntnis dessen hat man ja auch sichergestellt, dass sich sowohl im Regierungsübereinkommen als auch in der Artikel-15a-Vereinbarung die Organisation und die Finanzierung des Pallia­tivkonzepts wiederfinden.

Damit, wie ich glaube, Ihre Bedenken, dass wir jetzt nur mehr davon abhängig sind, ob die Länder etwas tun oder nicht, zerstreut werden, hat es ja einen Auftrag an den Bun­desminister gegeben, Zwischenbilanz darüber zu ziehen, wie es mit der derzeitigen Hospiz- und Palliativversorgung ausschaut. – Und ich bin wirklich aus innerster Über­zeugung so weit, dass ich glaube, dass, wenn dieser Bericht 2010 vorgelegt wird, es uns bei gutem Willen, bei gemeinsamem gutem Willen, gelingen kann, rasch den opti­malen Ausbau der Palliativversorgung in Österreich zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.


12.38.16

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Palliativpflege beginnt nicht erst am Ende des Lebens, sondern Palliativpflege beginnt, wenn die Erkenntnis gereift ist, dass die


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Lebenszeit knapp ist, und in der Betreuung von ambulanten und stationären Palliativ­patienten ist die individuelle Lebensqualität ein Ziel der Behandlung.

Patientenorientierte Palliativmedizin und Palliativpflege erfordern hohe Fachkompe­tenz, die Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer, psychosoziale Betreuung und Unterstützung. Es ergeben sich Aufgaben und Ziele, die nicht allein durch einen Gesundheitsfachberuf ausgefüllt werden können; für das hochkomplexe Ziel „Siche­rung einer hohen Lebensqualität“ ist vielmehr ein interdisziplinäres Team nötig, in dem verschiedene Kompetenzen und Ansichten vereint werden müssen. Mit in dieses Team gehören Ärzte, professionelle Pflegepersonen, Ergo- und Psychotherapeuten, Psycho­logen, ehrenamtliche Mitarbeiter ebenso wie Sozialarbeiter und Geistliche.

Die wichtigste Person im Betreuungsteam ist jedoch der Betroffene selbst: Seine Er­fahrungen und Informationen wie auch die seiner Angehörigen bilden schließlich die Grundlagen der palliativen Versorgung. Dieses Verständnis bedeutet jedoch, dass der Betroffene und seine Angehörigen als Teammitglieder auch in die relevanten Informa­tionen und in die Entscheidungen eingebunden sind.

Palliativ passt auch sehr gut in die Hauskrankenpflege. Meine Vorredner haben bereits angesprochen, dass das natürlich enorme Kosten verursacht. In der Bevölkerung gibt es den Spruch: Nicht einmal der Tod ist umsonst, denn der kostet das Leben!, und wenn wir verhindern wollen, dass vorher noch zusätzliche Kosten entstehen, wenn man in Würde sterben möchte – und es wollen alle Menschen in Würde sterben und vor allem nicht allein gelassen werden –, dann müssen wir als Volksvertreter und als Hohes Haus die Möglichkeiten schaffen, dass ein Sterben in Würde tatsächlich möglich ist.

Wir haben im Burgenland eine flächendeckende Versorgung durch alle Organisatio­nen, die es gibt, wie das Rote Kreuz, die Diakonie als kirchliche Institution oder auch meine Organisation, das Burgenländische Hilfswerk, und viele andere mehr. Wir betrei­ben diese Hospiz und Pflege, und ich hoffe, dass es auch in anderen Bundesländern, dass es österreichweit gelingt, alle Mittel aufzubringen, die notwendig sind, um jedem Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordne­ten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.


12.41.22

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Grünewald, ich bin Ihnen sehr dankbar für die Initia­tive, die da ergriffen wurde. Ich glaube, dass wir jetzt mit dieser Vorlage einen wichti­gen Schritt setzen.

Ich sage immer: Eine gesunde Gesellschaft hat zwei Aufgaben zu erfüllen: die eine ist, neugeborene Babys und Kinder ins Leben hineinzuführen, und die andere ist, Sterben­de und unheilbar Kranke aus dem Leben hinaus zu begleiten. Das ist eine Sache der Menschenwürde und der Menschlichkeit.

Ich glaube, dass wir Hospiz und Palliativ einerseits als eine Verbesserung der Lebens­qualität von unheilbar Kranken und Sterbenden und auf der anderen Seite als Erleich­terung und Überwindung dieser schwierigen Situation für die Angehörigen verstehen müssen.

Im Mittelpunkt dieser Hospiz- und Palliativbetreuung müssen der Patient und der Ange­hörige stehen; der Patient mit der Linderung seines Leidens, mit einer vernünftigen und angepassten Schmerztherapie. Und es ist eine ganz wichtige Aufgabe der Politik, die finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Ärzte und Pflegepersonal ausge-


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bildet werden können, die gerade in diesem Bereich den Patienten eine entsprechende Betreuung und Behandlung zukommen lassen können.

Wir haben das Problem, dass wir zu wenige ausgebildete Ärzte in diesem Bereich ha­ben. Wir haben das Problem, dass sich zu wenige Hausärzte wirklich mit dieser Mate­rie auseinandersetzen. Wir haben das Problem an den Wochenenden, wenn der Haus­arzt vielleicht nicht erreichbar ist, dass wir zu wenig Notärzte haben, die sich mit dieser Materie auskennen. Gerade da muss angesetzt werden. Es ist die Aufgabe der Politik, in der nächsten Zeit die Rahmenbedingungen bei der Ausbildung im ärztlichen Bereich und natürlich auch bei der Ausbildung im Pflegebereich zu schaffen. Wir wissen auch ganz genau, dass wir das nicht alles im hauptamtlichen Bereich durchführen können, wir müssen danach trachten, das Ehrenamt in diesem Bereich weiter zu forcieren.

Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, aber es müssen weitere Schritte gesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.44

12.44.30


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt dazu keine weitere Wortmeldung vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 187 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist angenom­men. (E 35.)

12.45.008. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 491/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung und Ausbau des Nationalen Kindergesundheitsplans (188 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 503/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche und

über den Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Ju­gendliche (189 d.B.)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zu den Punkten 8 und 9 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.


12.45.43

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits eingangs erwähnt, handelt es sich hier um zwei unterschiedliche Anträge. Im ersten Antrag geht es dar­um, den Ausbau des Nationalen Kindergesundheitsplans zügig voranzutreiben. Dieser Antrag wurde von uns bewusst sehr weitreichend geschrieben, und dennoch ist im Ausschuss eine Abänderung gekommen, die nichts anderes beinhaltet hat, als dass der Bundesminister aufgefordert wird, den Gesundheitsplan weiter umzusetzen. – Mei-


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ne Damen und Herren, das ist ein bisschen etwas anderes als ein Ausbau, und wir werden daher diesem neuen Abänderungsantrag nicht zustimmen.

Auch möchte ich darauf hinweisen, dass natürlich klar ist, dass der Herr Bundesminis­ter das, was bereits vorliegt, weiter umzusetzen hat. Dazu bedarf es doch keines An­trages; würde er das nicht tun, würde er seiner Arbeit nicht nachkommen. Daher ist das völlig unverständlich.

Beim zweiten Antrag geht es darum, sämtliche Selbstbehalte für Therapien für Kinder und Jugendliche abzuschaffen. Ich glaube, das wäre eine sehr sinnvolle und notwen­dige Maßnahme, denn die Selbstbehalte treffen wieder vor allem sozial schwache Eltern, deren Kinder bestimmte Behinderungen haben oder Unfälle hatten – es kann also jeden treffen. Und diese Eltern sind oft mit den Selbstbehalten, die sie für diverse Therapien leisten müssen, wie Physiotherapien, Psychotherapien, wirklich finanziell überfordert. Ich glaube, auf der Visitenkarte des Sozialstaates sollte schon auch ste­hen, wie man mit der Herausforderung der Kindertherapien umgeht.

Im Zuge der Budgetdebatte wollten wir auch wissen, wie viele Ergotherapeuten es in Österreich gibt, die einen Kassenvertrag haben. Der Bundesminister hat als Antwort gegeben, es seien in ganz Österreich 61. Ich glaube, es ist ein sehr schwaches Zei­chen, wenn man wieder genau bei den Schwächsten der Gesellschaft spart. Außerdem haben – das dürfen wir nicht übersehen – viele Krankheiten, die im Kindes- und Ju­gendalter behandelt werden, dann geringere bis keine Folgekosten mehr. Alles, was man länger anstehen lässt, verursacht sehr hohe Folgekosten. Daher verstehe ich ein Sparen an diesem Platz nicht und ist für mich auch das Argument Geld nur ein vorge­schobenes.

Wir müssen einmal darüber nachdenken, dass es immer mehr kosmetische Operatio­nen gibt, die von der öffentlichen Hand bezahlt werden, aber auch immer mehr Eltern, die nicht wissen, wie sie die notwendigen Therapien für ihre Kinder bezahlen sollen. Kinder, die eine Querschnittlähmung erlitten haben, habe ich bereits erwähnt, aber auch Kinder, die nach Unfällen schwere Verletzungen haben, die oft monatelang Phy­siotherapien brauchen, deren Eltern nicht nur den enormen Zeitaufwand auf sich neh­men, sondern auch extrem hohe Kosten tragen müssen. Kinder mit Verhaltensauffällig­keiten kann man im Kleinkindalter viel leichter behandeln als in späteren Jahren. Auch die Eltern von Kindern mit Augenproblemen, mit Sinnesproblemen müssen sehr viel Geld bezahlen. – Und treffen tut es nun einmal die sozial Schwachen. Je weniger je­mand verdient, umso mehr muss er dafür aufwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, meine Damen und Herren, da darf man die Kosten nicht als Argument da­gegen vorschieben – in Wirklichkeit ist das auch nicht teurer, ich habe das schon er­wähnt; aber es ist einfach so, dass man das erst später erkennt. Das heißt, wir haben hier wieder das Problem, dass eine Bundesregierung nur in einer Legislaturperiode denkt und sagt: Bis die Folgekosten zum Tragen kommen, sind wir nicht mehr dafür zuständig!

Das ist sehr, sehr schade, denn letztlich leiden die Betroffenen darunter. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.


12.49.36

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Schönheitsoperationen, die von der öffent­lichen Hand bezahlt werden, sind immer die netten Einstreuer, die von Ihrer Seite kom-


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men und jeglicher Realität entbehren (Abg. Neubauer: Das ist ja nicht wahr!), machen sich aber ganz gut, sage ich jetzt einmal. Ich werfe Ihnen deshalb aber – meiner Meinung nach zu Recht – Populismus und Aufhetzen vor. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Sie haben keine Ahnung!)

Dass Kinder keine „kleinen Erwachsenen“ sind, so wie Frauen keine „besseren Män­ner“, darüber brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren, und ein Nationaler Ge­sundheitsplan für Kinder, der kindgerecht ist, ist, meine ich, zu unterstützen, fortzufüh­ren; all diese Dinge sind zu erledigen.

Sie vermengen in diesem Zusammenhang sehr viel. Es geht hier um zwei Anträge, die zu behandeln sind: Streichung von Selbstbehalten, kostenfreie Therapien. Das sind völlig unterschiedliche Dinge. (Abg. Ing. Hofer: Es sind auch zwei Anträge!) Sie ver­mengen das in Ihrer Rede zum Beispiel auch mit unfallgeschädigten Kindern, für die Eltern für physiotherapeutische Leistungen sehr, sehr viel bezahlen müssen.

Im ASVG gibt es, wenn es eine Vertragsleistung ist – und Physiotherapie nach einem Unfall ist eine Vertragsleistung –, keine Zuzahlungen. Das ist kostenfrei. Ein Problem, darin gebe ich Ihnen Recht, ist, dass es möglicherweise zu wenig Niedergelassene mit Kassenvertrag gibt. Das ist aber kein Problem, das eine Bundesregierung lösen kann. Das könnte eine Bundesregierung lösen, indem sie den Krankenkassen extrem viel Geld zukommen ließe – ja, darin gebe ich Ihnen auch wieder Recht –, aber im Prinzip ist das ein Vertragspartnerrecht.

Dass vor allem die Eltern unfallgeschädigter kranker Kinder, augengeschädigter Kinder zahlen müssen, das sind Vertragspartnerrechtsfragen. Die Frage der ErgotherapeutIn­nen ist keine Frage einer Verordnung, eines Gesetzes, eines Bundesministers, son­dern eine Frage dessen, was sich eine Krankenkasse im Rahmen der Selbstverwal­tung mit ihren Vertragspartnern ausmacht. (Abg. Ing. Hofer: Das Parlament kann aber beschließen!)

Keine Frage, ich meine, dass es, vor allem was den Bereich der Kinder- und Jugend­psychiatrie – vielfach zitiert – betrifft, Nachholbedarf gibt. Man soll aber die Kirche im Dorf lassen. Im Prinzip ist es so, dass wir Selbstbehalte haben – wir sind die Letzten, die für die Aufrechterhaltung von Selbstbehalten sind –, und wir haben auch einen Selbstbehalt, wo wir wissen, dass Eltern von Kindern und Jugendlichen wirklich bezah­len, die Kosten für Spitalsaufenthalte. Und genau dahin geht auch unser Entschließungs­antrag, nämlich den Minister aufzufordern, bei den nächsten Artikel-15a-Vereinbarun­gen mit den Ländern darauf zu drängen, dass es einen kostenfreien Spitalsaufenthalt für Kinder und Jugendliche gibt, um Eltern von schwerkranken Kindern zumindest diesen Teil der Belastung zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.


12.52.25

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Unter diesen beiden Tagesordnungspunkten werden drei verschiedene Anträge behandelt. Dem Antrag, der den Ausbau und die Umsetzung des Nationalen Kinderge­sundheitsplans betrifft, werden wir unsere Zustimmung geben, denn wir wissen, dass in Österreich diesbezüglich Defizite bestehen und dass gerade ein gut funktionierender und mit Fakten gefütterter Kindergesundheitsplan dazu beiträgt, dass man von Präven­tion nicht nur redet, sondern Prävention auch wirklich leben und einsetzen kann.

Es gibt in Österreich bundesweit kaum gesundheitsbezogene Daten, was Kinder und Jugendliche betrifft. Es gibt zum Beispiel keine detaillierten Untersuchungen beim Mut­ter-Kind-Pass – mit Ausnahme von zwei Bundesländern, muss ich dazusagen, nämlich


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Steiermark und Vorarlberg, wo das gemacht wird. Und es gibt auch keine Informatio­nen darüber, wie die Familien mit Kindern in Präventionsmaßnahmen einbezogen sind.

Prävention ist einfach ein extrem wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge, der Gesund­heitsreform, und daher müssen wir alles tun, um die Prävention auch im Kindes- und Jugendalter zu forcieren.

Der zweite Punkt befasst sich mit den Therapien, das heißt mit der Abschaffung der Selbstbehalte beziehungsweise mit dem kostenfreien Zugang zu Therapien. Auch das ist zu begrüßen, denn wir sehen, dass die Gefahr besteht, dass es zu zwei Klassen von Kindern kommt – ähnlich, wie heute Vormittag bei der Diskussion über Nachhilfe –: zu Kindern, die aus einem sozialen, familiären Umfeld kommen, wo sich die Eltern diese Therapien leisten können, seien es Ergo- oder Psychotherapien, die ganze Pa­lette, und zu Kindern, die aus Familien kommen, die dieses Frühwarnsystem nicht in Anspruch nehmen können, weil sie es sich nicht leisten können.

Daten und Zahlen zeigen uns, dass 10 bis 15 Prozent der Jugendlichen und Kinder im Rahmen ihrer Entwicklung zeitweise Behandlungen brauchen, und das ist ein sehr, sehr hoher Prozentsatz. Da, denke ich, besteht absoluter Handlungsbedarf, vor allem auch deshalb, weil Kinder ja nicht selbst entscheiden können, sondern letztendlich das familiäre Umfeld entscheidet, ob man sich etwas leisten kann oder nicht.

Da immer die finanziellen Mittel angesprochen werden, muss ich sagen: Wenn wir uns ein Kassensanierungspaket leisten können, das sehr rasch auf die Reise geschickt wurde, ein Paket zur Sicherung der Kassenfinanzierung, ohne Gegenleistungen im Rahmen der Strukturreform zu verlangen, dann muss für unsere Kinder und Jugendli­chen auch rasch das notwendige Geld vorhanden sein. (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiterer Antrag, den wir im Ausschuss eingebracht haben, befasst sich mit der Ab­schaffung der Selbstbehalte für Kinder bei Krankenhausaufenthalten. Heute ist es ja so, dass für mitversicherte Kinder bei Krankenhausaufenthalten eine Zuzahlung zu den Pflegegebühren geleistet werden muss. Dies ist in den Bundesländern leider sehr unterschiedlich: In Salzburg und Vorarlberg zum Beispiel kostet die Eltern der Kranken­hausaufenthalt ihres Kindes täglich bis zu 17 €, das sind bis zu 476 € pro Jahr.

Diese Krankenhaus-Selbstbehalte für Kinder sind um 50 Prozent höher als die Selbst­behalte für Erwachsene und gehören aus unserer Sicht so rasch wie möglich beseitigt. Gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise, in denen Väter, Mütter arbeitslos werden, in denen Väter, Mütter Kurzarbeit haben und wirklich jeder Euro noch gezielter eingesetzt werden muss, darf es kein Problem geben, wenn ein Kind krank ist, wenn ein Kind ins Krankenhaus muss, dass man sich das vielleicht nicht leisten kann, dass man das nicht zahlen kann.

Daher wollen wir, dass dieser Selbstbehalt rasch abgeschafft wird. Die Eltern sind ohnehin psychisch sehr belastet, wenn ein Kind im Krankenhaus ist, und man sollte den Eltern diese finanzielle Belastung nehmen.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Ab­schaffung der Krankenhaus-Selbstbehalte für Kinder

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, rasch familienfreundliche Maßnahmen zur finanziel­len Entlastung der Familien durchzuführen und die generelle Abschaffung der Zuzah-


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lung zu den Pflegegebühren bei Krankenhausaufenthalten und Therapien von Kindern unter 18 Jahren umzusetzen.“

*****

Ich ersuche Sie, meine Damen und Herren, aber auch Sie, Herr Bundesminister, er­kennen Sie dieses Problem, das wir haben, und machen Sie vor allem auch Druck auf die handelnden Personen, Druck auch auf die Länder, die hier eingebunden werden müssen, und setzen Sie ein Signal in Richtung Kinder- und Jugendgesundheit. – Dan­ke. (Beifall beim BZÖ.)

12.58


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Ab­schaffung der Krankenhaus-Selbstbehalte für Kinder

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche und über den Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche (189 d.B.)

Nach den derzeit gesetzlichen Bestimmungen müssen mitversicherte Angehörige bei einem Krankenhausaufenthalt eine 10-prozentige Zuzahlung zu den Pflegegebühren leisten, die direkt vom Krankenhaus eingehoben werden. Diese Kostenbeteiligung wird aber für junge Familien immer mehr zur finanziellen Belastung. In Salzburg und Vor­arlberg kostet den Eltern der Krankenhausaufenthalt ihrer Kinder täglich bis zu 17 Euro und bis zu 476 Euro pro Jahr. Der Krankenhaus-Selbstbehalt für Kinder ist somit um fast 50 Prozent höher als der Selbstbehalt für Erwachsene. Denn ein Selbstversicher­ter in der Steiermark muss dafür etwa 8,68 Euro leisten. Da dieser Selbstbehalt auch jedes Jahr ansteigt und für maximal 28 Tage zu bezahlen ist können die Eltern diese Kostenbeteiligung kaum mehr finanzieren. Vor allem Familien mit chronisch kranken Kindern trifft diese Regelung besonders hart.

Kinder sind unsere Zukunft und gerade deshalb ist es wichtig sie bestmöglich in ihrer Entwicklung und im Krankheitsfall bei ihrer Genesung zu unterstützen. Doch durch diese finanzielle Belastung der Eltern ist zu befürchten, dass die bestmögliche Gesund­heitsversorgung für die Kinder nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Daher muss im Interesse der Familien diese Zuzahlung der Eltern bei Krankenhausaufenthalte und Therapien ihrer Kinder unter 18 Jahren rasch abgeschafft werden und mehr Familien­freundlichkeit in unserem Land umgesetzt werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, rasch familienfreundliche Maßnahmen zur finanziel­len Entlastung der Familien durchzuführen und die generelle Abschaffung der Zuzah-


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lung zu den Pflegegebühren bei Krankenhausaufenthalte und Therapien von Kindern unter 18 Jahren umzusetzen.“

*****


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.


12.58.35

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Als Arzt habe ich mir in meiner Tätigkeit zwei Prinzipien angewöhnt: erstens: genau hinschauen – wer nicht genau hinschaut, kann nämlich nichts sehen –; zweitens: Nur wer eine genaue Diagnose stellt, kann auch die richtige Therapie machen.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich glaube, wir alle hier sind eigentlich „kleine Ärzte“ oder gefordert als „kleine Ärzte“, denn die Tätigkeit eines Parlamentariers unter­scheidet sich oft gar nicht so sehr von der Tätigkeit eines Arztes: Wer genau arbeitet, wird bessere Ergebnisse erzielen. Genauso ist es auch beim Thema Kindergesund­heitsplan. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Brauchen wir überhaupt solche Pläne?, werden viele fragen. Jawohl! Ich möchte keine willkürliche Versorgung und auch keine Zufallsversorgung, sondern ich möchte genau wissen, wo etwas notwendig ist. Glauben Sie mir, als Wiener, als Meidlinger weiß ich ziemlich genau, was in meinem nächsten Umfeld vor sich geht, aber es wäre wirklich vermessen, würde ich sagen, ich weiß, was in Vorarlberg oder in der Steiermark vor sich geht oder was man dort braucht.

Deshalb brauchen wir Fachleute und Experten, die uns sagen: Was ist Sache, was brauchen wir überhaupt, und wo brauchen wir es? – Es kann nicht das Ziel sein, dass wir irgendeinen Wildwuchs haben, sondern wir brauchen wirklich zielgerechte Pläne, über die man auch diskutieren kann. Nur dann, wenn man einen Plan hat, den man ge­meinsam beschließt – denn nur etwas, was gemeinsam getragen wird, wird auch um­gesetzt, sonst produzieren Sie Pläne für die Tischlade –, nur dann, wenn man einen Plan hat, kann man später auch ein Ziel verfolgen und das Ziel überprüfen. Ein ganz wichtiger Punkt ist nämlich die Zielüberprüfung.

Qualität heißt für mich nicht nur, dass man irgendwelche Berge von Daten in irgend­welchen Laden verschwinden lasst – ich verweise auf die „Qualitäts-Bürokratie“, die sich da international aufbaut –, sondern Qualität hat für mich auch einen ethischen Aspekt. Qualität heißt: Wie gehe ich mit den Kleinsten, den Schwächsten der Gesell­schaft um?

Darum ist mir die Initiative der Kinderärzte Waldhauser und Thun-Hohenstein sehr, sehr wichtig! Auch wenn Sie sagen, da haben wir Defizite, uns fehlen da 70 Millio­nen € – soll sein, ich kann das nicht im Detail nachprüfen. Eines weiß ich aber ganz bestimmt: Ich weiß, dass viele Kinder in einer Armuts-Bildungs-Falle sind. Wenn die Eltern mangelnde Bildung haben, aber auch arm sind, dann ist die Gefahr sehr, sehr groß, dass sie den Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem nicht finden. Was können die kleinen Kinder dafür, dass die Eltern auch nichts dafür gekonnt haben?

Das ist ja die Kernfrage! Wenn sie dann kein Angebot, kein niedrigschwelliges Kassen­angebot haben, Herr Minister, dann gibt es einen hundertprozentigen Selbstbehalt. Dann brauchen wir nicht über 3, 4 oder 5 € zu reden, denn wenn einer etwas nicht be­kommt, dann kann er es sich höchstens privat zukaufen.


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Es ist für mich überhaupt nicht einsichtig, dass man so nonchalant darüber hinweggeht und sagt: Es gibt kaum logopädische Betreuung, ergotherapeutische Betreuung und so weiter. Ich habe als Jugendlicher selbst einmal einen S-Fehler gehabt; ich weiß, was es in der Schule bedeutet, wenn man gehänselt wird. Ich habe jetzt einen Patienten, der mit 30 Jahren noch stottert und den man nie betreut hat. Es ist eigentlich nicht not­wendig, dass es so etwas in Österreich noch gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von FPÖ und Grünen.)

Deshalb bleibe ich dabei – erstens: hinschauen, zweitens: genaue Diagnosen! Wir alle sind da gefordert. Ich würde noch einen dritten Punkt hinzufügen: Ein bisschen Herz tut überall gut: in der Ökonomie, in der Politik, denn wenn man Dinge mit dem Herzen sieht, sieht man sie oft etwas anders.

Ich sage dann: Wenn wir hinschauen, werden wir zum Beispiel das Problem der Kin­derrehabilitation endlich lösen. In Österreich fahren jährlich über 200 000 Leute auf Rehabilitation, da hat man manchmal auch Zweifel: Ist es das eine oder andere Mal wirklich notwendig gewesen, dass jemand auf Kur gefahren ist? – Aber eines weiß ich ganz bestimmt: Für die 180 Kinder, die Kinderkrebs haben, ist das wirklich ein Marty­rium! Das ist ein Kampf auf Leben und Tod, der sich über Monate hinzieht. Das sind in meinen Augen kleine Helden; ich würde das oft nicht durchstehen. (Allgemeiner Bei­fall.)

Was die Familien mitmachen, auch die Geschwister, die in dieser Zeit vernachlässigt werden, ist nicht ohne! Ich sehe es überhaupt nicht ein, dass wir die Kinder in den Schwarzwald schicken, nur weil wir nicht imstande sind, in Österreich eine Lösung zu finden. Ich glaube, da sollten wir einmal ein bisschen über unseren Schatten springen und nicht nur hinschauen, sondern auch rasch schauen. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.


13.04.08

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Ich muss dem Kollegen Erwin Rasinger Recht geben. Aber bleiben wir rea­listisch: Wir machen Pläne um Pläne. Ich habe hier den Rauch-Kallat-Plan vor mir; das ist nur die Kurzfassung, und sie hat schon 30 Seiten, aber es gibt auch eine Langfas­sung. Zahlreiche internationale Expertinnen und Experten haben daran gearbeitet, und es kommt nun die Frage: Was dann? – Einmal wird evaluiert, einmal wird ein Plan ge­macht. Aber einmal möchte ich etwas sehen! Man kann auch Heiratspläne schmieden bis zur Pensionierung, oder ein Architekt zeichnet einen Plan, baut aber nie ein Haus. Was soll das?

Ich mache jetzt etwas, was ich sonst nicht tue, und gebe einmal eine Empfehlung. Es gibt ein Buch mit dem Titel „Weggelegt. Kinder ohne Medizin?“ über Probleme der Kin­derheilkunde. Es wurde von jenen Ärzten geschrieben, die Kollege Rasinger erwähnt hat, Waldhauser und anderen. Sie beschreiben auf 200 Seiten, wo etwas nicht optimal ist und wo es gröbere Defizite bei der Versorgung von Kindern gibt. Das Buch hat mit zwei Kapiteln einen Skandal ausgelöst, weil beschrieben wurde, dass in sehr aner­kannten Zentren die Ergebnisse bei Herzoperationen und bei Lebertransplantationen schlechter als in einem anderen Zentrum waren oder möglicherweise auch zu wenig transplantiert wurde. Über alle anderen 90 Prozent der Seiten hat kein Mensch disku­tiert, darüber sollte man aber ebenfalls reden!

Minister Stöger hat gesagt – und da hat er schon Recht –, natürlich bekommt in Öster­reich de facto jede und jeder auch als Kind Leistungen, wenn diese beantragt werden.


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Aber wir reden seit Neuestem nicht mehr über die Finanzierung! Mir ist klar, dass diese Pläne zur Kindergesundheit und deren Verbesserung nicht einfach zu verwirklichen sind, wenn die Kassen mit dem Rücken zur Wand stehen. Darüber redet man ja nicht mehr. Dass Sparpakete kommen werden, wird hier pausenlos gesagt, aber niemand traut sich, Folgendes zu sagen: Es wird eng in der Gesundheitsfinanzierung. Daher sollten wir darüber sprechen: Ist man bereit, nötiges Geld in die Krankenversorgung zu stecken, ja oder nein?

Das ist nicht nur eine Frage des Könnens, sondern primär eine des Wollens. Es ist leicht auszurechnen, dass sinnhafte Investitionen auch eine Rendite für Staat, Bevölke­rung und natürlich die Kranken haben. Neuro-Rehabilitation etwa: Auch Kinder haben Schädelverletzungen nach Unfällen und können Gehirnblutungen haben. Wenn ich nicht bereit bin, da zu investieren, habe ich lebenslange Pflegefälle; das kostet auch et­was! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum helfen solche Argumente gar nicht? – Da kann ich hundert Mal „Herzblatt“ spie­len und hier hundert Mal tosenden Applaus bekommen: Wenn nichts geschieht, nützt das alles nichts!

Aber ganz banale Rechnungen zeigen, dass die Investitionen sinnhaft sind. Die WHO spricht von einem maximalen Mangel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wenn hier nicht rechtzeitig therapiert und diagnostiziert wird, werden das chronisch kranke Kin­der, die eingeschränkt arbeitsfähig sind, die in der Schule Schwierigkeiten haben und die zu einem hohen Prozentsatz arbeitslos sind. Ist denn das alles gratis? Warum küm­mere ich mich nicht darum, dass es eine bessere Versorgung gibt, auch wenn es eng ist? – Ich glaube, diese Sachen sind einfach essenziell.

Abschließend zu den Leistungen: Ich habe mir angesehen, wie viele Ergo- oder Sprachtherapeuten es gibt. Es gibt sehr viele, aber wissen Sie, was sie bekommen? Wissen Sie, wie oft manche Kassen eine Therapie zahlen?

Kinder mit Geburtsschäden, spastische Kinder brauchen eine Bobath-Therapie, auch eine physikalische Therapie. Früher hat man da zwei, drei Stunden pro Woche gezahlt, und das war auch notwendig. Jetzt sind es zwei Stunden, dann nur mehr eine, dann eine mit Selbstbehalten. Manche Leute, alte und junge, sind noch nicht einmal entklei­det, da schaut der Therapeut schon auf die Uhr. Die Therapie dauert nicht mehr 45 Mi­nuten, sie dauert nur noch 30 Minuten, bei manchen Kassen 20 Minuten. Das kann es nicht sein, das kommt uns teuer. Herz hin oder her – mir ist es sogar recht, wenn es jemand ohne Herz macht, aber es muss passieren!

Herr Bundesminister Stöger, bitte schauen Sie, dass der Kindergesundheitsplan Ihrer Vorgängerin oder Vorvorgängerin einen oder zwei Füße auf den Boden bekommt! Dann braucht es noch weitere Schritte, wieder und wieder, aber keine Pläne mehr, sondern es geht darum, die Pläne umzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.


13.09.22

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, das Thema Kindergesundheit und Kindergesundheitsplan ist ein sehr, sehr wichtiges Thema, und es macht auch deutlich, dass man im Gesundheitswesen sehr genau hinsehen und auch differenzie­ren muss. Wir müssen unterscheiden, gerade auch in Therapien: Wie geht man mit Er­wachsenen um? Wie geht man mit Kindern um? Welche Chancen haben Kinder, Zu­gang zum Gesundheitssystem generell zu bekommen?


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Wir haben viele Maßnahmen gesetzt, die einen leichten Zugang von Kindern zum Ge­sundheitssystem schaffen. Ich erinnere auch an den Mutter-Kind-Pass, den Österreich gegenüber der Welt positiv darstellen kann.

Der Gesundheitsplan für Kinder ist strukturell notwendig, um die Kindergesundheit im Auge zu behalten. Was die Anforderung betrifft, dass Gesundheit auch finanziert wer­den muss, bedanke ich mich bei all jenen Abgeordneten, die bei der letzten Abstim­mung ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass es möglich geworden ist, zusätzlich Geld zur Finanzierung der österreichischen Krankenkassen zur Verfügung zu stellen, weil das dazu führt, dass man gerade für die Gruppe der Kinder auch neue Leistungen anbieten kann.

Wir erheben derzeit, wo Kinderrehabilitationen notwendig sind, welche Einrichtungen wir haben und wie man diese auf die spezielle Bedürfnislage von Kindern ausrichten muss, und zwar hinsichtlich Schulbesuch und Ähnlichem. Wir haben sicherstellen kön­nen, dass es Tageskliniken für Kinder gibt, damit die Versorgung durchgeführt wird. Es ist auch immer ein Zusammenspiel zwischen dem Sozialbereich, der Jugendwohlfahrt und dem Gesundheitswesen erforderlich, um für Kinder geeignete Gesundheitsmaß­nahmen anbieten zu können. Ganz besonders wichtig ist es, die Frage die Elternbe­gleitung in den Vordergrund zu stellen.

Wir haben im Bereich des Obersten Sanitätsrates sichergestellt, dass wir eine eigene Kinderkommission haben und die Sensibilität für die spezielle Problemlage von Kindern im Gesundheitssystem darstellen. Hier soll man weiterarbeiten und auch differenzie­ren. Ich erinnere an die vorherige Abstimmung: In der Ärzteausbildung haben wir gera­de in Mangelfächern wie der Kinder- und Jugendpsychiatrie heute schon eine Verbes­serung gesetzt.

Erlauben Sie mir noch eine kurze Stellungnahme zum Thema Contergan. Wir haben dieses Thema aufgegriffen, seit ich als Gesundheitsminister im Amt bin. Mir ist das per­sönlich sehr wichtig, aber nicht nur mir, sondern auch meinen Mitarbeitern ist dieses Thema sehr wichtig.

Wir haben, um die Personengruppe zu erheben, ein Inserat in der „Ärzte Zeitung“ ge­schaltet, damit wir feststellen können, wer in Österreich tatsächlich davon betroffen ist. Bis zum heutigen Tag haben sich 32 Personen gemeldet. Wir sind auch in Kontakt mit den Gesundheitsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland, wodurch es ermöglicht worden ist, dass jetzt auch Österreicherinnen und Österreicher wieder einen Antrag nach deutschem Recht stellen können, um vom Fonds erfasst zu werden. Das wird auch in Zukunft gelten. Wir führen außerdem Gespräche mit der Pharmaindustrie, um den betroffenen Personen entsprechende Unterstützung angedeihen zu lassen.

Aber es ist ganz, ganz wichtig, dass wir auch ein Arzneimittelrecht zustande bringen, das solche Entwicklungen für die Zukunft ausschließt. Ich bedanke mich dafür, dass wir auch das Arzneimittelrecht weiterentwickeln. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hechtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.


13.14.24

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätztes Hohes Haus! Der Nationale Kindergesundheitsplan bildet eine wichtige Grundlage für den weiteren Ausbau und die Weiterentwicklung der medizini­schen Versorgung unserer Kinder. Dem bestmöglichen Zugang zu einer hochwertigen


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Gesundheitsversorgung der Kinder wird dabei, obwohl sich diese in den letzten zehn Jahren grundsätzlich verändert hat, besonderes Augenmerk geschenkt.

Es wurde auch der Arbeitskreis „Österreichischer Gesundheitsplan für Kinder“ einge­richtet. Bereits im November 2004 wurden die Ergebnisse des Arbeitskreises präsen­tiert und Empfehlungen von Expertinnen und Experten abgegeben – Empfehlungen, die bereits umgesetzt wurden. Seit 2007 ist eine ständige Kommission für Kindermedi­zin eingerichtet; diese steht dem Bundesminister für die Behandlung wichtiger Fragen zur Verfügung.

Erkenntnisse und Empfehlungen wurden bereits erfolgreich umgesetzt. Dies gilt etwa für die Empfehlungen bezüglich der Verbesserung in der pädiatrischen Ausbildung. An der Umsetzung weiterer Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgruppe wird ständig gearbeitet. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, die Erkenntnisse und Empfehlun­gen dieses Arbeitskreises weiter voranzutreiben und umzusetzen, damit es hinsichtlich der Qualität unseres Gesundheitswesens zu der angestrebten und weiteren Erhöhung kommt.

Mit dem Ersuchen an den Gesundheitsminister, den Ausbau des nationalen Aktions­plans weiter umzusetzen, wird meines Erachtens sichergestellt, dass für unsere klei­nen Patientinnen und Patienten die medizinische Betreuung auf höchstem Niveau gesi­chert ist und dass dort, wo es notwendig ist, eine Verbesserung eingeleitet wird.

Geschätzte Damen und Herren! Medizin und medizinische Betreuung kostet Geld, da­her bedarf es auch entsprechender Investitionen. Investitionen in die Gesundheit von Kindern sind auch Investitionen, die volkswirtschaftlich vernünftig und Investitionen in unsere Zukunft sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Karlsböck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.


13.17.07

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ver­ehrte Damen und Herren! Herr Kollege Grünewald, ich gebe Ihnen darin Recht, dass ein Schwachpunkt in unserem Gesundheitssystem das ständige Evaluieren und Erstel­len irgendwelcher Pläne ist, die letztendlich in Schubladen verschwinden und nicht umgesetzt werden.

Der Tagesordnungspunkt, den wir jetzt behandeln, symbolisiert im weitesten Sinn die­se Misere im Gesundheitssystem. Erstens einmal ist dies die Erarbeitung von Plänen, die letztendlich nicht umgesetzt werden, und gleichzeitig das völlige Fehlen eines Ge­neralplans, wenn man so sagen möchte, eines nationalen Gesundheitsplans, der zwar in allen möglichen Facetten angedacht wird, aber aufgrund von verschiedensten Struk­turproblemen, der Komplexität der Strukturen und vor allem auch des Kompetenzge­rangels zwischen Land, Bund und dergleichen nicht zustande kommt.

Zweitens nützt auch der beste Plan nichts, wenn wir Barrieren aufbauen und dann die­ser Plan von denjenigen, die für er gemacht wird, nicht in Anspruch genommen werden kann oder zumindest nur unzureichend in Anspruch genommen werden kann, weil eben Barrieren aufgebaut werden. Diese Barrieren heißen Selbstbehalte, und diese Selbstbehalte sind in unserem modernen Sozialsystem im Grunde genommen – das muss so offen gesagt werden – eine Schande!

Wir sagen, die Selbstbehalte sind ungerecht, sie bauen Barrieren auf, und sie sind ein Kainsmal für jeden Sozialpolitiker und Gesundheitspolitiker, ja für das gesamte Sozial- und Gesundheitssystem eines entwickelten Landes. Ich höre von Seiten der Sozialde­mokratie und auch aus der Gewerkschaft immer wieder, dass diese Selbstbehalte auch


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so gesehen werden. Daher frage ich mich, warum man nicht hergeht und Wege sucht, diese Selbstbehalte wirklich endgültig abzuschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wissen – und ich wiederhole mich wirklich ungern, da ich das an dieser Stelle schon ein paar Mal erklärt habe –, dass es bei der Abschaffung der Selbstbehalte für das Budget sowohl der Krankenkassen als auch des Gesundheitsbereichs im Generel­len natürlich eine Anlaufschwierigkeit gäbe und ein finanzieller Anlaufposten vorhanden wäre. Aber mittelfristig – und langfristig sowieso – könnte das sogar ein Geschäft für die Republik sein.

Hier sei nur das kleine Beispiel noch einmal angedeutet, noch einmal erklärt: Wenn heute aufgrund der hohen Selbstbehalte im niedergelassenen Bereich, zum Beispiel in der Zahnheilkunde, jemand ausweicht, dann geht er ins benachbarte Ausland. Dort lässt er sich bestimmte Dinge anfertigen. Dies reicht er dann ohne Selbstbehalt bei der Krankenkasse ein und bekommt es bezahlt.

Das bedeutet, das Geld, das er bekommen hat, ist ins Ausland abgeflossen und hat dort die Volkswirtschaft gestärkt. Das kann nicht unser Weg und das kann nicht unsere Intention sein!

Herr Minister, wir können heute natürlich nicht einen globalen Schlag im Großen und Ganzen machen, wie wir uns das vorstellen, das wissen wir. Deswegen gilt es in einem Teilbereich, in der Kinderheilkunde, damit zu beginnen, dort, wo es heute, das ist schon oft gesagt worden, auch wirklich die Schwächsten der Schwachen trifft, wo auch die Angehörigen unabhängig von dem psychischen Leid, das sie erfahren, dann auch noch mit einer finanziellen Notsituation konfrontiert werden. Dieser Antrag liegt vor.

Noch einmal: Wir ersuchen in aller Eindringlichkeit, die Selbstbehalte zu überdenken und abzuschaffen. Sie werden in uns, in der Opposition Mitstreiter finden, wenn Sie diesen Weg beschreiten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeord­nete Steibl zu Wort gemeldet. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


13.21.08

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Karlsböck, in unserem Sozialversicherungssystem gibt es vor allem unter dem Blickwinkel des sozialen Ausgleichs schon eine weitge­hend beitragsfreie Familienversicherung, so nenne ich das. Es stimmt aber, da haben Sie recht, im ASVG gibt es in manchen Bereichen eine Kostenbeteiligung, wenn eine Leistung für einen Angehörigen in Anspruch genommen wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass bei der Ein­schränkung von Selbstbehalten ja auch von der letzten Regierung schon ein guter Schritt gesetzt und die Rezeptgebühr mit 2 Prozent des Jahresnettoeinkommens be­schränkt worden ist. Was aber klarerweise auch in diesem Bereich nicht heißt, dass es keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr gibt und keine Weiterentwicklungen bezie­hungsweise Entlastungsschritte mehr geben muss.

Werte Kolleginnen und Kollegen, dass das eigentlich nicht so leicht ist, das sehen wir auch, und da bin ich auch meinen Vorrednerinnen, sei es Frau Dr. Oberhauser oder auch Frau Kollegin Ursula Haubner, sehr dankbar, die auf die Verbesserungsmöglich­keiten bezüglich der Jugendlichen und Kinder hingewiesen haben.

Wir haben im Ausschuss einen Abänderungsantrag eingebracht, in dem der Herr Ge­sundheitsminister ersucht wird, mit den Ländern über Möglichkeiten der Reduzierung beziehungsweise Abschaffung des Selbstbehaltes bei Krankenhausaufenthalt von


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Kindern zu sprechen – in Vorbereitung der nächsten 15a-Vereinbarung über die Orga­nisation und Finanzierung des Gesundheitswesens. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade mit den Artikel-15a-Vereinbarungen über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens durch Bund und Länder ist das machbar, wobei ich die Dis­kussion nicht ganz verstehe, warum die Länder das nicht jetzt schon machen. Ich denke da an die steirischen Universitätskliniken und an andere Kliniken, die immense Abgänge haben; also kommt es auf diesen kleinen Betrag, glaube ich, auch nicht mehr an. Wir sind da aber am Verhandeln.

Ich denke, dass dieser Schritt kommen wird und auch kommen muss. Ich ersuche den Herrn Gesundheitsminister, hier zum Wohle unserer Kinder auch einmal ein Machtwort in Richtung Länder zu sprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.23

13.23.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 188 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 36.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 189 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 37.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Kran­kenhausselbstbehalte für Kinder.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

13.25.0410. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 565/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der e-Card durch zusätzliche Funktionen (190 d.B.)


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. Eingestellte Redezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.


13.25.36

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! E-cards werden gestohlen, verschlampt, es wird massiver Miss­brauch damit getrieben. Im Vorjahr sind 198 617 e-cards verschwunden, 53 996 als


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gestohlen gemeldet und 158 625 als defekt aus dem Verkehr gezogen worden. Für die nötigen Neuausstellungen sind Ausgaben von 2,1 Millionen € notwendig.

Meine Damen und Herren, all diese Zahlen beweisen, dass bei den Menschen die Wertigkeit der e-cards nicht erkannt beziehungsweise noch nicht als gegeben angese­hen wird. (Abg. Dr. Matznetter: Das gilt auch für Bankomatkarten!) So viele werden nicht verloren. Sie passen auf Ihre e-card eben nicht auf, Herr Kollege! (Abg. Grosz: Matznetter verliert überhaupt alles: e-cards, Wahlen, das Regierungsamt! – Abg. Mag. Wurm: Haben Sie noch nie etwas verloren?)

Durch Speicherung verschiedener Daten ergeben sich da natürlich mehrere Vorteile. Der Nutzen der sofort verfügbaren Daten ist unumstritten, dazu kommt aber auch noch, dass durch die Speicherung der Daten bei den Menschen das Bewusstsein geweckt wird, mit der e-card etwas Persönliches, etwas Wichtiges in der Hand zu haben, mit dem man sorgsam und verantwortungsvoll umgehen muss. (Beifall beim BZÖ.)

Da gibt es mehrere Daten, die gespeichert werden sollten. Zuerst einmal die Blutgrup­pe – der Vorteil ist, dass bei einem Unfall die Bluttransfusion ohne große Nachunter­suchungen sofort vorgenommen werden kann –, die Arzneimittelunverträglichkeit – hier besteht der Vorteil, dass man die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks und den dar­auffolgenden Tod verhindern kann –, Eintragung von Schutzimpfungen – 57 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen vergessen auf die Auffrischung von Schutzimp­fungen, davon werden nur 6 Prozent der ganzen Bevölkerung von den Ärzten daran erinnert. 79 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen sind für die Aufnahme per­sönlicher Daten in eine Datenbank. Weiters könnte man Patientenverfügungen spei­chern – da erspart man sich die lange Suche, ob welche vorhanden sind oder nicht –, Registrierung von Implantaten und auch die Speicherung von Fotos wären möglich.

Hiedurch würde der Missbrauch eingeschränkt und die Forderung erfüllt, die nicht nur von unseren Senioren, sondern auch von den ÖVP- und SPÖ-Senioren gestellt wird, diese e-card dann auch als Ausweis verwenden zu können, um Vergünstigungen wie zum Beispiel bei Verkehrsbetrieben zu bekommen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Speicherung all dieser Daten macht auch einen Missbrauch sinnlos – denn wer ris­kiert schon, durch die falsche Speicherung zum Beispiel der Blutgruppe mit einer fal­schen Bluttransfusion infundiert zu werden und dadurch, wie gesagt, einen anaphylak­tischen Schock und den Tod heraufzubeschwören? Genauso bei den Arzneimittelun­verträglichkeiten: Hier muss dann nicht auf lebenssichernde und lebensrettende Medi­kamente verzichtet werden.

Meine Damen und Herren! Obwohl im Ausschuss sämtliche Parteien gegen diesen Antrag gestimmt haben, werden Sie über kurz oder lang draufkommen, wie gut und nützlich dieser Antrag ist – und dann werden auch Sie zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


13.29.22

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! In dem Zusammenhang darf ich gleich anknüpfend an die Ausführungen meines Vorredners einmal festhalten, dass es nicht vorgesehen ist, die e-card auch als Personalausweis zu nützen. Das ist nicht vorgesehen.

Im Zusammenhang mit einigen anderen Bemerkungen, die Sie gemacht haben, in Be­zug auf eine Aufwertung der e-card zum Beispiel durch Eintragung der Blutgruppe, aber auch vieler anderer, sicherlich sehr wichtiger Daten, möchte ich darauf hinweisen, dass wir bei unserer Sitzung des Gesundheitsausschusses am 5. März einen Ent-


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schließungsantrag beschlossen haben, in dem der Bundesminister für Gesundheit er­sucht wird, zu prüfen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die bereits be­stehende Identitätskontrolle bei Inanspruchnahme der e-card effektiver zu gestalten und sie auch weiterzuentwickeln, denn es ist ganz einfach wichtig, dass auch wirklich nachgewiesen werden kann, dass die Person, die diese e-card bei sich trägt, auch wirklich die ist, der die e-card gehört. Nichts wäre furchtbarer, als wenn Menschen dann eine andere e-card, aus welchen Gründen auch immer, zufällig bei sich hätten oder bei einem Unfall ein solches Chaos entsteht, dass man die e-cards nicht mehr richtig zuweisen kann.

Daher möchte ich auf diesen Entschließungsantrag verweisen und bin mir dessen si­cher, dass die hervorragenden Beamtinnen und Beamten unseres Bundesministeriums unter der Leitung unseres Gesundheitsministers auch dementsprechend gute Vorarbei­ten leisten, um sinnvolle Maßnahmen zu setzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


13.31.11

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als die e-card 2006 eingeführt wurde, war das ein besonderer Meilenstein in der Sozialpolitik Österreichs. Auch wenn hier in der Ver­gangenheit sehr oft diskutiert oder festgestellt wurde, dass die Regierung von 2000 bis 2006 nicht viel Gutes gemacht hätte, so war dieses e-card-Projekt ein Projekt der Re­gierung 2000 – 2006. Sie wurde 2003 in Auftrag gegeben und ist ab 2005 mehr oder weniger in Verwendung getreten. (Beifall bei der ÖVP sowie beim BZÖ.) – Der Applaus gilt der Regierung!

Die e-card hat insgesamt 102 Millionen € gekostet und wird heute von 8 Millionen Ös­terreichern und Österreicherinnen angewendet. Die e-card ist in Wirklichkeit der Schlüssel zum Gesundheitssystem. Wenn heute begehrt wird beziehungsweise schon im Ausschuss ein Entschließungsantrag zu einer Anreicherung der e-card eingebracht wurde, darf ich Ihnen sagen, dass zurzeit die zweite Generation der e-cards angefertigt wird und vorgesehen ist, dass zwar nicht auf der e-card, sondern am Server wichtige Medizindaten gespeichert werden, sodass der Anwender dann auch Zugang zu diesen Daten hat. Ich denke, das ist eine sinnvolle und gute Sache.

Damit man auch weiß, wie oft die e-card verwendet wird: Es gab im Jahr 2007 102 Mil­lionen Interventionen, also 102 Millionen Mal ist die e-card eingesetzt oder gebraucht worden. Wenn heute oder wann auch immer diskutiert wird, dass wir etwas gegen den Missbrauch tun müssen, dann, denke ich, soll man darüber reden. Vielleicht gelingt es, leidenschaftslos darüber zu reden. – Jawohl, es stimmt, wir haben im Jahr etwa 4 Pro­zent Nachbesserungsbedarf durch verloren gegangene e-cards, durch kaputt gegan­gene e-cards, durch entwendete e-cards. Das alles ist, bitte, richtig.

Bezüglich Kontrolle hätte ich zwei Vorschläge. Der erste: Ich denke, es ist den An­wendern, das sind die Ärzte, zumutbar, dass sie auch die Identität prüfen. (Demonstra­tiver Beifall der Abgeordneten Jury und Mayerhofer.) Es ist bei der e-card hinten die Unterschrift drauf. Man braucht nur zu verlangen, dass der Anwender die Personal­identität feststellt. Ich denke, das ist machbar und zumutbar.

Zweitens sehe ich als Sozialversicherungsverantwortlicher auch eine Herausforderung für die Sozialversicherungen derart, dass wir ja intelligente Rechnersysteme haben. Und wenn hier Auffälligkeiten im Verbrauch festgestellt werden, dann könnte man das


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auf diese Art herausgreifen und mit dem zuweisenden Arzt oder mit der zuweisenden Stelle darüber ein Gespräch führen.

Ich denke, dass es wichtig wäre, über diese Dinge tatsächlich zu reden. Ansonsten ist es mir ein Anliegen, dass zum Beispiel die Patientenverfügung, die wir hier diskutiert und auch schon beschlossen haben, eine Anmerkung bekommt, sodass es von der e-card abgelesen werden kann, dass eine Patientenverfügung vorhanden ist und dass dieser Wille eines Menschen, der dann selber nicht mehr handeln kann, wirklich doku­mentiert hinterlegt ist. Ich denke, dass es auch Sinn machen würde, die Schutzimpfun­gen festzuhalten und einige Notfalldaten. Insgesamt gesehen, denke ich, dass wir eine Reihe von wichtigen und guten Vorhaben in der nächsten Zeit umsetzen werden.

Ich bringe es auf den Punkt: Die e-card ist etwas, worum uns – ohne Übertreibung – ganz Europa beneidet. Das ist ein österreichisches Qualitätsprodukt, wegen dem wirk­lich Leute aus anderen Ländern kommen und fragen: Wie macht ihr das? Und wir sind jetzt bereits vor dem Eintritt in die zweite Generation, wo wir Fehler, die es natürlich überall gibt, aufarbeiten, und ich hoffe, dass wir mit dieser Neuauflage und mit der Er­gänzung im Server dann wirklich eine tolle Sache haben, die allen Österreicherinnen und Österreichern zur Nutzung offensteht. Ich denke, das ist das Ziel, und daran wer­den wir nicht nur arbeiten, sondern dieses Ziel werden wir auch konsequent umsetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Bravo, Karli!)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Neu­bauer zu Wort. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.


13.35.35

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Kollege Donabauer, ich kann Ihnen fast in allem, was Sie in Ihren Ausführungen gesagt haben, recht geben, ich kann dem nur beipflich­ten. Aber gerade deshalb, weil die Anschaffung dieser e-card über 100 Millionen € ge­kostet hat und einzigartig ist, sollten wir uns doch wirklich überlegen, wie eine weiter gehende Nutzung dieser e-card auch wirklich möglich werden könnte. Da muss es dann wirklich nicht auf 10, 15 oder 18 Millionen € ankommen, wie ich meine, wenn es darum geht, für die Bürger dieses Landes eine Verbesserung dieser e-card gemäß ihren persönlichen Bedürfnissen zu ermöglichen.

Ich denke zum Beispiel nur an den Beschluss des Seniorenrates, der einstimmig war, als es darum ging, die e-card mit einem Foto auszustatten, damit man diese e-card auch als Personalausweis verwenden kann, diese e-card damit auch automatisch als Pensionistenausweis verwenden könnte, was einmalig in Österreich wäre, denn bisher war das nicht möglich – was auch nicht verständlich ist, weil die Möglichkeiten, die es durch das neue Passgesetz gegeben hätte, auch bei der e-card Anwendung finden hätten können.

Das ist aber nicht geschehen. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, haben gegen den Willen des Seniorenrates einen Weg eingeschlagen, und den verstehe ich nicht; aber Sie verteidigen diesen konservativen Weg.

Haben Sie doch den Mut, den Weg für die Zukunft der Menschen in diesem Land wei­ter zu beschreiten! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrter Dr. Spadiut, Sie haben hier angesprochen, dass Sie eine Erweiterung der e-card in vielen Bereichen wollen, darunter viele Bereiche, die wir als Freiheitliche eher kritisch betrachten, weil das auch im Widerspruch zu den gültigen Bestimmungen des Datenschutzes stehen würde. Und Sie selbst – vielleicht haben Sie sich auch ver­sprochen –, Herr Dr. Spadiut, haben gesagt: Es kann nichts Schlimmeres passieren –


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und ich habe das mitgeschrieben –, als wenn durch eine falsche Speicherung einer falschen Blutgruppe jemand in arge Bedrängnis kommen sollte. Vielleicht haben Sie sich versprochen, aber Sie haben es zumindest so gesagt.

Genau das ist das Problem: Wenn durch Missbrauch oder Irrtum wirklich eine falsche Speicherung vorliegt, wer kontrolliert das dann? Wer kann gewährleisten, dass solche Fehler nicht passieren? Genau dasselbe gilt auch bei Schutzimpfungen, bei Implanta­ten. Und deshalb können wir zwar einer Erweiterung der e-card sehr wohl etwas abge­winnen, aber in dem Ausmaß, wie Sie es hier fordern, leider nicht. Und deshalb können wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


13.38.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als einer derjenigen, die das Glück oder das Pech hatten, das Projekt e-card von Anfang an zu begleiten, wird man ja etwas milder, nach diesen vielen Jahren e-card-Projekt, und es war nicht nur ein Erfolgsprojekt.

Natürlich bin ich froh, dass wir eine Karte haben, die hoffentlich bald für alle, die auf das österreichische Gesundheitswesen angewiesen sind, zur Verfügung steht. Wir ha­ben ja noch immer das Problem mit den SozialhilfebezieherInnen, das gehört ja auch geregelt. Aber jenseits dieser Frage und jenseits des Umstands, dass es so lange ge­dauert hat und dass dabei auch einige, sagen wir einmal, Intransparenzen, was die Preisgestaltung bei der Vergabe des Projekts e-card anlangt, das ja in Teiltranchen aufgegliedert wurde, aufgetreten sind, finde ich es natürlich gut und in Ordnung, dass wir dieses Projekt jetzt so haben, wie es ist.

Aber da gab es ja von Anfang an Wünsche von verschiedenen Seiten, eine Bankomat­karte daraus zu machen, ich kann mich noch daran erinnern. Es war eine komplett verrückte Idee, die Bankomatkarte damit zu verbinden; damit würde man sich ja einem Anbieter auf dem Sektor ausliefern. Aber sei’s drum, es gäbe ja auch noch andere Pro­bleme.

Das Nächste war dann – und damit komme ich zum Antrag selbst – die Vorstellung, die Notfalldaten abzuspeichern. Das war zur Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung, aber ich glau­be, dieses Projekt kam von der FPÖ. Jetzt findet sich das mit der Abspeicherung der Notfalldaten wieder. Sie von der FPÖ oder vom BZÖ hatten jahrelang Zeit (Zwischen­ruf des Abg. Donabauer) – lassen Sie mich nur, Herr Kollege Donabauer –, das Pro­jekt umzusetzen.

Einige der Gründe für das Scheitern einer Speicherung von Notfalldaten sind klar: Das liegt – abgesehen von Datenschutzgründen – nicht zuletzt auch daran, dass selbstver­ständlich jeder behandelnde Mediziner im Notfall verpflichtet wäre, nicht nur auf die Daten auf der Karte zu vertrauen, sondern selbst die Prüfung vorzunehmen. Sonst könnte es unter Umständen dazu kommen, dass die Karte eines anderen in Verwen­dung wäre und der Patient falsch behandelt würde; das heißt, wir hätten ein riesiges Problem. Andererseits wurden natürlich auch datenrechtliche Gründe geltend gemacht.

Nur: Diese Debatte haben wir schon gehabt! Wir haben sie hier geführt – und jetzt kommt das wieder daher! (Zwischenrufe der Abgeordneten Kickl und Ursula Haub­ner.) Die Fraktion, die das gefordert hat, war nicht imstande, das umzusetzen – und das aus guten Gründen. Nur könnten Sie jetzt hergehen und sagen: Ja, wir wollten das und haben daraus gelernt, es geht nicht und ist nicht sinnvoll.


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Aber nein! Was machen Sie? – Sie stellen diese Forderung neuerlich und machen Vor­schläge wie: Speichern wir die Blutgruppe darauf, speichern wir Informationen über die Medikamentenunverträglichkeit darauf, machen wir einen elektronischen Impfpass daraus, speichern wir Notfalldaten und Patientenverfügungen darauf, machen wir einen Personalausweis daraus! Und so weiter. Das ist eine Unsumme von Anwendungen, die natürlich für sich genommen bei jedem, der nicht näher mit der Materie befasst ist, zu­nächst die Reaktion auslöst, die offensichtlich auch beabsichtigt ist: Warum nicht? Re­den wir darüber! Nur: Wir haben schon hundert Mal darüber gesprochen! Jetzt kommt es immer wieder daher, bis hin zur jüngsten Applikation: Machen wir einen Personal­ausweis daraus!

Wir haben diese Debatte schon sowohl im Ausschuss als auch hier im Plenum etliche Male geführt. Sie wissen, wie groß die Fotos sind, Sie wissen, welche Unzuverlässig­keiten oder Risiken es gibt – es sei denn, man macht solche EU-genormte Fotos, die jetzt auf den Pässen angebracht werden müssen. Nur: Da auf der e-card sind die Fotos so groß (der Redner stellt mit den Fingern die Größe der Fotos dar), also nicht geeignet, um tatsächlich Identitäten unterscheiden zu können!

Ein Letztes, Herr Kollege Donabauer: Auch wenn im Verhältnis zwischen Patienten und Ärzten wahrscheinlich einiges verbesserungswürdig ist, ist der Vorschlag, den Sie jetzt gemacht haben – dass unter Umständen der Patient, wenn er in die Arztpraxis reingeht, eine Unterschriftsprobe abgibt, die dann mit einer Unterschrift, die auf der e-card ist, vergleichbar ist –, denkbar ungeeignet!

Ich würde es nicht als Grundlage für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patienten – das wir brauchen – bezeichnen, wenn eine Unterschriftsprobe gemacht wird (Zwischenruf des Abg. Hornek) und der Arzt dann vielleicht noch den Grafologen beizieht, der überprüft, ob diese Unterschriftsprobe dem entspricht, was auf der e-card abgelegt ist. Nein, das bringt es nicht!

Sie haben sehr viele richtige Punkte gesagt, aber bringen wir bitte diese Debatte um allzu viele zusätzliche Anwendungen – das geht vor allem in Richtung des BZÖ – wie­der etwas herunter! Das bringt es wirklich nicht! (Beifall bei den Grünen.)

13.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


13.44.32

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sehen es ja in unserem Kreis: Jeder von uns hat die e-card wahrscheinlich mit dabei. Das ist doch ein Erfolg! Die e-card soll – da bin ich weitgehend bei Ihnen, Herr Dr. Spadiut – und wird weitere Funktionen bekommen. Wir sollten uns aber beim Tempo nicht übertrippeln! Österreich hat sich für die Politik der kleinen Schritte entschieden – und das ist, meine ich, gut so; denn, wenn wir nach Deutschland schauen, so gibt es dort erhebliche Probleme, weil das Projekt den Anspruch erhebt, alle Eventualitäten im Vorfeld auszuspezifizieren.

Deshalb ist es besser, die e-card Schritt für Schritt auf einer soliden Basis auszubauen. Das läuft gut. Seit Mai gibt es die elektronische Krankmeldung, die elektronische Über­weisung zu anderen Ärzten läuft im Probebetrieb, wir versprechen uns sehr viel vom elektronischen Bewilligungsservice. Was wird es können? Damit werden etwa auch physikalische Behandlungen und Kuraufenthalte elektronisch bewilligt – also weniger Bürokratie, mehr Service für die Patienten.

Natürlich wünschen wir uns im Interesse der Patienten, dass vieles auch schneller geht. Warum können zum Beispiel nicht die Impfdaten auf der Karte gespeichert sein?


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Da bin ich ganz bei Ihnen: Hand aufs Herz, wer weiß denn immer, wann die nächste Impfung fällig wird? Hier könnte der elektronische Impfpass mehr Impfschutz sicher­stellen.

Stichwort Sicherheit: Der Arzneimittel-Sicherheitsgurt ist ein Projekt, das vor allem uns Senioren am Herzen liegt. Es nützt nämlich Menschen, die mehrere Medikamente brauchen. Die e-card prüft die Wechselwirkungen dieser Arzneien, womit sichergestellt wird, dass die bestmögliche Behandlung erfolgt.

Was bringt das? Wieder mehr Nutzen für die Patienten – und das ist gut so.

Zum strittigen Thema Foto auf der e-card: Der Seniorenrat wünscht sich dieses Foto auf der e-card, um auch einen Seniorenausweis zu gewinnen. Wir werden da nicht lo­ckerlassen. Wir akzeptieren aber auch, dass die sinnvollste Lösung nun von Fachleu­ten geprüft wird. Das wird wohl noch einige Zeit dauern.

Fazit soll sein: wieder mehr Nutzen für die Patienten. Das heißt, wir freuen uns auf wei­tere Funktionen, aber wir sollten uns auch die Zeit geben, sinnvolle Lösungen zu erpro­ben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.


13.47.22

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ver­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Es macht jetzt keinen Sinn, die teilweise richtigen und guten Argumente der vielen Vorredner zu dieser Problematik noch einmal aufzuwär­men. Ich möchte auch sagen, dass der Antrag des Kollegen Spadiut durchaus seine Legitimation besitzt; allerdings muss man sich jetzt doch primär, bevor wir zum eigent­lichen Kern kommen, mit Grundsätzlichem auseinandersetzen – und diese grundsätz­liche Diskussion vermisse ich eigentlich seit Beginn der e-card.

Ich meine damit die grundsätzliche Diskussion darüber, wie wir mit dieser Informations­flut, die uns heute überflutet, umgehen. Wie gehen wir um mit dem Speichern von Da­ten? Sehen wir das als Problem oder als positive Herausforderung? Sehen wir das ne­gativ im Zusammenhang mit den Themen Sicherheit, Kontrolle und Missbrauch, oder sehen wir es eher positiv, im Zusammenhang mit Bequemlichkeit, Komfort und soforti­ger Verfügbarkeit von Daten?

Das fehlt mir. Wenn wir die Entscheidung getroffen haben, wie wir damit umgehen wol­len – ich persönlich tendiere eher zur positiven Seite –, dann können wir anfangen, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, wie wir mit so einem bereits vorhandenen techni­schen Mittel oder Medium wie der e-card weiter umgehen.

Ich behaupte, sowohl als Patient als auch als Nutzer von der anderen Seite, dass die technische Umsetzbarkeit vieler Dinge, die hier gefordert werden, derzeit einfach nicht gegeben ist und dass viele Dinge tatsächlich zu unsicher wären.

Herr Minister Stöger, ich möchte in diesem Zusammenhang auch gleich auf etwas an­deres hinweisen, auf etwas, das wir auch vorher schon diskutiert haben, das ins große Feld des Gesundheitsplans oder eines Plans von Abrufen von Gesundheitsleistungen fällt: Das wäre zum Beispiel ein Grundscreening oder eine Erhebung des Gesundheits­zustandes in einem gewissen Alter, nämlich beim Übergang vom Jugendlichen zum Er­wachsenen, in etwa mit 18 Jahren.

Da fehlt mir derzeit etwas, das eigentlich auf der Straße liegt, wenn man das so flapsig sagen möchte: Junge Männer werden bei der Stellung medizinisch untersucht, doch bleiben diese Daten dann nicht für den Patienten beziehungsweise für den jungen


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Mann verfügbar. Das heißt, sie liegen dann irgendwo in einem Server im Heeresspital oder wo auch immer und finden nicht den Weg zu den Patienten. Wenn dem aber so wäre, hätte der junge Mann für sein restliches Leben einen Ausgangswert eines gewis­sen Gesundheitszustandes – und es kann nicht negativ sein, so etwas zu besitzen!

In diesem Zusammenhang haben wir das natürlich auch für Frauen gefordert. Über die Umsetzbarkeit – ob das jetzt in der Stellungsstraße oder woanders stattfindet – lässt sich lange diskutieren. Ich habe nur gemeint, dass das ein sofortiger und gangbarer Weg wäre, abseits jedes Militarismus.

Abschließend und zusammenfassend: Die e-card ist in bestimmten Bereichen eine Be­reicherung, nämlich in Basisbereichen der Abrechnung mit den Krankenkassen. Es be­darf einer geringgradigen Aufwertung, wie wir das auch im Sinne einer Seniorenkarte fordern oder Ähnliches mehr. Allerdings: Für große Veränderungen der Abspeiche­rung – von Notfalldaten beginnend aufwärts – ist das System noch nicht reif. Da kann man nur empfehlen, auf andere Systeme, die bereits besser ausgereift sind, zurückzu­greifen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.51

13.51.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 190 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

13.51.4911. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 566/A(E) der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Evaluierung der Leistungsinformation (191 d.B.)


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Hechtl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


13.52.22

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­tes Hohes Haus! Aufgrund eines gesetzlichen Auftrages im Allgemeinen Sozialversi­cherungsgesetz wurde 2008 die Leistungsinformation eingeführt. Österreichweit wer­den dadurch zirka 5,7 Millionen Informationsschreiben an die Versicherten gesendet. Durch den Gesetzesauftrag ist somit sichergestellt, dass jeder Versicherte einmal jähr­lich eine Leistungsinformation über die von ihm bezogenen Leistungen von der Sozial­versicherung erhält. Diese Information dient als Information über das abgelaufene Ka­lenderjahr und wird im Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober des Folgejahres über­mittelt.

Mit der Errichtung der Live-Online-Abfrage können die Versicherten nunmehr jederzeit von zu Hause und von ihrem persönlichen Platz in ihr Leistungsblatt Einsicht nehmen und dieses ausdrucken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 105

Mittels eines Gebärdensprache-Videos wurde diese Information für einen zusätzlichen Personenkreis erweitert, mit der Live-Online-Abfrage können auch diese Versicherten nunmehr speziell in ihre Leistungen Einsicht nehmen.

Diese Leistungsinformationsdatenbank wächst ständig und wurde bereits mehrmals ausgedehnt. Über die herkömmliche Information, wie die ärztliche Hilfe, die Vorsorge­untersuchung, die Medikamente, deren Leistungen zum Beispiel, wurde sie über den Leistungsbereich des Diabetikers hinaus in den Bereichen der Heilnahrung und der Sauerstoffversorgung erweitert.

Mit diesen umfangreichen Leistungsinformationen wird eine persönliche, uneinge­schränkte Transparenz im Bereich der Leistungserbringung der Sozialversicherung eingeführt.

Geschätzte Damen und Herren, dies darf jedoch nicht davon abhalten, diese Informa­tionsfülle ständig zu erweitern, den Bedürfnissen weiter anzupassen, sie effizienter zu gestalten, die Transparenz zu erweitern und das Bewusstsein der Versicherten zu stei­gern.

Mit diesem Antrag, in dem der Bundesminister für Gesundheit ersucht wird, das Instru­ment der Leistungsinformation zu evaluieren sowie Vorschläge vom Hauptverband ein­zuholen, um das Kostenbewusstsein der Versicherten zu steigern, wird meines Er­achtens ein klares Bekenntnis zu einer Evaluierung der Leistungsinformation und zur Steigerung des Kostenbewusstseins eingeleitet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Donabauer. Ein­gestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


13.55.14

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Noch ein Nachtrag zur e-card-Thematik. Die e-card ist auch die europäische Krankenversicherungskarte, mit der Sie in der ganzen EU sowie auf Island, in Liech­tenstein, Norwegen und der Schweiz Ihre Krankenversicherungsleistungen einfordern und abrechnen können. Das soll zur allgemeinen Darstellung ergänzt werden.

Nun zu diesem Tagesordnungspunkt: Das BZÖ hat einen Entschließungsantrag einge­bracht, in dem darauf aufmerksam gemacht wird, dass der Rechnungshof eine Evaluie­rung der jährlichen Leistungsinformation anregt.

Herr Kollege, das ist nicht im Jahr 2008 oder 2007 entstanden, die sogenannte Leis­tungsinformation für Versicherte geht auf frühere Jahre zurück! Man hat da also sicher­lich das eine oder andere gelernt. Jawohl, es stimmt, es ist eine umfassende Informa­tion über Leistungen von der ärztlichen Hilfe bis zur zahnärztlichen Versorgung, über Medikamente, Heilverfahren und natürlich auch Vorsorgeuntersuchungen.

Was kann man dazu sagen? Es werden etwa 6,5 Millionen Briefe im Jahr zur Versen­dung anstehen, das kostet zirka 3,5 Millionen €. Wenn angeregt wird, dass man diese Information vierteljährlich machen soll, dann kann man darüber reden. Man muss aber auch darüber reden, dass das erstens enorm viel Geld kostet und zweitens auch oft zu Irritation führt.

Ich denke, eine jährliche Information ist ausreichend, zumal ja – und das hat mein Vor­redner sehr treffend gesagt – jeder seine Daten über Live Online abrufen und sich so seine Daten herbeiholen kann beziehungsweise darf. Auch das ist, glaube ich, eine korrekte Sache.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 106

Was ist in dieser ganzen Angelegenheit noch anzumerken? Erstens: Ich höre sehr oft, dass Versicherte sagen: Hören Sie, das habe ich doch gar nicht in Anspruch genom­men, das kann es ja gar nicht geben! – Jawohl, es ist eine sehr positive Information in Richtung Kostenbewusstsein. Es ist auch eine indirekte Kontrolle der ganzen Leis­tungserbringung, weil die Versicherten hinterfragen können, ob und wie diese Leistun­gen tatsächlich erbracht und abgerechnet wurden.

In weiterer Folge ist diese Leistungsinformation natürlich auch insofern ein Thema, als die einzelnen Systeme sehr unterschiedliche Tarife haben, sodass in einer Familie, wo es Mehrfachversicherungen gibt, natürlich auch Irritationen oder Auffassungsunter­schiede bezüglich der Größe der Leistungen entstehen, die hier abgerechnet werden. Das ist aber systemimmanent, das ist eben Ausdruck dessen, dass wir in Österreich, wie auch immer man dazu steht, unterschiedlichste Leistungssysteme haben. Das hat Tradition. Vielleicht kann das eine oder andere Thema in der nächsten Zeit Grundlage konstruktiver Gespräche werden. Eine bessere Harmonisierung in diesem Bereich wäre sicherlich für alle von Interesse.

Grundsätzlich darf gesagt werden: Dieses Projekt, diese Leistungsinformation ist eine positive Sache – und das nicht nur auf das ASVG, sondern auf alle Systeme bezogen. Und natürlich wird man sich bemühen, dort, wo man Lehren aus den letzten Jahren ge­zogen hat, das eine oder andere zu verbessern, keine Frage.

Ich denke aber, dass kürzere Intervalle bei der Leistungsmitteilung vorerst nicht vorge­sehen sind – und zwar aus den schon erwähnten Gründen: das verursacht Kosten und enorm viel Arbeit. Ich denke, dass wir mit dieser Sache europaweit einmalig unterwegs sind und auf diesen Wegen auch so fortschreiten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. Eingestell­te Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


13.59.10

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Immer wieder hören wir vom Abgeordneten Donabauer, dass die Patienten so zufrieden mit diesen Leistungsinformationsblättern wären. Ich weiß nur nicht, welche Patienten er befragt hat. Wenn ich mit Patienten spreche, höre ich immer wieder andere Meldungen.

Viele sagen, dass sie diese Informationsblätter einfach ungelesen in den Mistkübel werfen. Schade um das Geld, das wir dafür aufwenden! (Abg. Dolinschek: Das wurde schon gesagt! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Gesunde Menschen bekommen leere Blätter und regen sich darüber auf, dass sie leere Informationsblätter bekommen beziehungsweise dass ihnen vorgeworfen wird – ein Vorwurf! –, dass sie eine Vorsorgeuntersuchung besuchen, weil natürlich auch eine Gesundheitsvorsorge Kosten verursacht.

Kranke Menschen, vor allem ältere Mitmenschen, sehen in dieser Leistungsinformation immer wieder den Vorwurf, wie viel sie den Staat kosten, und überlegen dann zu spa­ren, indem sie Medikamente nicht nehmen oder nicht abholen oder Arztbesuche ein­sparen, damit sie nicht so zur Last fallen. Das kann doch nicht Sinn und Zweck einer Information sein. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Ikrath und Gahr.)

Jene, die dieses System missbrauchen, kann man mit dieser Leistungsinformation si­cher nicht darüber aufklären, denn diesen Menschen ist bewusst, was sie machen und welchen Schaden sie dem Staat zufügen. Das heißt, hier müsste man andere Kontroll­systeme überlegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 107

Ich verstehe auch die Intention des ursprünglichen Antrages, diese Leistungsinforma­tion öfter beziehungsweise sofort anzubieten, denn wenn ich zum Beispiel die e-card meiner Tochter aus der Hand gegeben habe, möchte ich vielleicht gleich nachschauen, ob ein Missbrauch stattgefunden hat. Dazu möchte ich nicht ein Jahr lang warten, son­dern es rasch machen. Das kann man online machen.

Tatsächlich kostet dieser jährliche Versand 3,5 Millionen €, davon 2,8 Millionen € allein das Porto. Natürlich kann man sagen, das ist eine Wirtschaftsförderung an die Post, und man macht eben eine indirekte Förderung der Post. Hierbei kann ich mir durchaus vorstellen, dass das im Sinne der Wirtschaftsförderung betrieben wird, aber das soll nicht das System sein. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Wir Freiheitlichen sagen ja zu dieser Patienteninformation, jedoch sollte die Zustellung beziehungsweise die Abholung den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts entsprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


14.01.47

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Ja, wir brau­chen mehr Transparenz im Gesundheitssystem. Der von uns eingebrachte Antrag zur Evaluierung der Kosteninformation ist ein Schritt zu mehr Transparenz. Auch der Rech­nungshof hat das bestätigt.

Zusätzlich brauchen wir neue Ansätze im Gesundheitssystem. Wir müssen uns mehr auf die Prävention konzentrieren, denn wenn es darum geht, im Gesundheitssystem Kosten einzusparen, dann ist die Prävention das beste Mittel dafür, und leider geben wir in diesem Bereich viel zu wenig Geld aus.

Ich möchte hier auf einen Punkt eingehen, der besonders der Prävention zugänglich ist, und zwar auf den Altersdiabetes. Wir wissen, dass der Altersdiabetes, an dem 500 000 Österreicher leiden, vermeidbar wäre. Wenn man sich allein die Kostenbelas­tung anschaut: Ein Patient, der von Altersdiabetes heimgesucht wird, kostet das Ge­sundheitssystem 2 200 € pro Jahr, das sind in Summe jährlich über 1 Milliarde €, die für eine Behandlung, die vermeidbar wäre, wenn wir die richtigen Maßnahmen einleiten würden, aufgewendet werden.

Wenn man sich noch zusätzlich die Kosten für die Folgen dieses Altersdiabetes an­sieht – also Arbeitsunfähigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen, Schlag­anfall –: weit über 4 Milliarden €. – Diese Zahl müsste uns zu denken geben, wobei diese Kosten eben vermeidbar wären, würden wir rechtzeitig etwas tun. Durch einen gesünderen Lebenswandel, durch gesunde Ernährung, durch mehr Bewegung wäre das fast zur Gänze vermeidbar.

Jetzt gibt es viele, die sagen: Man kann hier nicht eingreifen, denn jeder hat das Recht, sich systematisch zugrunde zu richten, und wenn sich jemand wirklich konsequent falsch ernähren will, seinen Körper damit gewaltigen Belastungen aussetzt und letztlich dann Altersdiabetes bekommt, dann ist das sein gutes Recht. – Grundsätzlich gehe ich d’accord, das ist sein gutes Recht. Wer aber dann die Kosten dafür zu tragen hat, das steht auf einem anderen Blatt.

Schaut man sich aber die Kinder an, so sieht die Sache etwas anders aus. Mir liegen Fälle von Acht- bis Zehnjährigen vor, die konsequent fehlernährt wurden – und dann im Alter von zehn Jahren einen Altersdiabetes entwickelt haben, der vor ein paar Jahr­zehnten normalerweise erst bei Vierzigjährigen oder Älteren vorgekommen ist.


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Das heißt, wir haben hier ein massives Problem. Durch das gewaltige Übergewicht, das manche Kinder schon sehr früh haben, kommt der Altersdiabetes eben schon im Kindes- und Jugendalter vor, und das ist eine Entwicklung, die uns wirklich massiv zu denken geben sollte.

Wie weit wir schon sind, sieht man an einem Fall aus Niederösterreich. Ich war bei einer Mutter, die zwei Kinder im Alter von zwei und vier Jahren hat. Ich war relativ lang bei ihr und habe auch gesehen, was sie ihren Kindern so zu essen gibt – von Junkfood über Süßigkeiten bis zu allem Möglichen. Ich habe sie darauf angesprochen und ge­fragt, ob sie nicht glaubt, dass diese Ernährung letztlich große Probleme bei der Ge­sundheit ihrer Kinder verursachen wird.

Was glauben Sie, was sie gesagt hat? – Sie hat gesagt: Bei meinen Kindern gibt es da kein Problem, denn ich gebe ihnen mindestens einmal am Tag einen Fruchtzwerg. – Das muss man sich einmal vorstellen. Das heißt, die Unwissenheit ist da extrem weit fortgeschritten. Ich glaube nicht, dass viele Eltern ihre Kinder fehlernähren, weil sie das aus böser Absicht tun. Es ist oft die Unwissenheit, es ist der Zeitmangel, es ist auch die soziale Komponente, die hier hereinspielt.

Das heißt, wir müssen hier so wie andere Länder, wie Dänemark, Portugal, Malta – so­gar Malta hat hier bessere Maßnahmen als wir in Österreich –, etwas tun. Wir gehen dieses Problem in Wahrheit gar nicht an. Wenn wir so weitermachen, dann werden wir in 30 Jahren über 1 Million Österreicher haben, die an Altersdiabetes leiden, mit all den negativen Folgen.

Laut einer Untersuchung wird es sogar so sein, dass manche einen Altersdiabetes ent­wickeln, noch bevor sie die Ausbildung überhaupt hinter sich haben, und dann schon dementsprechend arbeitsunfähig sind. Das muss man sich einmal vorstellen.

Es ist daher höchst an der Zeit, Herr Gesundheitsminister – jetzt muss ich Sie anspre­chen –, Maßnahmen zu ergreifen. Ständig hören wir dieses „Blablagewäsch“: Wir ma­chen ohnehin etwas, wir machen Prävention, Aufklärung!, aber es wird kein Geld in die Hand genommen, es wird nichts Substanzielles bewegt. Das ist ein Problem, das wir jetzt sofort massiv angehen müssen, sonst verspielen wir unsere Zukunft.

Deswegen sage ich Ihnen, Herr Minister: Gehen Sie an die Arbeit! (Beifall beim BZÖ.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


14.06.46

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Frage: Einmal am Tag einen Fruchtzwerg oder einmal im Jahr eine Leistungsinforma­tion?, wäre eine Evaluierung wert – was ist besser, was bringt mehr?

Man hört immer, die Kosteninformation macht der Patientin, dem Patienten bewusst, welche Segnungen des Staates, der Kassen sie bekommen. Das ist die Frage. Wenn man das einmal im Jahr bekommt – ich erlebe das ja selbst bei mir –, und man muss dann rückverfolgen, was vor zehn Monaten war, so ist das gar nicht so einfach. Die Erwartungen gehen vermutlich ins Leere.

Weiters wäre kritisch anzumerken, dass die Patientin und der Patient relativ wenig Ein­fluss darauf haben, was die Leistungserbringer ihr oder ihm empfehlen und was dann an Kosten anfällt. Sie haben den Einfluss, dass sie entscheiden können, ob sie zum Arzt gehen oder nicht, das ja. Aber wollen wir, dass sie, wenn sie höhere Ausgaben


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sehen, sagen: Nein, jetzt darf ich aber ein halbes Jahr nicht mehr zum Arzt oder zur Ärztin gehen!?

Ich glaube, das bringt nichts. Und Schuldgefühle bei jenen zu erzeugen, die wirklich krank sind, halte ich auch für kontraproduktiv und nicht sehr moralisch. Sie wissen, dass 20 Prozent der Versicherten 80 Prozent der Leistungen und der Kosten verursa­chen, und das sind keine sogenannten Hypochonder oder Montagsblaumacher, das sind ernsthaft kranke und chronisch kranke Menschen. Diese lesen das immer wieder, und sollen sie sich – auf Wienerisch – „hamdrahn“? Sollen sie sich das selber zah­len? – Ich denke, man müsste das anders machen.

Ich weiß, die Ärztekammer hat keine Freude, aber in jedem Kaufhaus bekomme ich eine Rechnung, bei jedem Schneider – zu dem gehe ich zwar nicht, ich kaufe mir mei­ne Kleidung fertig – oder bei jeder Waschmaschinenreparatur, bei jedem Autoservice. Die Ärztekammer beziehungsweise die Leistungserbringer sagen: Wenn wir das ma­chen, bricht unser Betrieb zusammen. Sind „BILLA“ oder „C&A“ zusammengebrochen, weil sie Rechnungen ausstellen? Ist ein Installateur pleite gegangen, weil er Rechnun­gen stellt? – Da habe ich die unmittelbare Erfahrung. Aber Kostenbewusstsein zu errei­chen, ohne dann bei Patienten wirklich etwas auszulösen, das allein ist zu wenig. Dar­um ist die Evaluierung durch den Rechnungshof gut. Mit 3 Millionen € im Jahr, mal vier, könnte man vielleicht auch andere vernünftige Dinge machen. – Danke! (Beifall bei den Grünen.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karls­böck zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.


14.09.36

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte zum Abschluss dieses Tagesordnungspunktes noch ein paar kleine Gedanken einbringen.

Bei der Diskussion um diese Leistungsinformationsblätter habe ich vermisst, dass in ir­gendeiner Form darauf eingegangen worden wäre, aus welcher Motivation heraus dies geschieht.

Herr Kollege Donabauer – um Sie ganz konkret anzusprechen –, die Konsequenz, wenn man diese Leistungsinformationsblätter jetzt sozusagen aus dem Bauch heraus evaluiert, ist: Sie erzeugen bei den Patienten ein schlechtes Gewissen, sie verunsi­chern den Patienten, und sie stellen die Ärzteschaft ein bisschen unter den General­verdacht, dass diese eine Kontrolle brauchen, weil die eh alle so ein bisserl Gauner sind – und da könnte man Geld einsparen.

Ich hingegen sage Ihnen, das Einsparungspotential im Fall dieser Leistungsinforma­tionsblätter schätze ich auf nahezu null ein, wenn sie nicht sogar Kostenverursacher sind! Wir haben ja gehört: die leeren Blätter, die ausgesandt werden, und der Verwal­tungsaufwand, der hierbei getätigt werden muss.

Wir Freiheitlichen sagen: Wenn eine Leistungsinformation stattfindet, dann ist das et­was Positives, allerdings sollte man das – wie ja heute schon gesagt wurde – auf mo­dernem elektronischem Wege tun, eben durch Abruf via EDV. Da gibt es aber natürlich ein Problem in Bezug auf Datensicherheit; das muss auch einmal gesagt werden. Je­denfalls: Wenn Leistungsinformation, dann so – aber auf keinen Fall, wie der ursprüng­liche Antrag war, viermal im Jahr auf dem Postweg; das wäre völlig unsinnig.

Mit dem abgeänderten Antrag, wie er jetzt zur Abstimmung vorliegt, können wir uns an­freunden und werden diesem daher auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.11


14.11.40


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 110

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 191 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 38.)

14.12.0412. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 178/A(E) der Abgeordne­ten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verpflichtung der Hersteller von Mobiltelefonen zur Angabe des SAR-Wertes (192 d.B.)


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser. Eingestellte Redezeit: 4 Mi­nuten. – Bitte.


14.12.46

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gesundheitsminister vor allem! Die Kennzeichnung von technischen Geräten ist nicht nur gesundheitspolitisch sehr wichtig, sondern auch rein informativ konsumenten­politisch. Was Sie hier vorhaben, nämlich das Anliegen, Handy-Geräte im Hinblick auf die thermische Intensität ihrer Strahlung zu kennzeichnen und diesen Antrag dann vom Gesundheitsausschuss sozusagen weg zu verschieben, und zwar hin zum Ausschuss für Technologie, ist meines Erachtens hanebüchen. Ich darf Ihnen das anhand von zwei, drei Gründen genau erklären.

Herr Gesundheitsminister, wir wissen, dass es im jetzigen Bundesministeriengesetz eine große Lücke gibt, und diese große Lücke heißt: Wo sind die Kompetenzen zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung? Es müsste Ihnen bekannt sein, Herr Bundes­minister Stöger, dass ich schon mit Ihrer Vorgängerin darüber Gespräche geführt habe, und daher kann ich sagen: Es ist das sozusagen ein ständiger Schwarzer-Peter-Zy­klus, wer als Minister zuständig dafür ist, dass Handys so fabriziert sind und so ver­wendet werden können, dass sie nicht gesundheitsschädlich sind.

Die Wiener Ärztekammer, die Österreichische Ärztekammer, der Oberste Sanitätsrat, all diese kompetenten Gremien, die in Ihrem Wirkungsbereich liegen, mahnen in ihren Ordinationen, mahnen in ihren Aussendungen immer wieder, dass, was Handys be­trifft, gerade bei Kindern Vorsicht angebracht ist. Daher: kein übertriebenes Handytele­fonieren, am besten gar nicht im Kleinkindalter; auch Jugendliche im Alter bis zu 16, 17 Jahren sollen beim Handytelefonieren aufpassen. Auch Eltern, vor allem aber auch schwangere Mütter, müssen da besonders vorsichtig sein und sollten auch da mit Vor­bildfunktion vorangehen.

Ich könnte Ihnen sofort eine Studie vorlegen, und zwar über 4 000 Mütter in Dänemark. Herr Minister, das ist wirklich eine sehr gute Feldstudie über Mütter in Dänemark, die als Hochschwangere handytelefoniert haben, wobei eine Vergleichsgruppe das nicht getan hat. Nach zehn Jahren ist dann das Verhalten der Jugendlichen untersucht wor­den. Ergebnis: Jugendliche, die Mütter mit verstärktem Handy-Telefonierkonsum hat­ten, sind weniger konzentrationsfähig und haben auch mehr Verhaltensstörungen. Das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 111

ist eine völlig valide Studie, die sehr seriös im skandinavischen Bereich gemacht wur­de.

Angesichts dieser Datenlage sage ich, gerade Sie als Gesundheitsminister müssten da endlich aktiv werden. Aber was passiert? – Das Ganze wird abgeschoben in den Tech­nologiebereich. Und ich weiß, wie im Technologiebereich die Uhren ticken beziehungs­weise Bewertungen dort laufen. Dort ist eine solche Studie irrelevant. Aber ich werfe keinem Techniker vor, dass er sagt: Gesundheit ist nicht mein vorrangiges Anliegen! Der Technologie-Ausschuss, der Innovations-Ausschuss hat einen Schwerpunkt, und der heißt: Förderung von Technologien! – Insofern werden wir protestieren und dieser Verschiebung weg aus dem Gesundheitsausschuss nicht zustimmen.

Ich bin dankbar dafür, dass Kollege Hofer diesen Antrag wieder eingebracht hat. Ich habe früher schon diese Kennzeichnung von Handys beantragt, weil ich um die Proble­matik sehr gut Bescheid weiß. Ich selbst finde es aufwendig und umständlich, ins Inter­net gehen und nachschlagen zu müssen, welche SAR-Werte mein Handy hat, und, wenn ich ein neues kaufe, einen Vergleich anzustellen. Das kostet mich mindestens eine halbe Stunde, und das ist mühsam, und davor scheuen die Menschen auch zu­rück. Meistens wissen sie es auch gar nicht. Ist hingegen der Informationsgehalt be­reits im Handy verankert, brauche ich es nur zu öffnen und hinten nachzuschauen – das ist eine Angelegenheit von Sekunden –, und das hat dann kaufentscheidende Wir­kung.

Ich weiß, dass sich die Branche dann dagegen wehrt, aber ich glaube, gerade uns Ab­geordneten muss immer ein Wert, der verfassungsmäßig verankert ist, nämlich der Schutz der menschlichen Gesundheit, vorrangig sein. In unserem Handeln und in un­serem Entscheiden hat auch dieser Wert Vorrang zu haben.

Deswegen, Herr Gesundheitsminister, verstehe ich Ihre Schwarzer-Peter-Politik in die­ser Angelegenheit schon überhaupt nicht. Ich gebe Ihnen gerne die Studie, ich schicke Ihnen ein Mail mit der Studie über die skandinavischen Mütter und ihre Kinder.

Ich möchte das als Aufhänger nehmen für eine ernsthaftere Diskussion über die ge­samte Strahlenproblematik, denn: Der SAR-Wert ist der rein thermische Wert. Worum es aber im gesundheitlichen Bereich in Sachen Handy-Strahlung geht, ist auch der bio­logische Effekt, der Effekt bei den Frequenzen. Darüber müssen wir einmal intensiver diskutieren, auch in Ihrem Gremium, auch im Gesundheitsausschuss, aber vor allem auch noch im Verkehrsausschuss.

Deshalb unsere ablehnende Haltung gegenüber diesem Schwarzer-Peter-Spiel. Wir müssen das Problem ernst nehmen! Am leichtesten ist noch eine Kennzeichnung. Ich glaube, gegen eine Kennzeichnung kann man überhaupt nicht sein. Deshalb, Herr Mi­nister, halte ich das für eine Armutsaktion, die Sie da machen mit dieser Wanderpokal-Vorgangsweise bei Anträgen von Kollegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Hofer.)

14.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.


14.18.19

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Sorge und die Absicht der Antragsteller ist zweifellos berech­tigt und wird auch unterstützt. Ich denke aber, dass auch die Zuweisung gerechtfertigt ist, weil es weitere Fragen rechtlicher und technischer Natur zu klären gibt, und vor allem ist es auch notwendig, für eine breite und umfassende Aufklärung in dieser Frage zu sorgen.


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Dieser in Diskussion stehende SAR-Wert auf der Verpackung ist zweifellos sinnvoll, möglicherweise gibt es aber weitere, genauso wichtige Informationen, die man überle­gen sollte. Und dann ist es auch wichtig, die Leute fit zu machen, damit sie mit dieser Information, die sie dazubekommen, auch umgehen können.

Es ist auch notwendig, das europäische Recht zu berücksichtigen. Die jetzige Absicht verstößt gegen das europäische Recht – auch dahin gehend ist die Absicht abzustim­men. Die Empfehlungen solcher Werte sind nicht neu, die gibt es von der WHO, die gibt es vom Europäischen Rat, teilweise seit zehn Jahren, allerdings irgendwo in Be­dienungsanleitungen, wo sie keiner vor dem Kauf liest, oder im Internet, was auch eine Barriere für einen Teil der Handynutzer bedeutet.

Die Belastung durch die Endgeräte ist nur ein Teil. Es ist diese Belastung zweifellos auch im Zusammenhang mit den dazugehörigen Netzen zu sehen, weil diese SAR-Be­lastung in Gebieten mit hoher Sendemastdichte geringer ist als in Gebieten mit größe­rer Entfernung zwischen den Sendemasten.

Damit wird ein neues Problem angesprochen: Als Gemeindeverantwortliche wissen wir ganz genau, was es bedeutet, neue Sendeanlagen zu errichten.

Der beste Schutz ist zweifellos die Berücksichtigung von Benützungsregeln. Diese zu transportieren ist, denke ich, genauso wichtig. Ich möchte jetzt nicht darauf eingehen, aber das ist aus meiner Sicht zweifellos der beste Schutz.

Es ist sinnvoll, diese offenen Fragen zu klären. Es ist notwendig, umfassende und all­gemein verständliche Informationen an alle Handynutzer zu transportieren. Ich denke, es ist daher sinnvoll, dieser Zuweisung zuzustimmen, um all diese offenen, vor allem auch technischen Fragen zu klären. (Beifall bei der SPÖ.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


14.21.06

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Viele von Ihnen sind Bürgermeister und wissen sehr wohl, was es heißt, wenn man in der Gemeinde eine Antennentragmastenanlage zu genehmigen hat. Da gibt es natürlich viele, viele Proteste, Widerstände, und zwar nur dann, wenn eben diese Antennentragmastenanlage errichtet wird. Steht der Sender am Kirchturm, dann gibt es keine Proteste. Viele Kirchen nutzen diese zusätzliche Einnahmequelle.

Das große Problem ist aber nicht die Antennentragmastenanlage – sie wird auch einen gesundheitlichen Einfluss haben –, das große Problem ist das Handy am Ohr. Da kommt es zu einer höheren Belastung.

Es ist nun einmal so, dass 70 Prozent der Zwölfjährigen in Europa ein Handy besitzen. Ich glaube, es wird in Österreich ein noch höherer Prozentsatz sein. Wenn man in Schulen geht, sieht man, dass fast jedes Kind ein Handy hat.

Es kann dieser SAR-Wert für jedes Handy ermittelt werden. Das ist auch im Internet abrufbar. Jeder, der sich ein Handy kauft, kann diesen Wert für sein Handy abrufen.

Doch wie sieht das in der Praxis aus? – Man geht in ein Fachgeschäft, schaut sich Mo­biltelefone an, entscheidet sich für ein Modell und fährt dann nicht wieder mit der Mo­dellbeschreibung nach Hause, schaut im Internet nach und vergleicht dann die Modelle bezüglich der SAR-Werte, sondern man kauft das Handy und weiß nicht, wie hoch der Strahlungswert ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 113

Meine Damen und Herren, es ist daher sinnvoll, eine Kennzeichnung direkt an der Ver­packung vorzunehmen. Dann kann der Konsument direkt im Geschäft unterscheiden, wie hoch diese Strahlungswerte bei diesem Gerät sind. Auch wenn man ein Mobiltele­fon für ein Kind kauft, weiß man, mit welcher Belastung zu rechnen ist.

Ich verteufle niemanden, der für sein Kind ein Handy kauft. Ich war erst letzte Woche auch in der gleichen Situation. Meine Schwiegermutter hat für meine kleine Tochter ein Handy gekauft. Es ist mir unmöglich, dem Kind das Handy wieder wegzunehmen. Ich wäre dann aber doch froh gewesen, gleich auf der Verpackung zu sehen, wie hoch die Strahlungswerte für dieses Gerät sind.

Was die Zuweisung anbelangt, meine Damen und Herren, stimme ich mit großem, gro­ßem Bauchweh zu. Ich bin Mitglied des Ausschusses, dem der Antrag zugewiesen wird, und hoffe, dass ich dann doch darauf schauen kann, dass er rasch behandelt wird.

Eigentlich gehört er dort aber nicht hin. Eigentlich gehört er entweder in den Gesund­heitsausschuss oder in den Konsumentenschutzausschuss. Das wäre der richtige Ort gewesen, aber ich hoffe, dass wir trotzdem auch im Ausschuss für Forschung, Innova­tion und Technologie zu einer raschen Behandlung kommen werden.

Ich bitte die Mitglieder des Ausschusses sehr herzlich, diesen Antrag nicht zu vertagen, wenn er beraten wird, sondern eine Entscheidung zu treffen. Wenn die befreundeten Fraktionen hier im Haus Interesse haben, diesen Antrag gemeinsam einzubringen und gemeinsam zu beschließen, so bin ich dazu dann gerne bereit. (Beifall bei der FPÖ.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


14.24.18

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Minister! Hohes Haus! Natürlich ist man bezüglich der Zuständigkeit für diese Materie im luftleeren Raum, im luftleeren Raum für die Zukunft unserer Bevölkerung, für die Zukunft unserer Kinder. Es gibt auf der einen Seite den Obersten Sanitätsrat, es gibt den wissenschaft­lichen Beirat Funk, es gibt eine Fernmeldebehörde – nur: Zuständig, Herr Minister, fühlt sich in dieser Materie, wo man in der heutigen Zeit die Auswirkungen noch nicht fest­stellen kann, niemand!

Es bedarf einer Bewusstseinsbildung vor allem für unsere Jugend, um die Jugend vor dieser Elektrosmog-Belastung zu schützen. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ein erster Schritt, diese SAR-Belastung zu messen. Das Zweite ist aber auch – und das wird vielfach unterschätzt – die Belastung, der die Benützer von Laptops, die über Funk funktionieren, ausgesetzt sind. Diese Elektrosmog-Auswirkungen sind gra­vierend. Da gilt wieder: Es sind die Versäumnisse der Vergangenheit, dass der Breit­bandausbau in Österreich nicht zügig vorangetrieben wurde und die gesundheitliche Belastung der Gesamtbevölkerung daher erheblich ist.

Die thermische, die biologische Auswirkung – Frau Dr. Moser, Sie haben da recht! – ist erheblich. Irgendwann muss aber diese Zuständigkeit geregelt werden! Liegt sie bei der Infrastruktur, liegt sie im Gesundheitsbereich? Ich glaube, sie muss im Gesund­heitsbereich liegen. Es kann nicht die Infrastruktur und vor allem nicht die Industrie die Werte vorgeben. Da wird doch der Bock zum Gärtner gemacht (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Dr. Moser und Kickl), wenn das Forum Mobilkommunikation Regeln aufstellt und diese niemand kontrolliert! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Großruck: ... ins Außenministerium!)

14.26


14.26.30


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 114

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 192 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich weise den Antrag 178/A(E) dem Ausschuss für Forschung, Innovation und Techno­logie zu.

14.27.3613. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (207 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) erlassen und das Bankwesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Überweisungsgesetz auf­gehoben wird (213 d.B.)


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter DDr. Königshofer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.


14.28.18

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich würde auch gerne sagen: Verehrte Vertreter auf der Regierungsbank! (Staatssekretär Dr. Lopatka nimmt soeben auf der Regierungsbank Platz.) – Der Herr Staatssekretär kommt. Ich begrüße Sie! Hohes Haus! Meine Damen und Herren, im Zuge dieses Paketes wird auch das Bankwesengesetz, das im Herbst 2008 zügigst geändert wurde, wiederum abgeändert, und zwar betrifft das die Passage über die unbeschränkte Ein­lagensicherung privater Spareinlagen.

Das, meine Damen und Herren, wird etwas vorschnell gemacht. Die EU hätte es auch geduldet, dass wir noch ein weiteres Jahr diese unbeschränkte Haftung für Spareinla­gen beibehalten. Die Regierung möchte aber die Haftung per 1. Jänner 2010 auf 100 000 € absenken.

Wir sind der Meinung, dass wir die unbeschränkte Haftung gerade im Jahr 2010, wo aufgrund der Wirtschaftskrise und Bankenkrise noch einiges zu erwarten ist, beibehal­ten und das erst mit dem 1. Jänner 2011 tun sollten. Aus diesem Grunde wird mein Kollege Haider nach mir einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber grundsätzlich noch zu diesem Bankenpa­ket, das im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes geschnürt worden ist, et­was sagen.

Herr Staatssekretär – das möchte ich auch dem Herrn Bundesminister und Vizekanzler sagen –, legen Sie die Verträge des Staates mit den Banken offen! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 115

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass so wichtige Verträge geheim gehalten werden! Das hat doch nichts mit dem Bankgeheimnis zu tun! Das Bankge­heimnis regelt die Beziehung der Bank zum Kunden im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, hier aber handelt es sich um Verträge der Republik über Steuergelder, die mit Banken, die diese in Anspruch nehmen, abgeschlossen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe überhaupt den Eindruck, meine Damen und Herren, dass die finanzpolitisch wichtigsten Verträge dieser Republik geheim gehalten werden. So zum Beispiel wer­den die Cross-Border-Leasing-Verträge der Länder – es hat ja auch Tirol mit der TIWAG einen der größten dieser Verträge abgeschlossen; auch die Gemeinde Wien hat entsprechende Verträge abgeschlossen – geheim gehalten. Auch die sogenannten Eurofighter-Verträge werden geheim gehalten. Und jetzt werden auch diese Verträge der Republik, wo der Staat den Banken Geld gibt, geheim gehalten. Deshalb fordere ich Sie auf: Legen Sie diese Verträge offen!

Einige Fakten sind jedoch schon im Zuge der Budgetverhandlungen und -beratungen an die Öffentlichkeit gedrungen; durch Anfragen und deren Beantwortung ist Folgen­des herausgekommen: Wenn diese Banken, die Geld bekommen, Verlust machen, dann brauchen sie für dieses Jahr keine Zinsen oder „Dividenden“, wie Herr Kollege Ikrath sagte, zu bezahlen – und auch nicht nachzubezahlen.

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich das einmal vorstellen: Wenn ein Kunde der Bank, ein Hotelier beispielsweise, der ein Verlustjahr hinter sich hat, zur Bank geht und sagt: Ich habe heuer ein Verlustjahr, ich zahle keine Zinsen!, dann wird ihn die Bank auslachen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Das ist eine Dividende, aber ein festgelegter Prozentsatz, Herr Kollege Ikrath, und der wird dann nicht bezahlt.

Am Beispiel nur die Hypo Alpe-Adria, die letzte Woche von Moody’s abgestuft wurde, und zwar von einem Rating C plus auf ein D minus; das ist praktisch Junk-Bond-Niveau! Und wenn sich die Bonität von jemandem verschlechtert, dann muss auch der Zinssatz oder die Rendite erhöht werden, was Sie aber nicht machen. (Abg. Krainer: Das war von C minus auf D plus!) – Wir können noch darüber diskutieren; jetzt aber sage ich Ihnen etwas zur Hypo Alpe-Adria. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Ich weiß.

Die Hypo Alpe-Adria hat am 29. Dezember 900 Millionen € Steuer-Euros überwiesen bekommen. Und diese Hypo Alpe-Adria ist im Rating abgestuft worden zu einem Junk-Bond. Sie kann heuer die Zinsen nicht bezahlen, sie wird bis zum Jahr 2011 Verluste machen und keine Dividenden und Zinsen bezahlen! Rechnen wir das kurz aus: 900 Millionen € mal 8 Prozent, das wären 72 Millionen €, rund 1 Milliarde Schilling in echter Währung für den Staat! In drei Jahren werden dem Staat so über 216 Millio­nen € an Zinserträgen entgehen! Dafür muss sich die Republik aber mit einem höheren Zinssatz, weil Brent gestiegen ist, refinanzieren.

Da können Sie doch nicht mehr sagen, dass das für den Staat ein Geschäft sein wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich fordere Sie deshalb noch einmal auf, Herr Staatssekretär Lopatka: Nehmen Sie da­zu Stellung, legen Sie die Verträge der Republik mit den Banken offen! – Und dann können wir darüber diskutieren. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


14.34.04

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Da hat ein Vorredner sein Manu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 116

skript vergessen; ich lege es hier her, falls er es wieder braucht. – Zu meinem Vorred­ner: Herr Kollege Königshofer, ich weiß zwar nicht, was die Hypo Alpe-Adria mit dem Zahlungsdienstegesetz zu tun hat, aber Sie wissen sicherlich, wessen Hausbank die Hypo Alpe-Adria jahrelang war. (Abg. Gradauer: Ich war es nicht!) Das wissen Sie wahrscheinlich besser als ich, Herr Kollege Königshofer.

Nun, meine Damen und Herren, zum Zahlungsdienstegesetz. Ich muss sagen, es gibt wirklich erstaunliche Dinge. Da haben wir seit Jahren den EU-Binnenmarkt – der EU-Binnenmarkt war von Beginn ein Kernelement der Europäischen Union –, aber er­staunlicherweise gab es bis vor Kurzem keinen einheitlichen Rechtsrahmen für Zah­lungsdienste. Erst seit eineinhalb Jahren gibt es eine Zahlungsdiensterichtlinie der Europäischen Union, die einen einheitlichen Rechtsrahmen vorsieht, den wir hier mit dieser vorliegenden Gesetzesmaterie auch in unser Recht übernehmen. Es ist aber wirklich erstaunlich, dass ein Binnenmarkt viele Jahre existiert hat, ohne dass es da einen einheitlichen Rechtsrahmen gab.

Jetzt aber kommt dieses Gesetz genau zum richtigen Zeitpunkt, geht es doch darum, Rechtssicherheit zu schaffen und auch Rechtsvertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen, und insofern ist natürlich eine Harmonisierung der Zahlungsdienste inner­halb der Europäischen Union ein Beitrag dazu, das Vertrauen in die Finanzmärkte zu stärken, ein Beitrag zu mehr Rechtssicherheit – und auch für die Kunden etwas durch­aus Positives.

Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite muss man natürlich schon sagen, wenn wir dieses Zahlungsdienstegesetz heute beschließen, so ist das nicht nur für die Bankkunden in Österreich ein wichtiger Schritt; die Fristen der Gutschriften werden auf drei Tage verkürzt, und zwar ab 1. November dieses Jahres und auf einen Tag ab 1. Jänner 2012; immerhin ein Fortschritt.

Natürlich fragen sich da schon viele, wieso das so lange dauert. – Das dauert deshalb so lange – ich habe mich zuerst auch gewundert –, weil da unglaublich komplizierte neue EDV-Systeme zu installieren sind. Die Banken sagen, allein das kostet in den nächsten zwei, drei Jahren ungefähr 130 Millionen €, um die EDV umzustellen und völ­lig neue EDV-Installationen zu implementieren. (Abg. Mag. Kogler: Wenn man es zehn Mal so schnell macht, kostet es vielleicht zehn Mal so wenig!) – Für den Kunden ist das insofern von Vorteil, Herr Kollege Kogler, als er in Zukunft rascher seine Gutschrift am Konto hat. Das sage sogar ich als sehr altmodischer Bankkunde; ich fülle noch immer die Überweisungen aus, und mit Papier dauert es einen Tag länger. Wenn man das elektronisch macht, dann gelten die genannten Fristen; wenn man die Überweisung in Papierform durchführt, kommt noch ein Tag dazu.

Insgesamt ist es jedenfalls ein wesentlicher Fortschritt, dass es jetzt Rechtssicherheit in diesem Bereich gibt. Und das Ganze gilt für den Zahlungsverkehr innerhalb unseres Landes, aber auch grenzüberschreitend innerhalb der Europäischen Union, was be­sonders wichtig ist für unsere Betriebe, die in Mittel- und Osteuropa investiert haben und nach wie vor sagen: Gott sei Dank haben wir in diese Wachstumsmärkte investiert! Für diese unsere Betriebe ist natürlich Rechtssicherheit gerade im Zahlungsverkehr auch mit mittel- und osteuropäischen Ländern ein großer Vorteil.

Da ich davon gesprochen habe, dass wir hier gleichsam einen neuen Rechtsrahmen geben, möchte ich aber schon auch erwähnen, dass wir bewährte Strukturen – das Konzessionssystem zum Beispiel – natürlich beibehalten. Das ist eine Kombination von bewährten Strukturen mit einem einheitlichen Rechtsrahmen für die ganze Europäi­sche Union.

Ein Wort noch zu den Kosten: Die Kosten sind für die Geldinstitute natürlich erheblich, nämlich 130 Millionen €. Das gilt aber für alle EU-Länder, daher sind diese zusätzli-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 117

chen Kosten eigentlich wettbewerbsneutral, denn in jedem Land fallen diese Kosten an; insofern beeinträchtigt das also nicht den Wettbewerb.

Zusammenfassend: Eine gute Investition in den Zahlungsverkehr, eine gute Investition, um das Vertrauen in die Geldmärkte, in die Finanzmärkte wieder zu stärken, und daher stimmen wir dem gerne zu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Haider. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.


14.38.03

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich mache es ganz kurz, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Dieses Gesetz werden wir noch sehr, sehr oft hier zur Vorlage bekommen, da es bereits vor der Beschlussfassung äußerst reparaturbedürftig ist. Und, Herr Kolle­ge Stummvoll, mein Mitleid mit den Banken – ob die jetzt 130 Millionen € Kosten haben oder nicht – hält sich auch in engen Grenzen.

Das Problem bei diesem Gesetz ist jedoch – das ist auch der Grund, warum wir da nicht zustimmen können –, dass es gravierende Überschreitungen der zugrunde lie­genden Richtlinie gibt. Das muss man sich einmal vor Augen halten: Wir beschließen hier viel ärgere, viel strengere Regelungen, als es uns die EU-Richtlinie eigentlich vor­geben würde. So zum Beispiel sieht dieser Gesetzentwurf hier vor, dass die Valutie­rungsvorschriften auch für andere Währungen als den Euro und andere EU-Staaten-Währungen gelten sollen, so etwa, um es ganz konkret zu machen, auch für den US-Dollar.

Das heißt, wenn wir dieses Gesetz jetzt so beschließen, wie es vorliegt, haben unsere österreichischen Banken im Vergleich zu anderen EU-Staaten, die sich genau, eben 1 : 1 an diese EU-Richtlinie halten, einen enormen Wettbewerbsnachteil. Für so et­was geben wir Freiheitlichen uns nicht her! Und das ist auch der Grund, warum wir schon jetzt wissen, dass wir dieses Gesetz noch sehr, sehr oft zur Reparatur hier vor­liegen haben werden.

Das Gleiche gilt für Überweisungsfristen; die Frist für den Dollar gilt jetzt genauso. Also nicht nur für den Euro, nicht nur für die EU-Währungen, nein, Sie beschließen hier, dass die gleichen Überweisungsfristen auch für den US-Dollar gelten!

Weiters ist es so, meine Damen und Herren, dass ein Kündigungsrecht ausgeschlos­sen wird, steht doch in diesem Gesetzesvorschlag: Nur dann, wenn ein Kündigungs­recht zwischen dem Zahlungsdienstleister, also der Bank, und dem Kunden ausdrück­lich vertraglich vorgesehen ist, kann von diesem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht werden.

Das steht in diesem Gesetzesvorschlag. Nur wenn ein Kündigungsrecht zwischen dem Zahlungsdienstleister, also der Bank, und dem Kunden ausdrücklich vertraglich vorge­sehen ist, kann auch Gebrauch vom Kündigungsrecht gemacht werden. Das heißt – die Herren Ikrath, Auer und Maier sollten jetzt gut zuhören, denn dann werden ihnen die eigenen Kollegen die Hölle ein bisschen heiß machen, wenn das durchkommt –, da müsste die Bank das in jeden einzelnen Vertrag hineinschreiben, sonst kommen Sie aus dem Vertrag überhaupt nicht mehr heraus.

Ein Ausschluss von Kündigungsrechten widerspricht der allgemeinen zivilrechtlichen Regelung, die wir auch in diesem Hause immer verfolgt haben. Daher werden wir die­ses Gesetz nicht mitbeschließen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 118

Zum Thema ein Jahr vorzeitige Einführung der 100 000 €-Grenze für die gesetzliche Einlagensicherung für private Sparguthaben hat Abgeordneter Königshofer schon eini­ges gesagt. Ich werde in diesem Zusammenhang jetzt den entsprechenden Antrag ein­bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Weinzinger, Mag. Haider, DDr. Königshofer und weiterer Abgeord­neter

zur Regierungsvorlage 207 d.B., in der Fassung des Ausschussberichtes 213 d.B. be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zah­lungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) erlassen und das Bankwesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Überweisungsgesetz aufgeho­ben wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 3 wird wie folgt geändert:

1. Z. 32 lautet:

„32. In § 103h lauten die ersten zwei Sätze:

„§ 103h. Ab dem 1. Jänner 2011 gilt § 93 Abs. 3 mit der Maßgabe, dass die Einlagen natürlicher Personen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro gesichert sind. Weiters gilt ab dem 1. Jänner 2011 § 93a Abs. 3 mit der Maßgabe, dass die Sicherungseinrichtun­gen die Summe der Differenzbeträge mitzuteilen haben, die die Differenz zwischen 50 000 Euro und 100 000 Euro bilden und der Bundesminister für Finanzen diesen Dif­ferenzbetrag zur Verfügung zu stellen hat.““

2. Z. 32 wird zur Z. 33.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Weinzinger, Mag. Haider, DDr. Königshofer und weiterer Abgeord­neter

zur Regierungsvorlage 207 d.B., in der Fassung des Ausschussberichtes 213 d.B. be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zah­lungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) erlassen und das Bankwesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpa-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 119

pieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Überweisungsgesetz aufgeho­ben wird

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 3 wird wie folgt geändert:

1. Z. 32 lautet:

„32. In § 103h lauten die ersten zwei Sätze:

„§ 103h. Ab dem 1. Jänner 2011 gilt § 93 Abs. 3 mit der Maßgabe, dass die Einlagen natürlicher Personen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro gesichert sind. Weiters gilt ab dem 1. Jänner 2011 § 93a Abs. 3 mit der Maßgabe, dass die Sicherungseinrichtun­gen die Summe der Differenzbeträge mitzuteilen haben, die die Differenz zwischen 50 000 Euro und 100 000 Euro bilden und der Bundesminister für Finanzen diesen Dif­ferenzbetrag zur Verfügung zu stellen hat.““

2. Z. 32 wird zur Z. 33.

Begründung:

Die wirtschaftliche Situation hat sich global, in Europa und in Österreich im Jahr 2009 massiv verschlechtert. Ausgehend von der „Sub-Prime-Krise“ in den USA ab dem Sommer 2007 macht sich der Einbruch der Wirtschaftslage nunmehr auch in Öster­reich bemerkbar.

Im Bankwesengesetz soll als vertrauensbildende Maßnahme im Lichte der derzeitigen Situation der unbegrenzte Haftungsrahmen für private Sparguthaben nicht mit En­de 2009 auslaufen sondern bis 2010 verlängert werden.

In § 93 Abs. 3 ist die unbegrenzte Einlagensicherung für natürliche Personen geregelt.

Die Ausdehnung der unbegrenzten Einlagensicherung für Private dient der Stärkung des schwer in Mitleidenschaft gezogenen Vertrauens der Bevölkerung in das österrei­chische Finanzsystem einerseits und dem individuellen Schutz der Sparer anderer­seits.

*****


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Krainer. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.


14.42.13

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Mit dem Gesetz zu den Zah­lungsdiensten werden, wie Kollege Stummvoll schon gesagt hat, einfach Regeln fest­gelegt, wie lange Überweisungen dauern. Eine Regulierung für Western Union und an­dere Zahlungsdienstleister, die bisher zum Teil gar nicht reguliert waren, halte ich für wichtig und richtig.

Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob die Fristen zu lange sind. Ich glaube, es gibt einen Abänderungsantrag der Grünen, in dem es heißt, es soll schon früher schneller gehen. (Abg. Mag. Kogler: Nur weil es früher ist, ist es schlecht?) Als je­mand, der eher aus dem Konsumentenbereich kommt, sehe ich das durchaus auch ein. Einige dieser Fristen sind mir zu lange.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 120

Was ich etwas eigenartig finde, ist die Position, die mein Vorredner hier vertreten hat, es sei so arg, wir haben hier sozusagen mehr Konsumentenschutz, als die Europäi­sche Union vorschreibt – das noch dazu von einer Partei, die ja quasi immer sagt, aus Europa kommt nie etwas Gutes. Jetzt sind wir strenger als die Europäische Union, sind konsumentenfreundlicher, und das ist jetzt der Grund für die Ablehnung seitens der Freiheitlichen. Das verstehe ich nicht ganz.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, hier eine Regelung zu beschließen, die konsu­mentenfreundlicher ist, als es vielleicht in anderen Staaten der Europäischen Union der Fall ist. Diese Möglichkeit gibt es nicht immer, aber bei sehr, sehr vielen europäischen Rahmengesetzgebungen, dass wir hier national austarieren und sagen, wir wollen um­weltfreundlicher, wir wollen konsumentenfreundlicher sein.

Das mag schon sein, dass es für die Banken dann ein bisschen schwieriger ist, aber es stellt sich die Frage: Which side are you on? Sind Sie auf der Seite der Konsumenten oder auf der Seite der Banken? Die Banken „jammern“ – unter Anführungszeichen – nicht zu Unrecht, dass wir ein sehr effizientes Bankensystem haben. Unter „effizient“ meine ich, dass es hochwertige Dienstleistungen gibt, die zu volkswirtschaftlich sehr geringen Kosten erbracht werden.

Das bedeutet, die Margen im Bankengeschäft sind sehr gering, und es lässt sich in Ös­terreich im Bankengeschäft relativ wenig Geld verdienen, weil wir halt sehr effizient sind. Aber das bedeutet auch, dass die Kunden, sowohl die kleinen Kunden als auch die Firmen, vor allem im Vergleich zu anderen Ländern relativ günstige Konditionen für Finanzierungen und dergleichen haben. Und das halte ich für gut und für richtig. Inso­fern habe ich auch kein Problem, wenn wir beim Zahlungsdienstegesetz konsumenten­freundlicher sind, als die Europäische Union uns das vorschreiben würde.

Zur Frage der Einlagensicherung: Wir sehen das nicht so, dass das verlängert ge­hört, denn Sie haben mit dieser unbegrenzten Einlagensicherung natürlich auch ein Moral Hazard. Wenn Ihnen jemand hohe Zinsen verspricht, dann sollte jedem klar sein, hohe Zinsen bedeuten hohes Risiko. Wenn ich aber durch die Einlagensicherung das Risiko ausschalte, Sie bekommen also auf jeden Fall Ihr Geld, es geht also auf keinen Fall Geld verloren, dann führt das dazu, dass ein rational denkender Marktteilnehmer sagt, dann gehe ich eben dort hin, wo sie mir die meisten Zinsen zahlen, unabhängig von jedem Risiko, denn ich trage ja kein Risiko, die Einlagensicherung zahlt ohnehin alles. Insofern ist es gut, dass das ausläuft, und zwar je früher desto besser.

Der einzige Grund dafür, warum das unbegrenzt erhöht wurde, war, dass es einzelne Staaten in der Europäischen Union gegeben hat, die das angekündigt haben, und wir hier keinen Wettbewerbsnachteil wollten. Und es ist gut, dass sich jetzt alle wieder be­ruhigt haben und man zu relativ einheitlichen Regeln in der Europäischen Union kommt, was das betrifft, und dass wir eben nicht dieses Problem haben, dass alle dort hinlaufen, wo einem die höchsten Zinsen versprochen werden. Wir brauchen nur in die Vergangenheit zu schauen: Riegler Bank et cetera. Da gab es ja einige Beispiele, wo extrem hohe Zinsen versprochen wurden. Ein paar Jahre lang hat das System funktio­niert, aber am Ende kam der Katzenjammer und konnte die Einlagensicherung gerade­stehen.

Hohe Zinsen bedeuten hohes Risiko. Das ist ein Grundsatz, der durch eine unbegrenz­te Einlagensicherung ausgeschaltet wird. Deswegen ist es vernünftig, dass diese in un­begrenzter Höhe auch ausläuft. Klar ist allerdings schon, dass wir für das gesamte Bankensystem Stabilität und Vertrauen, Grundvertrauen brauchen. Deswegen gibt es auch die Einlagensicherung, und deswegen halte ich auch die Höhe von 100 000 € für richtig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 121

Mir, ja uns allen wäre es am liebsten gewesen, es wäre gar nicht notwendig gewesen, dass der Staat sehr, sehr viel Geld aufnimmt, um den Banken bei der Rekapitalisierung zu helfen. Ja, das kostet den Steuerzahler viel Geld. Da sehe ich jetzt nicht eine ein­zelne Bank als Feind, nur weil sie halt eine Bank ist, wo eine andere politische Partei dahintergestanden ist oder dahintersteht, sondern da geht es einfach um die Frage, wenn eine Bank Verluste schreibt und ich will dieser Bank helfen, ihr Eigenkapital halb­wegs vernünftig zu halten, und ich zwinge sie dazu, mir Geld zu geben, dann helfe ich dieser Bank nicht, sondern dann schade ich ihr. Dann helfe ich ihr nicht bei der Eigen­kapitalquote, sondern dann schade ich ihr, wenn sie diese Eigenkapitalmittel darlegt.

Ich kenne diese Verträge auch nicht. Den Generalverdacht, für die Banken ist immer genug Geld da, stelle ich nicht in der Art und Weise wie Sie an. Es kann schon ver­nünftige Gründe geben, dass ich in bestimmten Situationen einer Bank sage, du brauchst jetzt keine Zinsen zu zahlen, weil das ja dem eigentlichen Zweck, nämlich einer Bank bei der Rekapitalisierung und bei der Eigenkapitaldecke zu helfen, in der Realität widersprechen würde. Ich kenne die Verträge auch nicht im Detail – mag sein, dass sie zu bankenfreundlich sind. Aber das aus Prinzip abzulehnen, wie Sie das hier tun, so sehe ich das nicht.

Es gibt natürlich auch einen Unterschied zwischen Fremd- und Eigenkapital. In die-
sem Sinn ist das Partizipationskapital natürlich als Eigenkapital zu werten. Insofern gelten da auch ganz andere Regeln. Das ist nicht wie bei einem Hotelier. Wenn sich jemand an einem Hotel beteiligt, aber keine Gewinne macht, wird er auch keinen Er­trag haben; das nur als Beispiel. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Bucher.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


14.48.45

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Eine einheitliche Regelung für Zahlungsdienste ist im Grundsatz sehr wohl zu begrü­ßen. Auch die Ausweitung der Einlagensicherung ist zu begrüßen, wobei ich mir per­sönlich den EU-Vorstoß, wonach größtmögliche Haftung für alle Einlagen angestrebt werden soll, eher wünschen würde, weil das der Realität besser entsprechen würde.

Worum es hier aber im Detail geht, ist etwas, was wir nicht so gut finden, und zwar wird mit diesem Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, dass auch Nichtbanken, also einfache Dienstleister, Kreditrahmen einräumen. Das ist aus unserer Sicht eine Ausweitung der Rechte und im Hinblick auf die Finanzkrise eher ein Rückschritt als ein Fortschritt.

Jetzt bin ich schon bei der Finanzkrise. Ich frage mich wirklich, wenn ich mir das Ge­setz so anschaue, wo sogar noch Ausweitungen drinnen stehen, was wir aus dieser Fi­nanzkrise überhaupt gelernt haben. Wir haben jetzt eine Finanzkrise, die uns durch­beutelt, eine Schrumpfung, die wir in diesem Ausmaß noch nie erlebt haben, sogar weltweit. Und das Ganze ist dadurch verursacht worden, dass auf Teufel komm raus spekuliert wurde, und zwar nicht nur bei den Betrieben, nicht nur bei den Investoren, sondern auch im privaten Bereich. Dazu komme ich gleich noch.

Was haben wir daraus gelernt? (Abg. Klikovits: Wir haben gelernt!) Wenn ich mir jetzt die BAWAG zum Beispiel anschaue, dann muss ich sagen, die BAWAG wirbt für ein Sparbuch – das muss man sich einmal vorstellen! –, das 4 Prozent Zinsen bringt und an den Superbenzinpreisindex gekoppelt ist. Ich habe mir das im Detail angeschaut. Das muss man sich einmal vorstellen: Da gibt es eine unwahrscheinlich komplizierte Struktur, und die Zinsen werden an diesen Index gekoppelt, der bei der Deutschen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 122

Bank geführt wird. Da gibt es dann Stichtage und alle möglichen Laufzeiten und Unter­schreitungen, Überschreitungen, alles Mögliche. – Ich frage mich: Wer braucht so et­was? Wer braucht so etwas bei einem Sparbuch?

Das ist genau das Sittenbild in unserer Gesellschaft. Wir haben das Problem, dass ein­fachen Sparbuchliebhabern alle möglichen Dinge eingeredet werden, die mit einem Sparbuch nichts zu tun haben. Wenn das dann auch nicht geht, dann werden einfach die Sparbücher so modifiziert, dass sie an irgendwelchen Indizes dranhängen, um da wieder ein Spekulationselement hineinzubringen. Das ist genau das Problem, das wir haben. Wir müssen jetzt endlich aus der Finanzkrise lernen und endlich Regeln einfüh­ren, damit solche Dinge in der Zukunft nicht mehr passieren können.

Jetzt komme ich zurück zum einfachen Endverbraucher. Ich habe einen Fall in Nieder­österreich: Jemand hat sich ein Haus gekauft, also mehr eine Bruchbude, um 80 000 € und hat dann zur Sanierung dieses Hauses von der Bank 200 000 € an Kredit bekom­men. Mittlerweile ist es so, dass das Haus nicht mehr als 100 000 € wert ist, aber die Bank, wie gesagt, 200 000 € an Kredit zur Verfügung gestellt hat und dieser junge Mann jetzt in Privatkonkurs gehen muss.

Das ist genau das Problem, das wir auch in der Vergangenheit hatten. Es wurden Kre­dite eingeräumt ohne Ansicht, ob das überhaupt in einer Relation zu den Wertgegen­ständen steht, ob das in einer Relation zur Bonität steht, oft über externe Finanzbera­ter. Es wurde Schindluder getrieben auf dem Rücken der einfachen Leute, die es viel­leicht aus jugendlichem Eifer auch nicht besser wussten. Genau das ist der Punkt!

Bevor wir hier so ein Gesetz beschließen, das meiner Ansicht nach zwar ganz interes­sant und wertvoll ist, aber viel zu wenig weit geht, sollten wir uns überlegen, was wir in der Zukunft tun können, um solche Krisen zu vermeiden. Da gibt es einige Punkte. Ent­scheidend ist, dass wir mehr Regeln für die Banken brauchen und nicht weniger. Und was wir auch brauchen, ist mehr Schutz für den Bürger und nicht weniger. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


14.52.55

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Meine Damen und Herren! Schön lang­sam hätten wir ja bald vergessen, dass es sich um die Umsetzung einer Richtlinie han­delt. Einige Anmerkungen dazu, zu den konsumentenschützerischen Aspekten wird Kollegin Schatz dann noch Stellung nehmen.

Jetzt zur EU-Richtlinie Zahlungsverkehr im Binnenmarkt. Ja, plausibel, passabel un­term Strich. Es ist natürlich schon sinnvoll, bei diesen Punkten in den verschiedenen Ländern einheitliche Standards zu haben, denn in Wahrheit soll ja vor allem der grenz­überschreitende Zahlungsverkehr geregelt werden. Das dürfen jetzt auch – und das ist dann in der Form schon neu – andere als Banken. Die Banken können damit leben, wie ich vom Kollegen Ikrath im Ausschuss gehört habe.

Wir können deshalb damit leben, weil ein Verdacht ausgeräumt wurde, nämlich dass die Möglichkeit der de facto Kreditschöpfung auch von sogenannten Zahlungsdienst­leistern relativ eingeschränkt ist, ähnlich wie im Moment bei Bankomatfirmen. Und unterm Strich geht es am Schluss auch um die Beschleunigung des Zahlungsverkehrs. Das hat ja schon einen gewissen Nutzen, und dazu braucht es eben ein paar Rahmen­bedingungen, fertig, und etwas Brauchbares.

Es wurde aber auch angesprochen, denn das wurde auch mit geregelt, die Fragestel­lung der Absicherung der Einlagen. Ich möchte bei den Ausführungen meines Vorred-


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ners Krainer anschließen. Wir müssen hier im Haus schon aufpassen, dass wir einan­der nicht dauernd vermeintlich damit positiv überrunden, wer ewig die noch längeren hundertprozentigen Einlagensicherungen fordert. Würden wir das wirklich alle machen und das immer so fortschreiben, dann wären wir die Verursacher der nächsten Finanz­krise, so gut wir halt können. Das kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen.)

Es muss irgendwann auch wieder eine Verantwortung dafür geben, was man sich – egal, von welchem Finanzdienstleister – versprechen lässt. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es kann nicht sein, dass 10 und 15 Prozent Zinsen versprochen werden. Das ist nie­mals haltbar! Da würden sich viele anstellen, wenn das so eine tolle Geschichte wäre und jeder wüsste, dass am Schluss ohnehin der Steuerzahler und die Steuerzahlerin zahlen. Das kann ja nur zu einer Schräglage führen. Ja, auch plausibel. Das war halt der Versuch eines Appells an die Vorredner. Schauen wir, ob es etwas hilft.

Vorletzter und letzter Punkt. Unvermeidlich sind die Banken angesprochen worden. Bei der Hypo Alpe-Adria war ja offensichtlich ohnehin schon allen klar, dass da nicht viel zu machen ist. Das werden wir ja dann bei den Berichten im Hauptausschuss sehen. Wir wollen da nicht immer alles öffentlich abwickeln, aber meiner Information nach ist das überhaupt die einzige Bank, wo sich die Republik sozusagen ein Wandlungsrecht ge­sichert hat. Wie es bei den anderen ist, darauf dürfen wir dann ja gespannt sein.

Letzter Satz. Es wird dann wirklich an der Zeit sein, dass, nach mehreren Bemühungen über den Winter, auch seitens des Parlaments ein bisschen anzutreiben und Nach­schau zu halten, was mit der Umsetzung des Bankenpaketes passiert ist, die eine oder andere Karte auf den Tisch gelegt wird. Herr Staatssekretär, so schlicht, wie das im Budgetausschuss gelaufen ist, wird es nicht mehr gehen.

Ich erinnere daran, dass uns dort schon der Nachweis gelungen ist, dass die Regie­rung jetzt schon mit einer Ausfallsquote von 25 Prozent jener Rückzahlungen rechnet, die man de facto als Zinsen, besser wohl als Dividende von dem hingegebenen Eigen­kapital bezeichnen muss. Kollege Ikrath! Also wenn Sie schon dazwischenrufen, das ist ja Eigenkapital, um die FPÖ zur Räson zu bringen, dann ist das zwar im Sinne des Bildungsauftrages wertvoll, aber es kommt trotzdem heraus, dass der Herr Pröll, dass der Herr Finanzminister uns ein bisschen einen Schmäh erzählt hat. Aber das werden wir ganz genau wissen, wenn die Saison vorbei ist. (Beifall bei den Grünen.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Ikrath. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten.

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir um 15 Uhr zum Aufruf der Anfragebespre­chung die Rede unterbrechen werden.

Bitte, Herr Abgeordneter.


14.57.22

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich werde ein bisschen aufs Gas steigen. – Kurz eine Anmerkung zum Thema bil­dungspolitischer Auftrag. Ich kann mich erinnern, ich hatte einen sehr guten Freund, Kollege Königshofer, der hat mir immer wieder in Mathematik geholfen und war immer schrecklich verzweifelt, wenn ich es beim dritten Mal wieder nicht verstanden hatte.

Ich bitte, doch einmal auseinanderzuhalten, was ein Kredit ist, nämlich eine Fremdfi­nanzierung, und was eine Eigenmittelfinanzierung ist. Das ist eben Partizipationska­pital. Dann können wir uns endlich auf einer Ebene unterhalten, sonst ist und bleibt es äußerst schwierig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)


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Wenn ich 8 Prozent oder 9,4 Prozent Verzinsung bekomme, dann ist das Risiko damit eingepreist, das ich bei Eigenmittelinvestitionen habe. Bei einem Kredit würde ich eine so hohe Verzinsung daher naturgemäß nicht bekommen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Ich will aber jetzt nicht weiter auf diese Frage eingehen. Wir haben sie ja im Ausschuss schon ausreichend behandelt. Ich bin mir leider sicher, wir werden uns dort wieder über dieses Thema unterhalten. Kollege Kogler hat es schon angesprochen. Von der Zahlungsdienste-Richtlinie, die wir jetzt umsetzen, profitiert der Konsument ganz ein­deutig. Wir schaffen unterschiedliche zivilrechtliche, aufsichtsrechtliche und auch kon­sumentenrechtliche Regelungen ab, harmonisieren sie also. Das erzeugt Rechtssicher­heit, das erzeugt eine Gebühreneinheit und eine sicherlich größere Vielfalt an Angebot, wovon wieder nur der Konsument profitiert.

Einen Problempunkt sehe ich allerdings, der mit der langen Erarbeitung dieser EU-Richtlinie zu tun hat, das sind die Zahlungsinstitute. Wir haben von den G 20 jüngst die Erklärung gehört, dass künftig alle Anbieter von allen Produkten und Dienstleistun­gen gleichen Regulierungen unterworfen werden sollen. Das ist bei den Zahlungsinsti­tuten leider nicht der Fall. Man kann sagen, sie sind nicht so systemrelevant. Aber ich bin sicher, würde die EU das jetzt regeln, dann würde sie keine Aufsicht light und keine reduzierte Eigenmittelunterlegung zugestehen. Das wird es zu beobachten geben, al­lerdings auch auf europäischem Niveau.

Ein letztes Wort zur Einlagensicherung: Ich bin derselben Meinung wie Kollege Stummvoll und Kollege Kogler, die betont haben, dass wir, wenn es die Krise erlaubt – die Lage ist nun entspannter, als sie letztes Jahr im Herbst war –, wieder die Relation zwischen Ertrag und Risiko herstellen müssen – auch für die Anleger und Sparer –, um eine Fehlentwicklung des Risikobewusstseins zu vermeiden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 10 der Tagesordnung.

15.00.47Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1267/AB


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend mit der Ord­nungszahl 1267/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich deren Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Dr. Moser als Antragstellerin des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.


15.01.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Wirtschaftsminister! Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich die Beantwortung meiner Anfrage ansehen, dann sehen Sie auf den ersten Blick, warum ich diese Anfragebeantwortung bespre-


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chen möchte. Da steht nämlich als Antwort zu den Punkten 1, 2, 4, 5, 8 bis 10, 12, 13 und 18 bis 20 der Anfrage, dass Sie, Herr Minister, dafür nicht zuständig seien. (Abg. Dr. Stummvoll: Gute Antwort! Abg. Grosz: Das hat’s unterm Bartenstein nicht gege­ben! Ruf bei der ÖVP: Fakt ist Fakt!)

Herr Bundesminister Mitterlehner, da ist es ja klar, dass ich Sie herbitte, damit Sie mir wirklich Rede und Antwort stehen, weil Sie für das Thema klimarelevante Maßnahmen bei der Wohnbausanierung – sprich thermische Sanierung, Einhüllen, Verbesserung der thermischen Isolierung von Gebäuden – sehr wohl zuständig sind, weil Sie ja auch gemeinsam mit dem Herrn Umweltminister den sogenannten Sanierungsscheck als Maßnahme des Konjunkturpaketes II vertreten und aus Ihrem Ressort auch 50 Prozent von diesen insgesamt 100 Millionen budgetieren. (Abg. Dr. Stummvoll: Was’s wiegt, das hat’s! Abg. Grosz: Bartenstein hätte das gewusst!)

Ich meine, da kennt man sich nicht mehr aus. Herr Minister Mitterlehner, Sie sind zu­ständig – und dann antworten Sie, für die Punkte 1, 2, 4, 5, 8 bis 10, 12, 13 und 18 bis 20 seien Sie nicht zuständig. – Ja wo sind wir denn da, Herr Minister?! Sie haben doch durchaus kompetente und fleißige MitarbeiterInnen, die sich dessen annehmen könn­ten. Ich bin ja schon halb zufrieden, wenn Sie mir zum Beispiel sagen: In der Frage 3 wenden Sie sich vielleicht an meinen Kollegen, oder: In der Frage 5 bin ich der und der Ansicht, in Abstimmung mit meiner Kollegin oder meinem Kollegen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben hier aber, meine Damen und Herren, wieder ein typisches Beispiel dafür, wie Regierungsmitglieder, wie Minister mit den einfachen Interpellationsrechten von Abgeordneten umgehen. (Abg. Amon: Nein, also das ist …!) Lassen Sie sich das bitte nicht gefallen, schon gar nicht Sie, Herr Kollege Amon, der Sie ja doch die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer vertreten sollen (Abg. Amon: Ja, das ist richtig!), die sehr wohl ein Anrecht darauf haben, dass ihre Steuermittel – darum geht es! – so verwendet werden, dass sie persönlich auch einen Nutzen davon haben. (Abg. Amon: Das ist Landessache in manchen Bereichen! Ruf bei der ÖVP: Das passiert ja auch!)

Damit komme ich zum zweiten Aspekt: Es geht mir nicht nur darum, endlich die Ant­worten auf die Fragen 1, 2, 4, 5, 8 bis 10, 12, 13, 18 bis 20 zu bekommen, sondern es geht mir auch um die Sache. In erster Linie geht es mir um die Sache, denn eine Ant­wort, Herr Minister, haben Sie mir sehr wohl gegeben, und dafür bin ich Ihnen ja dank­bar. Diese Antwort lautet:

„Seitens des Bundes werden im Zuge des Konjunkturpaketes II insgesamt 100 Millio­nen € an Förderungen für Maßnahmen der thermischen Sanierung zur Verfügung ge­stellt.“

50 Prozent für private und 50 Prozent für gewerbliche Objekte. Und Sie, Herr Minister, haben ja gestern gegenüber den Medien gesagt, diese 100 Millionen € seien eigentlich bereits mit Juli völlig verbraucht. Ich weiß es ja, ich habe die Unterlagen ja mit, ich kann es Ihnen zeigen. Wöchentlich kommen tausend Antragsteller. Ich glaube, wir lie­gen jetzt bei ungefähr 10 000 Antragstellern. Der Herr Umweltminister Berlakovich und, ich glaube, auch Sie haben uns während der Budgetdebatte vorgerechnet, dass diese 100 Millionen € Bundesförderung ein Investitionsvolumen von 700 Millionen € bewir­ken. (Abg. Dr. Sonnberger: Richtig!) Und diese 700 Millionen € – Herr Minister, Sie brauchen nur simpel zu rechnen! – bringen Mehrwertsteuereinnahmen. Rechnen Sie 20 Prozent Mehrwertsteuereinnahmen von 700 Millionen, dann sind Sie über der För­dersumme!

Sie haben vor, das einzigartige Win-Win-Projekt der Grünen ansatzweise umzuset­zen – ansatzweise! Wir sagen ja seit dem Jahr 2002, es gibt ein einziges Projekt, das sowohl Beschäftigung schafft, den Menschen – durch Energiesparmaßnahmen – Geld


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spart als auch gleichzeitig ein Wirtschaftsmotor ist, Innovation bringt, vor allem den Klein- und Mittelbetrieben hilft und die Handelsbilanz entlastet. Dieses Win-Win-Pro­jekt, das in der Wirtschaftskammer sehr wohl gängig ist, das im WIFO sehr wohl be­kannt ist, hat also durchaus auch in Ihre Überlegungen Eingang gefunden, aber erst, als es mit der Konjunktur nicht nur massiv bergab, sondern in den Graben gegangen ist.

Jetzt haben Sie die allerwirksamste Maßnahme zur Verbesserung der Konjunktur, die­ses wirksamste Instrument – ich glaube, das sind pro eingesetzter Milliarde an die 25 000 Arbeitsplätze, sagt das WIFO, wenn ich hier nur die Arbeitsplatzdimension er­wähnen darf – auf Minimalstatus, auf diese 100 Millionen € herabgesetzt. Das zeigt ja schon, dass Ihnen die 100 Millionen € innerhalb von drei Monaten ausgegangen sind. Das ist ja schon das beste Zeichen dafür, dass das ein „Wundermittel“ – unter Anfüh­rungszeichen – ist, das beste Konjunkturmittel, das beste Mittel, um regionale Beschäf­tigung zu gewährleisten, regionale Wirtschaft zu fördern, gleichzeitig – und das unter­streiche ich dreimal – Umweltschutzmaßnahmen und Klimaschutzmaßnahmen auf die Reihe zu bringen und gleichzeitig – das unterstreiche ich viermal – den Menschen Aus­gaben und Heizkosten zu ersparen.

Dieses Projekt, dieses zentrale grüne Herzprojekt, haben Sie mit 100 Millionen € ers­tens einmal relativ schmal ausgestattet, und zweitens verlängern Sie es nicht, und da­mit habe ich ein Problem! Sie müssen da dringend wieder Budgetmittel in die Hand nehmen. – Denken Sie nur rein rechnerisch an die Einnahmen durch die Mehrwert­steuer! Es ist ja eine ganz simple Milchmädchenrechnung. Denken Sie rein rechne­risch, dann wissen Sie, dass das der eigentliche Öko-Beschäftigungs-Konjunktur-Turbo ist, den wir in der Hand haben und den Sie ordentlich weiterdotieren müssen.

Reden Sie mit Ihrem Kollegen, dem Herrn Finanzminister Pröll. Auch innerhalb der Volkspartei: Herr Exminister Bartenstein, Sie sind ja durchaus auch in wirtschaftlichen Belangen sehr, sehr gut informiert. Sie werden sicherlich beziehungsweise hoffentlich auch intern darauf dringen, dass wir die Mittel bei diesem Erfolgsprojekt nicht nur auf­doppeln, sondern mehr investieren, weil wir vor allem den großen Vorteil haben, dass in diesem Bereich Bundesförderung sehr viel Privatinvestition, sehr viel privates Spar­kapital in den Wirtschaftskreislauf bringt und die Menschen das noch dazu als Zu­kunftsvorsorge betrachten.

Herr Kollege Auer, Sie als verdienstvoller ehemaliger Bürgermeister (demonstrativer Beifall des Abg. Amon) wissen ja, die Häuselbauer in Ihrer Gemeinde warten darauf, dass sie Fördermittel bekommen. Dann wird verbessert, dann können sie sich im Alter, in der Pension viel an Heizkosten ersparen, und dann können sich die Länder – ich re­de ja gerne mit den 78 Bürgermeistern hier in diesem Hohen Haus – auch die Proble­me mit den vielen, vielen Wohnbeihilfen und Heizkostenzuschüssen ersparen. Wenn man da wirklich rechtzeitig Geld in die Hand nimmt, kann man sozialpolitisch vorbeu­gend agieren, und das spüren dann auch die Gemeinden, die dann weniger aus dem Sozialfonds erübrigen müssen und in diesem Bereich weniger investieren müssen.

Darum noch einmal mein Plädoyer: Abgesehen davon, dass Sie mir bitte die restlichen Antworten nachliefern, Herr Minister, zumindest jetzt mündlich in dieser Sitzung, ver­sprechen Sie uns auch gleichzeitig hier, jetzt und heute, wo alle Argumente auf dem Tisch liegen, dass Sie den Sanierungsscheck über 100 Millionen € zumindest aufdop­peln, zumindest fortführen, und das bitte als Lehrgeld dafür, dass Sie uns – ich glaube, das waren insgesamt 25 Millionen € – die Verschrottungsprämie zugemutet haben!

Die Verschrottungsprämie – das haben Sie selbst in einer Pressemitteilung gesagt – hat einen Effekt von 44 Millionen € gehabt. Die 100 Millionen € für thermische Sanie­rung lösen 700 Millionen € an Investitionen aus. Da sind doch Häuser dazwischen! Es


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liegen – im wahrsten Sinne des Wortes, metaphorisch gesagt – Häuser zwischen die­sen unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten von öffentlichen Förderungsmitteln und de­ren Beschäftigungseffizienz, deren Wirtschaftseffizienz und vor allem auch deren Öko­effizienz und deren Sozialeffizienz.

Bitte lernen Sie dazu! Ich bin auch gerne bereit, Ihnen weitere Ideen zu liefern – auch in anderen Anfragebesprechungen und Parlamentsbeiträgen. Ich bin jedenfalls froh, dass dieses grüne Projekt aus dem Jahr 2002 so erfolgsträchtig geworden ist, und ich hoffe, Herr Minister, Sie werden jetzt in Ihrer Antwort näher darauf eingehen und uns diese zusätzlichen Budgetmittel in Aussicht stellen, denn ich vertraue darauf, was die „Salzburger Nachrichten“ schreiben: Sie denken ja angesichts Ihrer Erfahrungen mit der sogenannten Ökoprämie oder Verschrottungsprämie daran, auch für den thermi­schen Sanierungsbereich – im Sinne eines Konjunkturpaketes III – das zu tun, was vielen Menschen nützt, was auch dem Budget – siehe Mehrwertsteuereinnahmen – nützt, was vor allem die Umwelt entlastet und das Klima in Zukunft auch etwas mehr schützt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

15.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, auch Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.


15.11.09

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Gaßner: Dienstposten für die Frau Moser zur Beratung!) Frau Kollegin Moser, ich danke für Ihre Darstellung beziehungsweise für Ihre Belehrung über die Kompetenzlage, ich nehme sie aber nicht widerspruchslos entgegen, weil die Kompetenzlage anders ist, und dies war Ihnen wohl auch bewusst.

Sie haben nämlich eine Anfrage an mich und gleichzeitig die gleiche Anfrage auch an Herrn Kollegen Nikolaus Berlakovich gerichtet, weil Ihnen sehr wohl bewusst war, dass nur ein Teil der Punkte kompetenzmäßig in den Bereich des Wirtschaftsministeriums, der andere Teil aber in den Kompetenzbereich des Umweltministeriums fällt. (Abg. Dr. Moser: Irgendeiner muss ja ...!) Genau dementsprechend ist daher auch die Beant­wortung ergangen, diese wurde nämlich bei uns am 7. Mai und beim Kollegen Berla­kovich am 6. Mai ausgefertigt.

Daher ist ganz richtig festzustellen, dass die Punkte 1, 2, 4, 5, 8 bis 10, 12, 13 und 18 bis 20 der Anfrage in keinen Kompetenzbereich der Vollziehung des Wirtschaftsminis­teriums fallen. Sie haben auf der anderen Seite – wie angesprochen – vom Kollegen Berlakovich die entsprechende Beantwortung genau dieser Fragen erhalten. Wenn Sie mich jetzt in diesem Zusammenhang fragen – beziehungsweise feststellen, dass Sie neugierig sind –, was der Inhalt ist, so habe ich hier die Anfragebeantwortung mit, in der zu all den Punkten exakt Stellung genommen wird. Wenn Sie wollen, kann ich sie Ihnen gerne übergeben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur inhaltlichen Frage, die Sie betreffend die thermische Sanierung gestellt haben, kann ich das, was Sie gesagt haben, teilweise bestätigen – insofern, als die thermische Sanierung tatsächlich ein voller Erfolg ist. Es wurden bis zum 16. Juni 2009, also de facto bis zum gestrigen Tag, 9 193 Anträge bei uns eingereicht. Die durchschnitt­liche Förderungssumme beträgt 4 400 €. Die durchschnittlichen Investitionskosten, die mit dieser Förderung erreicht werden, betragen pro Fall 35 000 €. Das heißt, wir haben tatsächlich 40,5 Millionen € beziehungsweise 80 Prozent der Budgetmittel verbraucht beziehungsweise zugesagt, und es langen pro Tag 250 Anträge ein. Daher ist damit zu rechnen, dass die gesamte Aktion in wenigen Wochen erschöpft sein wird.


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Ich darf allerdings auch darauf zu sprechen kommen, warum ich gesagt habe „teilweise bestätigen“: Es hat nicht Ihrer Initiative oder Anregung bedurft, um das umzusetzen oder vorzusehen, sondern das war eine Initiative der Bundesregierung, und es war auch nur ein Teil davon. Der zweite Teil sind die 180 Millionen € für die thermische Sa­nierung im Bereich der Bundesimmobiliengesellschaft, die entsprechend zur Anwen­dung beziehungsweise Umsetzung kommen. Insgesamt bewegen wir daher in dem gesamten Themenfeld rund 280 Millionen €.

Damit wird jetzt nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein geliefert, wie manchmal ar­gumentiert wird, sondern es wird Beträchtliches – im tatsächlich materiellen Sinn – um­gesetzt, aber auch „awareness“ gebildet. Ich glaube, der springende Punkt bei dieser Aktion ist ja, dass man nicht nur einseitig Anträge und Förderungen sieht, sondern auch das, was tatsächlich an Investitionsvorhaben bewegt wird. Da ist weit mehr in Be­wegung, weil die Förderaktion ganz einfach ein gutes Image für die thermische Sanie­rung schafft und viele Menschen so auch selbst Geld in die Hand nehmen, ohne dass etwas in diesem Zusammenhang gefördert wird.

Daher ist klar zu sagen, dass die Aktion ein voller Erfolg war, und zwar sowohl kon­junkturpolitisch als auch, was die Nachhaltigkeit anbelangt. Somit ist natürlich die Fra­ge angebracht, ob das nicht fortgesetzt werden kann.

In diesem Zusammenhang sage ich, dass wir das gerne fortsetzen würden. Sie alle kennen aber die Auseinandersetzung rund um das Bundesbudget und auch die Kritik der Opposition, dass das Budget doch nicht aus den Fugen geraten darf und alles fi­nanzierbar sein muss. Daher wird dort wahrscheinlich auch die Grenze sein, und wenn Sie mir einen Hinweis geben – da wir das Budget für zwei Jahre beschlossen haben –, wo da zusätzliche Mittel herkommen sollen, bin ich Ihnen sehr dankbar. (Abg. Dr. Mo­ser: Ist gar nicht notwendig!)

Das ist der eine Ansatzpunkt, der die inhaltliche Seite anbelangt, was aber nichts daran ändert, dass die Aktion grundsätzlich, auch von der Punktgenauigkeit her, ein Riesen­erfolg war.

Das sehen wir auch, was die Landesförderungen anlangt – weil Sie das ebenfalls an­gesprochen haben –, die additiv sind. Es gibt beträchtliche Zusatzunterstützungen sei­tens der Länder, die auch über diese Aktion und die Mittel, die wir zur Verfügung ha­ben, hinausreichen und daher durchaus auch fortgesetzt werden. Insgesamt ist das, was wir durch diese Maßnahmen erreichen, doch ein Bewegungsumfang von mehre­ren Millionen Euro und schafft in etwa 7 000 zusätzliche Beschäftigte.

Daher darf ich meine Sicht der Dinge zusammenfassen, um die Zeit nicht zusätzlich zu strapazieren: Die Anfrage ist von beiden Ministerien gemäß ihrer jeweiligen Kompeten­zen richtig beantwortet worden, und was Sie angesprochen haben, ist eine politische Verantwortung zur Umsetzung im Rahmen der Konjunkturpakete, die wir ebenfalls voll­inhaltlich und zur Zufriedenheit des Publikums wahrnehmen, wobei diese Zufriedenheit natürlich mit weiteren Mitteln  zu deren Herkommen Sie auch keine weiteren Vor­schläge haben – noch steigerbar wäre. (Abg. Dr. Moser: Sicher, die Mehrwertsteuer! Rechnen Sie doch! Allein die Mehrwertsteuer!) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit der nun zu Wort gemeldeten Abgeordneten gemäß Geschäftsordnung jeweils 5 Mi­nuten beträgt.


Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.


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15.17.17

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Die thermische Sanierung bei Privatgebäuden ist ein echtes Erfolgsmo­dell. Es ist eine der effizientesten und günstigsten Möglichkeiten, um Treibhausgase zu reduzieren. Mit dieser Klimaschutzmaßnahme im Inland wird die Wertschöpfung ge­steigert, und es werden Arbeitsplätze gesichert. Außerdem senkt die thermische Sanie­rung auch massiv die Betriebskosten für MieterInnen und Betriebe, und es ist langfris­tig die billigste Möglichkeit, unser Kyoto-Ziel zu erfüllen.

Seit Beginn der Aktion thermische Sanierung Mitte April wurden bereits mehr als 8 500 Anträge für die Sanierung privater Gebäude eingereicht. Der Großteil der För­derungen wird zu circa 40 Prozent für Außenwände in Anspruch genommen, circa 34 Prozent werden für Fenster und circa 12 Prozent für oberste Geschoßdecken ver­wendet.

Die Fördermittel, die eigentlich für 2009 und 2010 gedacht waren, sind allerdings durch Förderzusagen mit Ende Juni so gut wie ausgeschöpft. Da wird selbstverständlich eine Fortsetzung notwendig sein, allerdings braucht es aus meiner Sicht neue Kriterien bei der Vergabe im privaten Wohnbau. Da meine ich, dass der mehrgeschoßige Wohnbau viel besser gefördert werden muss, zum Beispiel auch indem Fernwärmeanschlüsse gefördert werden. (Abg. Hornek: Das passiert schon!) Das passiert nicht! (Abg. Hornek: Landesförderungen!) Außerdem sollte man vom reinen Zuschusssystem ab­gehen und eine neue Form der Kreditmöglichkeit schaffen.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, das Leitungsausbaugesetz mit den eigentlich vorgesehenen 60 Millionen € pro Jahr zu dotieren, denn jetzt im Moment ha­ben wir für das Jahr 2009 0 €, für 2010 10 Millionen € und dann 20 und 30 Millionen €, und das ist auf jeden Fall zu wenig.

Das Ziel muss daher sein, die Bauordnungen zu ändern und nicht Wohnbaufördermittel für die nachträgliche Sanierung der Ein- und Zweifamilienhäuser auszugeben, denn dieses Geld brauchen wir für die Neubauwohnungen.

Die von den Grünen erhobenen Forderungen der Umschichtung der Wohnbauförde­rungsmittel zu Klimaeffizienzzwecken in Form einer Steigerung der Sanierungsrate im Wohnbau von 1 auf 3 Prozent würde ohne eine adäquate Erhöhung eine massive Um­verteilung zu Lasten des Neubaus bedeuten. Das wiederum bedeutet sehr starke sozi­alpolitische Auswirkungen. Da meine ich zum Beispiel einen Stillstand im Neubau und in weiterer Folge eine Wohnungsverknappung, ja sogar eine Wohnungsnot. Ein ausrei­chendes Angebot leistbaren Wohnraums könnte dadurch künftig nicht mehr gewähr­leistet werden, der soziale Wohnbau insgesamt würde zur Disposition stehen.

Bezüglich der Gebäudesanierung wird fälschlicherweise oft der Eindruck erweckt, im Wohnbau stecke aufgrund der Gebäudesanierung das größte CO2-Einsparungspoten­zial. Dabei wird allerdings nicht erwähnt, dass es im Gegensatz zur emittenten Raum­wärme aus Gewerbe/Dienstleistung im Sektor Raumwärme/Wohnen bereits zu einer Reduktion der Treibhausgasemission gekommen ist.

Die Koppelung der Bundeswohnbauförderung an die Entwicklung des Baukostenindex, die Steigerung der Neubaurate nach Maßgabe der Haushalts- und Bevölkerungspro­gnosen oder zum Beispiel die Erhöhung der Wohnbauförderungsmittel des Bundes im Ausmaß der angestrebten Sanierungsrate sind nur einige der Maßnahmen, die ge­meinsam mit den Bundesländern erarbeitet werden müssen.

Ein anderer Vorschlag wäre, bei den Eigentumswohnhäusern Mindestrücklagen anzu­legen, um eine thermische Sanierung finanzieren zu können. Orientieren kann man sich dabei am gemeinnützigen Wohnbau, wo diese Rücklagenbildung der Fall ist.


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Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die mietrechtlichen Rahmenbedingungen ausrei­chend Möglichkeiten für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bieten. Die von den Grünen erhobene Forderung nach einem energieeffizienten Wohnrecht geht daher am allseits akzeptierten Klimaschutz vorbei. Wohnrechtliche Änderungen zugunsten thermoenergetischer Maßnahmen dienen demnach nur als Vorwand – als Vorwand für Eingriffe in den Rechtsschutz der Woh­nungseigentümer.

Thermische Sanierung hängt eng mit Energieeffizienz zusammen. Sie, Herr Minister, sind von uns aufgefordert, das im Koalitionsübereinkommen festgeschriebene Energie­effizienzgesetz endlich vorzulegen.

Es ist klar, dass wir unsere EU-Verpflichtungen im Bereich der erneuerbaren Energien nur erreichen können, wenn wir die Steigerung des Energieverbrauches in den Griff bekommen. Das wird ohne ein Energieeffizienzgesetz sicherlich nicht funktionieren.

In Deutschland zum Beispiel wird ein solches Energieeffizienzgesetz diskutiert, und an diesen Ideen könnten wir uns sicherlich auch in Österreich orientieren. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


15.22.07

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Den Ländern kommt in diesem Bereich der thermischen Sanierung sicher eine Schlüsselrolle zu, haben wir doch zwei Möglichkeiten, diese Pro­bleme zu lösen: einerseits über die Bauordnungen und andererseits über die Wohn­bauförderung.

Man kann durchaus von einer Ökologisierung der Wohnbauförderung im mehrgescho­ßigen Wohnbau reden. Ich empfehle allen, die Studie von Lugger/Amann zu lesen, in der sehr genau drinsteht, was sich in den letzten Jahren alles verbessert hat. Im Übri­gen ist der Anteil von Wohnungen der Kategorie A in den letzten 30 Jahren von 40 Pro­zent beginnend auf 90 Prozent gestiegen.

Wir sind auch Weltmeister im Bereich der Passivhäuser: Wir haben weit über 2 000 Pas­sivhäuser mit 1,1 Millionen Quadratmetern Wohnnutzflächen. Ich bin aber dafür, dass man im Bereich der Passivhäuser diese nicht zwingend vorschreibt, sondern Anreizför­derungen gibt und dadurch Schwung in die Sache bringt.

Es gibt eine klima:aktiv-Vereinbarung mit dem Verband der Gemeinnützigen Bauver­einigungen, die die Reduktion des Energiebedarfs im Wohnungsbestand der gemein­nützigen Unternehmen um 10 Prozent bis zum Jahr 2012 vorsieht. Das bedeutet eine jährliche Einsparung von zirka 200 000 Tonnen CO2-Äquivalent und eine klimarele­vante Sanierungsrate von jährlich 3 Prozent. Das ist im Bereich der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft durchaus gelungen.

Wir haben auch das Energieausweis-Vorlage-Gesetz, das seit 1. Jänner 2009 in Kraft ist. Im Bereich der Wohnbauförderung fließen zirka 70 Prozent in den Neubaubereich und 22 Prozent in die Sanierung, während 8 Prozent im Subjektförderungsbereich sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang die vorbildhafte Funktion der BIG erwähnen. Ich glaube, hier wird wirklich viel in diesem Bereich getan.

Wo wir ein Defizit haben – ich glaube, das wissen wir alle –, das sind der Ein- und Zweifamilienhaus-Bereich und die Eigentumswohnungen. Hier handelt es sich um zirka 1,1 Millionen Objekte in Österreich. Aus diesem Grund ist gerade die letzte Initiative


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der Bundesregierung zu unterstützen, die dazu geführt hat, dass im Bereich des priva­ten Wohnbaus bereits fast 10 000 Anträge gestellt wurden, eine durchschnittliche För­derung von 4 400 € pro Antrag gewährt wird und Investitionen in der Höhe von durch­schnittlich 35 000 € getätigt werden. 80 Prozent der Mittel sind bereits vergeben.

Das heißt, hier besteht tatsächlich ein Ansatz zur ökologischen Investitionsförderung, da im Bereich der Bundesförderung nicht auf die soziale Situation Rücksicht genom­men, sondern die Förderung unabhängig vom Einkommen vergeben wird. Die Mittel werden sicher – davon gehe ich aus – Ende Juni ausgeschöpft sein. (Abg. Dr. Moser: Na ja, das ist ja das Problem!) Ich glaube, dass hier die Bausparkassen und die Kom­munalkredit Public Consulting, KPC, sehr gute Arbeit leisten.

Ich glaube aber, dass wir im rechtlichen Bereich durchaus noch Möglichkeiten haben, Verbesserungen durchzuführen, wie zum Beispiel den fiktiven Erhaltungsbegriff, den es ja im WGG gibt, auch ins MRG beziehungsweise ins WEG zu transformieren. Ich habe auch den Vorschlag von Kollegin Hakel als sehr vernünftig empfunden, die von Rücklagenbildungen beim Wohnungseigentum – zum Beispiel abgestellt auf den Ener­giezustand des Hauses – gesprochen hat.

Ich glaube, es ist viel geschehen, es gibt aber noch viel zu tun. Die Praxis beweist, dass diese 100 Millionen € für thermische Sanierung im Bereich des Wohnbaus und
im Bereich der Betriebe sehr, sehr gut eingesetzt sind. Natürlich wünschen wir uns
alle, dass diese Maßnahmen fortgesetzt werden. Aber man muss auf der anderen Seite auch die Budgetverantwortung sehen. (Abg. Dr. Moser: Das rentiert sich ja nicht! … Mehrwertsteuer!) Wir haben in diesem Haus dieses Budget beschlossen, und wir müssen uns schon an diese Beschlüsse halten. Aber natürlich wäre es mir als Wohn­sprecher unserer Fraktion ein Anliegen, hier in nächster Zeit noch zusätzlich ein paar Impulse starten zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

15.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.


15.26.52

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Herr Bundesminister, wenn Ihre Zahlen, die Sie vorhin genannt haben, stimmen (Abg. Dr. Sonnberger: Die stim­men!), dann ist das ja ein Erfolgsprojekt. Es wäre dann aber höchst an der Zeit, dass Sie diese Mittel aufstocken, denn wenn die Aussage Ihres Ministerkollegen Berlakovich stimmt – und davon gehe ich aus –, dass 100 Millionen € Förderung 600 Millionen € In­vestitionen auslösen und das zusätzlich 7 500 – oder knapp über 7 000 – Arbeitsplätze sichert, dann würde sich eine Erhöhung ja von selber rechnen, wenn Sie jetzt sagen, dass bereits 80 Prozent dieser 50 Millionen an Mitteln ausgeschöpft sind.

Was ich aber nicht verstehe: Es gibt eine brandaktuelle Studie des unabhängigen Marktbeobachters Kreutzer Fischer & Partner, die vor zirka zwei Wochen veröffentlicht wurde und etwas ganz anderes aussagt. In der Studie heißt es, dass gegenüber dem Herbst 2008 die Sanierungsvorhaben im Bau- und Renovierungsbereich um 12 Pro­zent gesunken sind und dass nur 37 Prozent der Bevölkerung wirklich bereit sind, auch in Krisenzeiten zusätzlich zu investieren. Das heißt, dass über 60 Prozent jetzt am Sparen sind und ihren Rotstift angesetzt haben.

Es kommt dann noch dazu, dass derjenige, der sein Haus – wenn wir von Privatperso­nen ausgehen – sanieren will, das Geld nicht flüssig hat und einen Bankkredit braucht, nach wie vor durch die Kreditklemme behindert wird und dann natürlich die Förderung nicht in Anspruch nehmen kann, weil er ohnehin nicht in der Lage ist, das Bauvorhaben


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zu finanzieren. Diese Marktstudie sagt ganz klar aus, dass diese Förderung keinen wirklichen Anreiz bietet. Ich darf zitieren:

„Die Förderung der thermischen Sanierung ändert laut den KFP-Experten“ – das heißt Kreutzer Fischer & Partner – „nichts daran. Der Zuschuss (maximal 5 000 €) sei als ,wirklicher Anreiz‘ eindeutig zu gering, lautet die Kritik. Zu mehr als 90 Prozent würden die 50 Millionen €, die heuer und 2010 in privaten Haushalten zur Verfügung stehen, als ,Mitnahmeeffekt‘ verpuffen.“

Was er als Resümee zum Abschluss sagt, klingt absolut nicht gut – nicht gut für diese Bundesregierung und auch nicht für Sie als Bundesminister: „,Ein wirklicher Stimulus war von politischer Seite niemals geplant‘, sagte Studienautor Andreas Kreutzer.“

Wir wissen, dass rein aus dem Gewerbebereich – Stand letzte Woche – bisher 300 An­träge gestellt wurden. Wenn Sie sagen, 80 oder 90 Prozent der Budgetmittel seien bereits ausgeschöpft, dann frage ich mich, zu wie viel zusätzlichen Arbeitsplätzen das geführt hat. (Abg. Dr. Sonnberger: Mindestens 10 000!) Oder: Hat es dazu geführt, wirklich Tausende von Arbeitnehmern in Beschäftigung zu halten? Wenn ja, dann frage ich mich, warum Sie die Mittel nicht erhöhen. Nehmen Sie Geld aus dem Bankenpaket, das noch nicht in Anspruch genommen wurde! Dort wird es ohnehin zum Weiterzocken und nicht für Investitionen der Klein- und Mittelbetriebe oder für Private verwendet – das wissen wir, das ist leider nach wie vor so.

Vielleicht nehmen Sie auch meinen Vorschlag noch einmal auf, die Gemeinden zu stüt­zen. Wir wissen, dass 80 Prozent aller Gemeinden in Österreich unheimlichen Nach­holbedarf bei den gemeindeeigenen Projekten haben, seien das Kindergärten, Schulen et cetera, und da hat natürlich auch im thermischen Sanierungsbereich viel getan wer­den müssen. Aber das sind genau jene 80 Prozent der Gemeinden, die ohnehin nicht im Geld schwimmen, nicht mit einem positiven Budget gesegnet sind. Daher müssen Sie eben Mittel einsetzen, um diesen Gemeinden unter die Arme zu greifen, und natür­lich auch die Vorgaben für die Ausschreibung entsprechend ändern, damit das Geld auch wirklich der heimischen Wirtschaft, der heimischen Realwirtschaft zugute kommt und die Arbeitskräfte in unserem eigenen Land gesichert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie von einem Erfolg dieses Projektes reden, dann gönne ich Ihnen das – ich hoffe das ebenso im Sinne der Arbeitslosen beziehungsweise der noch Beschäftigten in Österreich –, aber dann erhöhen Sie dieses Paket entsprechend, damit Sie Investitionen in Gang bringen, die in Höhe mehrerer Millionen nachvollzieh­bar wären, was auch Ihr Ministerkollege Berlakovich zugegeben hat. Ich verstehe nicht, wenn das halbe Jahr noch nicht vorbei ist und 80 Prozent ausgeschöpft sind, warum Sie dort nicht weitermachen. Es finanziert sich grundlegend von selbst. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

15.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann mit 5 Minuten zu Wort. – Bitte.


15.31.28

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Das Zauberwort ist in aller Munde: thermische Sanierung – als Jobmotor, als Allheilmittel gegen CO2, als Energiesparmotor und als möglicher Weg, Österreich letzt­lich in den Bereich der Energieautarkie zu bringen. Das ist wichtig und richtig, denn die Raumwärme frisst nahezu 40 Prozent des Energiebedarfes Österreichs auf. Wenn wir es schaffen, hier gut anzusetzen, dann kommen wir weg vom Erdöl und auch weg vom Erdgas, abgesehen vielleicht von den Bereichen der Industrie.


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Kollege Mitterlehner, Herr Wirtschaftsminister, Sie haben heute in den Nachrichten ge­sagt, dass die thermische Sanierung ein echter Volltreffer sei. (Abg. Dr. Sonnberger: Richtig!) Die ÖVP sagt: Richtig, aber leider haben wir kein Geld dafür. Ich werde Ihnen etwas später ein Modell aufzeigen, wie Sie Geld für diese sinnvolle Maßnahme bekom­men können, wie Sie viele weitere, viel größere Volltreffer bei der thermischen Sanie­rung landen können.

Herr Minister, Sie geben 100 Millionen aus dem Konjunkturpaket II aus. Das ist nicht einmal neues Geld, es ist im Prinzip – zwischen Anführungszeichen – „gestohlenes Geld“, nämlich vom Verbund eine Sonderdividende und Geld aus dem KLI.EN, aus dem Klima- und Energiefonds, das anderswo letztlich abgeht. Es bleiben 50 Millionen für private Haushalte für zwei Jahre übrig, wovon schon – wie Sie gesagt haben – 80 Prozent weg sind, verbraucht sind. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Gestohlenes Geld!) „Gestohlenes Geld“ – zwischen Anführungszeichen –, Herr Wirtschaftsminister, weil es anderswo fehlt. Es ist so. (Abg. Auer: Geliehenes Geld, Herr Kollege Wid­mann!) Darüber sollen sich dann die Banker unterhalten, ob es geliehen oder ge­stohlen ist. Ich habe es bewusst zwischen Anführungszeichen gesetzt, aber ich sehe schon, das reizt die ÖVP besonders, weil sie weiß, dass das den Punkt trifft, dass das Geld eben anderswo abgeht.

9 100 Ansuchen sind da, aus privaten Haushalten, 300 Betriebe sind da – und das Geld ist eigentlich jetzt im Juni schon weg, obwohl das Programm auf zwei Jahre ange­legt ist. Das wohl wissend, Herr Kollege Auer, dass wir in Österreich 1,5 Millionen Häu­ser haben, die sanierungsbedürftig sind. 1,5 Millionen Häuser, aber mit diesem Pro­gramm schaffen Sie gerade einmal 9 000, 10 000 Häuser. Ich will jetzt nicht die Micky­maus beleidigen, aber dieses Sanierungsprogramm ist ein Mickymaus-Programm, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich spreche jetzt die Kollegen Auer und Ikrath an, die ja Bankexperten sind: Sie könn­ten mit 100 Millionen ein zinsfreies Kreditmodell schaffen, mit dem Sie ein jährliches Fördervolumen von 3,3 Milliarden auf die Beine stellen könnten, wenn Sie wollten. 3,3 Milliarden – bei 1 Milliarde sind es 11 000 Arbeitsplätze, bei 3,3 sind es nahezu 35 000 Arbeitsplätze, die Sie jährlich sichern könnten, wenn Sie den Mut hätten, wirk­lich mehr Geld in die Hand zu nehmen und es langfristig einzusetzen. (Beifall beim BZÖ.) Das wäre wichtig, wenn man bedenkt, dass es im Mai 2009 im Vergleich zum Mai 2008 47 Prozent mehr Arbeitslose in der Baubranche gegeben hat.

Eines wäre auch noch wichtig – Sie haben selbst gesagt, maximal 5 000 € bekommt man vom Staat, eine Sanierung kostet aber 25 000, 30 000 € –: Beachten Sie bitte zu­nehmend bei der thermischen Sanierung auch die soziale Komponente! Es gibt viele Menschen, ältere Menschen, Mindestrentner, Pensionisten, Familien mit vielen Kin­dern, die in solchen Häusern leben und nicht in der Lage sind, Eigenmittel in diesem Umfang aufzubringen. Wenn Sie daher den Menschen ermöglichen, dass sie einen zinsenfreien Kredit für ihre Haussanierung bekommen, den sie mit Hilfe der Energie­kosteneinsparung zurückzahlen können, dann haben Sie mehrere Fliegen auf einen Schlag getroffen. Das heißt, dieses Modell wäre zukunftsweisend und wäre auch um­zusetzen, es wäre machbar und leistbar. (Beifall beim BZÖ.)

Ich weiß, Herr Wirtschaftsminister: Ihnen fehlt das Geld – ein anderer Minister Ihrer Partei bekommt es dafür, denn diese Investitionen von 600, 700 Millionen, die Sie jetzt ausgelöst haben, verursachen ja auch ein Mehr an Steuereinnahmen, ein Mehr an So­zialversicherungsbeiträgen und ersparen uns die Auszahlung von Arbeitslosengeldern. Unterm Strich ist diese thermische Sanierung eigentlich eine Steuergeldbeschaffungs­maschine, die man starten soll. Daher unser Vorschlag: Schaffen Sie einen Sanie­rungsfonds Raumwärme, den Sie langfristig jährlich mit 100 Millionen speisen, damit


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Sie jährlich ein Volumen von 3,3 Milliarden für Förderungen für die thermische Sanie­rung einsetzen können!

Es gibt aber auch noch weitere Maßnahmen, die wichtig sind: Information oder ver­pflichtende Beratung über Energieeinsparungen, wie wir sie in Oberösterreich haben. Wohnbaufördergelder gibt es nur dann, wenn sich der Bauwerber vorher hat verpflich­tend beraten lassen.

Oder: Die Fördersysteme sind komplex. Wir haben eine Bundesförderung, wir haben die KPC, wir haben die Umweltförderung Inland, wir haben neun Landesförderstellen im Wohnbau. Dazu kommt die komplexe Situation im Kompetenzbereich bei den Wohnbaugeldern. Wir haben eine EU-Gebäuderichtlinie, die in vier Bundesländern – Salzburg, Niederösterreich, Burgenland, Vorarlberg – nur ansatzweise beziehungswei­se noch gar nicht umgesetzt worden ist. Und wir haben – es ist bereits angesprochen worden – neun Bauordnungen mit unterschiedlichen Standards.

Herr Minister, Sie hätten die Macht, Sie hätten die Möglichkeiten, hier einzugreifen und einheitliche Mindeststandards zu schaffen! Die 15a-Vereinbarung gibt es, aber sie wird nicht umgesetzt, und das ist der Punkt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Denken Sie auch daran – ich komme zum Schlusssatz –, dass man sämtliche Sanie­rungsausgaben generell steuerlich absetzen können sollte, um so auch den Jobmotor anzukurbeln! Kommen Sie endlich weg von der Kriechspur der thermischen Sanierung, gehen Sie auf die Überholspur und machen Sie damit Österreich energieautark! – Dan­ke schön. (Beifall beim BZÖ.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


15.37.23

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die thermische Sanierung ist zweifelsohne eine ganz wichtige Maßnahme, was den Klimaschutz angeht, was die Konjunkturbelebung, die Beschäftigungsentwicklung angeht, und auch eine wichtige soziale Maßnahme. Ich denke, das ist unumstritten, das haben viele Ex­pertinnen und Experten bestätigt, und ich hoffe, dass wir uns auch hier im Haus einig darüber sind; wenn man den Aussendungen und Sonntagsreden Glauben schenkt, kann man zumindest darauf schließen.

Wenn Sie, Herr Minister, sagen, dass es keine Initiative der Grünen gebraucht hat, um solch eine Initiative auch tatsächlich zu setzen, dann möchte ich schon sagen, dass die Grünen bereits im Jahr 2002 darauf hingewiesen haben, wie wichtig thermische Sanie­rung wäre. Bereits damals haben wir eine Sanierungsmilliarde vorgeschlagen.

Aufgrund der positiven Effekte ist das wichtig, aber natürlich auch – wie Sie richtig ge­sagt haben – aufgrund der Möglichkeiten im Bereich Awareness, Bewusstseinsbildung. Bis diese Bewusstseinsbildung, diese Awareness, bei der Regierung angekommen ist, hat es dann eben bis zum Jahr 2008 gedauert. Sie setzen allerdings statt 1 Milliarde nur 100 Millionen € für die Sanierung ein – also ganz ist die Bewusstseinsbildung im­mer noch nicht angekommen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: 2002 waren es Schilling!)

Wir haben es schon gehört, es gibt tausend Anträge pro Woche, die von der Bevölke­rung gestellt werden, und das zeigt ganz eindeutig, wie wichtig diese Maßnahme ist, wie wirksam sie ist und dass viele Menschen darauf setzen, in Zukunft weniger für Öl und Gas oder für Energie im Allgemeinen ausgeben zu müssen. Diese vielen Anträge


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zeigen aber auch auf, dass viel zu wenig Mittel dafür zur Verfügung stehen, dass der Ansatz bei Weitem nicht ausreichend ist.

Nun zu Ihrer Beantwortung der Anfrage. – Sie haben darin erklärt, dass Sie in einigen Punkten nicht zuständig seien. Ich denke, bei Frage 1 betreffend Strafzahlungen ist es sehr wohl auch wirtschaftspolitisch interessant, ob wir unsere Mittel für Maßnahmen einsetzen, aus denen wir dann auch wieder etwas gewinnen können, oder ob wir Straf­zahlungen leisten müssen. Wenn Sie sich mit den Strafzahlungen überhaupt nicht be­schäftigen, dann frage ich mich als Umweltsprecherin schon, ob Sie einfach davon ausgehen, dass eventuelle Strafzahlungen, die ja mit großer Wahrscheinlichkeit kom­men werden, dann aus dem Umweltbudget beglichen werden und dass alle anderen Budgets, auch Ihr Budget, davon nicht betroffen sein werden, noch dazu wo ja die Überschreitungen im CO2-Bereich zum Großteil aus der Wirtschaft verursacht werden.

Bei der Frage 2, denke ich, leitet sich Ihre Zuständigkeit schon ab, sie ist schon über das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gegeben. Dafür sind Sie auch zuständig, näm­lich was die Wohnbauförderung angeht.

Die Frage 18, denke ich, war einfach eine Frage dahin gehend, wie Sie sich bei einer Steuerreform für eine mögliche Absetzbarkeit von thermischen Sanierungskosten ein­setzen werden. Das hat wohl mit Zuständigkeit nichts zu tun, sondern das ist einfach eine politische Maßnahme. Wir sagen, das ist eine wichtige Maßnahme, auch für Ihren Zuständigkeitsbereich, und das ist eine wichtige Maßnahme vor allem auch für die regionale Wirtschaft. Ich meine daher, diese Frage ist sehr wohl auch zulässig.

Nun zu einer Frage, die Sie beantwortet haben; es geht um die unzureichende Umset­zung der Gebäuderichtlinie in Österreich. Da haben Sie geschrieben, dass Sie auf­grund des Übersichtsberichts, den Sie abgeliefert haben, davon ausgehen, dass die Bewertung der Europäischen Union positiv ausfallen wird. Es würde mich interessie­ren, wie Ihre Begründung ausgeschaut hat und wieso Sie sich auf diese Annahme stüt­zen.

Fakt ist, die thermische Sanierung ist als Beschäftigungsmaßnahme vor allem auch in den regionalen Betrieben, bei den KMUs wirksam. Sie eröffnet Einsparungsmöglichkei­ten für die Haushalte, für die Bevölkerung. Gerade im Bereich der Raumwärme gibt es auch großes Potential, was Klimaschutz, was CO2-Einsparungen angeht. Das hat auch der Rechnungshof beschrieben. Umso unverständlicher ist es meiner Meinung nach, dass hier nicht mehr hineingegangen wird, wenn sich diese Maßnahme noch dazu, wie meine Kollegin Moser schon ausgeführt hat, selbst rechnet.

Es gibt diesbezüglich bereits ein Investitionsvolumen, das ausgelöst wurde, von fast 700 Millionen €. Und, wie angeführt, über die Mehrwertsteuereinnahmen trägt sich die­se Maßnahme selbst. Wir erleben zurzeit eine Wirtschaftskrise, es gibt aber einen Be­reich, der boomt, der auch tatsächlich Effekte auf die regionale Wirtschaft hat. Daher ist es für mich einfach nicht nachvollziehbar, dass wir in diesen Bereich nicht mehr hin­eingehen.

Ich fordere Sie noch einmal auf, die Maßnahmen zu erweitern, auszubauen und zu ver­längern. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich noch einmal Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Ing. Westentha­ler: Darf er das überhaupt? Ein zweites Mal?)


15.42.53

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Kollegin, ich möchte einfach nichts im Raum stehen lassen. Der eine Punkt, den


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Sie angesprochen haben, nämlich ob ich mich dafür einsetzen werde, ist kein Punkt der politischen Vollziehung, aber im Wesentlichen auch nicht so wichtig. Wichtiger ist die Frage betreffend Gesamtenergieeffizienz, und zwar, wie wir da zu dieser Beantwor­tung kommen.

Ich darf Ihnen das noch kurz illustrieren und möchte darauf hinweisen, dass ich meine Redezeit vorhin nicht ausgeschöpft habe. Gestatten Sie mir das daher noch!

Die EU-Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ist nach österreichischer Ansicht voll umgesetzt worden. Der Bund ist seinen Verpflichtungen mit dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz, auf das hier noch eingegangen wird, nach­gekommen. Die Bundesländer haben jeweils Regelungen im Rahmen der ihnen oblie­genden Materien wie Baurecht und Luftreinhalterecht erlassen. Der EU-Kommission wurden alle diese Regelungen notifiziert.

Im Vertragsverletzungsverfahren wurde der EU-Kommission mit Note des Bundes­kanzleramtes vom 26. Februar 2009 ein Übersichtsbericht über die österreichische Umsetzung übermittelt, und vorgreiflich der abschließenden Bewertung durch die EU-Kommission wird davon ausgegangen, dass dieses Verfahren daraufhin eingestellt werden wird.

Zum Schritt einer Anklageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof ist es nie ge­kommen. Die Frage ist endgültig in der Bewertung offen; die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Umsetzung ausreichen wird, schätze ich als relativ groß ein.

Das noch als Nachtrag zu meiner Erstbeantwortung. – Danke schön. (Beifall und Bra­vorufe bei der ÖVP.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

15.44.47Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 13. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim mit 3 Minuten gewünschter Redezeit. – Bitte.


15.45.00

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich darf an diese emotionale Debatte anschließen. Wir sind wieder beim Thema des Finanzaus­schusses über die Regierungsvorlage zum Zahlungsdienstegesetz. Im Wesentlichen ist das eine Maßnahme, die europäische Standards harmonisieren soll, die sicherstel­len soll, dass europaweit – und ich glaube, das ist einer der wesentlichen Punkte – die Zahlungsdienststellen, also die Banken in dem Bereich, die gleichen Konditionen, ins­besondere auch in den Rückstellungen, in der Einlagensicherung zu gewährleisten ha­ben und dadurch eigentlich auch in der Konkurrenzsituation eine Gleichbehandlung dieses doch sehr wesentlichen Aspekts sichergestellt werden kann.

Bei der Frage der Gebühren, der Vergebührung und auch der Frage der Überweisun­gen können wir uns alle an unliebsame Vorkommnisse, die vonseiten des Konsumen­tenschutzes aufgedeckt wurden, erinnern, wo ja in nicht nachvollziehbarer Weise Über­weisungen erst einige Tage später stattgefunden haben. Das soll künftig nicht mehr so sein.


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Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal auf eines verweisen, was mir beson­ders am Herzen liegt: Wir reden jetzt von einer Verbesserung der Information insge­samt für die Kunden, für die Konsumenten. Und wir haben derzeit ein Verfahren lau­fen – ich spreche jetzt über die Causa Meinl –, bei dem wir nahezu tagtäglich mit Infor­mationen in den unterschiedlichen Medien zugeschüttet werden, wo zu lesen steht: Fakt ist – und dann steht das Gegenteil von dem, was innerhalb der Judikatur durch Urteile, durch Entscheidungen bis jetzt festgestellt worden ist.

Wenn wir schon über Aufklärung reden, wenn wir schon darüber reden, dass die Kon­sumenten darüber informiert werden sollen, was tatsächlich Sache ist, so glaube ich, sollte uns auch etwas zu dieser, wie ich meine, sehr dreisten Vorgangsweise einfallen, weil man schlicht und einfach das, was gerichtliche Urteile festgelegt haben, die nicht mehr angefochten werden können, in derartigen Aussendungen, in derartigen Werbun­gen auf den Kopf stellt und damit die Konsumenten wieder massiv hinters Licht führt.

Ich meine, dass uns diesbezüglich doch noch das eine oder andere einfallen sollte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.47.27

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin, danke für die Worterteilung! Ich darf eingangs Bezug nehmen auf den Erstredner, Herrn Abgeordneten Königshofer, der diesen Tagesordnungspunkt zum Anlass genommen hat, um unser Bankenpaket wieder in Diskussion zu stellen. Ich darf mit einem Zitat des Gouverneurs der Oester­reichischen Nationalbank beginnen.

Universitätsprofessor Dr. Ewald Nowotny hat letzte Woche dazu festgehalten, dass „die österreichischen Banken die letzten Monate dazu genutzt haben, ihre Krisenre­sistenz zu festigen. Die Gewährung von bislang rund Euro 6 Mrd staatlicher Kapital­maßnahmen, zusätzlich zu privaten Eigenkapitalzuschüssen, die Begebung von etwa Euro 16 Mrd bundesgarantierten Bankanleihen und die Aktivitäten der Clearing Bank haben hierzu wesentlich beigetragen“.

Zweiter Punkt – weil Sie wieder einmal die Offenlegung der Verträge mit den Banken angesprochen haben –: Auch dazu habe ich eigentlich schon mehrfach Stellung ge­nommen, insbesondere in den Sitzungen des zuständigen Ausschusses. Alle we­sentlichen Inhalte, was die Konditionen betrifft, was die Instrumente betrifft, sind im Ge­setz, in der Verordnung und auch in der EU-Beihilfengenehmigung vorgegeben. Und im Hauptausschuss des Nationalrates wird ja von uns auch sehr detailliert periodisch über Vertragsinhalte berichtet. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist: Wir müssen auch sehen, dass es nicht ganz unproblematisch ist, wenn wir darüber hinausgehen, weil natürlich die Banken als Vertragspartner auch einen Anspruch auf Wahrung der Amtsverschwiegenheit geltend machen können. Dass wir hier einerseits unserer Berichtspflicht gegenüber dem Parlament, so weit es möglich ist, nachkommen, andererseits aber auch die Wahrung der Amtsverschwie­genheit im Auge behalten, das bitte ich auch von Ihrer Seite her zur Kenntnis zu neh­men. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Der dritte Redner – auch ein Redner Ihrer Fraktion (in Richtung FPÖ) – hat kritisiert, dass wir bei dem vorliegenden Verhandlungsstück, beim Zahlungsdienstegesetz, Zah­lungsdienste in der Form organisiert hätten, dass auch eingehende Zahlungen in US-Dollar geregelt sind.


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Ich kann nur sagen, das ist falsch, was Sie hier sagen. – Richtig ist vielmehr, dass das natürlich gilt, wenn die Zahlungseingänge in Euro erfolgen, beziehungsweise in einer EWR-Währung, aber nicht was den US-Dollar betrifft. Also die Behauptung, die von Ihnen hier aufgestellt worden ist, entbehrt der rechtlichen Grundlage in diesem Gesetz. (Abg. Neubauer: Da müssen Sie mit der Wirtschaftskammer reden! Die macht die Aussendungen!)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, es ist die Aufgabe jedes Abgeordneten, sich selbst zu erkundigen und nicht auf Aussendungen von Institutionen Bezug zu nehmen. (Abg. Neubauer: Ja, ja!) Ich glaube, Sie stimmen hier über eine Gesetzesvorlage ab, die Sie selbst lesen sollten. Das gilt meines Erachtens für alle Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wo bringt dieses Gesetz wesentliche Verbesserungen? Wir beschließen ja dieses Ge­setz einerseits – wie vom Abgeordneten Kogler richtigerweise angemerkt worden ist –, um zwei Richtlinien der Europäischen Union umzusetzen, andererseits haben wir ja auch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, das uns veranlasst, zu dieser heuti­gen Beschlussfassung zu kommen.

Wo sehe ich die wesentlichen Verbesserungen? Einerseits in der Einlagensicherung, andererseits in den Informationspflichten und drittens – vom Abgeordneten Krainer schon angesprochen – vor allem in den konsumentenpolitischen Verbesserungen, die damit geschaffen werden.

Wir haben jetzt mit diesem Gesetz eine neue Kategorie von Zahlungsdienstleistern. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch zu sehen, dass dadurch auch die Rechtssi­cherheit steigt – für die Kunden, aber auch für die Banken.

Es gibt mehr Transparenz und eine bessere Vergleichbarkeit der Produkte, die ange­boten werden. Diese Bestimmungen, die Sie heute beschließen, sind ein wesentlicher Beitrag dazu, das Vertrauen in den Finanzmarkt insgesamt zu stärken, weil dadurch ein reibungsloses Funktionieren gefördert wird. Die Erhöhung der Einlagensicherung bei den juristischen Personen kommt vor allem den KMUs zugute, was in der wirt­schaftlichen Situation, in der wir jetzt sind, auch ein notwendiger und wichtiger Impuls ist.

Die Verkürzung der Auszahlungspflichten für die gesicherten Einlagen ist im Sinne der Konsumenten zu sehen. Somit ist dieses Gesetz eines, das vor allem die Interessen der Konsumenten im Auge hat, aber auch unsere Klein- und Mittelbetriebe stärkt und insgesamt einen wichtigen Beitrag leistet, weiterhin das Vertrauen in unseren Finanz­markt zu festigen. Meine sehr geehrte Damen und Herren, am Finanzmarkt, der im Vorjahr sicherlich in einer ganz schwierige Phase war, ist jetzt – Gott sei Dank, sage ich – wieder viel an Stabilität und Normalität eingekehrt.

Daher halte ich es auch für richtig – was die Einlagensicherung betrifft –, dass wir hier wie im Gesetz vorgesehen vorgehen und diese uneingeschränkte Einlagensicherung auslaufen lassen, weil das auch ein Ausdruck des Funktionierens des Bankensektors und des Finanzmarkts ist, wenn wir diesen Schritt setzen können.

Ich schließe mit den Worten, mit denen ich begonnen habe. Unser Bankensystem hat sich in dieser Krise bewährt. Das sieht nicht nur der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank so, sondern das wird auch international so gesehen. Wir haben zum Beispiel in den USA nur ein Engagement von 4 Prozent in einer Größenordnung von insgesamt 14 Milliarden €, während unser Engagement bei unserem tschechischen Nachbarn in diesem Bereich bei 39 Milliarden € liegt und hier natürlich auch unser Be­zug zur Realwirtschaft weit direkter und stärker gegeben ist als eben zu einem Finanz­markt, bei dem die Turbulenzen besonders stark waren, wie in den USA.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 139

Mit der heutigen Beschlussfassung kommt ein weiterer, wichtiger Mosaikstein dazu, um den Finanzmarkt in Österreich in einem möglichst ruhigen Fahrwasser zu haben. Daher sage ich, es ist gut, dass wir zu dieser Beschlussfassung des Zahlungsdienste­gesetzes kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz zu Wort mit 4 Minuten gewünschter Redezeit. – Bitte.


15.55.48

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Der vorliegende Entwurf soll im Sinne der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie Verbesserungen für KonsumentInnen bringen. Das tut er im Großen und Ganzen auch, und deshalb sind wir durchaus dafür.

Allerdings gibt es einen Punkt, der schon zu hinterfragen ist und der jeden, der das Service von Banken in Anspruch nimmt, ganz direkt betrifft. Wir haben die Situation – noch immer –, dass neben den ohnehin für Überweisungen fälligen Gebühren noch dazu kommt, dass die beteiligten Banken – also sowohl die Bank des Auftraggebers als auch diejenige des Empfängers –, sagen wir, durch gewisse Verzögerungen bei der Überweisung so etwas wie ein Körberlgeld einstreifen.

Konkret ist es so: Man erteilt den Überweisungsauftrag – sei es durch die Abbuchung vom eigenen Konto oder eben durch eine Bareinzahlung –, jedenfalls stellt man sein Geld sofort zur Verfügung. Die Bank gibt es aber ihrerseits nicht unmittelbar frei, son­dern das dauert noch. Ähnlich ist es dann auch bei der Empfängerbank. Da ist es dann wieder so, dass das Geld, wenn es dann endlich eingetroffen ist, nicht sofort wertge­stellt wird. Auch da dauert es wieder.

Meine Damen und Herren, diese Verzögerung geht voll auf Kosten der Kunden und Kundinnen, der Konsumenten und Konsumentinnen. Die Banken hingegen profitieren! Sie profitieren gleich drei Mal.

Zum Ersten: Sie ersparen sich die Habenszinsen von dem Konto, von dem überwiesen wird, denn dort ist das Geld ja gleich weg. Sie verdienen dann zum Zweiten, weil sie die Möglichkeit haben, das Geld in dieser Zwischenphase kurzfristig zu veranlagen – Geld, das ihnen eigentlich gar nicht gehört. Zum Dritten verdienen sie dann häufig noch durch Sollzinsen, die sie vom Konto desjenigen verrechnen, der diese Überwei­sung empfängt, womöglich sein Konto überzogen hat, aber die Gutschrift kommt und kommt nicht. Er muss also Überziehungszinsen länger zahlen als notwendig. (Abg. Mag. Kogler: Sauerei!)

Meine Damen und Herren, diese Problematik ist uns seit Jahren bekannt. Wir Grüne haben bereits in der letzten Legislaturperiode einen Antrag dazu eingebracht. Aber wie so oft wurde dieser Antrag vertagt – damals mit der Argumentation, es käme ohnehin die Umsetzung der EU-Richtlinie, die wir heute hier haben.

Meine Damen und Herren, diese Argumentation führte dazu, dass wir jetzt über einein­halb Jahre gewartet haben, in denen die Kunden und Kundinnen zahlen und die Ban­ken profitieren. Das ist wirklich schade und letzten Endes vertane Zeit. Jetzt entspre­chen Sie der EU-Richtlinie, zumindest im Hinblick auf die sofortige Wertstellung, also die Seite, die die Empfängerbank betrifft. Da kommt es zu einer Verkürzung.

Allerdings – Herr Abgeordneter Jarolim, darauf muss man unbedingt hinweisen –: Bei der Verkürzung der Überweisungsdauer räumen Sie den Banken weiterhin eine Über­gangsfrist bis 2012 ein. Das heißt drei weitere Jahre, in denen die KundInnen wieder zahlen und die Banken hinten herum profitieren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 140

Herr Abgeordneter Stummvoll, ich verstehe schon, dass Sie sagen, elektronische Um­stellungen funktionieren nicht von heute auf morgen. Das verlangt ohnehin niemand. Aber dass es drei Jahre dauern soll, bis so eine Umstellung stattfindet, das ist wirklich unglaubwürdig. Würde das stimmen, müsste ich mir enorme Sorgen um den techno­logischen Standard unserer heimischen Banken machen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, eine weitere Verzögerung ist einfach nicht einzusehen, und wir fordern deshalb, dass eben diese verkürzte Überweisungsdauer ähnlich wie bei der Wertstellung bereits ab November dieses Jahres wirksam wird.

Es ist nicht einzusehen, warum die Kundinnen und Kunden noch länger bis 2012 auf diese Verbesserung warten sollen. Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schatz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 lautet § 42 Abs 1 wie folgt:

„(1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers hat sicherzustellen, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorganges ist, dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Empfängers spätestens am Ende des dem Tag des Eingangszeitpunktes (§ 38) folgen­den Geschäftstages gutgeschrieben wird. Bis zum 1. Jänner 2012 können der Zahler und sein Zahlungsdienstleister jedoch eine Frist von maximal drei Geschäftstagen (§ 28 Abs 1 Z 2 lit. e und § 32 Abs 1) vereinbaren. Diese Übergangsfrist gilt nicht für innerstaatliche Überweisungen. Für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge ver­längern sich diese Fristen um einen weiteren Geschäftstag. Für Zahlungsvorgänge ge­mäß § 1 Abs 4 Z 4 darf die vereinbarte Ausführungsfrist vier Geschäftstage nach dem Eingangszeitpunkt nicht überschreiten.“

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag im Interesse der Konsumenten und Konsumentinnen, der Bankkundinnen und -kunden zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Birgit Schatz, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (207 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienste­gesetz - ZaDiG) erlassen und das Bankwesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Überweisungsgesetz aufgehoben wird (213 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 141

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 lautet § 42 Abs 1 wie folgt:

„(1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers hat sicherzustellen, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorganges ist, dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Empfängers spätestens am Ende des dem Tag des Eingangszeitpunktes (§ 38) folgen­den Geschäftstages gutgeschrieben wird. Bis zum 1. Jänner 2012 können der Zahler und sein Zahlungsdienstleister jedoch eine Frist von maximal drei Geschäftstagen (§ 28 Abs 1 Z 2 lit. e und § 32 Abs 1) vereinbaren. Diese Übergangsfrist gilt nicht für innerstaatliche Überweisungen. Für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge ver­längern sich diese Fristen um einen weiteren Geschäftstag. Für Zahlungsvorgänge ge­mäß § 1 Abs. 4 Z 4 darf die vereinbarte Ausführungsfrist vier Geschäftstage nach dem Eingangszeitpunkt nicht überschreiten.“

Begründung

Die mit dem Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) umzusetzende EU-Richtlinie über Zah­lungsdienste sieht in Artikel 69 vor, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlers sicher­zustellen hat, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, spätestens am Ende des folgenden Geschäftstages dem Konto des Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird.

Bis zum 1. Jänner 2012 können Zahler und Zahlungsdienstleister dafür allerdings eine Frist von maximal drei Geschäftstagen vereinbaren.

Die von der Richtlinie vorgesehen Übergangsfristen und Ausnahmemöglichkeiten wur­den im ZaDiG übernommen, obwohl Artikel 72 der Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, für inländische Zahlungsvorgänge kürzere Ausführungsfristen festle­gen.

Von dieser Möglichkeit, die im Sinne der KonsumentInnen wäre, wurde im vorliegen­den Gesetzesentwurf nicht Gebrauch gemacht.

Auch das Bundesministerium für Arbeit Soziales und Konsumentenschutz weist in sei­ner Stellungnahme zum Ministerialentwurf des ZaDiG darauf hin, dass nach dem Ge­setzesentwurf die zulässigen Überweisungsfristen bei innerstaatlichen Überweisungen länger wären, als sie es derzeit in der österreichischen Praxis sind.

Dies ist aus Sicht des KonsumentInnenschutzes klar abzulehnen. Aus diesem Grund sieht der Abänderungsantrag vor, dass die Übergangsfrist bis zum 1. Jänner 2012 nicht für rein innerstaatliche Überweisungen gilt. Für diese soll schon mit Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) die kurze Überweisungsfrist von einem Tag gel­ten.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Steindl mit ge­wünschten 3 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.02.13

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Kollegin Schatz, eines müssen wir schon auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 142

kalkulieren bei einer europaweiten Umstellung: Wir haben 27 europäische Länder mit völlig unterschiedlichen Standards, vor allem im IT-Bereich und in vielen anderen Be­reichen. Da braucht man einfach auch eine bestimmte Zeit, um die jetzt so wichtigen Maßnahmen und einheitlichen Rahmenbedingungen für Banken, für Konsumenten europaweit festzuschreiben.

Es ist erfreulich, dass das jetzt auch in Österreich mit einfließen kann. Wir haben hier für alle unsere Konsumenten und Marktteilnehmer gleiche Bedingungen, gleiche Pro­dukte, und es kann dadurch keine weiteren Wettbewerbsverzerrungen mehr geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wichtig ist es mir auch, dass es gerade auch bei der Einlagensicherung zu einer Harmonisierung kommt, auch zu einer Harmoni­sierung bei den klein- und mittelständischen Unternehmungen gegenüber den Privat­personen. Hier haben wir vorweg einmal als ersten Schritt diese 50 000 € Einlagen­sicherung, und mit 1.1.2011 wird hier auch entsprechend angehoben, nämlich auf 100 000 €. Somit sind juristische Personen und Privatpersonen gleich gestellt.

Ich bin auch sehr dafür, dass wir mit 1. Jänner 2010 wieder auf die 100 000 €-Einla­gensicherung insgesamt bei natürlichen Personen zurückgehen, weil es nicht so sein kann, dass es hier eine Hängematte für Spekulationslustige gibt, die der Staat bezie­hungsweise der Steuerzahler letztlich immer wieder zu bezahlen hätte.

Wir wissen, was diese Bankenkrise im Vorjahr insgesamt weltweit an Haftungsüber­nahmen der Nationalstaaten und Sicherheitsleistungen der Staaten ausgelöst hat. So wissen wir etwa, dass in Europa rund 2,5 Billionen € notwendig waren, um hier ent­sprechende Haftungen und Sicherheiten zu übernehmen. In den USA waren es in etwa 1,2 Billionen €, in China 465 Milliarden €. Ich glaube, es ist ganz wichtig und wesent­lich, Herr Staatssekretär, dass wir alles daransetzen, dass wir zumindest einmal auf europäischer Ebene eine Finanzmarktaufsicht haben, ebenso auf internationaler Ebe­ne, die solche Spekulationen und Bankgeschäfte, die uns wirklich ganz große Sorgen bereitet haben, in Hinkunft verhindern können. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05

16.05.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 207 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatzantrag der Abgeordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kolle­gen vor.

Ich lasse zunächst über den Zusatzantrag, anschließend über den vom Abänderungs­antrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Zur Abstimmung kommt nun der Zusatzantrag der Abgeordneten Weinzinger, Kollegin­nen und Kollegen, der die Einfügung einer neuen Ziffer in Artikel 3 und die sich daraus ergebenden Umnummerierungen betrifft.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel 2 § 42 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit ab­gelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 143

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage samt Titel und Ein­gang.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.07.0814. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (168 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (214 d.B.)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jakob Auer mit 5 Minuten ge­wünschter Redezeit. – Bitte.


16.07.32

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Änderung des Katastrophenfondgesetzes si­chern wir den Feuerwehren eine Art Budgetgarantie, unabhängig von der Wirtschafts­kraft, unabhängig vom Steueraufkommen. Damit ist sichergestellt, dass jährlich 93 Mil­lionen €, zusammengesetzt aus Feuerschutzsteueraufkommen und aus den Mitteln der Katastrophenfonds, für die Feuerwehren zur Verfügung stehen. Es ist damit eine mittel­fristige Sicherung der Investitionsplanung gegeben.

Wir alle freuen uns, meine Damen und Herren, wenn eine Einsatzkraft benötigt wird, sei es Bergrettung, Feuerwehr, Rotes Kreuz, und rasche Hilfe kommt. Aber es wird auch manchmal gesagt: So viel Geld und so viel Fahrzeuge und neue Zeugstätten und was weiß ich, und ob denn da nicht allzu viel zur Verfügung gestellt würde.

Ich sage ausdrücklich, das ist der Mindestbedarf, den wir gerade haben. Der Min­destbedarf!

Entlang der Autobahnen werden Lärmschutzwände – ich behaupte, manchmal zu viele (demonstrativer Beifall des Abg. Neubauer) –, Tunnels, Übertunnelungen und so wei­ter gemacht. Das ist für die Anrainer im Hinblick auf den Lärmschutz durchaus erfreu­lich, aber welche Erschwernisse, welche Gefahren das für die Rettungskräfte bedeutet, ist den meisten Menschen nicht bekannt. Wir brauchen andere Atemschutzgeräte, mit größerem Luftvolumen, weil hier nicht nur der Zufahrtsweg oder der Zugangsweg, son­dern auch der Rückzug mit einkalkuliert werden muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 144

Wir brauchen andere Gerätschaften, wir brauchen Fahrzeuge, die speziell ausgerüstet sind. Wir brauchen Spezialfahrzeuge, beispielsweise Hubsteiger, um Rettungen auch aus Hochhäusern vornehmen zu können.

Die Klimaveränderungen machen sich auch bemerkbar, Katastrophen treten in kürze­ren Intervallen ein – Stichwort Hochwasser, Schneedruckkatastrophen, Sturmkatastro­phen. Bei der Aufarbeitung, beim Freimachen von Verkehrswegen, beim Abschaufeln von Dächern vor Firmenobjekten – überall ist die Feuerwehr gefragt. Die Feuerwehr­leute sind oft wochenlang im Einsatz. Die Zahl der Chemikalientransporte, der Gefah­rentransporte nimmt zu – eine besondere Herausforderung an das Fachwissen, eine besondere Herausforderung, was die entsprechenden Gerätschaften betrifft, was die Technik betrifft.

Ich möchte Ihnen aus der „Feuerwehrzeitschrift“ vom Mai dieses Jahres einen kleinen Abriss geben, der zeigt, welche Herausforderungen, welche Breite der Anforderungen und welche Notwendigkeiten gegeben sind.

Ein Waldbrand in Tirol im hochalpinen Gelände: 870 Einsatzkräfte – die Löschung die­ses Waldbrandes ist nur möglich unter Einsatz und mit Hilfe der Bergrettung, weil hochalpines Gelände, acht Kilometer Zuleitung notwendig, extreme Beanspruchung.

Meine Damen und Herren, oder ein weiterer Fall: ein Zugsunglück. 1 000 Volt Waggon­spannung, 15 000 Volt Bahnstrom. Welches Fachwissen hier notwendig ist, um aus diesem Gefahrenpotential heil herauszukommen, kann sich wahrscheinlich jeder den­ken.

Oder eine Traktorbergung in der Donau: Das ist zwar Gott sei Dank keine gefährliche Situation, weil hier keine Menschen in Gefahr waren, aber die Herausforderung für die Taucheinsatzgruppe war größer als vielleicht angenommen.

Der Campus Wien im Vollbrand: 60 Container abgebrannt, meine Damen und Herren!

Oder vor Kurzem ein Brand in einem Kulturgut in Linz, im Ursulinenhof.

Oder Schloss Arenberg, auch ein Kulturgut: Dachstuhlbrand.

Wie schwierig die Löscharbeiten in solchen Fällen sind, das weiß wahrscheinlich nur jemand, der einmal bei einem derartigen Einsatz dabei war und mitgekriegt hat, welche Herausforderungen hier an die Einsatzkräfte gestellt werden, welche technischen Vor­aussetzungen erforderlich sind.

Oder, ein letztes Beispiel: ein Reisebus in Vollbrand.

Meine Damen und Herren! Wenn man selber – und ich sage das nicht, um anzuge­ben – seit dem 15. Lebensjahr bei der Feuerwehr tätig ist, selber jahrzehntelang Be­werber ausgebildet hat, selber die Kommandantenausbildung hat und vielleicht doch ein wenig Ahnung davon hat, was notwendig ist, weiß auch, dass diese Unterstützung für die Feuerwehren absolut gerechtfertigt ist.

Ich hoffe auf eine einstimmige Zustimmung, und ich sage nach wie vor: Es ist die Min­destausstattung! Damit sichern wir bis 2011 eine entsprechende Investitionsmöglich­keit für die Feuerwehren in Österreich. Und ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, mich bei allen Einsatzkräften, bei der Feuerwehr genauso wie bei der Bergrettung, bei allen freiwilligen Helfern ganz besonders auch im Namen meiner Fraktion und, wie ich hoffe, im Namen aller hier im Haus besonders zu bedanken. Wir wissen vielleicht manchmal zu wenig zu schätzen, welch großartige Arbeit diese Menschen leisten! (All­gemeiner Beifall.)

16.12



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 145

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaß­ner für 4 Minuten. – Bitte.


16.12.59

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute schon einmal zum Kollegen Auer gesagt, ich könnte es, da ich unmittelbar hinter ihm zur Feuerwehr spreche, kurz machen und sagen, er hat eigentlich vollinhaltlich recht mit dem, was er gesagt hat. Wenn du vielleicht eine kleine Unterstützung brauchst bezüglich der Lärmschutzwän­de: Fangen wir in Oberösterreich an – ich helfe dir gerne, dass wir dort in Zukunft we­niger bauen, als wir jetzt schon haben. (Demonstrativer Beifall des Abg. Jakob Auer sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Kollege Auer hat schon darauf hingewiesen, wie vielseitig das Einsatzgebiet der Feuer­wehren ist. Wenn es in diesem Gesetzesantrag heißt, dass als Basis für die Berech­nung dieser Summe auch die Feuerschutzsteuer herangezogen wird, so ist das meines Erachtens fast etwas altertümlich, denn die Feuereinsätze der Feuerwehren sind eigentlich schon der kleinere Teil. Die technischen Einsätze in allen Bereichen und vor allem das Wissen, das die freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Feuerweh­ren mitbringen müssen, sind hier besonders herauszustreichen. Es sind großartige Leistungen, die da für uns erbracht werden, und daher hoffe ich auch sehr, dass es hier Einstimmigkeit gibt.

Es ist schon spannend: Immer dann, wenn es um die Feuerwehren geht und was sie kosten, wenn die Kosten diskutiert werden, hört man sehr häufig: Das ist viel zu teuer!, ist das notwendig? Ist das notwendig: drei Feuerwehren, vier Feuerwehren in einem Ort? – Allerdings kann es dann, wenn die Katastrophe eintritt, kann es dann, wenn der Unfall passiert ist, gar nicht schnell genug gehen, dass die Leute, bestens ausgebildet und mit bestem Gerät, sofort da sind und Hilfe leisten!

Gerade im Katastropheneinsatz haben die letzten Jahre ja gezeigt, was die freiwilligen Feuerwehrmänner und -frauen zu leisten im Stande waren. Sie haben wochenlang Dienst gemacht, um den Leuten zu helfen, die, gerade bei Hochwasser zum Beispiel, wirklich arg unter Druck geraten sind. Daher ist ihnen allen zu danken und ist ihnen allen wirklich Hochachtung auszusprechen, und es bleibt nur der Wunsch, dass wir auch in Zukunft genügend solche Menschen haben, die sich freiwillig zur Verfügung stellen – in allen Bereichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich habe in dem Gesetzentwurf beziehungsweise im Vorblatt eine Bemerkung gelesen, die ich vielleicht doch korrigieren möchte; da heißt es:

„Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich: Das Ge­setz hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf diese Bereiche.“

Na, ich hoffe doch sehr, dass diese 93 Millionen € eine sehr unmittelbare Auswirkung auf die Beschäftigten in der Industrie in diesem Bereich und auch auf den Wirtschafts­standort haben! Ich bin überzeugt davon, dass wir in Österreich genügend Betriebe haben, die diese Einrichtungen, die dieses Instrument, die diese Autos erzeugen kön­nen, wiewohl ich schon hinzufügen möchte, dass es nicht so sein soll, dass durch lan­desrechtliche Verordnungen gewisse Firmen einen Wettbewerbsvorteil haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt viele Organisationen, die sich im Katastrophenfall zur Verfügung stellen, und ich bin sicher nicht der Einzige hier herin­nen, der auch vom Roten Kreuz ein Schreiben bekommen hat, in dem darauf hingewie­sen wird, dass das Rote Kreuz auch im Katastrophenfall in den Einsatz geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 146

Das wurde im Ausschuss bereits diskutiert. Es wurde gesagt, das Rote Kreuz würde in vielen Bereichen keine Umsatzsteuer bezahlen, und die Erhöhung dieser Summe von 90 Millionen € auf 93 Millionen € wäre für die Feuerwehren so quasi der Ausgleich.

Ich glaube, man sollte alle Organisationen, vor allem diejenigen, die freiwillig Dienst machen in all diesen Bereichen, an einen Tisch holen und einmal schauen: Was ist wirklich notwendig an Ausstattung auch in anderen Bereichen?, um dann eben viel­leicht die eine oder andere Million anders zu vergeben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger zu Wort mit gewünschten 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


16.17.43

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich könnte es mir auch leicht machen und sagen, dass das, was meine beiden Vorredner gesagt haben, völlig richtig ist. Stimmt auch, ist richtig!

Wir haben aber noch einen Aspekt ein wenig zu beleuchten, nämlich den, dass wir ja die Jugend durch die Feuerwehr in einem immer größeren Ausmaß nicht nur beschäfti­gen, sondern begeistern, etwas für die Gemeinschaft zu tun. Ich war am vergangenen Samstag beim Abschnittsfeuerwehrbewerb Ried-Nord. Über 100 Jugendgruppen allein dort! Über 100 Jugendgruppen haben sich an diesem Bewerb beteiligt! Es ist unge­heuer faszinierend und beeindruckend zu beobachten, wie dort die Jugend mit Begeis­terung, mit Einsatzfreude und mit Disziplin mitmacht – die kleinen G’stöpseln bis hinauf zu den 16-, 18-, 19-jährigen Burschen und Mädeln, die sich bemühen, die sich abra­ckern, die für die Gemeinschaft eintreten wollen. Das ist eine gescheite Beschäftigung für unsere Jugend! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher muss man für solche Maßnahmen wie eben die Erhöhung des Katastrophen­fonds eintreten, auch wenn wir alle wissen, in welcher finanziellen Situation sich unsere Republik befindet, wenn wir wissen, dass wir ein Defizit beachtlichen Ausmaßes im laufenden Jahr schreiben, und im nächsten Jahr wiederum, und möglicherweise das Defizit noch höher wird als bisher vorhergesehen.

Dann muss man aber sagen: Was ist die Aufgabe unseres Staates? Die Aufgabe ist unter anderem, und das ist ein ganz wesentlicher Teil, die Sicherheit der Bevölke­rung zu gewährleisten. Und für die Sicherheit der Bevölkerung tritt eben auch die Feu­erwehr ein.

Daher hat man bei der Feuerwehr entsprechende Maßnahmen zu setzen. Aber nicht nur bei der Feuerwehr, wie Kollege Gaßner völlig richtig gesagt hat, natürlich gilt das auch für andere Rettungsorganisationen, die im Katastrophenfall da sind und sich voll einsetzen.

Es gibt auch eine Überlegung, die wir schon oftmals vorgebracht haben, auch in der vorigen Gesetzgebungsperiode, und zwar, ob man nicht bei den Anschaffungen der Gerätschaften durch die Feuerwehren, aber auch durch andere Rettungsorganisatio­nen auf die Mehrwertsteuer verzichten könnte, denn diese Organisationen erfüllen ja staatliche Aufgaben. Wenn es sie nicht gäbe, müsste der Staat mit irgendwelchen Organisationen dafür einspringen, und das wäre dann erheblich teurer als bisher.

Wir haben daher einen Entschließungsantrag eingebracht; die Entschließung lautet:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Mehrwertsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 147

für die Einsatztätigkeiten von Feuerwehren und Rettungshilfsorganisationen notwendig sind, vorsieht.“

*****

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob wir in dieser Rich­tung nicht etwas machen können, und diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Es lebe unser Feuerwehrwesen! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Weinzin­ger eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Weinzinger, Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Mehrwertsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten durch Feuerwehren und Rettungshilfsorganisationen

eingebracht in der 26. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 16. Juni 2009 im Zuge der Behandlung des Berichtes des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (168 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (214 d.B.)

In Österreich gibt es hunderttausende Freiwillige, die unentgeltlich bei Feuerwehr und Rettung tätig sind. Diese freiwilligen Helfer leisten einen unbezahlbaren Beitrag zur Aufrechterhaltung unseres hohen sozialen Standards. Die Sicherheit in Österreich könnte ohne die genannten Organisationen nicht in diesem Maße gewährleistet wer­den.

Eine Studie etwa hat ergeben, dass sich eine Berufsfeuerwehr erst ab einer Stadt mit 100.000 Einwohnern rechnet. Somit stellen die Freiwilligen Feuerwehren eine uner­setzliche Stütze in unserem Sozialstaat dar. Da es praktisch in jeder Gemeinde und in den meisten Ortsteilen eigene Feuerwehren gibt, sind die freiwilligen Helfer rasch am Einsatzort und können schon alleine dadurch jedes Jahr zahlreiche Menschenleben retten.

Die Finanzierung der Hilfsorganisationen erfolgt über Spenden und Förderungen von Ländern und Gemeinden. Bei der Anschaffung größerer Geräte, die für den Einsatz benötigt werden, gibt es oft Spendenaktionen, an denen sich die Einwohner der jeweili­gen Gemeinde bzw. der jeweiligen Region stets gerne beteiligen, um die Organisatio­nen zu unterstützen und für die eigene Sicherheit einen Beitrag zu leisten.

Es ist allerdings schwer einzusehen, warum Feuerwehren und Rettungshilfsorganisa­tionen bei der Anschaffung der betreffenden Geräte zusätzlich durch die Mehrwert­steuer belastet werden. Diese Organisationen übernehmen Aufgaben, die sonst die öffentliche Hand zu tragen hätte. Jede angeschaffte Gerätschaft kommt daher auch der öffentlichen Hand zugute.

Deshalb ist ein gerechtes Fiskalmodell zu schaffen, das für den Ankauf von für den Einsatz notwendigen Geräten durch Feuerwehren und Rettungshilfsorganisationen eine Mehrwertsteuerrückvergütung ermöglicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 148

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Mehrwertsteuerrückvergütung bei der Anschaffung von Geräten, die für die Einsatztätigkeiten von Feuerwehren und Rettungshilfsorganisationen notwendig sind, vorsieht.“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


16.21.52

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist vom Kollegen Auer schon angesprochen wor­den: Es ist ein Mindestmaß, das hier für die Feuerwehren zur Verfügung gestellt wird. Weil uns dieses Feuerwehrwesen sehr wichtig ist, werden wir diesen jährlichen 93 Mil­lionen an Mindestmaß natürlich sehr gerne zustimmen.

Es ist schon einiges über die Bedeutung der Feuerwehren gesagt worden, jedoch möchte ich hier noch etwas anfügen, was sicherlich zu kurz gekommen ist. Ich glaube, das freiwillige Feuerwehrwesen ist unverzichtbar. Man bedenke nur, welche Kosten es verursachen würde, wenn jede Gemeinde eine professionelle Feuerwehr aufstellen müsste. Diese Kosten aufzubringen wäre für kleine Gemeinden unmöglich. Das, was diese freiwilligen Feuerwehrleute hier leisten, kann also gar nicht hoch genug ange­rechnet werden. Gerade in meinem Beruf als Exekutivbeamter habe ich sehr oft gese­hen, was da geleistet wird. Außerdem habe ich einen Sohn, der seit mehreren Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr tätig ist und oft dreimal in der Nacht aufstehen muss, seinen Einsatz bringt und am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen muss.

Da ist mir schon die Problematik aufgefallen, die sehr oft im Zusammenhang mit den Arbeitgebern besteht. Mein Sohn musste sich teilweise Urlaub – freiwillig – nehmen, um bei Katastropheneinsätzen wie 2005 im Bregenzerwald und im Montafon seinen Kollegen bei der Feuerwehr helfen zu können. Das ist noch das kleinere Übel, aber ich weiß von Kollegen, die große Probleme mit dem Arbeitgeber haben, weil sie von der Arbeitsstelle nicht weggelassen werden.

Wenn diese Hilfe mancherorts untersagt wird, dann müssen wir überlegen, wie wir den Arbeitgebern einen Bonus oder ein Zuckerl geben können, dass sie den freiwilligen Einsatz dieser Menschen, die Zeit und Gesundheit einsetzen, sogar bereit sind, ihr Le­ben aufs Spiel zu setzen, unterstützen und ihnen dieser Arbeitsausfall abgegolten wird. Ich glaube, dass das ein wichtiger Beitrag für die Gesellschaft wäre. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb möchte ich auch einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Ursula Haubner, Markowitz, Dolinschek, Kollegin und Kolle­gen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Hel­fer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 149

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der nachstehenden Maßnahmen in der Freiwilligenarbeit ehest möglich vorzubereiten und dem Nationalrat die entspre­chenden Gesetzesvorschläge zu übermitteln:

einen weitergehenden Versicherungsschutz für Freiwillige in Hilfsorganisationen,

Bonus für Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen,

Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsätzen,

bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst,

Berücksichtigung im Rahmen der Schwerarbeiterregelung für freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schwe­ren physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind,

steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisationen, wie insbe­sondere an die freiwilligen Feuerwehren und

bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten für freiwillige Hilfsorganisatio­nen“

*****

In Vorarlberg wird von der ÖVP-Landesregierung, speziell von Landeshauptmann Sausgruber, immer wieder das Ehrenamt hervorgehoben, und gerade die Menschen in diesem freiwilligen Feuerwehrwesen und in diesen Hilfsorganisationen sind ehrenamt­lich tätig. Daher möchte ich im Besonderen meine ÖVP-Kollegen aus Vorarlberg – es ist jetzt leider keiner hier; ah, doch, Herr Kopf ist hier, sorry – auffordern, diesen Ent­schließungsantrag zu unterstützen. Hier könnt ihr beweisen, dass ihr nicht vor dem Arl­berg so und hinter dem Arlberg anders redet, indem ihr diesen unseren Antrag unter­stützt. Das wäre ein wichtiges Zeichen für das Ehrenamt, das wäre ein wichtiges Zei­chen für die ÖVP. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb erwarte ich mir von euch, speziell von euch von der ÖVP, ein klares Ja für un­seren Entschließungsantrag. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

16.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Hagen eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Ursula Haubner, Markowitz, Dolinschek, Kollegin und Kolle­gen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Hel­fer

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über
die Regierungsvorlage (168 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsge­setz 1996 geändert wird (214 d.B.)

Die Tätigkeit der Freiwilligen in Österreich stellt im Rahmen der Bürgergesellschaft einen unverzichtbaren Bestandteil der Lebensqualität in Österreich dar. Denn tagtäg­lich leisten freiwillige Helferinnen und Helfer eine unschätzbar wertvolle Arbeit für unse-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 150

re Gesellschaft. Vor allem in Katastrophenfällen wird eindrucksvoll vor Augen geführt, wie wichtig die Arbeit von freiwilligen Helferinnen und Helfern ist. Zudem nehmen sie ihre Aufgaben oft bis zur totalen Erschöpfung wahr. Auch setzen Freiwillige beim Ein­satz ihre Gesundheit, manchmal sogar ihr Leben aufs Spiel.

Was freiwillige Helferinnen und Helfer beispielsweise bei der Feuerwehr, Rotes Kreuz oder Bergrettung im Interesse der Bevölkerung leisten, ist beeindruckend. Für sie ist Solidarität kein leeres Wort, sondern wird ständig von ihnen gelebt. In Zeiten, in denen oftmals Eigennutz und Egoismus dominiert stellen sie ihre Freizeit und ihre Energie der Allgemeinheit zur Verfügung.

Es ist daher höchste Zeit, dass die unermüdliche und unentgeltliche Arbeit dieser Men­schen endlich entsprechend honoriert wird. Dies soll aber nicht durch Gesten und Lip­penbekenntnisse, sondern durch konkrete Aktionen erfolgen.

Ein Maßnahmenpaket für die freiwilligen Helferinnen und Helfer muss geschnürt wer­den, um Schutz und Sicherheit auch für die Freiwilligen zu gewährleisten. Denn die Freiwilligenarbeit muss jene Wertschätzung bekommen, die sie verdient. Zudem sind Anreize zu schaffen, um mehr Menschen zu einer Mitarbeit bei einer Hilfsorganisation zu animieren.

Daher sollen Personen, die in Hilfsorganisationen tätig sind, bei einer Anstellung im öf­fentlichen Dienst bevorzugt behandelt werden. Auch Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen sollen einen Bonus erhalten. Weiters muss ge­währleistet werden, dass es für Freiwillige in Hilfsorganisationen einen weitergehenden Versicherungsschutz gibt.

Da Feuerwehrleute und Helfer von freiwilligen Hilfsorganisationen bei Einsätzen durch ihre Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu einem Kostenfaktor für die Unternehmer werden können sollen Betriebe, die ihren Mitarbeitern den Einsatz in Hilfsorganisationen er­möglichen, steuerliche Anreize wie die Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsät­zen bekommen.

Weiters muss eine sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen umgesetzt werden.

Da freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen bei Einsätzen regelmäßig schwers­ten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind sollen auch diese bei der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt werden.

Zudem muss die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisa­tionen insbesondere bei freiwilligen Feuerwehren umgesetzt werden.

Weiters soll eine bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten bei freiwilligen Hilfsorganisationen wie Feuerwehren etc. sichergestellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der nachstehenden Maßnahmen in der Freiwilligenarbeit ehest möglich vorzubereiten und dem Nationalrat die entspre­chenden Gesetzesvorschläge zu übermitteln:

einen weitergehenden Versicherungsschutz für Freiwillige in Hilfsorganisationen,

Bonus für Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 151

Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsätzen,

bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst,

Berücksichtigung im Rahmen der Schwerarbeiterregelung für freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schwe­ren physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind,

steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisationen, wie insbe­sondere an die freiwilligen Feuerwehren und

bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten für freiwillige Hilfsorganisatio­nen“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler mit gewünschten 4 Minuten. – Bitte.


16.26.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! 4 Minuten wird es nicht brauchen. Die Intention dieses Gesetzes ist, Planungssicher­heit herzustellen. Das wird erreicht. Dass bei diesem Anlass, wenn es um Zahlungen aus dem Katastrophenfonds beziehungsweise um deren Sicherstellung geht, die „Feu­erwehrreden“ gehalten werden, ist nicht neu. Ich meine auch, das hat seine Berechti­gung, dort, wo es um Anerkennung von Leistungen geht, die freiwillig erbracht werden.

Ein Punkt bleibt allerdings schon offen: Spätestens seit dem sogenannten Jahrhundert­hochwasser im Jahr 2002 gibt es immer wieder bei diesen Tagesordnungspunkten die Anläufe, dass man sozialrechtliche, arbeitsrechtliche, alle möglichen Verbesserungen für die Betreffenden vornimmt. Jetzt liegen dazu mehrere Entschließungsanträge vor, die aus unserer Sicht wieder zum Teil daneben oder über das Ziel hinaus schießen.

Aber eine Intention der Antragsteller ist schon zu würdigen: hier wieder einmal Druck zu erzeugen, dass da etwas weitergeht, denn bei den großen Einsätzen ist es dann tat­sächlich so, dass genau diese Probleme auftauchen. Mir ist eigentlich auch keine Ini­tiative bekannt, die da irgendeine besondere Besserstellung gebracht hätte, obwohl im Herbst 2002 alle Stein und Bein geschworen haben, was denn nicht alles in diesem Bereich geschehen würde.

Das muss man schon anmerken. Trotzdem halte ich diese Vorschläge für verbesse­rungsfähig, weil man natürlich schon schauen muss, wie das sonst in den rechtlichen Rahmen passt. Aber es wird ja an der Regierung liegen, hier jetzt endlich einmal Initia­tiven zu ergreifen.

In der Sache selbst ist bereits alles gesagt, und das soll’s gewesen sein. (Beifall bei den Grünen.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer mit gewünschten 3 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.28.20

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, alle vier Vorredner der anderen Fraktionen haben es wirklich auf den Punkt gebracht: Den 300 000 Feuerwehrleuten österreich­weit wird heute mit diesem Gesetz die finanzielle Sicherstellung gegeben, dass die not-


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wendigen Investitionen getätigt werden können, dass die Zuweisungen nicht von der Konjunktur abhängig sind.

Herr Abgeordneter Weinzinger hat ein ganz wichtiges Thema angesprochen: die Ka­meradschaft für unsere jungen Leute. Es gibt schon viele Feuerwehren, wo es Kinder­feuerwehren gibt. Ihr kennt das alle, ich brauche euch das nicht zu erklären. Und ich möchte gerade diese Kameradschaft, die in der Feuerwehr gepflegt und gelehrt wird, und diese klaren Hierarchien, die es dort gibt, als einen ganz wichtigen Bestandteil in der heutigen Gesellschaft hervorheben. (Beifall des Abg. Dr. Bartenstein, bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das ist etwas, was der Staat nicht regeln kann, sondern das wird nur in den freiwilligen Vereinen, wie zum Beispiel bei den Feuerwehren, gelehrt. Diese Hierarchien werden von den jungen Leuten, wie gesagt, nirgends so klar eingehalten wie in diesen freiwilli­gen Vereinen, angefangen von der Feuerwehr bis zu Musikgruppen.

Dass uns die Feuerwehr natürlich generell ein Sicherheitsgefühl gibt – was uns manch­mal gar nicht bewusst ist, außer es passiert in unserem Umkreis etwas –, das sollten wir uns auch wieder einmal ins Bewusstsein rufen. Deshalb ist es wichtig, dass die Feuerwehr für die nächsten Jahre ganz klar planen und die entsprechenden Geräte an­schaffen kann, um die Katastrophenfälle, die schon lange nicht mehr allein mit Feuer zu tun haben, abdecken zu können.

Wir müssen bedenken, vom Jahr 1995 bis zum Jahr 2008 hat sich die Zahl der Einsät­ze der Feuerwehren verdoppelt. Gerade die Schneekatastrophe bei mir zu Hause, in Oberkärnten – das war vor gar nicht langer Zeit, ihr kennt es alle aus den Medien –, hat auch wieder einmal klar gezeigt, wie sicher man sich fühlen kann, wenn es in je­dem Dorf eine funktionierende Feuerwehr gibt. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ so­wie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Deshalb möchte ich mich für die Einstimmigkeit, die heute hier gegeben ist, im Namen der Feuerwehr – ich war selbst aktiver Feuerwehrmann, jetzt bin ich nur mehr Unter­stützungsmitglied – recht herzlich bedanken und meine Rede einmal mit dem Feuer­wehrgruß schließen, mit einem „Gut Heil!“. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten von FPÖ und BZÖ.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl mit gewünschten 3 Minuten. – Bitte.


16.31.35

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Ich glaube, es wurde von den Vorrednern die Wichtigkeit und die Anerkennung des freiwil­ligen Feuerwehrwesens und der Blaulichtorganisationen schon klar zum Ausdruck ge­bracht. Ich selbst bin auch öfters bei Feuerwehrabschnittsleistungswettbewerben und kann nur bestätigen, welch hervorragende Leistungen die Feuerwehren insgesamt, aber vor allem auch im Bereich der Jugenderziehung, der Jugendausbildung erbringen.

Durch dieses Gesetz wird den Freiwilligen Feuerwehren eine Mindestsicherung für die Jahre 2009 bis 2011 von 93 Millionen € jährlich zugesichert. Wir wissen, dass das Feu­erwehrwesen Landessache ist, dass aber auch der Bund dazu – so prognostizieren es die Finanzexperten – zirka 20 Millionen € für die Jahre 2009 bis 2011 zur Verfügung stellen muss.

Ich glaube, man kann diese Tätigkeit und die Einsätze nicht hoch genug einschätzen und bewerten. Die Feuerwehren, ein wichtiger gesellschaftspolitischer Punkt, leisten


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darüber hinaus sehr viel im Bereich der Jugenderziehung, was für die Gemeinschaft und die Gemeinden sehr wichtig ist.

Ich möchte mich für die großartigen Leistungen sehr herzlich bedanken, und ich kann Ihnen aus meiner persönlichen Sicht ein Beispiel dafür darlegen, nämlich eines aus meinem Bezirk Neunkirchen. Hier ist es durch den bezirksweiten Einsatz der Freiwil­ligen Feuerwehren und auch der Betriebsfeuerwehren gelungen, einen großen Brand in einer Firma so einzuschränken, dass nunmehr über 200 Arbeitsplätze gesichert sind. Aber es wurden durch diesen Einsatz nicht nur über 200 Arbeitsplätze gesichert, son­dern auch Schicksale von Familien und Familienangehörigen abgewendet.

Ich möchte von dieser Stelle aus den Freiwilligen Feuerwehren insgesamt und den Blaulichtorganisationen recht herzlich danken – den Feuerwehren mit ihrem Gruß „Gut Wehr!“. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kopf.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Doppler mit ge­wünschten 3 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.34.17

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Gedankt haben wir genug; die Wichtigkeit all dieser Organisationen steht außer Frage. Aber einen Punkt haben wir vergessen, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Ich glaube, das ist sehr wichtig, und deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Dr. Rosenkranz, Doppler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die angemessene Berücksichtigung der Zeiten freiwilliger Leistungen bei Blau­lichtorganisationen im Pensionsrecht

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die sicherstellt, dass freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren physischen oder psychi­schen Belastungen ausgesetzt sind, im Pensionsrecht angemessen berücksichtigt wer­den.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Dr. Rosenkranz, Doppler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die angemessene Berücksichtigung der Zeiten freiwilliger Leistungen bei Blau­lichtorganisationen im Pensionsrecht


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14, Bericht des Fi­nanzausschusses über die Regierungsvorlage (168 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert wird (214 d.B.) in der 26. Sitzung des Natio­nalrates am 16. Juni 2009

In Österreich gibt es hunderttausende Freiwillige, die unentgeltlich bei Blaulichtorgani­sationen - wie etwa der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz - tätig sind.

Ein Teil dieser Freiwilligen ist bei Einsätzen regelmäßig schwersten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt. Oftmals bieten sich den freiwilligen Helfern an Unfallorten schreckliche Bilder, die nur mit psychologischer Unterstützung verarbeitet werden können und meist sind hohe körperliche Anstrengungen erforderlich, um einen Einsatz erfolgreich zu beenden.

Die Leistungen dieser freiwilligen Helfer sind unersetzlich. Der hohe soziale Standard und die Sicherheit in Österreich könnten ohne diese Freiwilligenarbeit nicht in diesem Ausmaß gewährleistet werden. Der Staat profitiert von dieser Freiwilligenarbeit enorm.

Die hohen Belastungen, die im Rahmen bestimmter Tätigkeiten bei der Freiwilligenar­beit auftreten, sind zweifellos als Schwerstarbeit zu bezeichnen. Schwerstarbeit, die unentgeltlich und zugunsten der öffentlichen Hand erfolgt. Ein Teil der Freiwilligen setzt dabei immer wieder bei schwierigsten Einsätzen seine Gesundheit und sein Leben aufs Spiel.

Das Mindeste wäre, jene Jahre, in denen freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisatio­nen regelmäßig derartigen Belastungen ausgesetzt sind, im Rahmen des Pensions­recht angemessen zu berücksichtigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die sicherstellt, dass freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schweren physischen oder psychi­schen Belastungen ausgesetzt sind, im Pensionsrecht angemessen berücksichtigt wer­den.“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann mit 3 Minuten. – Bitte.


16.35.00

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Hohes Haus! Über die Notwendigkeit der Feuerwehren, über die Leistungen, über die großar­tigen Ergebnisse bei der Jugendarbeit, bis hin zum Gemeinschaftsleben in vielen Dör­fern, wo oft die Feuerwehr der einzige wirklich funktionierende Verein ist, wurde bereits viel gesprochen, und ich kann das nur unterstreichen.

93 Millionen € für zweieinhalb Jahre, das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung für eine Mindestsicherung, aber unter mittelfristiger Planung, das sage ich auch als Be­triebswirt, verstehe ich doch etwas anderes. Da beginnt man bei drei bis sechs Jahre aufwärts. Das heißt, grundsätzlich ist das zu begrüßen, aber es wird letztlich ausbau­fähig sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 155

Neben dieser finanziellen Unterstützung brauchen die Feuerwehren auch viele andere Rahmenbedingungen, die zum Teil schon angesprochen wurden. Ich würde mir wün­schen, dass der Nationalrat eine Enquete initiiert, die Betroffenen einlädt und einmal fragt: Was wollt ihr denn wirklich? Was braucht ihr denn wirklich?, denn es gibt viele Bereiche, die angedacht sind, aber nie zu Ende gedacht, ausgefeilt und dann in Geset­zesform gegossen werden.

Denken wir an die Feuerwehrleute selbst: Da geht es um den Versicherungsschutz. Da geht es um sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung. Da geht es auch um die Aner­kennung, Anrechnung für die Pension. Da geht es auch darum, dass man Menschen, die das Ehrenamt für uns alle ausüben, uns Schutz und Hilfe geben, unter Umständen bevorzugt im öffentlichen Dienst aufnimmt.

Zweiter Punkt, die Feuerwehren selbst: Die Absetzbarkeit der Spenden ist bis heute noch immer nicht möglich. Die Mehrwertsteuerrückerstattung, die angesprochen wor­den ist, findet noch immer nicht statt. Da kaufen wir teures Gerät, wir bauen Stützpunk­te für die Feuerwehren, wo überall Mehrwertsteuer bezahlt werden muss, um sie letzt­lich wieder über Steuergeld zu subventionieren. Da frage ich mich, ob das wirklich ge­scheit ist. (Beifall beim BZÖ.)

Oder die Frage der Befreiung von der Telefongrundgebühr. Es gibt so viele Fälle in Ös­terreich, in denen Menschen von der Telefongrundgebühr befreit sind. Warum nicht auch die Feuerwehren?

Dritter Punkt, die Betriebe selbst, die bereit sind, Menschen für die Feuerwehr freizu­stellen. Sie sollte man wirklich steuerlich begünstigen mit einem Bonus, oder zumin­dest sollte man ihnen die Lohnkosten für die Zeit, in der ihre Mitarbeiter im Einsatz sind, rückerstatten.

Das heißt, Geld ist wichtig, aber nicht alles, wir müssen noch viele Begleitmaßnahmen setzen, um die Blaulichtorganisationen, insbesondere auch die Feuerwehr, weiter mas­siv zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

16.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel für 3 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.37.54

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Änderung ist die Absicht aller, sie ist eine wichtige Änderung, die wir alle natürlich auch gerne unterstützen werden. Diese Novellierung ist auch unbedingt notwendig, weil sie letztlich erst das Funktionieren der Freiwilligkeit für die Zukunft sichert.

Die Feuerwehren wirken nicht nur in ihrer Hauptkompetenz, der Sicherheitsfrage, für unsere Gesellschaft, sie wirken vielfach. Sie sind natürlich in erster Linie die Sicher­heitskompetenz vor Ort, mit ihren Experten für Brand, für technische, für chemische Probleme, aber auch für Probleme, die im Zusammenhang mit Naturkatastrophen auf­treten. Sie sind aber darüber hinaus auch ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nicht nur diese 93 Millionen, um die es heute geht, fließen letztendlich in irgendeiner Form der Wirtschaft zu.

Dieser Betrag wird bedeutend aufgestockt durch Beiträge der Gemeinden, durch Eigenmittel, die die Feuerwehren durch verschiedenste Veranstaltungen selbst aufbrin­gen, auch durch Beiträge der Bevölkerung, sodass der Betrag, der heute in Diskussion steht, deutlich höher ist. Das ist letztlich dann die Grundlage dafür, dass all die Einrich­tungen, die Feuerwehrhäuser, die technischen Ausstattungen angeschafft und in Be­trieb gehalten werden können.


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Die Feuerwehren sind auch ein ganz wesentlicher Kulturfaktor, in vielen Gemeinden, in kleinen Gemeinden sind sie oft der einzige Kulturträger. Nicht zu vergessen ist auch, dass 26 000 Jugendliche durch unsere Feuerwehren betreut werden und genau durch diese Betreuung von vielen anderen Versuchungen ferngehalten werden.

Ich denke, das sind alles ganz, ganz wichtige Leistungen für unsere Gesellschaft, zum Schutze unserer Bevölkerung, und das gilt es natürlich im Interesse von uns allen für die Zukunft zu sichern. Daher gibt es eben diesen Mindestbetrag von 93 Millionen €.

Diese Maßnahme wird aber auch durch andere Entwicklungen notwendig, nämlich durch die Tatsache, dass die Steuereinnahmen aus der Feuerschutzsteuer rückläufig sind, ebenso wie aus der Einkommensteuer und aus der Körperschaftsteuer, die ja vor einiger Zeit drastisch gesenkt wurde, und auch die Steuerreform wirkt negativ auf diese Steuereinnahmen. Es ist daher völlig richtig, dass die Feuerwehren nicht deshalb lei­den müssen, dass der Gesetzgeber hier Änderungen vornimmt.

Trotzdem sind aber die Feuerwehren nach wie vor belastet, mit oft bis zu einem Drittel der Kosten für diverse Anschaffungen. Daher sollten wir auch darüber nachdenken, ob es andere Wege gibt, die Finanzierung der Feuerwehren sicherzustellen, ohne dass sie immer irgendwo Bittsteller werden müssen.

Der heutige Beitrag ist ein Schritt in diese Richtung. In diesem Sinne herzlichen Dank an alle Freiwilligen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer mit einer Redezeit von 3 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.41.26

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! – Herr Staatssekretär Lo­patka, ich bitte Sie: Passen Sie auf, dass Sie nicht vom Sessel fallen! (Staatssekretär Dr. Lopatka – einen Arm auf die Lehne eines neben ihm befindlichen Stuhles stüt­zend – telefoniert.) Sie sind so vertieft! (Staatssekretär Dr. Lopatka: Danke für die Sor­ge!) Gerne! War aber nicht böse gemeint. (Abg. Mag. Kogler: Dafür hat er ja einen zweiten!) – Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Viele von Ihnen kommen aus Wien und werden das, was ich jetzt sage, nicht nachvollziehen können – die, die vom Land kommen, schon.

Sie erinnern sich, vor vielen Jahren hat man behauptet, bei der Feuerwehr werde ja nur Alkohol getrunken und sonst nichts geleistet. Das haben jene gesagt, die nicht bei den Wehren waren. Wenn das wirklich jemals auch nur im Ansatz ein bisschen zuge­troffen hat, dann ist diese Zeit jedenfalls lange, lange vorbei. Die Herausforderungen an die Wehren sind sehr groß. Es gibt immer mehr technische Einsätze.

Es gibt, Gott sei Dank, auch immer mehr junge Frauen, die sich dafür entscheiden, bei einer Freiwilligen Feuerwehr aktiv zu werden, und das kommt dieser Körperschaft sehr zugute.

Es gibt auch enorme psychische Belastungen, weil es immer wieder passiert, dass junge Feuerwehrmänner, auch junge Feuerwehrfrauen bei Unfällen dabei sind und dort erleben müssen, was es heißt, wenn Menschen schwer verletzt sind, dort dem Tod be­gegnen, oftmals auch nach Motorradunfällen damit beschäftigt sind, Körperteile einzu­sammeln. Also wirklich eine große Belastung!

Deswegen auch der Vorschlag, den wir gemacht haben, einer Berücksichtigung im Pensionssystem. Viele werden fragen: Warum im Pensionssystem? Das hat doch mit der Pension nichts zu tun!


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Wenn jemand tatsächlich bei einer Blaulichtorganisation – nicht nur bei der Feuerwehr, auch beim Roten Kreuz – aktiv ist, und regelmäßig aktiv ist, und sich dort schwierigen Einsätzen gegenübersieht, dann ist das eine große Belastung, auch für jemanden, der sonst nur einen normalen Bürojob hat. Wenn er in der Nacht aufsteht, wenn Alarm ist, und er fährt zum Einsatz, und er macht das über viele Jahre hinweg, dann ist das sehr belastend, und er erbringt eine Leistung, die uns, dem Staat, sehr viel bringt – denn das könnte man nicht auf eine andere Art und Weise organisieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb ist unser Vorschlag – ich bitte Sie sehr, dem auch näherzutreten; ich weiß, dass Sie heute diesem Antrag nicht zustimmen werden, aber wir werden diesen Antrag ja auch als Selbständigen Antrag einbringen, und daher bitte ich Sie, darüber nachzu­denken, ob man das nicht unterstützen kann –, dass, wenn jemand diese Leistungen regelmäßig erbringt – und das kann man mit den Einsatzprotokollen nachvollziehen –, er dann auch pensionsbegründende Zeiten damit erwirbt, damit er die Möglichkeit hat, auch einen kleinen Dank von der Gesellschaft für seinen Einsatz entgegenzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Mehrwertsteuer ist heute bereits angesprochen worden. Das Rote Kreuz ist befreit. Ich glaube, man sollte eine einheitliche Regelung finden, durch die man sicherstellt, dass Blaulichtorganisationen, wenn sie Gerätschaften anschaffen, von der Mehrwert­steuer befreit sind, aber auch dann, wenn sie Gebäude errichten, die für die Tätigkeit wesentlich sind. Oftmals läuft es bei den freiwilligen Vereinen so ab, dass das Bauma­terial angekauft wird und dann die Freiwilligen auch das Gebäude errichten. Da könnte man schon auch den Ankauf dieser Materialien von der Mehrwertsteuer befreien.

Ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, einen herzlichen Dank an alle, die als Freiwillige aktiv sind! Wir als Politiker haben die große Pflicht, nicht nur mit Worten zu danken, sondern auch mit Taten. Das machen wir heute mit diesem Beschluss, und es werden sicherlich noch weitere folgen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Rudas mit gewünschten 2 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.


16.45.20

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kol­legen! Ganz klar: Jene Menschen, die tagtäglich ihr Leben riskieren, um anderen zu helfen, müssen zumindest in der Ausstattung und finanziell breitestmöglich unterstützt werden. Deswegen ist das zu begrüßen.

Besonders freue ich mich aber, dass die Diskussion so harmonisch war und sich da alle ganz einig sind, auch Herr Weinzinger, der meiner Meinung nach den richtigen An­satz gebracht hat, dass wir ja froh sein können, wenn sich die jungen Menschen bei der Freiwilligen Feuerwehr engagieren. Das sehe ich auch so: Auch mir ist es lieber, wenn junge Menschen lernen, einander zu helfen, füreinander einzustehen, aufeinan­der zu schauen, als wenn sie in irgendwelchen Burschenschaften herumlungern. Des­wegen: Ja, absolut, Förderung von Freiwilligen Feuerwehren! (Abg. Neubauer: ... Bur­schenschafter, die bei der Feuerwehr sind!) – So lange hat die Aufregung auf sich war­ten lassen! Ich habe schon darauf gewartet, ja! (Abg. Dr. Rosenkranz: Burschenschaft und Feuerwehr schließen einander nicht aus!)

Daher: Danke an alle Feuerwehrmänner, danke an alle Feuerwehrfrauen! Ihnen sollten wir jede Unterstützung gewähren, um eben besonders auch jungen Menschen zu zei­gen, dass man füreinander einsteht, dass man zueinander hält und dass man aufein­ander schaut. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Frau Kollegin,


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die Feuerwehr ist ... Burschenschaft entstanden! Das wissen Sie nur nicht! – Abg. Dr. Rosenkranz – in Richtung der Abg. Mag. Rudas –: Lernen Sie Geschichte!)

16.46

16.46.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 168 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehrwertsteuerrückvergü­tung bei der Anschaffung von Geräten durch Feuerwehren und Rettungshilfsorganisa­tionen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Helfer.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die angemessene Berücksichtigung der Zeiten freiwilliger Leistungen bei Blaulichtorganisationen im Pensionsrecht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

16.48.2815. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (158 d.B.): Bundes­gesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Wäh­rungsfonds (215 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (195 d.B.): Bundes­gesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD 8) (216 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (148 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang (217 d.B.)


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18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (157 d.B.): Protokoll gemäß Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union zur Änderung des Über­einkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich hin­sichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke (218 d.B.)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Gradauer mit einer gewünschten Redezeit von 7 Minuten zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.49.33

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine sehr geschätzten Vorredner Kurt Gaß­ner und Jakob Auer haben ja schon im Finanzausschuss eine Lanze für die Feuer­wehren gebrochen – sehr zu Recht, muss ich sagen. Ich möchte das Thema auch nicht mehr aufwärmen, aber doch einige grundsätzliche Überlegungen dazu anstellen, näm­lich auch mit Blick auf das Budget.

Ich stelle in letzter Zeit fest, dass die Forderungen und Wünsche ohne Ende sind, dass jeder fordert und jeder an Finanzmitteln will, was nur irgendwie möglich ist. Auf der an­deren Seite wissen wir, dass die Konjunktur einen gewaltigen Abschwung nimmt und die Einnahmen aus den Steuern sehr im Hintertreffen bleiben. Dieses Beispiel mit den freiwilligen Feuerwehren und der Absicherung von 93 Millionen € als Mindestbeitrag für die nächsten Jahre könnte ja letztlich – das ist ohnedies erwähnt worden – auch das Rote Kreuz, die Bergrettung, die Samariter und sonstige soziale Einrichtungen dazu führen, ebenfalls mit einer derartigen Forderung zu kommen. Wenn man das aus Bud­get-Sicht betrachtet, dann muss man sagen: Wenn jetzt jeder kommt und auf den Din­gen beharrt, die er glaubt, bekommen zu müssen, dann werden wir das Budgetloch nie schließen können! – Das wird aus meiner Sicht auch nicht möglich sein.

Ich darf Sie – speziell die Damen und Herren, die die Regierungsverantwortung inne­haben – schon daran erinnern, dass wir heuer und auch nächstes Jahr wahrscheinlich bis zu 20 Milliarden € Defizit im Staatshaushalt zusammenbringen (Ruf bei der FPÖ: Ein Wahnsinn!) und die Staatsschulden so hoch sind wie noch nie zuvor und dass wir aufgrund der Planung bis Ende 2013 Schulden im Ausmaß von 80 Prozent des BIP ha­ben werden – auf jeden Fall 250 Milliarden €, im schlechtesten Fall 300 Milliarden €. Dieser Schuldenstand kann, wenn wir im Staat weiter so wirtschaften, in hundert Jah­ren nicht mehr abgetragen werden. Ich frage schon, ob wir da verantwortlich handeln, ob wir verantwortlich handeln gegenüber unserer Jugend und gegenüber den nächsten Generationen, die nach uns kommen.

Ist es nicht unsere Pflicht, sofort Strategien zu erarbeiten, die diesen Schuldenberg nachhaltig reduzieren? Ich verstehe die Gleichgültigkeit nicht, die die Regierung an den Tag legt, und ich verstehe schon gar nicht, dass die Regierung dieser Entwicklung ein­fach untätig zuschaut. Die Situation ist mehr als ernst, meine Damen und Herren, und ich glaube, dass wir alle – alle!  unseren Beitrag dazu leisten müssen, dass die Situa­tion eine andere wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Denken Sie nur an das, was Herr Professor Felderer am Sonntag in der „Pressestun­de“ gesagt hat: Es ist eine sehr bedenkliche Entwicklung in Österreich, was die Staats-


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schulden betrifft, und es ist eine beängstigende Situation. – Das hat er persönlich zum Ausdruck gebracht.

Ich glaube, Gebot der Stunde ist Folgendes – auch wenn es immer wieder heißt, es gibt zur jetzigen Vorgangsweise keine Alternative; ich glaube, es gibt eine –: Erstens einmal müssen wir anfangen, die Ausgaben stark zu reduzieren. Da müssen wir als Politiker, so denke ich, mit gutem Beispiel vorangehen. Wir müssen einfach schauen, dass wir der Bevölkerung ein gutes Beispiel geben, und sagen: Wir reduzieren unsere Gehälter, wir reduzieren die Parteiförderung, wir reduzieren alle unsere Repräsenta­tionskosten und so weiter – vorübergehend auf jeden Fall. Nur so werden wir es errei­chen, dass die Bevölkerung, wenn Belastungen auf sie zukommen, auch bereit ist, vor­übergehend den Gürtel etwas enger zu schnallen. Und das betrifft auch die Feuerweh­ren – damit sind wir wieder bei diesem Thema. (Abg. Dr. Bartenstein: Wie passt das zu den Äußerungen von Herrn Hofer?) – Ich komme schon noch darauf zu sprechen.

Zum Zweiten muss die Koalition die großen Reformbrocken angehen. Was hindert Herrn Bundeskanzler Faymann und Herrn Vizekanzler Pröll daran, die Staats-, Verwal­tungs- und Gesundheitsreform voranzutreiben? Was hindert sie? Fehlt ihnen der Mut? Fehlt das Wollen? – Wir machen uns, wenn wir da nichts tun, auf jeden Fall den Öster­reichern gegenüber schuldig.

Der dritte Punkt, den ich vorschlagen möchte: Es müssen all die Geldflüsse, die ins Ausland gehen – und damit bin ich beim Thema – dahin gehend überdacht werden, ob es notwendig ist, diese Gelder auch in Zeiten wie diesen, in so schwierigen wirtschaftli­chen Zeiten, fließen zu lassen. Wir sind deshalb strikt dagegen, den Agrarentwick­lungsfonds aufzustocken, und wir sind auch strikt dagegen, den Anteil des IWF auf­zustocken. Wir sind aber dafür, dem Aktennachweissystem für Zollzwecke und dem Amtshilfeabkommen mit Israel zuzustimmen.

Auch die beiden von mir geschätzten Bürgermeister und alle anderen Bürgermeister, die hier im Nationalrat sind, müssten eigentlich Interesse daran haben, dass wir unse­ren Staat nachhaltig sanieren. Und ich würde mir wünschen, dass diese Energie, die­ser Schwung, der für die Feuerwehr festzustellen war, auch dann einsetzt, wenn es um die Sanierung des Staatshaushalts geht. Angesichts dieser Entwicklung könnte ich als Verantwortlicher für den Schuldenberg Österreichs sicher nicht mehr ruhig schlafen. Mich wundert, dass die Regierung das kann. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten zu Wort. – Bitte.


16.56.24

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gradauer hat in man­chem recht, aber in manchem auch wieder nicht – vor allem, wenn ich an die Worte seines Fraktionskollegen Hofer denke, der gemeint hat: Mehrwertsteuerrückvergütung für Feuerwehren! An anderer Stelle wurde gemeint: Fernsehgebührenbefreiung für Feuerwehren! – Nicht, dass nicht auch ich zu denjenigen gehöre, die den Feuerwehren fürwahr so gut wie alles geben möchten, aber gerade dort muss man sich eben fragen: Was können wir uns leisten und was können wir uns nicht leisten?

Und so ist es auch mit der Frage: Leisten wir unsere Beiträge zu internationalen Orga­nisationen? Stocken wir – so, wie das vorgesehen ist – unsere Anteile am Internationa­len Währungsfonds auf? – Und da, glaube ich, ist das, was die Opposition, jedenfalls die FPÖ und Herr Gradauer hier gesagt haben, sehr, sehr kurzsichtig und bestenfalls kurzfristig politisch verwertbar, denn: Denken wir zum Beispiel daran zurück, was der


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Internationale Währungsfonds an Stabilisierung in Richtung mittel- und osteuropäischer Länder und deren Finanzen vor einigen Monaten erst geleistet hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rumänien, Ungarn, Polen, Serbien, die Ukraine wären dem Staatsbankrott anheimgefallen – mit allen Konsequenzen für öster­reichische Investoren und österreichische Banken, die in diesen Ländern tätig sind –, hätte der Internationale Währungsfonds gemeinsam mit Weltbank und EBRD nicht Hilfe geleistet.

Und so ist es mehr recht als billig, dass wir uns da mit einer Aufstockung um gut 240 Millionen Anteile beteiligen. – Das kostet nicht 220 Millionen €, sondern in Wirklich­keit beteiligt sich hier die Notenbank, und es geht lediglich darum, den Zinsentgang von 3,5 Millionen € pro Jahr zu ersetzen. Das muss uns und wird uns die Sache schon noch wert sein.

Normalerweise ist der Währungsfonds für uns ja eine Struktur, die einmal im Jahr – im Rahmen sogenannter Artikel-IV-Überprüfungen – über uns berichtet. Wir kennen den Währungsfonds auch als Finanzierungsinstitution für viele Entwicklungsländer. Aber gerade jetzt – und die Zeiten sind nicht normal – in der Krise hat sich der Währungs­fonds als ganz, ganz wichtiges Instrument zur Stabilisierung der Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa – ich habe die entsprechenden Länder schon genannt – erwie­sen. Und deswegen: Jede Unterstützung und jedes Bekenntnis zum Internationalen Währungsfonds!

Der Währungsfonds ist eine global tätige Struktur. Seien wir so ehrlich, zu wissen: Wir sind noch nicht Mitglieder der G 20, auch noch nicht Mitglied der G 8, aber wir sind Mitglied des Internationalen Währungsfonds! Das heißt, wenn es um die neue Finanz- und Finanzkontrollarchitektur in dieser Welt geht, sind wir über den Internationalen Währungsfonds zumindest mit am Tisch.

Nicht alles ist Gold, was glänzt. Wir haben uns über den Internationalen Währungs­fonds auch geärgert. Zu Recht hat Pröll, hat Österreich den IMF kritisiert. Warum? – Weil Österreich wahrscheinlich indirekt, vielleicht sogar direkt Schaden zugefügt wor­den ist durch etwas, das man gemeinhin als falsche Analyse bezeichnet. Da wurden Zahlen doppelt gerechnet, da wurde falsch kalkuliert, und da wurde die Situation in Osteuropa, so dramatisch sie ohnehin ist, noch um ein Stück dramatischer dargestellt, mit direkten Rückwirkungen auf unsere Banken und indirekt dann auch auf unsere Bo­nität. Das haben wir dem Währungsfonds nicht vergessen, und da haben Herr Domi­nique Strauss-Kahn als Chef des Währungsfonds und der Währungsfonds uns gegen­über so etwas wie Wiedergutmachung zu leisten – zumindest im politischen Sinne des Wortes. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Apropos Dominique Strauss-Kahn: Auch dessen sollten wir Österreicher uns als Euro­päer bewusst sein: Noch ist der Internationale Währungsfonds eine Struktur, eine Fi­nanzinstitution, die europäisch dominiert ist; üblicherweise wird ein Europäer Chef des Währungsfonds. Mal sehen, ob es auch in Zukunft so bleiben kann, aber jetzt ist es der Fall. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, auch wenn sich in einigen Jahren nach der Krise manches anders darstellen wird, auch ordnungspolitisch, der Internationale Währungsfonds als zumindest europa­orientierte Finanzstruktur muss und wird uns das wert sein.

So gesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, seien wir auch in Zukunft selbstbewusste und stolze Mitglieder und Zahler des Internationalen Währungsfonds, der zum Beispiel heute wiederum sagt, dass die schwere Rezession in den USA wohl


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zu Ende ginge, 2010 ein behutsamer Aufschwung möglich und in Sicht sei, dass aber kurzfristig die Risiken weithin die Chancen überwiegen würden!

Auch das ist der Internationale Währungsfonds: ein ganz, ganz wichtiger Think Tank, der für unsere Politikentscheidungen ähnlich bedeutsam ist wie zum Beispiel die OECD. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.


17.01.21

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Ich darf mich den beiden Zollmaterien zuwenden.

Zum Ersten: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen.

In diesem Abkommen wird die Amtshilfe in Zollsachen umfassend geregelt. Es soll eine deutliche Verbesserung bei der Zusammenarbeit geben und damit eine Effizienz­steigerung erreicht werden.

Zum Zweiten: Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstech­nologie im Zollbereich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke.

Mit einer Aktennachweisdatei sollen erhebliche Verbesserungen im Zollbereich erreicht werden. Es werden Informationen über laufende oder abgeschlossene Übermittlungen bereitgestellt. Es gibt Abfragemöglichkeiten, natürlich unter Wahrung der datenschutz­rechtlichen Bestimmungen. Es kann aufgrund dessen viel leichter ein konkretes Amts­hilfeersuchen gestellt und es können Ermittlungen koordiniert werden.

Hinsichtlich beider Punkte, die eine deutliche Verbesserung darstellen, besteht Kon­sens im Hohen Haus.

Im selben Ausschuss, in dem diese beiden Punkte verhandelt wurden, wurde auch der Produktpirateriebericht 2008 enderledigt; er kommt also nicht ins Plenum. Ich darf ihn hier ansprechen, weil er damit in Zusammenhang zu sehen ist.

Das Produktpirateriegesetz zum Schutz des geistigen Eigentums ist ein mehr als zahn­loses Instrument. Es ist dieser Bericht gewissermaßen als Hilferuf der Zollbehörden zu sehen. Produktpiraterie ist nämlich kein Offizialdelikt. Es gibt die Möglichkeit, privat­rechtlich zu klagen. Das wurde im Jahre 2008 lediglich in fünf von über 1 500 Fällen gemacht. Der überwiegende Teil wird enderledigt, indem die Ware vernichtet wird. Es gibt kein weiteres Verfahren. Und in 132 Fällen wurde die Ware trotz Feststellung, dass es sich um Fälschungen handelt, wieder zurückgegeben. Also da führt sich ja alles ad absurdum!

Es wäre daher dringend geboten, dieses Delikt zu einem Offizialdelikt zu machen, denn der Hinweis auf das Finanzstrafgesetz – auch im Produktpirateriegesetz nachzu­lesen; Ergebnis null – ist totes Recht. Hier wird ein Fall konstruiert, der tatsächlich nicht eintreten wird und kann.

Herr Staatssekretär Lopatka, Sie sind mit der Forderung konfrontiert, dass Sie in Ihrem Ressort in dieser Legislaturperiode 625 Planstellen zu streichen haben. Es stellt sich daher auch die kritische Frage: Was machen Sie denn an Verwaltungsvereinfachung? Oder aber: Wird sich das auch bei der Kontrolldichte auswirken, indem die Kontrollwir­kung nachlassen wird?

Im Produktpirateriegesetz wird auch der Medikamentenbereich angesprochen; ich glaube, Jacky Maier von der SPÖ war es, der das hier vom Rednerpult aus klar wieder-


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gegeben hat. Das ist jetzt in einer Art und Weise geregelt, dass es insgesamt zu vier Erledigungen kommen kann; auch Produktpiraterie – alles zusammen kaum abschre­ckend, denn eine Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde ist bei dem, was hier in Umlauf gebracht wird, keinesfalls abschreckend. In diesem Bereich verdient die organi­sierte Kriminalität mittlerweile schon mehr als im Drogenbereich.

Ich glaube, es ist daher hoch an der Zeit, da effektiv entgegenzuwirken, das heißt, eine neue Strafnorm zu finden, gerade bei Medikamentenfälschungen, wo überdosiert oder unterdosiert, wo also Menschen tatsächlich getäuscht und gesundheitlich geschädigt werden. Da sollte man möglichst rasch darangehen, eine neue Regelung zu schaffen.

Das Personal, das Sie im Finanzministerium haben, Herr Staatssekretär, geschädigt von den letzten beiden Jahren Ihrer Reformen in Ihrem Haus, wendet sich immer mehr von seinem Arbeitgeber ab. Sie haben ja selbst eine Umfrage gemacht und haben da­bei feststellen müssen, dass es da kaum mehr eine Identifizierung mit dem Arbeitgeber gibt. Sie sollten daher endlich dem Kahlschlag in Form von Streichung von 625 Plan­stellen entgegenwirken.

Wenn man Sie fragt, wo die Einsparung erfolgen wird, bekommt man zur Antwort, das wisse man noch nicht. Ich habe aus üblicherweise gut informierten Kreisen bereits in Erfahrung gebracht, dass die „Schreibtischtäter“ in Ihrem Ministerium bereits daran­gehen, diese Postenstreichungen zu konzipieren. Sie würden sich nicht im Ministerium wiederfinden, an vorgelagerten Dienststellen. Die Kontrolldichte wird leiden. Ich fürch­te, dass das Engagement weiter abnehmen wird.

Ich darf Sie daher dringendst ersuchen, diesem Trend entgegenzuwirken. (Beifall beim BZÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.


17.06.41

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zunächst einmal ein paar kurze Bemerkungen zu dem Zollabkommen mit Israel.

Ich möchte im Plenum nicht verschweigen, dass wir im Ausschuss die Frage gestellt haben, ob mit diesem Abkommen sichergestellt ist, dass Handlungen israelischer Be­hörden jenseits der Staatsgrenze, insbesondere jenseits der Grenzen von 1967, nicht dazu führen, dass österreichische Zollbehörden mit solchen Akten befasst sind. Das wurde ausdrücklich verneint und die Einhaltung dieser Normen, insbesondere auf Ba­sis der UNO-Resolutionen zu den besetzten Gebieten, wird sichergestellt.

Nun zum Tagesordnungspunkt 15.

Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein hat darauf hingewiesen, welch enorme Bedeutung der Internationale Währungsfonds gerade in Zeiten einer Weltwirtschaftskrise verbun­den mit einer Weltfinanzkrise hat. Und das Beispiel Osteuropa hat sehr schön gezeigt, wie wichtig dieser Fonds ist. Ich darf das am Beispiel des Nachbarlandes Ungarn noch einmal deutlich konkretisieren:

Wenn Ungarn die 20 Milliarden Euro-Kredit nicht vor wenigen Wochen bekommen hätte, dann wäre eine Art Staatsbankrott die Folge gewesen – mit allen Konsequenzen, nicht nur für österreichische Banken, sondern auch für österreichische Betriebe, für Be­schäftigte, für den Konsum. Das abzuwenden, war nur deshalb möglich, weil der IWF als führende Organisation tätig geworden ist. Mit Hilfe des Solidaritätsfonds der Euro­päischen Union, dessen Mittel auch auf Grund des Wirkens der österreichischen Re­gierung verdoppelt wurden, konnte dieser Kredit gewährt werden.


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Ich gebe zu, der Internationale Währungsfonds hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht immer mit Ruhm bekleckert. Man möge sich nur daran erinnern, welche Vorschlä­ge und Richtlinien zum Beispiel bei der Krise in Südamerika und in Asien von dort ge­kommen sind, welche Problemlage für die Bevölkerung, für die Wirtschaft es in diesen Ländern aufgrund der damaligen Ratschläge des IWF gegeben hat. Ja, diese Institu­tion muss auf weiter Strecke ihre Art von Empfehlungen, aber auch von Maßnahmen, die sie von Staaten, die Hilfestellung in Anspruch nehmen, verlangt, überdenken.

Das tut der IWF bereits! Und an dieser Stelle muss man gerade Dominique Strauss-Kahn, der ja noch nicht sehr lange in diesem Amt ist, konzedieren, dass da etwas ge­schehen ist. Dadurch war es möglich, dass auch die stockenden Gespräche mit einer Reihe von Ländern wieder aufgenommen worden sind.

Für uns ist aber der IWF noch viel wichtiger – auf diesen Umstand hat Dr. Bartenstein bereits hingewiesen –: In einer globalisierten Welt mit freiem Kapitalverkehr wird eine vernünftige Regelung der weltweiten Finanz- und Kapitalmärkte nicht national möglich sein. Es wird ein wichtiger Schritt sein, wenn wir in Europa vereinheitlichte Aufsichts­strukturen bekommen, vielleicht eine gemeinsame Aufsicht. Aber das wird immer noch nicht sicherstellen können, dass nicht Spekulanten mit Milliarden quer über den Globus agieren, die Lücken, die es gibt, nützen und in der Folge ganze Finanzsysteme, Ban­ken oder Länder destabilisieren können.

Da brauchen wir internationale Institutionen. Und es fallen uns derzeit keine anderen ein als jene des Bretton-Woods-Abkommens 1944, und damit wird der IWF zum ent­scheidenden Scharnier, um eine neue Weltfinanzordnung herzustellen.

Wir hoffen alle, dass nach den Beschlüssen des G 20-Gipfels in London durch den Ausbau des Financial Stability Forums zu einem Financial Stability Board jener insti­tutionelle Rahmen geschaffen wird, in welchem die notwendige Regulierung für welt­weite Kapitalmärkte auch weltweit sichergestellt wird. Und wenn wir als Österreicher dort auch unsere Interessen wahrnehmen wollen, dann müssen wir zu jenen Beschlüs­sen stehen, die wir mit gefasst haben, und dazu gehört auch, dass wir bei den Kapital­erhöhungen mitmachen, denn nur so ist gewährleistet, dass der IWF seiner Funktion nachkommen kann – im Interesse der gesamten Welt, aber auch Europas und auch Österreichs. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.


17.11.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Matznetter, ich gebe Ihnen, was den letzten Teil Ihrer Rede be­trifft, auf jeden Fall – auch aus grüner Sicht – recht: Keine Frage, es braucht internatio­nale Regeln für einen fairen Umgang im Finanzsektor. Dort sollen aber vor allem sozia­le und ökologische Faktoren und auch die Nachhaltigkeit in Zukunft in den Mittelpunkt gestellt werden. Bislang gab es diesbezüglich allerdings nur Lippenbekenntnisse.

Ich stehe auch zu der Verantwortung, die wir haben, internationale Finanzinstitutionen aktiv und einsatzfähig zu halten. Völlig korrekt! Aber es ist wirklich kurzsichtig, Herr Kollege Gradauer, was Sie hier vorbringen, und auch der Sachlage nicht angemessen. Es ist, ehrlich gesagt, ein Armutszeugnis für die FPÖ, wenn Sie in diesen wichtigen in­ternationalen finanzpolitischen Fragen eine dermaßen engstirnige Sichtweise an den Tag legen.

Ich möchte Ihnen das auch anhand von ein paar konkreten Punkten verdeutlichen. (Zwischenruf des Abg. Gradauer.) Kritik an den internationalen Finanzinstitutionen ist


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ja auch notwendig und wurde von grüner Seite immer geübt. Ich denke da nur an eine wirklich nicht unwesentliche Stimme, nämlich die von Joseph Stiglitz, dem Wirtschafts­nobelpreisträger und ehemaligen Chefökonomen der Weltbank. Dieser hat zu Recht das Modell der neoliberalen Globalisierung massiv kritisiert und auch von der Notwen­digkeit fairer Handelsbeziehungen und von Entwicklungszusammenhängen gespro­chen, die auch im Finanzsektor greifen müssten. Das alles steht noch an!

Ich nehme ein ganz konkretes Beispiel her, Kollege Gradauer, wo Sie dagegen sind:

Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, der IFAD, ist eine Institu­tion, die sich gerade für das einsetzt, wofür wir hier im Hause stehen, nämlich für Ent­wicklung genau bei jenen Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern, die von der derzeitigen Entwicklung am härtesten getroffen sind, nämlich bei der ländlichen Be­völkerung.

Im Jahre 1977 wurde dieser Fonds gegründet, er gewährt vor allem Kleinkredite, gibt Mittel für Gesundheitspflege, für regionale Kleinprojekte. Er verfolgt also genau jene Strategie, die zweckmäßig und sinnvoll ist, um die Probleme einer überzogenen Urba­nisierung in diesen Ländern zu verhindern, um die Chancen der ländlichen Regionen zu steigern, um die Lebensbedingungen der Menschen in den Regionen zu verbes­sern.

Solche Projekte sind konkrete Entwicklungspolitik! Aber Sie wollen kein Geld dafür her­geben. (Abg. Gradauer: In Zeiten wie diesen haben wir kein Geld!) – „In Zeiten wie diesen haben wir kein Geld!“ – Das ist kurzsichtig, da fehlt jede Perspektive von inter­nationaler Solidarität! Letztlich profitieren doch auch unsere Volkswirtschaften von wachsenden Volkswirtschaften in diesen Ländern. Nur Kooperation, nur Zusammenar­beit ist eine Chance! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Grossmann.)

Eine Alternative dazu sehen wir Grünen nicht, und daher werden wir diesen beiden Punkten selbstverständlich unsere Zustimmung geben.

Ich möchte nicht verhehlen, dass der kürzlich erschienene Weltagrarbericht wirklich ein einzigartiges Produkt ist, wo die Weltbank, die FAO, die Weltgesundheitsorganisation und die UNESCO dahinterstehen. In diesem Bericht wird ganz klar gesagt, Business as usual in der entwicklungspolitischen Förderung der landwirtschaftlichen Entwicklung ist nicht möglich, sondern wir brauchen eine Kurskorrektur.

Meine Damen und Herren, das ist schon ein starkes Signal von internationalen Organi­sationen. Aber die Förderung ökologischer und sozialer Prozesse muss erst umgesetzt werden! Auch die Förderung der Frauen im ländlichen Raum, in den ländlichen Regio­nen ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt in diesem Bericht.

Zur Frage der Technologieentwicklung steht klipp und klar in diesem Bericht, dass nur eine nachhaltige, ökologische Entwicklung und Forschung und nicht die Agro-Gentech­nik die Zukunft der Welternährung sichern wird. Wenn das eine internationale Organi­sation sagt, dann sind wir alle aufgefordert, Kollege Gradauer, die Mittel zur Verfügung zu stellen, um diese Strategie entsprechend zu stärken und voranzubringen.

Ich möchte nur noch erwähnen, dass wir auch dem Übereinkommen mit dem Staat Israel unsere Zustimmung geben werden. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wer­den wir aber TOP 18 ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.


17.15.54

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gradauer hat in seinem Redebeitrag auch


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auf den vorhergehenden Tagesordnungspunkt betreffend das Katastrophenfondsge­setz Bezug genommen und sinngemäß gesagt, dass wir gerade in Zeiten der budgetä­ren Problematik, der rückläufigen Wirtschaftsleistung und der abnehmenden Wirt­schaftskraft alle Hände voll zu tun hätten, das Budget im Griff zu haben. Da gebe ich ihm recht. Er hat dann gemeint, dass da auch andere kommen könnten und Unterstüt­zung haben möchten, und Herr Kollege Gaßner hat ja das Rote Kreuz erwähnt.

Ich möchte zur Information aller Mitglieder dieses Hohen Hauses festhalten: Im Land Oberösterreich ist der Rettungsbeitrag pro Einwohner mit 7,04 € für das Jahr 2009 festgesetzt. Es ist daher die Gemeinde per Gesetz verpflichtet, pro Einwohner einen bestimmten Betrag – zu dem wir uns auch bekennen – an die Rettungsorganisation, sprich, das Rote Kreuz, abzuliefern beziehungsweise zu bezahlen. Diese Möglichkeit haben die Feuerwehren nicht! – Das sei nur dazugesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internatio­nalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, IFAD. Zu dem Beitrag von 11,03 Mil­lionen hat Herr Kollege Gradauer gemeint, in Zeiten wie diesen hätten wir das Geld nicht.

Es stimmt, wir haben budgetäre Probleme, aber es wäre wirklich kurzsichtig, wenn wir uns nicht im Rahmen einer internationalen Gemeinschaft zu einer Entwicklungshilfe bekennen würden, denn da geht es gerade um die Ärmsten der Armen. Er soll sich die Bilder von den Flüchtlingen an der italienischen Küste oder an der Küste von Spanien vor Augen führen, dann weiß er, unter welch dramatischen Umständen in jenen Län­dern der Welt, denen diese Mittel zugute kommen, dahinvegetiert wird. Das sage ich bewusst so, denn diese Leute sind so arm.

Wir sollten Folgendes wissen, meine Damen und Herren, und das sage ich, weil man auch im Ausschuss meinte, wir hätten Überschüsse in Österreich und in Europa – und so lautet auch ein Sprichwort –: Gibst du mir einen Fisch, bin ich einen Tag satt! Lernst du mir das Fischen, bin ich jeden Tag satt!

Meine Damen und Herren, wir sollten alles tun, damit wir der Bevölkerung in diesen Ländern etwas lernen können. Dazu brauchen wir aber diese zusätzlichen Mittel. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.


17.18.35

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauer auf den Rängen! Im vorliegenden Gesetz verpflichtet sich die Republik Österreich, rund 11 Millionen € in den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung einzuzahlen.

Das ist an und für sich gut, das ist ein richtiger Beitrag, denn die Entwicklungsländer brauchen Hilfe – aber bitte nicht in dieser Weise. Man muss schon großes Augenmerk darauf richten, dass auch österreichische Firmen davon profitieren.

Kollege Pirklhuber, seit Aufnahme der Förderungsaktivität des IFAD haben österreichi­sche Unternehmen nur in einem Ausmaß von 5,1 Millionen US-Dollar Aufträge erzielt. Das ist, bitte, gar nichts. Da wird nämlich in minderwertige, einfache Technologien in­vestiert. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nein! 700 Projekte ...!) Hauptsächlich liefern Länder wie Italien und Frankreich Uraltlandmaschinen, die liefern Sachleistungen, und mit unse­rem Geld werden dann in diesen Ländern die Ersatzteile gekauft. Das kann es, bitte, nicht sein!


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Da ist einfach der Hausverstand gefordert. Auch wir Österreicher sollten Sachleistun­gen liefern, wie etwa Zuchtrinder oder Landmaschinen, zum Beispiel von Fendt und Pöttinger. Damit sichern wir in Österreich Arbeitsplätze, den Entwicklungsländern ist auf lange Sicht auch geholfen. Vor allem müssen wir aber Schulungen anbieten. (Abg. Dr. Pirklhuber: In der Sahara brauchen sie keinen Ladewagen, Kollege!)

Ja, in der Sahara brauchen sie keinen Ladewagen, aber da brauchen sie Bewässe­rungssysteme, wie sie eine Firma Felder in Tirol sehr wohl anbietet. (Beifall beim BZÖ.) Bitte informiere dich, bevor du solch einen Blödsinn daherredest!

Weiters müssen wir in Österreich, wenn wir in solche Projekte investieren, das selbst kontrollieren: Da wird die Republik aufgefordert, dass wir kontrollieren, was mit diesen Geldern passiert.

Selbstverständlich ist Entwicklungshilfe auch in der Landwirtschaft sehr, sehr wichtig, damit die Leute, wie der Kollege gesagt hat, jeden Tag fischen können. Aber davon müssen wir profitieren! Wenn wir österreichische Maschinen liefern, dann werden auch in Österreich die Ersatzteile gekauft und nicht mit unserem Geld die ausländischen In­dustriefirmen gefördert. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.


17.21.01

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu meinem Vorredner: Es ist nicht per se die eigentliche und erste Idee von Entwicklungszusammenarbeit, damit die österreichische Wirtschaft zu för­dern.

Zu meinem Vorredner von der FPÖ: Mauern zu bauen, sich international abzuschotten, nicht begreifen zu wollen, dass wir auf einer Welt leben und dass wir auf einer Welt überleben müssen, das sind keine Zukunft versprechenden Konzepte. – Ich glaube, dass wir so einfach nicht Politik werden machen können.

Darum finde ich es sehr positiv und sehr begrüßenswert, dass wir sowohl unsere Quo­ten als auch unsere Stimmrechtsanteile beim IWF aufstocken – über deren Wirksam­keit ist schon einiges gesagt worden. Ich glaube, dass es notwendig ist, sich parallel dazu zu überlegen, wie wir es denn schaffen können, mit unserem in Summe gesehen natürlich sehr geringen Anteil doch zumindest in unserer Stimmrechtsgruppe unsere Ideen, unsere politischen Vorstellungen von Entwicklung besser zur Geltung bringen zu können, besser zu koordinieren. Und einmal mehr ist für eine solche Politik auch im IWF eine kohärente österreichische Entwicklungspolitik notwendig – sprich: das Ab­stimmen unterschiedlicher Politikbereiche untereinander, und zu schauen, dass diese sich nicht konterkarieren.

Es hat vor kurzer Zeit eine Untersuchung der ÖFSE gegeben, der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung, und es wird noch im Sommer einen Vorschlag der ÖFSE geben, wie denn diese kohärente Politik in Österreich besser durchgesetzt werden könnte. Ich bin schon ziemlich gespannt auf diese Vorschläge, und ich denke mir, wir sollten diese auch hier im Parlament weiter diskutieren, weil da sicherlich einiges Kluges dabei sein wird.

Zum Zweiten, zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, wo wir diesen zusätzlichen Beitrag von 11 Millionen € im Zuge der 8. Wiederauffüllung leisten, ein paar grundsätzliche Anmerkungen.

Nicht nur, dass landwirtschaftliche Entwicklung insofern sehr wichtig ist, dass sehr oft mit sehr einfachen Mitteln sehr große Ertragssteigerungen erzielt werden können –


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zum Beispiel im Bereich der Ackerwirtschaft mit einfachen Düngemethoden oder zum Beispiel im Zuge von Mastprogrammen auch bei der Fleisch-, Milch-, Eierproduktion et cetera –, gibt es gerade im Bereich der landwirtschaftlichen Entwicklung sehr oft an­dere Effekte, an die man im ersten Moment gar nicht denkt.

Ich sage nur Folgendes: Wenn es zum Beispiel gelingt, es in weiten Landstrichen Afri­kas „salonfähig“ – unter Anführungszeichen; wahrscheinlich eher hüttenfähig – zu ma­chen, dass das Vieh nicht dadurch gefüttert wird, dass ein Kind damit den ganzen Tag unterwegs ist und von einem Futterplatz zum nächsten zieht, sondern dass man dazu übergeht, Heu zu produzieren, dass man dazu übergeht, im Hinterhof eiweißreiches Futter anzubauen, dann können diese Kinder in Zukunft in die Schule gehen, anstatt mit dieser Kuh, dieser Ziege oder was auch immer unterwegs zu sein.

Das hat noch ganz andere, sehr viel wichtigere entwicklungspolitische Effekte, wie eben, dass Mädchen – denn diese sind es vor allem, die da mit dem Vieh unterwegs sind – Bildung bekommen. Bildung zu haben, eine Berufsausbildung zu haben, heißt auch, die Chance zu haben, eine bezahlte Arbeit zu bekommen. Und bezahlte Arbeit heißt, dass man später heiratet, weniger und auch später Kinder bekommt, und kleine­re Familien leisten durchaus einen wichtigen Beitrag dazu, dass Armut weiter bekämpft wird, aber auch, dass Ernährungssicherheit einfacher gewährleistet werden kann.

Ich weiß, dass in der landwirtschaftlichen Entwicklung quantitative und qualitative Ver­besserungen in der Nahrungsmittelversorgung geleistet werden können, aber auch da ist es mir sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass einmal mehr die Frage der Kohärenz ganz wichtig ist, denn eine noch so gute landwirtschaftliche Entwicklung im Süden hilft nichts, wenn wir im Norden eine Agrarexportpolitik machen, die es Produkten, die im Süden hergestellt wurden, unmöglich macht, auf den lokalen Märkten mit den von uns hoch subventionierten Produkten, wie zum Beispiel Milch, wie oft auch Geflügel, zu konkurrieren.

Ich glaube, die beiden Dinge müssen Hand in Hand gehen: eine Wiederauffüllung mit einer entwicklungspolitisch kohärenten gemeinsamen Agrarpolitik in der EU und in Ös­terreich. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.25

17.25.30


Präsident Fritz Neugebauer: Wortmeldung hiezu liegt keine mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen; jeder Ausschussantrag wird getrennt behandelt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds samt Titel und Eingang in 158 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist angenom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenom­men.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaft­liche Entwicklung samt Titel und Eingang in 195 der Beilagen.

Ich bitte Sie um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist angenommen.


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Wenn Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang in 148 der Bei­lagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu ertei­len.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll gemäß Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union zur Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennach­weissystems für Zollzwecke in 157 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Ver­fassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, finnische, französi­sche, griechische, irische, italienische, niederländische, portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und in­ternationale Angelegenheiten aufliegen.

Wenn Sie hiefür eintreten, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist angenommen.

17.28.1719. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz (B-VG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (644/A)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.


17.28.47

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Martin Graf als Dritter Nationalratspräsident ist untragbar. (Abg. Weinzinger: Für Sie!) Diese Position hat eine Minderheit des Parlaments, eine Minderheit in diesem Haus bereits vor seiner Wahl vertreten, mittlerweile ist es mehr als eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wo­her wissen Sie das?)

SPÖ und ÖVP haben Warnungen ignoriert, haben Martin Graf trotzdem gewählt, und nun suchen sie aus meiner Sicht relativ verzweifelt nach Auswegen. (Abg. Großruck: Wir haben auch Sie damals gewählt!)

Martin Graf persönlich zeigt sich bis zum heutigen Tag völlig uneinsichtig und auch un­willig einzusehen, dass man als Dritter Nationalratspräsident einfach andere Verant­wortungsstandards und auch eine andere Sensibilität im Umgang mit unserer Vergan-


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genheit, auch gegenüber einer Religionsgemeinschaft, von deren Mitgliedern zwischen 1938 und 1945 Tausende ermordet und vertrieben worden sind, an den Tag zu legen hat als ein FPÖ-Generalsekretär. Die Beweise liefern Sie fast wöchentlich aufs Neue.

Die FPÖ insgesamt leidet: Sie können offensichtlich mit Kritik sehr schwer umgehen – politische Kritik und Rücktrittsforderungen (ironische Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Strache: Das ist ja pervers!), damit haben Sie große Probleme. (Abg. Strache: Sie haben Probleme mit einem demokratischen Wahlausgang!)

Sie von der FPÖ ignorieren Verfassungsgrundlagen wie den Staatsvertrag oder die Unabhängigkeitserklärung. Sie sind extrem wehleidig, wobei Sie in anderen politischen Feldern mit voller brutaler verbaler Härte gegen Menschen von Religionsgemeinschaf­ten vorgehen, aber auch nicht davor zurückschrecken, gleichfalls gegenüber Men­schen – ob das jetzt Kinder oder Jugendliche sind –, die nicht den österreichischen Reisepass haben, so zu agieren. Das ist schon bemerkenswert.

Die SPÖ hat sich mittlerweile deutlich deklariert; viele Abgeordnete haben sich auch persönlich deutlich deklariert: Sie wollen einen Rücktritt von Martin Graf.

Die ÖVP breitet mittlerweile noch den Schutzmantel über Martin Graf. (Zwischenruf des Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Sie haben sogar das Kunststück zustande ge­bracht, obwohl Sie sich vorwiegend immer gegen Anlassgesetzgebung aussprechen, ein Anlassgesetz vorzuschlagen, das den Anlass nicht einmal mehr berührt. Das ist schon ein besonderes Kunststück, Herr Kollege Kopf (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: ... Anlassgesetz!): etwas vorzuschlagen, was sich zwar auf einen Anlassfall be­zieht, das aber den Anlassfall mitnichten lösen kann, sondern ganz gezielt daran vor­beigeht.

Das ist aus meiner Sicht sehr, sehr fragwürdig, denn das Letzte, das wir jetzt in dieser Diskussion brauchen, ist so ein typisches Vorgehen: Man greift etwas an, aber man greift es auch nicht an. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Es sind da Haltung und Klarheit gefragt, und Sie sollten sich hier heute auch offen de­klarieren (Zwischenruf des Abg. Amon), wie weit jetzt diese Untragbarkeit von Martin Graf tatsächlich geht. Ist er nun untragbar, ja oder nein? – Diesbezüglich sollten Sie sich heute deklarieren und nicht einen Ausweg suchen über einen verfassungspolitisch völlig unsinnigen Vorstoß, der das Problem in keiner Weise lösen kann – in keiner Weise lösen kann! (Beifall bei den Grünen.)

Wir bieten einen Ausweg, nämlich dass genau diejenigen, die Ihnen das Vertrauen ge­geben haben – und das ist der Nationalrat –, Ihnen mit einer Zweidrittelmehrheit dieses Vertrauen auch wieder entziehen können. Das ist ein absolut systemkonformer, ver­nünftiger, sinnvoller Vorschlag.

Den Vorschlag der ÖVP kann man, so glaube ich, sachlich nur zerpflücken, und man kann ihn auch politisch nur zerpflücken. Ich mache es zuerst einmal sachlich:

Man kann durchaus auf einer verfassungspolitischen Ebene diskutieren (Abg. Groß­ruck: Frau Oberlehrer!), welche Wahl- und welche Abwahlmöglichkeiten bestimmte Organe der Republik haben und welche Verantwortlichkeiten sie zu tragen haben, aber was Sie hier machen, ist die Nachbildung des Art. 142 Bundes-Verfassungsgesetz. Mit einer Zweidrittelmehrheit kann sich der Nationalrat de facto dazu durchringen, eine An­klage beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der Bundesverfassung auszu­sprechen, und der Verfassungsgerichtshof soll das dann entscheiden.

Da drängen sich schon einige Fragen auf, und vielleicht können Sie diese auch beant­worten. Es drängt sich die Frage auf, warum Sie einen Nationalratspräsidenten, der vorwiegend repräsentative Aufgaben hat, mit einem Bundespräsidenten, der direkt vom Volk gewählt ist, vergleichen. Warum kann nicht der Nationalrat selbst, der seinen Re-


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präsentanten und Repräsentantinnen das Vertrauen schenkt, dieses Vertrauen auch selbst wieder entziehen? (Zwischenruf des Abg. Ing. Kapeller.)

Beim Bundespräsidenten ist das logisch: Das Volk hat gewählt, und es braucht ein spezielles Verfahren, um das Vertrauen wieder zu entziehen. Aber warum nehmen Sie diesen Weg beim Nationalratspräsidenten? – Das ist völlig unnachvollziehbar!

Sie vergleichen ihn außerdem mit Landeshauptleuten, mit Regierungsmitgliedern und übersehen dabei völlig, dass jeder Landeshauptmann seiner sozusagen Landesge­setzgebung verantwortlich ist: Jeder Landeshauptmann kann abgewählt werden! Jedes Mitglied der Bundesregierung kann mit einfacher Mehrheit jederzeit abgewählt werden (Abg. Kopf: „Abgewählt“?! „Abgewählt“?!) – jederzeit! –, das heißt, es kann ihm das Misstrauen ausgesprochen werden, um ganz präzise zu sein, das aber jederzeit, aus­schließlich aus politischen Gründen.

Sie haben überhaupt kein Problem damit, dass der Rechnungshofpräsident jederzeit von einer einfachen Mehrheit in diesem Haus abgewählt werden kann, das stört Sie offensichtlich überhaupt nicht. (Abg. Kopf: Wollen Sie das jetzt vergleichen?) – Nein, ich führe Ihnen nur die Unsinnigkeit Ihrer rechtspolitischen Argumentation vor Augen, weil sie das Problem nicht löst (Abg. Großruck: ..., Frau Oberlehrerin!) und tatsächlich ein ausschließliches Flüchten aus der politischen Verantwortung ist. Es ist nichts ande­res als der Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein ehemaliger Nationalratspräsident, Kollege Khol, würde wahrscheinlich solch eine Verfassungsbestimmung und solch ein Vorgehen als Verfassungsschotter bezeich­nen.

Welcher Anlassfall fällt Ihnen denn ein? Es ist nicht das Problem von Martin Graf, die Verfassung zu brechen oder im Rahmen der Vorsitzführung zu verweigern, dass man Gesetze zur Abstimmung bringt – vielleicht fällt Ihnen ein Anlassfall ein; also mir ist kei­ner eingefallen –, das Problem vom Martin Graf ist ein politisches: dass er die Grenze nicht ziehen kann zu den Fragen unserer politischen Vergangenheit (Abg. Strache: Wer Ihnen nicht passt, wird diffamiert! Wer Ihnen nicht passt, wird diffamiert! – Zwi­schenruf des Abg. Kickl) und der Verantwortlichkeit des vierthöchsten Repräsentanten des Staates gegenüber religiösen Gemeinschaften in Österreich, von deren Gläubigen, wie gesagt, Tausende ermordet und vertrieben worden sind.

Ex-Präsident des Verfassungsgerichtshofes Korinek hat sich übrigens noch in einer anderen Weise auch geäußert, nicht zu Ihrem Vorschlag, er hat sich nämlich mit einem persönlichen Schreiben unter die mittlerweile 32 000 Menschen eingereiht, die den Rücktritt von Martin Graf gefordert haben. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben die Wahl: Sie können sich heute weiter hinter diesem Versteckungsvor­schlag verstecken, oder Sie bekennen klar Ihre Haltung und Ihre Position. Zumindest könnten Sie für den 30. Juni im Verfassungsausschuss Ihren Abgeordneten die Ab­stimmung freigeben, damit diese frei darüber entscheiden können, ob sie demjenigen, dem sie das Vertrauen gegeben haben, das Vertrauen auch wieder entziehen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: ... Angelegenheit!)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte. (In den Reihen der Grünen wird ein Transparent mit der Aufschrift „WWW.RUECKTRITT-MARTIN-GRAF.AT“ entrollt. – Zwischenrufe.)


17.36.03

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben ja Gele­genheit gehabt, am Sonntagabend in der Fernsehdiskussion „im ZENTRUM“ dieses Thema abermals zu behandeln.



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Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Entschuldigung, Herr Ab­geordneter. – Ihre Botschaft konnte wahrgenommen werden; ich bitte, das Transparent wieder einzuziehen. (Abg. Grosz: Die Fotos für die Zeitung sind gemacht!)

Bitte, Herr Klubobmann.


Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Es sind da zwei bemerkenswerte Äuße­rungen gefallen.

Die eine war die Ankündigung von Klubobmann Kopf, hier einen Gesetzesvorschlag zu machen, wobei er aber selbst in der Diskussion gesagt hat, dieser löse jetzt nicht die Situation an sich (Abg. Kopf: Das war ja nicht die Absicht!), aber es ist einmal ein Vor­schlag, den wir uns selbstverständlich in aller Ruhe ansehen werden.

Die zweite Äußerung, die mich beschäftigt hat, war die von Kollegem Hofer, der gesagt hat, es habe hier im Plenum eine Diskussion gegeben, die sehr hasserfüllt war. – Ich muss sagen, das lehne ich ab. Ich finde, hier sitzen fünf demokratisch gewählte Par­teien, und diese Vertreter und diese Abgeordneten dieser Parteien, die demokratisch gewählt wurden, sollen diese Sache wirklich sachlich und sehr verantwortungsvoll und sehr präzise diskutieren. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und bei der FPÖ.) – Ich finde, Hass hat hier im Hohen Haus wirklich keinen Platz.

Ich möchte aber noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der mir etwas unterbelichtet schien, zu dem Kollege Graf in einer öffentlichen Debatte Stellung genommen hat, das war die Frage des antifaschistischen Grundkonsenses, betreffend den er gemeint hat, er sehe das nicht so, dass dieser die Grundlage unserer Demokratie ist.

Mich hat das deswegen beschäftigt, weil ich mir noch einmal die Dokumente angese­hen habe. Und ob es jetzt das Verfassungsgesetz vom 1. Mai 1945 ist, in dem „alle (...) Gesetze und Verordnungen“, die „typisches Gedankengut des Nationalsozialismus ent­halten, (...) aufgehoben“ wurden, oder ob es der Staatsvertrag 1955 ist, gemäß dem „alle Spuren des Nazismus zu entfernen“ sind, im „wirtschaftlichen und kulturellen Le­ben“, und in dessen Punkt 2 dezidiert von Folgendem gesprochen wird: „Österreich verpflichtet sich, alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf sei­nem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind“, könnte ich das fortsetzen bis hin zu dem von uns sehr ernst genommenen Verbotsgesetz.

Dieses stellt nicht nur ab auf Druckwerke, sondern auch auf den Rundfunk und Me­dien, wo man „öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen ge­gen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht“.

Deswegen beharren wir ja so auf diesem Verbotsgesetz, denn dieses hat eine viel, viel größere Dimension, über das Wiedergründen oder Finanzieren von nationalsozialisti­schen Organisationen hinaus: Es geht hier auch um diesen Punkt, § 3h. Daher ist das für uns eine absolute Grenze, und es kann da keine Relativierung stattfinden und gar nichts.

Aber der antifaschistische Grundkonsens ist ein Konsens, der auf dem demokratischen Konsens basiert, und das bedeutet natürlich Ausschluss jeder Diktatur (Abg. Dr. Graf: Ja!), jedes Totalitarismus, auch der kommunistischen Diktaturen, das ist eine Selbst­verständlichkeit. (Abg. Strache: Nein, das bedeutet es nicht!) – Ja, das ist schon so! Wenn Sie nicht für den antifaschistischen Grundkonsens sind, sollten Sie einmal die Frage beantworten, wie Sie es mit dem italienischen Faschismus halten, der heute


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noch stolz darauf ist, dass Südtirol bei Italien und nicht bei Tirol ist, um das einmal so zu formulieren. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Da frage ich mich auch.

Wir könnten andere Faschismen in der Geschichte auch noch aufarbeiten, aber ich möchte mich nur darauf konzentrieren, weil das ja doch ein Aspekt ist, der in diesem Zusammenhang nicht unbedeutend ist.

Also, das ist hier eine Unklarheit, und das ist ein Bereich, der einer Präzisierung be­darf. Ich nehme an, Kollege Graf wird sicherlich irgendwann einmal dazu Stellung neh­men, aber er sagt, demokratischer Grundkonsens.

Ludwig Adamovich betont im „Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts“, 6. Auflage, Seite 82 – das zitiere ich jetzt wirklich, weil mir das sehr wichtig erscheint –:

„Demokratie ist aber, wie mit Recht betont wurde, nicht bloß eine besondere Form der staatlichen Organisation, sondern auch eine besondere Denk- und Lebensform. Ihre geistige Grundlage ist der Gedanke der Toleranz, ist eine Haltung, die, frei von jedem Klassen- und Rassenhass, jeder nationalistischen Überspitzung, dem Mitmenschen mit Respekt begegnet und ihm bereitwillig das gleiche Maß an Rechten zubilligt, das jeder für sich in Anspruch nimmt. Nur wenn sich diese geistige Haltung, dieses Wollen in allen Schichten des Volkes durchgesetzt und gefestigt hat, wird der programmatische Leitsatz des Art. 1 B-VG im vollen Maß verwirklicht sein.“

Wenn Sie sich daher zum demokratischen Grundkonsens bekennen, Herr Kollege Graf, dann müssen wir auch über bestimmte Aussprüche, Wahlkampfformen, Plakate, Inserate, Äußerungen, Diskussionen diskutieren. (Abg. Vilimsky: Jetzt sind wir wieder bei der Wahlkampfform!) Dann ist das auch Gegenstand einer Diskussion.

Ich sage das, weil ich mit Ihnen diskutieren möchte, Herr Kollege Vilimsky. Ich bin nicht hierher gekommen mit einem Urteil oder Vorurteil, ich bin nicht einer, der sagt, dass er mit Ihnen nichts zu tun haben möchte, nicht diskutieren möchte, nein, im Gegenteil, ich gehe davon aus, dass dieser Dialog notwendig ist.

Dieser Dialog hat auch die Geschichte der Zweiten Republik bestimmt. Manche haben kritische Anmerkungen über diese Art des Dialogs gemacht, manche haben das positiv charakterisiert.

Ich gehe von Folgendem aus: Hier sind 183 Abgeordnete, und die sollten in Verantwor­tung gegenüber unserer Verfassung, gegenüber unserer Geschichte, gegenüber unse­rer Demokratie einen vernünftigen, nicht hasserfüllten, ehrlichen Dialog führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur darum bemühe ich mich hier, und dazu stehe ich auch. Daher ist das hier keine At­tacke, kein Angriff, gar nichts. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein freundschaftlicher Rat!) Ich möchte nur anregen, dass wir darüber einmal diskutieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein freundschaftlicher Rat ist das, sagen Sie es gleich!)

Freundschaftlich können wir dann Ewald Stadler, der zu diesem Punkt auch auf der Rednerliste steht, fragen, eine kurze Interpretation von ihm dazu hören, was er gemeint hat, was 1945 war, als er gesagt hat, dass das die Befreiung von einer vermeintlichen Tyrannei ist. Die Zitate gibt es ja. (Abg. Mag. Stadler: Falsch zitiert!) – Sie können das ja hier herinnen klarstellen, wenn Sie hier wieder die Antifa-Nummer abziehen, Herr Ewald Stadler. Ich bitte, auch dazu einmal Stellung zu beziehen.

Mir geht es also darum, dass wir hier diese Diskussion führen, und zwar in aller Deut­lichkeit und ohne Flucht in Opferrollen, ohne Flucht in Märtyrerrollen, ohne das Produ­zieren von Bildern durch Vereinfachungen, die uns auch nicht weiterbringen, sage ich auch dazu. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Das ist auch an die Adresse der Grünen ge­richtet.


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Ich möchte nur eine Debatte haben, die uns weiterbringt und weiterhilft, die uns hilft, nach außen, hin zur Bevölkerung, zu den vielen Jugendlichen das Signal zu senden, dass das Bemühen besteht, die Geschichte im richtigen Licht zu zeigen, das aufzu­arbeiten, dass da nicht mit Vorurteilen und Klischees gearbeitet wird und dass wir uns zum demokratischen Grundkonsens, zur Verfassung bekennen. (Abg. Ing. Westentha­ler: „Mister minus 10 Prozent“!)

Herr Grosz und Herr Westenthaler, da gibt es eigentlich nichts zu lachen. Wenn Sie das so witzig finden wie auf einem Fußballplatz, dann ist das der falsche Moment. Das ist wirklich der falsche Moment! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Über diese Frage zu witzeln, das herunterzumachen und zu grinsen ist nicht das rich­tige Instrumentarium. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Wir sollten ernsthaft versuchen, das miteinander aufzuarbeiten.

Herr Petzner, ich sage Ihnen Folgendes: Wir waren damals der Meinung, dass der Ausspruch von der „Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“ den Bruch dieses Grund­konsenses bedeutet. Deshalb hat die Abwahl des Landeshauptmannes Haider damals auch zu Recht stattgefunden. (Zwischenruf beim BZÖ.) – Weil Sie da einen Zwischen­ruf anbringen: Äußern Sie sich dazu in der Diskussion, denn Beschäftigungspolitik im „Dritten Reich“ war Zwangsarbeit, war die Vorbereitung eines rassistischen Angriffs­krieges. Zu diesem Geschichtsbild muss man sich durchringen. Ich finde, dass das auch berechtigt ist, wenn das ein Teil unseres Grundkonsenses ist.

Wenn wir hier in diesem Haus dieses Signal aussenden (Zwischenrufe beim BZÖ), dann leisten wir damit, meine ich, einen Beitrag, der dem entgegenwirkt, was in dieser Studie über die ÖsterreicherInnen, die jetzt gerade in einem Buch veröffentlicht wurde, aufgezeigt wird, wonach nämlich wachsendes Misstrauen gegenüber der Demokratie besteht, sich 20 Prozent plötzlich wieder Führerpersönlichkeiten vorstellen können (Zwischenruf des Abg. Petzner), wachsendes Misstrauen gegenüber dem Parlament festzustellen ist – nur noch 28 Prozent haben gegenüber dem Parlament eine positive Einstellung (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler) und 14 Prozent gegenüber den Parteien! (Abg. Ing. Westenthaler: Arbeitet einmal eure Geschichte auf!) – Nein, das trifft alle Parteien. Sicherlich, auch uns. Aber das trifft alle Parteien hier. Wir haben auf­gearbeitet, wir haben ein ganzes Buch dazu veröffentlicht. Wir haben das aufgearbei­tet! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich sage Ihnen, nur 14 Prozent beträgt die Zustimmung zu den Parteien. Und jetzt möchte ich wissen, ob wir es heute hier schaffen ... (Abg. Ing. Westenthaler: Heinrich Gross, was ist mit dem? Mit der Victor-Adler-Plakette ausgezeichnet!) – Arbeiten wir nicht mit Zwischenrufen, Zuordnungen, Klischees, Punzierungen, sondern versuchen wir offenen Herzens, heute das einmal zu diskutieren, denn ich glaube, dieses Thema verdient es, hier in dieser Gründlichkeit behandelt zu werden (Abg. Ing. Westenthaler: „Mister minus 10 Prozent“!), und zwar aus Verantwortung gegenüber den Österreiche­rinnen und Österreichern, gegenüber den älteren Generationen, gegenüber den künfti­gen Generationen. Für mich und für uns alle ist das ein sehr, sehr ernstes Thema.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten – historisch – waren nach 1933/34 in Anhaltelagern, und nach 1938 waren auch viele von uns in Konzentrationslagern (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Stadler), und die sind daran interessiert, dass es eine saubere Aufarbeitung gibt. Und im Namen dieser, aber auch aller anderen, der Millionen Toten in den Konzentrationslagern, aber auch dieses rassistischen Angriffskrieges ist es be­rechtigt, dass hier heute ohne Hass, offenen Herzens, ehrlich und aufrichtig mit unse­rer Geschichte umgegangen wird, darüber diskutiert wird und dass es zu Ereignissen


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und Aussprüchen, die auch heute getätigt wurden, eine klare Stellungnahme, eine De­batte gibt.

Es hat ja einen öffentlichen Brief des Präsidenten der Kultusgemeinde gegeben, der, glaube ich, an Sie gerichtet wurde und in dem die Aufforderung zu einem Dialog er­geht – ich denke, dass Sie diesen Dialog aufnehmen sollten. Aber Sie sollten vor allem einmal, Herr Kollege Graf, hier heraus kommen und Stellung und Position beziehen.

Und das Allerwichtigste wäre, sich für diese Attacken auf den Präsidenten der Kultus­gemeinde zu entschuldigen. Das wäre das Allerwichtigste, nicht nur zu sitzen und zu­zuhören, sondern herauszukommen, und darum ersuche ich Sie, und hier an diesem Diskussionsprozess teilzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt weißt du, warum die 10 Prozent verloren haben! So eine Heu­chelei!)


17.47.24

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cap, in der Tat sprechen wir unter diesem Tagesordnungspunkt über ein sehr ernstes Thema, eigentlich über zwei Themen, zum einen über inakzeptable Aussagen des Dritten Präsidenten dieses Hauses unter anderem in einem Artikel in der freiheit­lichen Parteizeitung (Abg. Mag. Kogler: Wir reden darüber, dass Sie nicht Abhilfe schaffen! Sie sind ...! – Ruf: Kogler, sag einmal, spürst du dich noch?) und zum ande­ren auch über verfassungsrechtliche Angelegenheiten, demokratiepolitische Angele­genheiten. Ich werde versuchen, diese beiden Dinge getrennt und doch miteinander zusammenhängend zu besprechen.

Noch einmal: Herr Dr. Graf, das, was Sie unter anderem in diesem Artikel in Ihrer Par­teizeitung gegen Ariel Muzicant geschrieben haben, ist inakzeptabel. Es ist auch nicht zu entschuldigen damit, dass auch Äußerungen von Ariel Muzicant inakzeptabel sind und waren in der Vergangenheit. Sie sind der Dritte Präsident dieses Hauses und ha­ben sich entsprechend dieser Funktion zu verhalten.

Da ist alles angebracht: von scharfer Verurteilung dieser Äußerungen bis hin zu den Rücktrittsaufforderungen, die immer wieder geäußert werden, unter anderem auch vom zitierten Alt-VfGH-Präsidenten Korinek – ja, das hat er unterschrieben, aber das ist die eine Seite.

Noch einmal, Herr Graf: Ich akzeptiere das nicht, die ÖVP akzeptiert das nicht, und wir weisen das auf das Entschiedenste zurück. Ich habe Sie schon mehrfach aufgefordert: Nehmen Sie dazu eindeutig Stellung! Nehmen Sie das zurück! Entschuldigen Sie sich dafür, das wäre höchst angebracht! (Beifall bei der ÖVP.)

Und trotzdem, meine Damen und Herren, sind wir von der ÖVP weiterhin nicht bereit, in unserer Verfassung eine „Lex Graf“ zu verankern, mit einer freien Abwahlmöglichkeit der Nationalratspräsidenten, zu der Korinek, derselbe, gesagt hat, dass ihm das nicht gefalle, denn dann bestünde die Gefahr, dass ein Nationalratspräsident aus puren poli­tischen Motiven abgewählt werde.

Wir haben in diesem Haus die gute demokratische Tradition, dass die drei stimmen­stärksten Parteien nach den Nationalratswahlen die drei Präsidenten dieses Hauses stellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Und diese werden – seien wir doch so ehrlich – in vielen Fällen nicht von einer Mehrheit gewählt – und jeder/jede braucht eine Mehrheit hier herinnen – aufgrund ihrer politischen Überzeugung. Manchmal könnte man sogar sagen: in Respekt vor der demokratiepolitischen Tradition in diesem Haus


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sogar trotz der politischen Überzeugung, mit der man in vielen Fällen nicht überein­stimmt. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das heißt, man hat sie gewählt aus Respekt vor dieser demokratiepolitischen Tradition. Und die ÖVP wird daher, meine Damen und Herren, auch weiterhin diesem Ansinnen einer freien Abwahl aus rein politischen Motiven nicht zustimmen, denn das Parlament (Zwischenruf des Abg. Petzner) soll und muss jederzeit funktionsfähig sein und blei­ben, es muss auch in schwierigen Situationen agieren können. Und da gehört die Trias der Nationalratspräsidenten geradezu zwingend dazu.

Das heißt, wir werden weiterhin die hohen politischen Ämter vor einer Willkür, auch einer willkürlichen Mehrheitsbildung in diesem Haus schützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch zu unserem Vorschlag: Meine Damen und Herren, das ist keine direkte Ant­wort auf die Äußerungen von Graf, absolut nicht. (Ruf: Na überhaupt nicht!) Ich habe unter anderem auch das in der Fernsehdiskussion am Sonntag klar und deutlich ge­sagt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist einfach so einfach! – Ruf: Das ist die typische Trickserei der ÖVP!) Der Anlass zur Diskussion ist Graf, aber eines ist klar: Wir haben eine Diskrepanz zwischen der Ablösemöglichkeit des Bundespräsidenten und der nicht vorhandenen Ablösemöglichkeit von Nationalratspräsidenten.

Auch in diesem Fall sagt Korinek wieder zu unserem Vorschlag: Diese Grundidee ist gescheit! – Und ich denke, wir von der ÖVP werden diese gescheite Grundidee weiter verfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.


17.52.26

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfinde es als wirklich unerträglich, wie die grüne Fraktion heute in diesem Hohen Haus versucht, dieses Hohe Haus in eine poli­tische Geiselhaft zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage das ganz offen, denn man hat heute versucht, die Geschäftsordnung zu miss­brauchen, und von „schwarzen Hemden“ gesprochen. Ich erinnere daran, dass Sie im Zuge der letzten Plenartage hier in schwarzen Hemden gesessen sind und in einer un­glaublichen Art und Weise die Uniformierung gelebt haben. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich erlebe Entwicklungen, die gerade von Ihnen ausgehen (Abg. Dr. Pirklhuber: Das sind schon wieder die typischen FPÖ-...!), wo Hass, Geifer, Hetztiraden gegen Anders­denkende auftreten, ja sogar mit Flugblättern Safaris, sprich eine Jagd gegen Anders­denkende organisiert wird, wo Schimpftiraden stattfinden, wo es auch keine Berüh­rungsängste gibt, gemeinsam mit Leuten, die mit Steinen, Eiern und anderen Gegen­ständen auf Andersdenkende werfen, zu demonstrieren. Ich sage Ihnen, das verurteile ich, denn das sind Nazimethoden, und Nazimethoden verurteilen wir Freiheitlichen (Beifall bei der FPÖ) – Sie wenden sie aber leider Gottes immer wieder an. Das sind Methoden, die untragbar sind. Ich sage das in dieser Deutlichkeit. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Nur deshalb, weil Ihnen der Ausgang einer demokratischen Wahl nicht passt, weil Ihnen offensichtlich der demokratische Grundkonsens in diesem Haus nicht passt, weil es Ihnen nicht passt, dass es die Usance gibt, dass die drei Nationalratspräsidenten im Sinne der Stärkeverhältnisse gewählt werden, und Sie daher, weil Sie bei den letzten Nationalratswahlen von Platz drei auf den Platz fünf demokratisch „zurückgewählt“ worden sind, keinen Präsidenten stellen, weil Sie durch diese demokratischen Wahlen in Zukunft auch den Anspruch auf die Volksanwaltschaft verloren haben – das ist doch


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der Hintergrund –, geben Sie heute solche Hetzkampagnen wider besseres Wissen zum Besten. Es geht Ihnen um Posten, um Funktionen. Sie wollen die Funktion eines Nationalratspräsidenten besetzen, Sie wollen weiterhin einen Volksanwalt stellen. Das ist doch der politische Hintergrund, der ja auch in der Fernsehsendung „Im Zentrum“ vom Abgeordneten Kogler zugegeben wurde; er hat zugegeben, dass es Ihnen genau darum und um nichts anderes geht.

In diesem Fall ist es Ihnen überhaupt nicht unangenehm, dass Sie der Demokratie Schaden zufügen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Kogler.) Nein, da fügen Sie der Demokratie bewusst Schaden zu. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Da gehen Sie mit Methoden vor, wie das Alexander Solschenizyn in seinem Buch „Archipel Gulag“ sehr, sehr gut auf den Punkt gebracht hat. Solschenizyn hat geschrieben, dass Kom­munisten politisch Andersdenkende kriminalisieren, aber die wirklichen Kriminellen wei­terhin verschonen. Und das ist genau die Methode, die Sie leider Gottes immer wieder auch anwenden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Man kann über die Meinung, die Abgeordneter Dr. Martin Graf in einem Artikel vertre­ten hat, trefflichst streiten und diskutieren, auch hitzig und emotional streiten und disku­tieren, man kann das akzeptieren oder auch ablehnen, aber es handelt sich um eine politische Meinung, über die man diskutieren kann und diskutieren muss. Man kann un­terschiedlicher Meinung sein.

Es gibt auf alle Fälle eine Vereinbarung zwischen Dr. Martin Graf und dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Muzicant, dass es nach dessen Auslandsaufenthalt einen Gesprächstermin geben wird, dass ein Gespräch stattfinden wird. Und auf Vor­schlag von Herrn Muzicant wurde auch vereinbart, dass Dr. Martin Graf bis zu diesem Gesprächstermin der Öffentlichkeit keine Stellungnahme mehr abgeben wird, und an diese Vereinbarung mit Muzicant wird sich Dr. Martin Graf auch halten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

Zu dem, was Sie, Herr Klubobmann Cap, gesagt haben, muss man Stellung beziehen: Wir Freiheitliche haben immer den demokratischen Grundkonsens hochgehalten – und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, das demokratische Grundprinzip. Als Demokrat lehnt man den Faschismus immer ab, als Demokrat ist man Antifaschist. Der Antifa­schist aber ist per se kein Demokrat, Herr Klubobmann Cap. Und das ist ein ganz wich­tiger Unterschied. Wir leben auch das demokratische Grundprinzip, weil wir Faschis­mus genauso ablehnen wie jede andere totalitäre Gesinnung, auch den Kommunis­mus, auch den Stalinismus. Stalin war auch ein Antifaschist, aber bei Gott kein Demo­krat.

Ich bitte Sie, deshalb auch zur Kenntnis zu nehmen, dass das demokratische Grund­prinzip in unserer Verfassung das Entscheidende ist und nicht das antifaschistische, weil eben das demokratische Grundprinzip andere totalitäre Regime und Ideologien ausklammert. (Beifall bei der FPÖ.)

Das demokratische Grundprinzip, Verfassungsgrundprinzip, hinter dem wir Freiheit­liche stehen, schließt ein, dass der Faschismus – gleichgültig, woher er kommt, ob von links oder von rechts – abzulehnen ist, dass es hier keine antidemokratischen Nischen geben darf, wo man mit Augenzwinkern vielleicht das eine oder andere toleriert und vielleicht auf dem linken Auge blind ist. (Abg. Öllinger: „Drei Bier“!) Da hat man auf keinem Auge blind zu sein, wie es die Grünen aber auf ihrem linken Auge permanent sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Da Sie auch unsere Kampagne bewusst angesprochen haben: Ja, auch über diese kann man trefflich diskutieren und streiten. Man kann darüber trefflich diskutieren und dazu unterschiedliche Meinungen haben, aber es kann nicht sein, dass Sie hier der Zensur das Wort reden. Es wird sicherlich nicht klug sein, hier der Zensur das Wort zu


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reden, dass man Andersdenkenden sozusagen verbieten möchte, die freie Meinung im Sinne einer Kampagne zu positionieren. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Wir haben mit unseren Kampagnen Probleme angesprochen. Es mag schon sein, dass Sie diese Probleme nicht ernst nehmen, aber die Menschen nehmen sie sehr ernst. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin oft bei den Bürgern draußen, die genau diese Probleme sehr ernst nehmen. Und Sie und Ihre Partei, die SPÖ, sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, warum Sie bei der Wahl zum Europaparlament nur ein Wahlergebnis von minus 10 Prozent er­reicht haben. Das liegt sicherlich auch daran, dass Sie viele Probleme nicht ernst neh­men. Und wenn andere dann die Probleme, die die Bürger betreffen, ansprechen, ist oftmals genau das der Fall, was wir heute erleben: Es gibt Kriminalisierungsversuche. Man kehrt Probleme unter den Tisch, redet etwas schön und versucht dann auch noch, jene, die die Probleme aufzeigen, zu kriminalisieren. Das ist einer Demokratie abträg­lich! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde mir schon erwarten, dass, wenn man das hier erleben muss, was heute hier stattgefunden hat, nämlich dass hier gegenüber einer demokratischen Partei Begriff­lichkeiten verwendet werden, durch die man als Nazi beschimpft wird, und andere un­glaubliche Beschimpfungen stattfinden, alle Klubobleute hier in diesem Haus heraus­kommen und sagen, dass sie das verurteilen, dass das in diesem Haus nichts verloren hat. Und ich sage auch klar und deutlich: Es kann nicht angehen, dass in diesem Ho­hen Haus solche Beschimpfungsorgien vonseiten der Grünen einfach sanktionslos stattfinden. Dagegen verwahre ich mich. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben mit diesem Gedankengut nichts am Hut, und das nehmen Sie bitte einmal zur Kenntnis! Hören Sie auf mit Ihrer undemokratischen Diffamierung und Manipula­tionsmaschinerie, die Sie zum Besten geben! (Beifall bei der FPÖ.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.


18.00.09

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Stakkato: Der ÖVP-Antrag regelt tatsächlich etwas völlig anderes. Ja, das ist nur Zufall, dass das jetzt eingebracht wird! Ich meine, ihr solltet einfach nur Farbe bekennen. Das wäre das Einfachere: einfach ja oder nein sagen! (Abg. Öllinger: Ja!) Ja zu den Vorschlägen der Grünen – ich sage nein dazu. Ihr könnt auch nein sagen; dann würde ich aber nicht da­mit beginnen, mit irgendeinem Pseudo-Antrag herumzufuhrwerken. Habt einfach ein­mal den Mut dazu! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was schrecken euch die Grünen so? – Ich verstehe das nicht.

Zweite Anmerkung: Wahr ist in diesem Antrag einzig der Satz im Absatz zwei der Be­gründung, in dem es heißt: „Ein Präsident des Nationalrates hat als einer der höchsten Repräsentanten der Republik auch eine besondere Verantwortung.“ – Das ist der ein­zige Satz, den ich unterschreiben würde.

Das stimmt, ja, ich hätte mich entschuldigt. Ich habe Martin Graf auch gesagt, dass ich mich entschuldigt hätte. Er macht jetzt das Gespräch mit Dr. Muzicant selbst. Ich hätte das nicht getan, ich hätte mich öffentlich entschuldigt. Ich brauche mit ihm kein Ge­spräch zu führen. Das ist auch eine besondere Form, eine Sonderbehandlung, ich sehe das nicht ein. Herr Dr. Muzicant ist ein Bürger wie jeder andere auch. Er trifft ja nicht Martin Graf persönlich, er trifft den Dritten Präsidenten, nur weil er in einem Arti­kel genannt wird. Das sehe ich auch nicht ein. Ich hätte mich entschuldigt, und damit


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wäre der Fall für mich erledigt gewesen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Eine ein­seitige Entschuldigung!)

Ich sage ja nur, wie ich es gemacht hätte. Herr Kollege Strache, es ist erlaubt, es an­ders zu sehen. (Abg. Strache: Ich sage es ja!) Ich hätte das anders gemacht. Aber ich sehe nicht ein, warum man jetzt Herrn Dr. Muzicant eine besondere Behandlung ange­deihen lassen muss. Das sehe ich auch nicht ein. (Abg. Strache: Weil man den Dialog sucht?) Ja, das ist alles in Ordnung. Ich hätte mich entschuldigt, und damit wäre der Fall erledigt gewesen.

Nächste Anmerkung: Man kann über alles reden im Rahmen eines Demokratiepake­tes, welche Organe man in der Republik mit einem contrarius actus abberufen soll, aber nicht so, wie Sie das tun.

Damit bin ich schon bei der nächsten Anmerkung: Sie betrifft die unerträgliche Gleich­setzung zwischen jeder Burschenschaft und jeder Korporation und in Zukunft auch jeder CV-Verbindung und jeder MKV-Verbindung – das wissen die Schwarzen heute noch nicht, dass sie da in Zukunft gleichgesetzt werden – mit Rechtsextremismus. (Ruf bei den Grünen: Wer sagt denn das?) Aber natürlich, das tut ihr bei jeder Gelegenheit! Schauen Sie einmal die Reden des Kollegen Öllinger an, dann sehen Sie, wie falsch sie im Grunde sind; und das ist noch das Nobelste, was mir dazu einfällt. (Ruf bei den Grünen: Präzise zitieren!) Sie sind überhaupt nicht präzise, es ist schlicht und einfach falsch. (Beifall beim BZÖ.)

Nun, Herr Kollege Cap, zu der Heuchelnummer, die du heute wieder geliefert hast! Es ist wahr, dass nach 1933 viele Sozialdemokraten in Haft gegangen sind und in Lager geführt wurden. Es ist wahr, dass nach 1938 viele Österreicherinnen und Österreicher, unter anderen auch Sozialdemokraten, in Lager gekommen sind und umgebracht wur­den; übrigens auch Priester, über die redet man jedoch so gut wie nie.

Aber es ist ebenso wahr, dass nach 1945 die Sozialdemokratie wie keine andere Partei in diesem Haus – und ich betone, wirklich keine andere Partei! – dafür gesorgt hat, dass ein Haufen Nazis hochrangig entnazifiziert wurden! (Abg. Ing. Westenthaler: Das weiß der Herr Cap nicht!) Das wissen Sie ganz genau! Das ist mit diesem einen Büchlein nicht abgetan; dieses eine Büchlein behandelt die Sonderproblematik der Verantwortung des BSA. (Abg. Ing. Westenthaler: Auf dem linken Auge blind! – Abg. Dr. Cap: Nein!) Aber natürlich, ich habe es mir angeschaut. (Abg. Dr. Cap: ... zwei Bücher!)

In diesem einen Büchlein, mit dem ihr hausieren geht, wird nicht erklärt, wie es möglich war, dass hochrangige Hitlerjungen, die noch dazu stolz darauf waren, dass sie hoch­rangige Hitlerjungen waren, Landeshauptmann und Landeshauptmann-Stellvertreter spielen konnten! Es wird nicht erklärt, wie hier herinnen 28 Jahre lang ein Abgeordne­ter sitzen konnte, der früher der Waffen-SS angehört hatte, in den Reihen der Sozial­demokratie, der als ehemaliger Nationalsozialist selbst dafür gesorgt hat, als er dann über einen sozialdemokratischen Bürgermeister Leiter der Entnazifizierungsstelle wur­de, dass ein Haufen ehemaliger Nationalsozialisten in der verstaatlichten Industrie Un­terschlupf gefunden hat!

Außerdem gibt es keine andere Partei in diesem Haus, Herr Kollege Cap, die mit einem eindeutigeren Slogan, der an Eindeutigkeit selbst von der FPÖ noch nie über­troffen wurde, wahlkämpfen gegangen ist. Ich darf daran erinnern: „Wer einmal schon für Adolf war, wählt Adolf auch in diesem Jahr“. – Adolf Schärf, Sozialdemokrat (Abg. Ing. Westenthaler: Hört, hört!), kein Freiheitlicher, kein Schwarzer, kein BZÖler!

Und der Mörder Primarius Gross ist von euch geschützt worden – und von sonst nie­mandem! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Zweimal hat ein sozi-


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aldemokratischer Justizminister dafür gesorgt, dass die Verfahren gegen einen Mörder niedergeschlagen wurden. Bis zum Schluss hat man ihm nicht einmal seine Auszeich­nungen aberkannt. Er war einer der höchsten Ordensträger dieser Republik, ihm wurde nichts aberkannt!

Und dann kommt ihr heraus und heuchelt die Nummer, die du zum Besten gegeben hast? – Nicht wirklich glaubhaft!

Letzte Anmerkung: Wenn du mich zitierst, Kollege Cap, dann bitte richtig! Ich habe ge­sagt – mag sein, dass es unglücklich formuliert war –, wir sind im Jahre 1945 in Ost­österreich von einer Tyrannei in die andere gegangen. O ja! Dann lade ich dich ein: Geh mit mir einmal durch die niederösterreichischen Dörfer, und ich zeige dir heute alte Frauen, die als Mädchen der Reihe nach vergewaltigt wurden und es nur durch Zufall überlebt haben! (Ruf bei der ÖVP: So ist es!) Ich zeige dir Dörfer im Burgenland und in Niederösterreich, wo man die Leute „befreit“ hat von allem, was sie hatten, wo man sogar den Bruder des nachmaligen SPÖ-Innenministers Oskar Helmer hinterrücks erschossen hat, weil er sich schützend vor Frauen gestellt hat – eine Heldentat, für die er nie ausgezeichnet wurde, im Gegensatz zu Herrn Primarius Gross.

Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren! Bereiten Sie das alles einmal auf, dann können wir über alles reden. Aber diese Heuchelnummer, Kollege Cap, liefere bitte in diesem Haus nicht mehr ab! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.


18.05.53

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann aus der Geschichte lernen, man kann sich weiterentwickeln. Man kann aber auch in der Geschichte stecken bleiben und sich gegenseitig Vorhaltungen machen, mit de­nen man sicher auf keinen grünen Zweig kommt.

Lieber Josef Cap, deine Rede war ein Musterbeispiel dafür, wie man einen Rückschritt machen kann. Der Rückschritt besteht meines Erachtens darin, dass die SPÖ in dieser Frage schon einmal weiter war.

Heute diskutieren wir nicht mehr darüber, ob die Aussage des Herrn Graf gegenüber Herrn Muzicant unangemessen war und ihr eine Entschuldigung folgen sollte! Heute diskutieren wir darüber, dass die Aussage, die Martin Graf zu Muzicant getroffen hat, ein Glied in einer Kette von Aussagen und Haltungen war und ist, die mit der Aussage über Muzicant noch nicht ihr Ende gefunden haben, sondern immer weitergehen: egal, ob es die Person des Herrn Graf betrifft, sein Umfeld oder die Haltung und die Positio­nen der FPÖ insgesamt. Das ist doch der Punkt, lieber Josef Cap, und nicht: Bitte ent­schuldigen Sie sich, Herr Graf, dann könnten wir die Geschichte vielleicht aus dem Weg räumen! (Abg. Strache: Der Politjustizwächter, fast schon wie im Iran: Ayatollah Öllinger!)

Herr Kopf lebt das ja schon die ganze Zeit vor. Er geht ein ums andere Mal heraus und sagt: Das letzte und das vorletzte Mal habe ich Sie schon zum Entschuldigen aufgefor­dert, und eigentlich ist das untragbar, bitte entschuldigen Sie sich! – Er macht es nicht! Ich sage Ihnen, Herr Kopf, es würde auch eine Entschuldigung nur in dieser Frage zu kurz greifen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Denken Sie doch einmal darüber nach, wie Muzicant zu seinen Äußerungen gekom­men ist! Er hat ja vorher versucht, rational zu argumentieren (Abg. Kickl: Ach so?), was ihn an der FPÖ stört, was den Antisemitismus an bestimmten Positionen der FPÖ ausmacht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Erst dann, als er darauf keine Antwort erhalten hat, weder von der ÖVP noch von der SPÖ, hat er sich zu Äußerungen hinreißen las-


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sen, über die man im Detail, was den Ton betrifft, diskutieren kann, wobei ich aber da­zusage: Ich verstehe es, wenn Herr Muzicant, der keine Antwort von den politischen Würdenträgern in dieser Republik findet, nicht nur ungehalten wird, sondern Emotion zeigt. Ja, soll so sein! Das hat, lieber Josef Cap, nichts mit Hass zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

Ich lese jetzt einen Leserbrief aus dem „profil“ vor, geschrieben von einem Herrn Franz Strohmeier:

Mit welchem Recht labern eigentlich die Nationalratsabgeordneten der Regierungspar­teien unsere Kinder bei Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen in den Schulen mit heroischen Wortspenden zu den Themen Antifaschismus, Zivilcourage, „Wehret den Anfängen“ und so weiter voll, wenn sie offenbar selbst sogar im Schutz einer Wahlzelle und unter dem Mantel einer geheimen Wahl zu feig oder aber vielleicht charakterlich zu indisponiert sind, einen Herrn Graf nicht zu wählen, und somit ihre großartig hinauspo­saunten Prinzipien bei erstschlechtester Gelegenheit am Posten und Pfründe sichern­den Altar des in der Verfassung, auf die sie vereidigt wurden, mit keinem Wort erwähn­ten Gewohnheitsrechts einer Partei, garniert mit einem bar jeden eigenen Denkens kritiklos befolgten Klubzwang, bereitwillig opfern. – Zitatende. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage, über diesen Leserbrief kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber Fak­tum ist, dass dieses Hohe Haus, dieses Parlament in den Debatten der letzten Monate, abgesehen von einzelnen Abgeordneten, überhaupt kein Zeichen gesetzt hat, wie es mit solchen Haltungen, wie sie Herr Graf als Person vertritt, umzugehen gedenkt.

Wenn ein Straßenbahnschaffner in Wien ein falsches Zeichen macht, wird er mit einem sehr brutalen Mittel, nämlich der Entlassung, bedroht. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin auf einer Klassenfahrt nach Auschwitz dort Äußerungen von sich gibt, über die man zumindest diskutieren kann und die wahrscheinlich auch indiskutabel sind, gibt es massive Konsequenzen. Wenn aber der Dritte Präsident des Nationalrates über Mo­nate hinweg durch seine Mitarbeiter, durch seine persönlichen Haltungen, durch immer wieder fortgesetzte Aktivitäten sichtbar macht, dass der antifaschistische Grundkon­sens oder die Demokratie für ihn nur so lange zählt, wie sie sein Recht und seine Hal­tungen schützt, sonst nicht ... (Abg. Strache: Das wäre aber genau bei Ihnen der Fall! Da verwechseln Sie Ihre Einstellung mit einer anderen! – Abg. Dr. Graf: Das gilt auch für Sie! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Im Übrigen hält es Herr Graf gerne mit dem Grenzüberschreiten. Er ist ein Borderliner. Alle seine Äußerungen sind immer darauf angelegt, Grenzen zu überschreiten, um dann zu sagen (Abg. Dr. Graf: Aber nein, ich kämpfe eh für sie!): Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, ich war nicht dabei; ich war weder bei der Burschenschaft „Olympia“, als die Nazis dort aufgetreten sind und sich die Hand gegeben haben, ich will auch zu Herrn „N.N.“ – der ja noch immer Mitarbeiter des Herrn Graf ist und der gerade am Wochenende mit der Smiley-Maske aufgetreten ist –, nichts sagen, außer: Das sind Unterstellungen ohne Substanz!

Das ist die Äußerung, die von Ihnen dazu kommt (Abg. Dr. Graf: Ich habe mehr ge­sagt!), wenn ein Mitarbeiter in Neonazi-Kreisen auftritt und – man kann es gar nicht anders sagen – Neonazi Sprüche skandiert. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Wenn ein Mitarbeiter von Ihnen Derartiges macht, dann weiß Herr Graf von nichts, dann kann sich Herr Graf nicht anders helfen, als zu sagen: Ich bin nicht dabei gewesen, und im Übrigen sage ich nichts!

Das ist das Problem, das die Republik mit Ihnen hat. (Abg. Strache: Dass Sie Leute als Neonazi beschimpfen und unbehelligt bleiben, weil Sie Immunität besitzen, das ist der Skandal! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist das Problem, wenn wir dar-


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über diskutieren, warum sich in den letzten Wochen und Monaten vermehrt Vorfälle an Schulen, im öffentlichen Leben ereignet haben. Dann wird Ihnen jeder Experte dazu eine Antwort geben: Solange die Republik nicht von oben ihre Zeichen setzt, wird all das Bemühen, das Sie gemeinsam als Regierungsparteien setzen, um politische Bil­dung in den Schulen zu verankern und sie besser zu verankern, keine oder wenige Früchte tragen.

Sie von der ÖVP sind gefordert! Machen Sie endlich die Abstimmung auch zu diesem Antrag frei, Herr Kollege Kopf! Machen Sie Meinungsfreiheit in Ihrer Partei, auch in die­ser Frage! (Beifall bei den Grünen.) Und kommen Sie uns nicht mit den Ausreden, dass der Vorschlag, den die Grünen hätten, an 1933 und an die damaligen geschichtli­chen Erfahrungen anknüpfen würde. Ich sage Ihnen eines, Herr Kollege Kopf: Das ist unmöglich, und Sie wissen es. Wir haben, selbst wenn drei Präsidenten ausfallen wür­den, noch immer den Ältesten, der die Vorsitzführung machen würde. 1933 ist in der Form nicht wiederholbar. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen auch noch etwas anderes: Sie sagen, das wäre politische Anlassge­setzgebung. In mehreren Bundesländern in Österreich gibt es die Möglichkeit, die Prä­sidenten von Landtagen mit einfacher Mehrheit abzusetzen. Hat das in irgendeinem Landtag dazu geführt, dass jemals ein Präsident willkürlich abgesetzt worden wäre? – In vielen europäischen Ländern gibt es die Möglichkeit, Präsidenten des Nationalrates oder des Parlamentes abzuwählen. Meines Wissens gibt es nur in der Bundesrepublik Deutschland, so wie in Österreich, diese Möglichkeit nicht.

Eines sollten Sie aber auch wissen – und Sie wissen es auch, Herr Kopf –: In der Bun­desrepublik Deutschland wäre ein Martin Graf nie Parlamentspräsident geworden! Nie hätte er es geschafft, zum Präsidenten des Parlaments gewählt zu werden. Das war hier in Österreich nur möglich, weil die ÖVP ihm ziemlich geschlossen zugestimmt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Also haben Sie auch vor Ihrer Tür zu kehren, was Martin Graf und die Perspektiven des politischen Lebens in Österreich betrifft! (Beifall bei den Grünen.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.


18.14.42

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Konrad Paul Liessmann hat schon 1992 über „den guten Men­schen von Österreich“ geschrieben; Sie sollten es kennen. Er hat damals gesagt:

Der gute Mensch kann charakterisiert werden als das fortschrittliche Bewusstsein nach dem Verlust seiner Utopie. Er hat kein Ziel mehr, hat also eine fundamentale Legitima­tionskrise. Da hilft nur eines: das Gespenst des Faschismus, denn der aufrechte Anti­faschismus ist alles, was der Linken geblieben ist.

Dann sagt Liessmann weiter: Je mehr Faschisten es gibt, desto besser; damit erwirbt er seine Daseinsberechtigung. Er hätschelt ihn, baut Politiker zu Neofaschisten auf. Er spart sich damit die Beschäftigung mit jenen Problemen, die den wirklichen oder ver­meintlichen Neonazismus erst ermöglichen. – Zitatende. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau dort sind Sie zu Hause mit Ihrem ständigen Totschlagargument „Nazi“! Auch ich bin laut Präsident der Kultusgemeinde ein „Kellernazi“; gut, soll so sein, dann sind es sehr viele Personen. Ich bekenne mich als Demokrat. Wenn jetzt jeder ein Nazi ist: Wo kommt dieser Ausdruck hin? Was wollen Sie damit erreichen? Wollen Sie den Aus­druck „Nazi“ verwässern? Wollen Sie ihn inflationär behandeln? (Abg. Öllinger: Wer sagt denn das?)


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Wollen Sie vielleicht das kritisieren (Abg. Strache: Die Opfer beleidigen und verhöh­nen!), was der Präsident der Kultusgemeinde gesagt hat, oder finden Sie es gut? – Er verwässert jedenfalls unter anderem diesen Begriff, und Sie tun das auch. Sie verwen­den ihn inflationär. Was wollen Sie damit erreichen? Wollen Sie es damit verharmlo­sen? Wollen Sie sich damit über die Opfer des Nationalsozialismus vielleicht lustig ma­chen? Was wollen Sie denn damit erreichen? (Beifall bei der FPÖ.)

Wer Nazi ist, das bestimmen natürlich Sie, wenn es recht ist, nicht wahr, das bestim­men Sie. Sie bestimmen auch, wer in dieser Republik kritisiert werden darf und was gesagt werden darf. Vielleicht geben Sie einmal eine Liste der Worte heraus, die wir verwenden dürfen, oder, ich weiß nicht, der Handbewegungen, die man machen muss. Geben Sie es doch bitte heraus, damit man weiß, was man in dieser Republik tun darf! Denn das Hauptproblem, das Sie haben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ein biss­chen weniger jammern wäre vielleicht auch gut!), ist in Wirklichkeit eine totalitäre Ge­sinnung. Genau das ist das Problem! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie ... (Abg. Öllinger: ... woher der Begriff „Kellernazis“ für die FPÖ stammt! – Gegenrufe bei der FPÖ.) Es ist mir völlig wurscht, von wem er stammt. Aber wenn Sie das Wort „Nazi“ so in den Mund nehmen und Demokraten so bezeichnen, was machen Sie dann damit? (Zwischenrufe bei den Grünen.) – Sie wollen sich distanzieren, das freut mich. Bitte zu Protokoll nehmen: Öllinger distanziert sich davon, distanziert sich vom Präsidenten der Kultusgemeinde. (Widerspruch des Abg. Öllinger.) Haben doch Sie gerade gesagt: „ich doch nicht“, das haben Sie gerade gesagt.

Aber was ist das Wesentliche an diesem Vorwurf „Nazi“? Was ist es? Die totalitäre Ge­sinnung, Gewaltanwendung ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Ja, genau: Ge­waltanwendung gegen Andersdenkende, die Behauptung, die einzig wahre Meinung zu besitzen, und anderen die Meinung zu verbieten. Das ist es; und wenn das Definition für „Nazi“ ist, dann sind es aber Sie hier in diesem Hohen Haus, und sonst niemand! (Beifall bei der FPÖ.) – Wahrscheinlich wollen Sie sich jetzt zur Geschäftsordnung mel­den, dass ich einen Ordnungsruf bekomme. Aber wenn es nicht so ist, dann können Sie es ja sagen. (Abg. Mag. Rudas: Sie kennen die Verantwortung ...!)

Die Anlassgesetzgebung ist überhaupt die nächste Büchse der Pandora, die geöffnet wird. Ich möchte nur einen Hinweis machen. Wenn es möglich ist, den Nationalratsprä­sidenten abzuwählen, dann müssen Ausschussvorsitzende wohl auch abgewählt wer­den können. Da haben, glaube ich, gerade auch wieder Grüne am ehesten das Pro­blem, die sich rechtswidrig verhalten, aber, weil Ausschussvorsitzende nicht abgewählt werden können, in ihrer Position verbleiben können. (Abg. Strache: So wie Herr Peter Pilz!) Ich würde Ihnen sehr raten: Öffnen Sie nicht die Büchse der Pandora, und begin­nen Sie nicht damit, politische Entscheidungen dort zu treffen, wo es rechtsstaatliche geben sollte! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Demokratie ist die eine Sache, aber der Rechtsstaat ist die andere, denn sonst hätten wir die Diktatur der 51 Prozent. Aber wir haben Gott sei Dank den Rechtsstaat, auf den man sich verlassen kann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Wenn man damit beginnt, den Rechtsstaat so auszuhöhlen und mit Anlassgesetzgebung in derar­tiger Weise politisch zu missbrauchen, dann schadet man in Wirklichkeit diesem Staat. Das haben Sie sich dann auf die Fahne zu heften, darauf können Sie wirklich stolz sein! Wie es in den Wahlbewegungen weitergeht und wie es die Bevölkerung goutiert, wenn man sich so verhält, hat sich bereits gezeigt. (Beifall bei der FPÖ.)


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18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Klubobfrau Dr. Gla­wischnig-Piesczek zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.19.29

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sie haben den Redebeitrag soeben auch selbst vernommen, nehme ich an. Wie kommt eine Fraktion in diesem Haus dazu, sich als Nazis beschimpfen zu lassen? (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Es ist Ihre Verantwortung, solche Wortspenden zu ahnden, und ich verlange, dass das Konsequenzen hat. Wo kommen wir denn da hin?! Ich meine, es ist irgendwann auch einmal eine Grenze verletzt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Genau! Wo kom­men wir da hin!)

Sie könnten Ihrer Amtsführung auch einen gewissen Nachdruck verleihen und zumin­dest hier einen, wenn nicht zwei Ordnungsrufe erteilen, bitte. (Beifall bei den Grünen.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Ich habe die Kollegen vom Stenographischen Protokoll gebeten, mir den entsprechenden Auszug zu übermitteln, weil durch die Zwischenrufe die Bemerkungen nicht eindeutig zu hören waren.

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Abgeordnetem Dr. Walser. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Walser –: Oje!)


18.20.25

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir wollen diese Sache ruhig und sachlich diskutieren, meine Damen und Herren. Das, was Kolle­ge Stefan jetzt gerade gesagt hat, sein Gejammer über den Rechtsstaat, der in Gefahr ist, geht völlig an der Sache vorbei. Wir nehmen Herrn Graf überhaupt nicht das Recht, dass er hier herinnen sitzt. Er ist demokratisch gewählt, das steht außer Frage! (Abg. Dr. Graf: Danke! – Abg. Strache: Lieb von Ihnen!) Es geht ganz schlicht und einfach darum, ob Dr. Graf Repräsentant dieses Hohen Hauses sein kann oder nicht. (Abg. Strache: Er ist gewählter Repräsentant!) Und das bitte kann er nicht sein, aufgrund der Äußerungen, die er gemacht hat, aufgrund seiner Vergangenheit, aufgrund seines Um­felds ist er für diese hohe Position schlicht und einfach nicht geeignet, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Ahmadinejad Walser!)

Wenn die ÖVP meint, es handle sich um inakzeptable Aussagen, so ist das richtig. Seit Jahren, seit Monaten gibt es von der FPÖ, gibt es von Herrn Graf inakzeptable Aussa­gen. Inakzeptabel ist es aber auch, solch einen Mann in solch eine Funktion zu wählen. Diese Verantwortung haben Sie (der Redner wendet sich in Richtung ÖVP) und diese Verantwortung hat ein großer Teil von Ihnen (der Redner wendet sich in Richtung SPÖ) ebenfalls.

Das, bitte, sollten Sie zur Kenntnis nehmen, und da sollten Sie jetzt endlich Klartext re­den, da sollten Sie endlich das tun, was diesem Hohen Haus gerecht wird, nämlich die Möglichkeit schaffen, dass es zur Abwahl von Martin Graf aus diesem Amt kommt.

Anlassgesetzgebung – jedes Gesetz hat Anlässe, das ist vollkommen klar. Das, was Sie sagen, ist ja eine Nebelgranate der Sonderklasse. Sie versuchen, vom Problem ab­zulenken. In Wirklichkeit wollen Sie sich einen Koalitionspartner warm halten, und da habe ich Sie (der Redner wendet sich in Richtung SPÖ) auch ein bisschen in Verdacht, einen Koalitionspartner, den Sie in Vorarlberg im wohligen Koalitionsbett halten und den Sie sich österreichweit bereithalten wollen, für alle Fälle. Man weiß ja nie, wie die kommenden Wahlen ausgehen werden.

Was muss jemand noch machen, um aus diesem Amt gewählt zu werden, aus Ihrer Sicht? Muss es wirklich zu einem Verfassungsbruch kommen? Das ist ja nahezu ab-


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surd. Er ist politisch gewählt worden, es ist eine politische Entscheidung – und es ist keine juristische Entscheidung, die wir hier zu treffen haben. Wir haben die politische Entscheidung zu treffen, ob wir Martin Graf akzeptieren können oder nicht.

Im Fall Kampl ist es zur Einsicht gekommen. Da hat dieses Hohe Haus, da hat sogar die eigene Partei festgestellt: Ja, dieser Mann ist untragbar!, und das Hohe Haus hat gemeinsam festgestellt, dass das so nicht sein kann. Auch aus dem BZÖ ist es da zu entsprechenden Aussagen gekommen. (Abg. Bucher: Kampl hat von sich aus auf das Amt verzichtet!)

Auch ein Verweis auf die Geschichte. Sie liegen hier komplett falsch. Im Jahre 1933 sind die drei Präsidenten gemeinsam zurückgetreten. (Abg. Mag. Stadler: Nicht ge­meinsam, sondern hintereinander!) Das ist doch nicht die Frage! Hier geht es um die Abwahl eines Dritten Nationalratspräsidenten. Anlass war übrigens ein Fehler bei der Stimmabgabe, genau so etwas, wie es uns Herr Vilimsky bei der letzten Sitzung vor­exerziert hat. Da ist es nämlich um gezinkte Karten gegangen beziehungsweise um zwei gleichlautende Abstimmungszettel. (Abg. Vilimsky: Geh bitte, das ist doch lächer­lich!)

Damals war es ein Irrtum. Damals hat der Präsident die richtige Entscheidung getroffen und die Stimmen für ungültig erklärt. Er hat die Geschäftsordnung im Gegensatz zu Präsident Graf gekannt und die richtige Entscheidung getroffen. Es war die Christlich­soziale Partei, die dann das Zusammentreten des Hohen Hauses mit Polizeigewalt ver­hindert hat. (Abg. Dr. Hübner: Und der deutschnationale Präsident wollte damals die Sitzung abhalten!)

Das ist nicht das, was unbedingt ansteht, sondern es geht hier um eine klare politische Willenskundgebung dieses Hohen Hauses. Dazu sollten wir uns endlich entschließen.

Ludwig Adamovich hat zum Thema Anlassgesetzgebung gesagt, das würde er nicht so sehen, denn einen Gesetzgebungsakt oder eine Verfassungsänderung ohne Anlass gibt es nicht. – Ich meine, klarer und eindeutiger kann man es nicht ausdrücken. Wol­len Sie etwa sagen, dass Herr Graf keinen Anlass gegeben hat?!

Ich glaube, Anlässe gibt es wöchentlich und immer wieder dieselben Worte, die wir da hören: Das ist unerträglich, und wir verlangen eine Entschuldigung. (Abg. Dr. Graf: Ich habe nicht zum Streik aufgerufen!) Auf der anderen Seite sagen Sie selbst, es ist unentschuldbar. Also was ist es jetzt?

Martin Graf ist keine Repräsentanz für dieses Hohe Haus, Martin Graf gehört als Dritter Präsident abgewählt! Schaffen Sie die Möglichkeit dazu. Sie haben jetzt die Verantwor­tung, es liegt an der ÖVP! Aus dieser Verantwortung können wir Sie nicht entlassen, und aus dieser Verantwortung werden Sie die Österreicherinnen und Österreicher nicht entlassen. (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Großruck und Dr. Stummvoll. – Abg. Strache: Die Grünen bereiten ihre nächste Wahlniederlage vor!)

Sie haben diesem Haus massiven Schaden zugefügt, durch die Art und Weise, wie Sie Martin Graf gewählt haben, durch die Uneinsichtigkeit, die Sie gegenüber den Argu­menten gezeigt haben, die wir Ihnen vorgelegt haben. Martin Graf pflegt Umgang mit Rechtsextremisten, lädt Leute ein beziehungsweise gehört einer Burschenschaft an, in der man Menschen einlädt, die singen: Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an! (Abg. Strache: Schon wieder wird diese Unwahrheit erzählt!) Solche Leute ha­ben Sie gewählt (in Richtung ÖVP), und Teile von Ihnen (in Richtung SPÖ) haben sie ebenfalls gewählt.

Bereiten Sie diesem Treiben ein Ende! Wählen Sie Martin Graf ab! Schaffen Sie die Möglichkeit dazu! Es liegt an Ihnen!


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Ansonsten werden Sie – und da muss man kein Prophet sein – dafür verantwortlich sein, dass Woche für Woche, Monat für Monat das Ansehen des Parlaments beschä­digt wird. Karl Öllinger hat ja schon darauf hingewiesen: Trauen Sie sich in eine Schule zu gehen? Trauen Sie sich in eine Schule zu gehen, um dort Maturanten oder Schülern klarzumachen, dass es Zivilcourage braucht? Trauen Sie sich dort zu sagen: Ja, wir müssen für die Rechte, wir müssen für den antifaschistischen Grundkonsens einste­hen!? (Abg. Strache: Den demokratischen Grundkonsens!) Und gleichzeitig schützen Sie jemanden, der diesen antifaschistischen Grundkonsens verneint. (Abg. Strache: Offensichtlich fühlen Sie sich als Stalinist!)

Bitte, als „Stalinist“ (der Redner wendet sich in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Neugebauer) muss ich mich, glaube ich, von Herrn Strache nicht bezeich­nen lassen. (Beifall bei den Grünen.) Strache hat in seiner eigenen braunen Soße, glaube ich, genug zu rühren und sollte sich ein bisschen überlegen, wen er als was bezeichnet. Ich nehme an, das wird auch einen Ordnungsruf nach sich ziehen. (Abg. Strache: Es war keine Feststellung, sondern eine Frage!)

Herr Stadler, es ist ein Ablenkungsmanöver der Sonderklasse, auf die Vergewaltigun­gen durch sowjetische Soldaten im Jahr 1945 zu verweisen. Sie waren es, der von einer „angeblichen Befreiung“ Österreichs gesprochen hat. (Abg. Mag. Stadler: Es gab Mord und Totschlag!)

Österreich ist befreit worden! Jetzt, Herr Strache, nach den Europawahlen legen Sie offensichtlich das demokratische Mäntelchen ab. Jetzt kommen offensichtlich wieder etwas radikalere Töne. Stehen Sie dazu: Ist Österreich befreit worden – oder ist es nicht befreit worden? Natürlich hat es Verbrechen gegeben, natürlich ist unverzeihlich, was damals passiert ist, aber lenken Sie nicht ständig ab. (Abg. Mag. Stadler: Im Ge­gensatz zu Ihnen habe ich keine Nazi in meiner Familie!)

Das Kernproblem, über das wir heute diskutieren, heißt Martin Graf. Darüber müssen Sie entscheiden.

Noch einmal der Hinweis an die ÖVP: Es liegt in Ihrer Hand, die Möglichkeit dazu zu schaffen! Beseitigen Sie diesen Missstand, den unser Haus da Woche für Woche zu erleiden hat! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.


18.28.49

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also immer, wenn der Kollege, der heute ausnahmsweise einmal ohne T-Shirt erschienen ist – weil er sich wahrscheinlich selbst blöd vorkommt, wenn er das da in Permanenz zelebriert –, und manche andere Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion hier ans Rednerpult treten und ihre Äußerungen, was die österreichische Ge­schichte betrifft – immer nur einen bestimmten Zeitraum davon selbstverständlich –, tätigen, dann werde ich das Gefühl nicht ganz los, dass es sich um eine Art Psycho­therapie vor Publikum handelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was Sie uns hier in dieser Art und Weise zumuten, hat das Maß des Erträglichen seit Langem überschritten. Sie reden gerne von Grenzen und von Dingen, die Sie ins richtige Licht rücken wollen, aber Sie werden doch nicht allen Ernstes glauben, dass Sie die Instanz sind, die diese Grenzen festlegt und die dieses Licht irgendwo zum Leuchten bringt. Sie sind die letzte Instanz! Und ich bin unglaublich froh darüber, dass die Wählerinnen und Wähler bei der letzten Nationalratswahl ein so gutes Gefühl be­wiesen haben, dass sie Sie dorthin degradiert haben, wo Sie hingehören, nämlich auf


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den letzten Platz hier herinnen in diesem Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Im Grunde genommen, meine Damen und Herren, bin ich ein Optimist. Ich war fast versucht, jetzt bei dieser EU-Wahl eine Sekunde daran zu glauben, dass es bei Ihnen und auch beim linken Flügel Ihrer Fraktion, Herr Cap – die Frau Rudas und andere Da­men und Herren, die nichts anderes zu tun haben, als professionell die Vergangenheit zu bewältigen, und es sich dabei furchtbar leicht machen –, vielleicht einen Läute­rungsprozess gibt: Vielleicht beginnen Sie nachzudenken, vielleicht hält irgendwann einmal die Einsicht Einzug, wenn Sie schon die Wählerkeule so ordentlich getroffen hat? Das wäre ja auch einmal eine Möglichkeit gewesen. Aber Ihr Verhalten heute und hier – und ich bin mir sicher, dass es auch in Zukunft so sein wird – zeigt, dass Sie die Lektion vom Souverän nicht verstanden haben. Machen Sie weiter so, und er wird Sie weiter zusammenstutzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Und da schießen sie jetzt wie die Schwammerln aus dem Boden, einer nach dem an­deren: skurrile Selbstdarsteller – das muss man wirklich so bezeichnen – mit diesen T-Shirts – ich weiß gar nicht, was er damit eigentlich zum Ausdruck bringen will –, selbst­ernannte Retter einer angeblich demokratisch bedrohten demokratischen Ordnung, ja, Selbstinszenierer und Möchtegern-Widerstandskämpfer. (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, was Sie mit dem, was Sie hier aufführen, machen? – Das ist doch ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die damals in der wirklich harten Zeit ihren Mann und ihre Frau gestanden und sich im Widerstand betätigt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Stattdessen beschäftigen Sie sich damit, hier heraußen zu stehen, gegen eine demo­kratisch legitimierte Partei und untadelige Persönlichkeiten den Mund aufzumachen und sich dann vielleicht den Stalin-Orden oder irgendetwas draufheften zu wollen. Das scheint ja das Gegenstück der Seligsprechung bei den Grünen zu sein. Na, welche Auszeichnung wird denn der Herr Öllinger für seinen antifaschistischen Widerstands­kampf bekommen? Wie wird man ihm denn in den grünen Reihen die entsprechende Huldigung erweisen? Es muss doch irgendetwas geben, wenn er sich schon so ver­dient macht in diesem antifaschistischen Abwehrkampf.

Meine Damen und Herren! Herr Öllinger ist ja sozusagen ein besonderer „Würdenträ­ger“ in diesem Bereich: Er ist ein Linksverbinder, hinüber von den Revolutionären Mar­xisten zur Sozialistischen Jugend – und es zahlt sich im Grunde genommen überhaupt nicht aus, diese verschiedenen Vereine auseinanderzuklauben, weil sie sich inhaltlich ja in gar nichts unterscheiden. Sie haben heute am Vormittag mit Ihrer Vorgangsweise hier vorne bei diesem Mikrophon unter Beweis gestellt, dass Sie im Grunde genommen ein rein ideologisch motiviertes Treiben verfolgen. Wenn es Ihnen passt, dann setzen Sie sich skrupellos über alles hinweg, was hier herinnen gilt, weil Sie unter dem Deck­mantel einer Scheinmoral agieren. Wenn Sie irgendetwas machen, ist alles in Ord­nung, wenn ein anderer es macht, dann sind das faschistische oder neofaschis­tische Anklänge. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind diejenigen, die seit Wochen und Monaten Hetzereien betreiben. Um es kurz zu sagen: Sie tun nichts anderes, als dass Sie unter dem Deckmantel einer Pseudo-Moral und einer Pseudo-Demokratie ein Programm fahren, bei dem ganz eindeutig der einzige ideologische Zweck, den Sie verfolgen, der ist, die Absetzbewegung der Wählerinnen und Wähler von Ihnen etwas, das Sie von Wahl zu Wahl mehr und mehr trifft – irgendwie einzudämmen, und für diesen Zweck nehmen Sie alle Mittel in Kauf. Diesen Vorwurf kann man Ihnen nicht ersparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Grünen, Ihren ideologischen Unfug, nennen wir es einmal so – ich möchte jetzt nicht sagen, Ihren ideologischen Müll –, Marke Frankfurter Schule, die Tatsache, dass der Tellerrand von Adorno, Horkheimer und so weiter defi-


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niert, was gut sein heißt in dieser Republik, was Demokrat sein heißt, diesen Tellerrand halten Sie hoch. Das ist Ihr Weltbild, aus dem Sie sich offensichtlich nicht herausbewe­gen können, und das ist doch der einzige Hintergrund dieser Kampagnisierung, die Sie gegen die Person Martin Graf und in Folge auch gegen weitere Personen betreiben. Das haben wir heute ja schon gesehen. Ewald Stadler ist der Nächste – und irgend­wann einmal werden auch ÖVP-Vertreter an der Reihe sein. (Abg. Mag. Stadler: Ich war schon dran! Sie haben sogar demonstriert vor der Volksanwaltschaft!)

Diesen Kampf werden Sie weiter führen, aber nicht, weil Sie an irgendetwas glauben, sondern weil Sie nichts anderes tun, als rein parteipolitisch motiviert zu agieren. Das ist Heuchelei zum Quadrat, und diesen Vorwurf kann man Ihnen überhaupt nicht erspa­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sich hierher zu stellen mit moralischem Habitus und zu glauben, dass man ein Ge­spenst zunächst nur an die Wand werfen muss, das Gespenst des Faschismus gehe um in Österreich ... – Ja, vielleicht in Ihrem Kopf, aber mit Sicherheit nicht in der Reali­tät da draußen. Und so empfinden das die Menschen auch nicht, und deshalb werden Sie mit dieser Methode Schiffbruch erleiden.

Eines möchte ich auch noch dazu sagen, weil die SPÖ jetzt sehr betreten daneben sitzt: Da sind schon richtige Worte gefallen. Herr Cap war lange genug im Renner-Insti­tut, da hätte er genügend Zeit gehabt, um die Dinge aufzuarbeiten, was die eigene Par­teigeschichte betrifft. Da ist nicht allzu viel passiert. Ein Buch ist geschrieben worden, haben wir gehört. Na gut, das steht jetzt wahrscheinlich irgendwo herum, aber die Julius Tandler-Medaille verleihen Sie nach wie vor. Und wenn Sie einmal ein bisschen nachgeschaut haben, was etwa dieser Julius Tandler so alles von sich gegeben hat, so frage ich mich schon, wie Sie denn jedes Jahr auf die Idee kommen, diese Tandler-Medaille ausgerechnet dann auch noch für Verdienste um die Menschlichkeit zu ver­leihen. Das ist doch im Grunde genommen obszön. Da hätten Sie von der SPÖ schon lange Handlungsbedarf! (Beifall bei der FPÖ.)

Und Sie hätten auch schon den einen oder anderen Platz in Wien umbenennen kön­nen, wenn es Ihnen denn so ernst wäre mit dem, was Sie hier in der „Causa Graf“ von sich geben. Ich glaube aber, dass das der Punkt ist, um den es gar nicht geht.

Deswegen ist es für mich auch ein entscheidender Punkt, die Frau Präsidentin Pram­mer, die jetzt da hinten sitzt und nicht da vorne und nicht da oben, sondern hinten drin­nen, auch einmal anzusprechen. Das ist nämlich auch ein wichtiger Punkt. Ich habe sehr genau zugehört bei Ihrer Rede, die Sie anlässlich des Gedenktages gegen Ge-
walt und Rassismus gehalten haben. Da haben Sie, Frau Präsidentin Prammer, einen sehr interessanten Satz gesagt, bei dem ich mich frage, wie der denn interpretiert wer­den würde, wenn ihn ein Freiheitlicher sagt. „Wir brauchen einen breiten moralischen Grundkonsens, der weit über das juristisch Einklagbare hinausgeht.“

Ich sage Ihnen, wenn das Martin Graf gesagt hätte, dann hätte er den Satz noch nicht einmal fertig gesprochen und die Ersten hätten schon geschrien: Die FPÖ kommt mit dem „gesunden Volksempfinden“ durch die Hintertür daher! – Das ist genau der Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was meinen Sie denn überhaupt für eine Moral? Und da frage ich jetzt einmal die SPÖ: Was meinen Sie denn überhaupt für eine Moral? Das wäre interessant zu wis­sen, wenn Sie doch gleichzeitig aus Ihrem ideologischen Hintergrund heraus so etwas wie eine Wahrheit, die für sich existiert, ablehnen. Was soll denn das dann für eine Moral sein? Das kann es doch gar nicht geben. Was soll denn das für eine Moral sein, wenn im Grunde genommen alles relativ ist und das politische Kampfmittel der Linken in nichts anderem besteht als im Aufbrechen von Tabus? Eines nach dem anderen muss beseitigt werden – aber dann reden Sie von Moral.


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Was soll denn das für eine Moral sein, die letztendlich auch eine absolute Instanz sein muss, die im Grunde genommen auch den gesellschaftlichen Entwicklungen überho­ben sein muss, damit sie überhaupt diese Gültigkeit beanspruchen kann? Was soll denn damit gemeint sein? Das wäre einmal interessant, von Ihnen zu erfahren. (Zwi­schenruf der Abg. Silhavy.)

Ich habe den Verdacht, dass mit dem, was mit Moral gemeint ist, so eine Art Behälter konstruiert wird, und in diesen Behälter kommen ideologische Versatzstücke der Lin­ken hinein – und das ist dann die Moral, die für uns alle zu gelten hat. – Ich sage Ihnen nur: So einfach kann man es sich nicht machen! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ein Wort noch: Das, was hier heute gesagt wurde, wo wir einen Teil einer langen Inszenierung erleben, ist nicht ein isoliertes Phänomen, weil jetzt eine Äußerung in Richtung Ariel Muzicant gefallen ist – der im Übrigen beim Aus­teilen nicht besonders zimperlich ist. Da hat auch die ÖVP schon ihre Erfahrungen ge­macht mit Vergleichen, über die man sich nur wundern kann und wo ich mich wundere, dass man überhaupt keine Worte der Distanzierung oder der Verurteilung gehört hat. Aber bitte, wahrscheinlich ist das, was auf der einen Seite in Ordnung ist, auf der ande­ren Seite völlig „unbotmäßig“.

So ist es also nicht, und diese Geschichte beginnt nicht mit dem heutigen Tag, sondern das ist ja Teil einer lange, lange von Ihnen inszenierten Eskalationsstrategie, in der zu­nächst einmal Mitarbeiter bespitzelt und Fakten verdreht werden, wo man auch nicht davor zurückschreckt, wenn man Martin Graf sozusagen nicht erwischen kann, sein Umfeld zu attackieren, sich an Mitarbeitern zu reiben, die sich im Grunde genommen nicht wehren können und die das schwächste Glied in der Kette sind (Zwischenruf des Abg. Öllinger) – ja, ja –, und sich dann selber im eigenen Klub Leute hält wie Ihren Herrn Lukas Wurz, Sozialreferent der Grünen, der mit einem Leiberl herumrennt mit der Aufschrift: Legt die Nazis um!

Herr Öllinger, Sie hätten genug zu tun, wenn Sie es wirklich ernst meinen würden, aber es ist eben so, dass Sie es nicht ernst meinen – und das ist das Problem Ihrer ganzen Argumentation. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, es ist heute hier Ehrlichkeit eingefordert worden, und wenn man es ehrlich nimmt, dann hat das, was von den Grünen verlangt wird und wo Teile der SPÖ mit Sicherheit dafür sein werden, nichts mit dem Schutz der Demokratie, der demokratischen Ordnung oder sonst irgendetwas zu tun, sondern da geht es um die Möglichkeit, hier herinnen ein politisches Tribunal einzurichten.

Herr Cap, ich sage Ihnen schon: Nehmen Sie nie mehr den Ausdruck „Schutz der Min­derheitsrechte“ hier im Haus in den Mund, denn das, was Sie hier machen, ist ausge­rechnet und nur daraufhin konstruiert, einen Dritten Präsidenten, den ja Sie nicht stel­len – und die Grünen gehen offensichtlich nicht mehr davon aus, dass sie noch irgend­wann einen erreichen werden –, abzusetzen und damit im Grunde genommen genau diesem Minderheitsschutz einen Bärendienst zu erweisen.

Meine Damen und Herren, wir haben dazu heute die erste Lesung. Ich gehe davon aus, dass uns dieses Thema auch weiterhin verfolgen wird. (Abg. Dr. Stummvoll: „Verfolgen“?) Vielleicht hält doch irgendwann noch die Einsicht auch im Klub der Grü­nen Einkehr. Es könnte ja noch sein, dass, wenn sich die Debatte länger hinzieht, das eine oder andere Wählervotum da noch entsprechende Nachhilfe erteilt. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.



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18.40.18

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen hier meine persönliche Meinung: Diese Debatten, die da jetzt schon seit Wochen laufen, sind unerträglich, wirklich unerträglich! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.) Allerdings, meine Damen und Herren von der FPÖ, auch das, was Sie machen. Ich sagen Ihnen: Beide Gruppen, die hier diese Debatten jetzt gestalten, machen das ja nicht unabsichtlich. Man möchte hier ablenken, weil man offensichtlich keine anderen Themen mehr hat, wenn es nämlich darum geht, für die Bevölkerung wirklich zu arbei­ten. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ und den Grünen.)

Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sehen Ihre Existenzberechtigung doch nur mehr darin, dass Sie gegen eine Partei und jetzt gegen einen Präsidenten Politik machen. Ist das Sinn Ihrer Arbeit, Ihrer Aufgabe hier als gewählte Abgeordnete?! Herr Walser hat es ja gesagt, aus politischen Gründen unterstützen und fordern Sie die Abwahl des Dritten Präsidenten.

Meine Damen und Herren von den Grünen, was ist das für ein Demokratieverständnis? (Zwischenrufe bei den Grünen.) Aus politischen Gründen wollen Sie einen Mandatar, einen Präsidenten oder sonst einen Funktionsträger abberufen. Wer entscheidet denn dann darüber, ob das ein zulässiges politisches Mittel ist oder nicht?! In einer Demo­kratie gibt es gewählte Abgeordnete, vom Souverän gewählte Funktionsträger – und der Souverän ist das Volk! (Beifall beim BZÖ.)

Dann gibt es noch eine Rechtsordnung, Herr Kollege Walser, und wenn jemand gegen diese Rechtsordnung verstößt, dann gibt es Sanktionen. Aber es gibt in der Demokra­tie keine politischen Gründe, die zur Abwahl eines gewählten Mandatars führen kön­nen. Das schreiben Sie sich einmal hinter Ihr politisches Demokratieverständnis! (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Walser.)

Und wieso, Herr Kollege Walser, ist es auch für Sie so schwer – wenn wir schon über die Vergangenheit reden –, auch über die Verbrechen nach 1945 zu diskutieren? War­um ist es so schwer (Zwischenruf des Abg. Öllinger) – na nicht, Kollege Öllinger –, auch Gewalt als Mittel der Politik zu verurteilen, egal, von wem sie ausgeht? (Abg. Mag. Korun: Sie lenken ein bisschen ab!)

Diese lässigen „Spaziergänge“ von irgendwelchen linken Organisationen kenne auch ich, meine Damen und Herren. Auch ich bin bei politischen Veranstaltungen geprägt worden, wo linke Anhänger, auch solche Ihrer Jugendorganisation, mit Steinen und Ketten gegen Pensionisten agitiert haben! Auch das ist antidemokratisch, auch das ist keine Gegnerschaft von Gewalt in der Politik! (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie des Abg. Hörl.) Da müssten Sie sich einmal überlegen, ob das ein ausgewogenes Verhältnis ist. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Natürlich ist diese Diskussion auch von der FPÖ gewollt – weil sie gerne provozieren und genauso wie Sie glauben, dass man da mit dem Märtyrerimage und mit Fragen wie: Gewalt – ja oder nein?, und: Wer ist gegen wen?, versuchen kann, Inhaltsleere zu überdecken. Das ist die Problematik!

Ich sage Ihnen beiden: Sie missbrauchen damit einen wichtigen Punkt unserer Ge­schichte, Sie missbrauchen damit das Andenken der Opfer von Gewalt und Faschis­mus in Österreich! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie missbrau­chen diese Geschichte für Ihre Parteipolitik, und zwar alle beide, meine Damen und Herren! Und das ist das Schäbige an diesen Diskussionen! Daher: Hören Sie endlich auf mit diesen Punkten!

Herr Kollege Stefan (Abg. Mag. Stefan spricht mit Abg. Gradauer) – auch wenn Sie jetzt aufgestanden sind –, das ist ein Problem, das viele, auch wir, mit Ihnen haben:


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Natürlich ist die FPÖ keine nationalsozialistische Partei – das ist auch eine Beschimp­fung von Hunderttausenden Wählern, das ist nicht in Ordnung –, aber: Auch Sie wis­sen, dass Sie ganz anders vorgehen könnten gegen Strömungen in Ihrem Umfeld, die durchaus in diese Richtung gehen.

Da gibt es viele „Zufälle“: „Drei Bier“ sind ein Zufall, Geburtstagsfeiern am 20. April in irgendwelchen Jugendkellern – alles Zufall, gehobene Hände bei FPÖ-Veranstaltun­gen – alles Zufall. Mag sein, aber ein bisschen viel an Zufall. (Abg. Strache: Reden Sie jetzt von Haider-Veranstaltungen? Das sind genau diese Verunglimpfungen, ist ja absurd!) Herr Kollege Stefan, wenn Sie dann nicht mehr … (Abg. Strache: Reden Sie jetzt von Haider-Veranstaltungen, oder was?) – Nein, wir haben dagegen etwas getan, das wissen Sie genau! Wir haben damals nicht zugelassen, dass irgendwelche Ten­denzen, die wirklich in das rechtsextreme Lager hineingehen, auch noch unterstützt werden! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Stefan, wir haben auch keine Witze oder Verharmlosungen gemacht! Und, Kollege Stefan, wenn Ihnen keine andere Definition zum Nationalsozialismus ein­fällt, dann tut es mir auch leid, denn natürlich gibt es Gewaltregime überall. Es wurden Angriffskriege geführt. (Abg. Mag. Stefan: Definieren Sie mal „Angriffskrieg“?) Es gibt Folter, Mord, alles. Aber es gibt ein kleines Definitionsmerkmal, das ich Ihnen vielleicht mitgeben kann:

Zumindest nach meinem Geschichtswissen hat es noch nie in der Geschichte der Menschheit eine Ideologie gegeben (Abg. Strache: Zwei Ideologien hat es gegeben: den Nationalsozialismus und den Kommunismus!), wo man millionenfachen Mord da­mit begründet hat – Herr Kollege Strache, unterbrechen Sie mich nicht! –, indem ge­sagt wurde, das wäre gerechtfertigt, weil das keine Menschen wären, wo man Millionen von Menschen das Menschsein absprach und sie auf eine Stufe noch unter den Tieren einordnete, so irgendwo im Bereich von Bakterien und Viren, die man ausmerzen kann.

Herr Kollege Stefan, das ist es vielleicht, was den Nationalsozialismus mit seiner ver­brecherischen Ideologie in der Geschichte einzigartig macht; auch das sollte man ein­mal dazusagen, wenn man das mit anderen Ideologien vergleicht! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich wehre mich wirklich dagegen, dass man dann mit dieser wirklich heiklen Frage heu­te Parteipolitik macht. Das haben die Sozialdemokraten immer wieder gemacht – ich erinnere da an verschiedene Präsidentschaftswahlen und an Ihre Kampagne im Jah­re 2000 –, ungeachtet dessen, was damit dem Ansehen Österreichs angetan wurde.

Das machen Sie auch jetzt: Sie spielen mit diesen ganzen Dingen und beschimpfen. Man beschimpft die Jugend. Plötzlich erscheinen Artikel, die davon handeln, dass die Jugendlichen alle rechtsextrem sind, welche Problematiken da auftreten, dass die Leu­te die Demokratie ablehnen und plötzlich wieder einen Führer wollen.

Meine Damen und Herren, das ist doch nicht in Ordnung! Das ist eine Beschimpfung der Menschen hier in Österreich – und das auch noch von Volksvertretern! Man sollte sich doch einmal wirklich ein bisschen überlegen, wofür wir da sind. Wir sollen die Ge­schichte entsprechend aufarbeiten, keine Frage; wir sollen aus der Vergangenheit ler­nen; und es muss einen antifaschistischen Grundkonsens geben, selbstverständlich, hier in Österreich! (Abg. Strache: Einen demokratischen Grundkonsens!)

Es muss aber auch einen Grundkonsens geben, dass Gewalt als Mittel der Demokratie oder der Politik nicht akzeptabel ist, dass in einer Demokratie Wählervoten selbstver­ständlich zu akzeptieren sind und dass politische Mittel, um hier gegen Abgeordnete vorzugehen, auch nicht zu akzeptieren sind. Aber: Wir müssen es vermeiden, dass


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dieses Gedächtnis und dieses Lernen aus der Geschichte mit Parteipolitik vermischt wird – denn das ist wirklich Missbrauch!

Überlegen Sie sich alle hier, die jetzt schon stundenlang, tagelang, wochenlang diese Debatte führen, ob die Bevölkerung in dieser Zeit von uns nicht etwas ganz anderes verlangt. Man soll sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung sich von der Politik ab­wendet und immer weniger zu den Urnen geht. Das ist ein demokratiepolitisches Pro­blem, weil die Menschen von uns etwas anderes verlangen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Nicht den Wähler verantwortlich machen, wenn Sie nur 4,7 Prozent bekommen!)

Die Menschen verlangen nicht, dass wir hier unsere parteipolitischen Scharmützel aus­tragen, sondern sie verlangen Antworten auf die Fragen der Gegenwart und der Zu­kunft, Herr Kollege Strache. Und das ist etwas, das auch Ihnen abgeht (Beifall beim BZÖ), nämlich sich außer Themen wie Ausländer und Sicherheit auch einmal zu über­legen, was die Menschen in der Zukunft brauchen, über die Frage der Arbeitsplätze nachzudenken sowie über die Fragen, wie die Jugend eine Ausbildung bekommt, wie es mit unserer Umwelt ausschaut, wie es mit der Energiepolitik ausschaut, wie es mit der Sicherheitspolitik aussieht! Das sind Fragen, mit denen wir uns beschäftigen soll­ten!

Doch dazu muss ich sagen, Herr Kollege, dass Sie nicht einmal abstimmen können. Ich hoffe, Ihrer linken Zehe geht es mittlerweile wieder besser. Aber das sind die Punk­te, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Und wenn sich das jeder hinter die Ohren schreibt, werden wir auch wieder mehr Rückhalt in der Bevölkerung haben. Solche De­batten, wie sie hier von links und von rechts geführt werden, vertreiben die Menschen und führen dann wieder dazu, dass wir uns über die Demokratieverdrossenheit unter­halten müssen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Sie führen die Debatte von unten!)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.


18.49.00

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich bin nur dafür, dass wir das fertig diskutieren. Wahrscheinlich ist auch das nur eine Zwischendebatte. (Abg. Grosz: Bei der SPÖ brauchen wir ja Jahrhunderte!) – Nein, nein, ich habe diese Rede des Kollegen Scheib­ner sehr genau verfolgt, und es gab viele Punkte, wo ich ihm durchaus zugestimmt habe. Nur war sie ein bisschen widersprüchlich. Denn: Wenn er einerseits von partei­politischem Missbrauch des Nationalsozialismus als Thema einer Auseinandersetzung spricht, stimme ich ihm zu. Das wäre eine Verharmlosung. Wir haben auch immer kri­tische Worte zu diesem Eichmann-Vergleich und zu diesem Goebbels-Vergleich gefun­den, weil das eine Verharmlosung ist! Beide waren Massenmörder, und die Einzig­artigkeit des Verbrechens der nationalsozialistischen Ideologie kann nicht verwendet werden, um hier billig parteipolitische Auseinandersetzungen zu führen!

Nur stellen sich die Fragen: Wo ist der Missbrauch? Und: Wo kann man es überhaupt wirklich berechtigt ansprechen, wenn es anzusprechen ist? Das ist der Moment, den wir auszudiskutieren haben. Ich denke, da kann man sich nicht herstellen und das jetzt generell als Missbrauch bezeichnen. Daher soll man auch nicht leichtfertig umgehen mit Vorwürfen wie: Nazi-Partei!, Du bist ein Nazi!, und so weiter.

Nationalsozialismus bedeutet Gaskammern; das sind Millionen industriell getötete Menschen aller möglichen Ethnien, Religionen und politischen Bekenntnisse; das ist ein rassistischer Angriff mit unzähligen Millionen Toten; das ist eine ganze, einzigarti­ge, rassistische, widerliche, ekelerregende Ideologie. Daher muss man mit diesem Be-


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griff sehr verantwortungsvoll umgehen. Je öfter man den Begriff verwendet, desto mehr wird das zum Sprachgebrauch, wird verharmlost, ist einfach irgendwo dabei, dann er­kennt man nicht mehr das Besondere dieser Ideologie und dieses Verbrechens. Ich denke daher, dass man gerade aufgrund der Verantwortung gegenüber jüngeren Men­schen damit sorgfältig umgehen muss.

Aber ich komme zu einem zweiten Punkt. Es wird dauernd von einer Wählerlektion ge­sprochen. Die Wählerlektion ist, dass 54 oder 56 Prozent nicht zur Wahl gegangen sind! In absoluten Zahlen sitzen hier faktisch fast nur Verlierer, das ist das Entschei­dende. (Abg. Strache: Wir haben auch in absoluten Zahlen gewonnen!) Und die Unter­suchung in dem Buch bestätigt es: Es gibt in Österreich ein wachsendes Misstrauen gegenüber den Einrichtungen der Demokratie. Egal, aus welcher historischen Wurzel sich jeder Einzelne von uns hier definiert – das muss jeden von uns beschäftigen, der sich wirklich zum demokratischen Grundkonsens und zur parlamentarischen Demo­kratie bekennt!

Wenn eine Stimmungslage im Anwachsen ist, wo Leute sagen, mir ist ein Führer und eine Führergesellschaft lieber als parlamentarische Wahlen, als Verfassungen und als ein parlamentarisches System, dann muss man dem entgegenwirken! Dann muss man sich aber auch die Frage stellen, wie diese Sehnsucht nach einem Führer entsteht. Und darüber können wir hier noch öfters diskutieren, denn ich glaube, dass es ganz entscheidend ist, dass wir das hier aufarbeiten.

Ich komme zum nächsten Punkt. Jeder selbstverständlich auch wir – hat die Verbre­chen, die nach 1945 hier im Land geschehen sind, verurteilt! Aber eines muss ich schon sagen: Wir müssen auch die Abfolge sehen. Der rassistische Angriffskrieg, der 1938, 1939, 1940, 1941 über Europa getobt hat, wurde bitte vom Hitler-Regime ausge­löst, vom Nationalsozialismus. Das muss man in dieser Abfolge sehen, mit den unzäh­ligen Verbrechen, die dort in den besetzten Gebieten, in Polen, in der Ukraine, in Russ­land, am Balkan, wo auch immer, stattgefunden haben. Und das ist auszusprechen! (Abg. Strache: Das rechtfertigt keine einzige Vergewaltigung! Verbrechen bleibt Ver­brechen!)

Auch der Begriff Holocaust ist endlich einmal auszusprechen, die gezielte, geplante Vernichtung von Millionen Juden (Zwischenrufe bei der FPÖ) – nein, das muss, glaube ich, einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden! Deswegen sind wir so sensibel, wenn es heißt, da wäre eine Diktatur durch eine andere Diktatur abgelöst worden, oder wenn von der „angeblichen Befreiung Österreichs“ gesprochen wird. Auch wenn damit argumentiert wird, dass wir danach erst ab 1955 mit dem Staatsvertrag selbst Verant­wortung tragen konnten – das ist eine Gleichstellung, das ist in der Kausalität und in der historischen Abfolge nicht richtig! (Abg. Strache: Figl hat schon gesagt: Öster­reich ist frei!)

Ich rufe Sie daher dazu auf, die Begriffe richtig zu verwenden, und weise darauf hin, dass die Beschäftigungspolitik im „Dritten Reich“ nichts anderes als die Vorbereitung dieses rassistischen Angriffskriegs war – mit unzähligen Zwangsarbeitern und Toten! Das, finde ich, ist entscheidend, und da muss man, glaube ich, deutliche Worte fin­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Was Moral ist, Herr Kollege Kickl? Das kann ich Ihnen anhand eines Beispiels sagen. Weil Sie auf die Frau Präsidentin losgegangen sind: Moral ist, wenn man die zwei Bücher über die Aufarbeitung auch unserer, der sozialdemokratischen Geschichte herausgibt. Und wir sind die Einzigen hier, die zwei Bücher – BSA, Caspar Einem; Alfred Gusenbauer: Braune Flecken – herausgebracht haben!


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Moral ist, wenn man das hier vom Rednerpult nicht heruntermacht, sondern sich dem stellt und anerkennt, dass wir das aufgearbeitet haben. Lesen Sie einmal diese zwei Bücher! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: … Julius-Tandler-Medaille!)

Wir haben nicht den Anspruch, fehlerlos zu sein. Wir können uns über die Protokolle der ersten Bundesregierung nach 1945 einmal hineinlesen in die Thematik der antise­mitischen Äußerungen, die es da gegeben hat. Das können wir einmal alle gemeinsam aufarbeiten. (Abg. Mag. Stadler: Ja!) Ich glaube, dass uns das guttäte und dass es gut wäre, wenn das auch in diesem Rahmen hier passiert (Abg. Mag. Stadler: Ja!) – ja, das sage ich! (Abg. Mag. Stadler: Fangen Sie einmal an!)

Jetzt komme ich zum allerletzten Punkt. (Abg. Mag. Stadler: Fangen Sie einmal an!) – Schreiben Sie als BZÖ einmal ein Buch (Beifall bei der SPÖ), das ist einmal an der Zeit, da können wir nämlich sehr viel aufarbeiten! Und, Herr Kollege Stadler, Sie waren ja schon überall dabei, bei Ihnen kenne ich mich gar nicht mehr aus, welcher Geistes­richtung Sie noch angehören. Gehen Sie zu den Pius-Brüdern zurück! Das ist doch einfach lächerlich!  Jetzt muss ich mich auch noch ärgern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum letzten, allerletzten Punkt: Wir haben die Usancen akzeptiert. Wir sind dort gestanden und haben gesagt: Der Wähler entscheidet, wer Erster, Zweiter und Dritter Präsident ist. Niemand kann uns etwas anderes vorwerfen, Kollege Kickl, wir haben das hier akzeptiert. Wir haben gesagt, das ist so, der Vorschlag ist gekommen, und ja, wir haben diese Usancen akzeptiert.

Herr Kollege Graf hat aber eine Verantwortung, die er nicht wahrnimmt. Das finde ich ziemlich rücksichtslos gegenüber den 109 Abgeordneten, die Sie da gewählt haben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) – Sie haben die Verantwortung nicht wahrgenommen, so, wie Sie sich hier in der Funktion des Dritten Präsidenten verhalten haben!

Hier sind Sie nicht Fußballpräsident oder sonst irgendetwas, sondern der Dritte Präsi­dent des österreichischen Nationalrates und haben daher besondere Verantwortung zu tragen! Daher sind Sie hier auch nach besonderen Kriterien zu beurteilen, wenn Sie Äußerungen machen oder eine bestimmte Haltung signalisieren. Daher bin ich der Meinung, dass man, wenn man einen Präsidenten hier wählt, ihn auch hier abwählen soll. Daher bleiben wir bei unserem Gesetzesvorschlag. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.


18.55.54

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Kollege Cap, ich danke für das Ange­bot. Ich hoffe, das war jetzt nicht sozusagen nur aus der Emotion heraus. Bereiten wir tatsächlich eine entsprechende Aufarbeitung vor – auch der Zeit nach 1945!

Ich sage Ihnen: Aus der Sicht der Opfer macht es keinen Unterschied, ob man von Rotarmisten vergewaltigt und umgebracht wird oder von Nationalsozialisten! (Abg. Krainer: Oder von gewöhnlichen Kriminellen!) – Oder von gewöhnlichen Kriminellen. – Aber noch einmal: Hier steht politisches System dahinter! Das ist eine Verharmlo­sung: gewöhnliche Kriminalität mit dem Nationalsozialismus gleichzusetzen! Das ist eine Verharmlosung, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Ui, Skandal!)

Das ist jetzt aus den roten Reihen gekommen. Du siehst, mein lieber Kollege Cap, dass du in den eigenen Reihen noch sehr viel aufzuarbeiten hast, uns brauchst du kei­ne pädagogische Nachhilfe zu geben! – Aber bleiben wir dabei seriös. Ich bitte, dieses Angebot ernst zu nehmen!


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Reden wir auch darüber, welche Strömungen und welche Politiker in den Jahren vor 1938 und vor 1933 den geistigen Boden hier aufbereitet haben. Da hat auch die ÖVP ihren Anteil mitzutragen. Sie vergibt nämlich noch immer einen Preis, der nach Leopold Kunschak benannt ist. Wenn wir schon Tandler kritisiert haben – zu Recht, Kollege Kickl –, möchte ich auch Folgendes erwähnen: Leopold Kunschak hat in diesem Haus, ein paar Räume weiter, Reden gehalten, die von Antisemitismus nur so trieften. Das alles war eine Aufbereitung eines Bodens, der dann dazu geführt hat, dass man Men­schen nicht mehr als Menschen betrachtet hat, sondern noch schlechter als Tiere.

Daher sage ich – und das ist jetzt sozusagen mein Appell –: Wenn wir aus dieser De­batte einen Gewinn ziehen wollen … – Denn bisher war sie fruchtlos, und zwar deswe­gen, weil sie an den Problemen der Menschen draußen überhaupt vorbeigeht! Die poli­tische Klasse zeigt hier wieder einmal, dass sie völlig abgehoben über Dinge debattiert, die draußen kein Mensch mehr versteht. In einer Zeit, wo die Leute keinen Arbeitsplatz mehr haben, sich fürchten müssen, dass sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können, diskutieren wir darüber, ob nun die Grünen oder die Freiheitlichen die radikaleren sind. (Ruf bei der ÖVP: Genau!)

Ich habe mir diese zwei Bücher angeschaut. Ich mache sie nicht herunter, aber es ist ein bisschen alibimäßig; auch das ist alibimäßig, in etwa so wie der Antrag von der ÖVP. Es ist anerkennenswert, aber es reicht nicht. Lassen Sie uns die Dinge seriös aufarbeiten, denn um die Zeit nach 1945 und um die Verantwortung vor 1933 und vor 1938, um die ideologische Aufbereitung des Nährbodens haben wir uns nie wirklich ge­kümmert!

Wenn wir das machen wollen, sage ich Ihnen: Wir sind gerne dazu bereit! Alle Fraktio­nen dieses Hauses – das wäre ein Grundkonsens. Ich glaube, da können wir uns alle treffen – wenn man nämlich vorbehaltlos herangeht und aus der Sicht der Opfer, vieler Tausender und Zigtausender Österreicherinnen und Österreicher die Verbrechen, die im 20. Jahrhundert in unserem Land passiert sind, alle einmal aufarbeitet und auch die Kausalität in die richtige Reihenfolge stellt! Ich habe überhaupt nichts dagegen.

Ich habe es übrigens auch nie geleugnet – auch nicht in der Rede – und bestehe dar­auf. Ich sage nur, dass es nicht nur eine Opferkategorie geben kann, sondern: Aus der Sicht der Opfer ist es immer dramatisch – egal, von wem man misshandelt, miss­braucht oder getötet wird; es ist immer die gleiche Dramatik aus der Sicht der Opfer! Daher möchte ich, dass man das 20. Jahrhundert in Österreich einmal aus der Sicht der Opfer aufarbeitet!

Ein letzter Satz: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, was Kollege Scheibner gesagt hat, hat schon seine Berechtigung.

Mein Appell ist schlicht und einfach: Selbst wenn man noch eine nationale Grundge­sinnung hat wie Kollege Weinzinger, dann muss man erkennen, dass nichts, aber auch gar nichts, im 20. Jahrhundert die großen kulturellen Leistungen unseres Volkes dermaßen nachhaltig in den Dreck gezogen hat wie der Nationalsozialismus. (Abg. Dr. Graf: Das sagen wir eh!) – Nein, dass sagt ihr eben nicht in der Deutlichkeit! Ihr duldet mittlerweile einen Randbereich, der immer breiter wird, der euch zum Problem wird (Abg. Strache: Wir sind ja Sie als Randbereich losgeworden!), und es wird zuneh­mend ein Problem dieses Landes. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Mein Appell ist, mit diesem Rand härter und klarer umzugehen. Wenn ihr das schafft, dann könnt ihr auch mit entsprechendem moralischem Anspruch hier heraustreten und sagen: Bitte, wir sind hier tatsächlich Opfer! – Aber das tut ihr derzeit leider nicht, und ich bedauere das wirklich sehr. (Beifall beim BZÖ.)

19.01


19.01.30


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Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf verschiedene Äußerungen und auch, um nicht Ordnungsrufe inflationär zu verteilen, scheint es mir dennoch wichtig zu sein, dass man auch in der Debatte die Achtung vor den Debattenrednern wahrt.

Herr Kollege Öllinger, bei aller Emotion, aber: Der Begriff „Vollkoffer“ in Richtung eines Redners ist unangebracht.

Herr Kollege Kickl, „Heuchelei“ ist an sich nicht der geeignete Ausdruck, um in einer Diskussion ordentlich weiterzukommen.

Und was ich auch nicht billige, ist die Aussage des Kollegen Mag. Harald Stefan im Hinblick auf „Gewaltanwendung gegen Andersdenkende, die Behauptung, die einzig wahre Meinung zu besitzen, und anderen die Meinung zu verbieten. Das ist es; und wenn das Definition für ,Nazi’ ist, dann sind es aber Sie hier in diesem Hohen Haus, und sonst niemand!“, die er in Richtung der grünen Fraktion getätigt hat. Das ist nicht zu billigen, und ich erteile daher Ihnen, Herr Abgeordneter Stefan, einen Ordnungs­ruf.

Herr Kollege Walser, ebenso ist es nicht zu billigen, wenn Sie in Richtung der freiheit­lichen Fraktion den Begriff „braune Suppe“ verwenden. Auch dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Ich weise den Antrag 644/A dem Verfassungsausschuss zu.

19.02.2620. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I 2005/100, geändert wird (602/A)


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu Punkt 20 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Mag. Korun mit einer Restredezeit von 1 Minute.


19.02.52

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur vorangegangenen Debatte, bei der es um nichts Geringeres als um die stückweise Abschaffung des antifaschistischen Konsenses in unserer Republik ging (Unruhe im Saal): Es war eine infame und obszöne Verkehrung der Umstände, wenn die Freiheitlichen in Wahlkämpfen gegen Minderheiten mit Sprüchen wie „Abendland in Christenhand“ und „Tag der Abrechnung“ hetzen und sich anschließend zum Opfer stilisieren und sagen: Wir sind lupenreine Demokraten! – Das ist die Situation, in der wir uns befinden. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir dafür sorgen, dass Familienangehörige, nach­gezogene Menschen, hauptsächlich Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen kön­nen. Dazu brauchen sie ein selbstständiges Aufenthaltsrecht. (Präsident Dr. Graf über­nimmt den Vorsitz.)

Um die viel beschworene Gewalt in Migranten-Familien gut bekämpfen zu können – ja, die gibt es teilweise –, brauchen wir eine Handhabe, mit der wir vor allem Frauen stär-


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ken und ihnen ein selbstbestimmtes Leben geben können. Dafür brauchen sie ein selbstständiges Aufenthaltsrecht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


19.04.18

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Hohes Haus! Es stimmt, im § 27 des Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetzes leitet sich das Niederlassungsrecht in den ersten fünf Jahren vom Recht des oder der Zusammenführenden ab. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob es sich um Familienangehörige von Österreichern, EWR- oder Schweizer Staatsbürgern, die in Österreich andauernd sesshaft sind, oder von in Österreich niedergelassenen Dritt­staatsangehörigen handelt. Den Aufenthaltstitel Familienangehöriger erhalten Ehe­gattInnen – mit großem „I“ – von ÖsterreicherInnen, EWR-BürgerInnen und Schweizer StaatsbürgerInnen, die hier dauernd wohnhaft sind.

Dieser Aufenthaltstitel umfasst einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, und der kann nach zweimal zwölf Monaten jeweils um 24 Monate verlängert werden. Diese fünf Jahre Aufenthalt können dann umgewandelt werden in den Daueraufenthalt der Familienangehörigen.

Daraus ergeben sich zwischen den Familienangehörigen von niedergelassenen Dritt­staatsangehörigen und Familienangehörigen von Österreichern, EWR- und Schweizer Staatsbürgern erhebliche Unterschiede. Die Bundesregierung legt jedes Jahr die Quo­tenplätze des Bundeslandes für die verschiedensten Aufenthaltstitel fest, wobei Ange­hörige von ÖsterreicherInnen, EWR- und Schweizer StaatsbürgerInnen nicht darunter fallen, jedoch Angehörige von Drittstaatsangehörigen schon darunter fallen.

Dabei kann es dazu kommen, dass es für einen Quotenplatz zu einer Wartezeit bis zu drei Jahre kommen kann. Ich wollte Ihnen eigentlich anhand dieser Beispiele zeigen, welch unterschiedliche Varianten es bereits in diesem Gesetz gibt.

Frau Kollegin Korun, Ihr Anliegen, bereits ab einer Ehedauer von einem Jahr ein eige­nes Aufenthaltsrecht des nachziehenden Ehepartners zu schaffen, stellt eine dieser vielen Varianten dar. Es gibt schon im derzeitigen Gesetz Ausnahmen. Im § 27 Abs. 3 gibt es berücksichtigungswürdige Gründe, welche im Abs. 4 geregelt sind.

Daher bin ich davon überzeugt, dass wir dieses Thema nicht an Einzelschicksalen auf­hängen sollten, sondern im Großen und Ganzen im Ausschuss diskutieren sollten. Ich gebe Ihnen natürlich recht, dass jede Frau, jeder Mann und jedes Kind, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, zu schützen sind.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass wir im Regierungsprogramm den Passus haben, die Rot-Weiß-Rot-Card einzuführen, wobei man sich jetzt schon über­legt hat, dass das bestehende Quotensystem nicht präzise genug die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes, aber auch die Bedürfnisse der Gesellschaft abbildet. Es ist wichtig und richtig, dass dort die sachlichen Parameter wie Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft, aber auch die zu erwartende Integrationsfähig­keit und die sicherheitsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden.

Zuwanderungswilligen Personen, welche die Kriterien der Rot-Weiß-Rot-Card erfüllen, soll eine zusätzliche Unterstützung bei der Integration und ein leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt zuteil werden. Die Rot-Weiß-Rot-Card soll ebenfalls für Familienmitglieder nachgezogener Familienangehöriger eine Erleichterung nach sich ziehen.


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Gleichzeitig wird der Nationale Aktionsplan für Integration erarbeitet, in dem die Teilha­be am politischen, kulturellen, aber auch am wirtschaftlichen Leben das Ziel gelunge­ner Integration darstellt. Die Achtung der Demokratie, die Grundwerte der Menschen­rechte und der Menschenwürde und vor allen Dingen die Gleichstellung von Mann und Frau sind eine unverzichtbare Basis für die Integration. Daher freue ich mich schon auf die Diskussion im Ausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kößl. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


19.08.50

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Korun, Ihrem Antrag können wir sicherlich nicht Rechnung tragen. Wir sind nämlich der Meinung, dass wir gerade in der jetzigen Situation alles daranset­zen müssen, Asylmissbrauch hintanzuhalten. (Abg. Mag. Korun: Es geht um Familien­zusammenführung! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Und gerade mit diesem Ihrem Antrag würden dem Missbrauch wieder Tür und Tor geöffnet. (Neuer­licher Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Sie haben hier den Antrag in keiner Weise dargestellt, Ihre Zwischenrufe sind überhaupt kein Thema heute, sondern ein Thema ist Ihr Antrag, und dieser Antrag wird von uns abgelehnt, weil es auch für den Sozial­minister nicht vertretbar wäre, den Folgewirkungen am Arbeitsmarkt – noch dazu in der jetzigen Situation – Rechnung zu tragen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie sind viel besser dran, wenn Sie die Novelle zum Asyl- und Fremdenrecht, die jetzt gerade in Begutachtung ist, unterstützen, damit wir den Missbrauch hintanhalten kön­nen. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Mag. Korun.) Wir müssen auch die Verfahren beschleunigen, wir müssen sämtliche Gesetzeslagen überdenken, um den Missbrauch einzudämmen. Wir müssen danach trachten und darauf schauen, dass wir die Men­schen, die in Schubhaft sind, so rasch wie möglich außer Landes bringen.

Ich glaube, wir haben noch sehr viel Arbeit in diesem Bereich vor uns. Wer unsere Gastfreundschaft missbraucht und in unserem Lande straffällig wird, hat kein Recht auf Asyl. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.) Auch das müssen wir beim neuen Asyl- und Fremdenrecht berücksichti­gen.

Ich glaube, in Österreich ist unbestritten, wer einen Asylgrund hat, wird Asyl bekom­men, aber wir müssen jeden Missbrauch hintanhalten. Und das wird auch Thema beim neuen Asyl- und Fremdenrecht sein. (Beifall bei der ÖVP.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


19.11.13

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss Frau Kollegin Korun recht geben: Es war das vorhin eine kleine Themenverfehlung des Abgeordneten Kößl, obwohl das, was er gesagt hat, durchaus richtig ist.

Auch unter dem Aspekt, dass es sich um eine Änderung des Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetzes handelt, ist der Antrag der Grünen abzulehnen (Beifall bei der FPÖ), weil in der Begründung Dinge drinnen sind, die dem Missbrauch in diesem Bereich Tür und Tor öffnen.


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Auf einmal genügt es, dass Gewalt in der Familie lediglich behauptet wird; es muss das nicht strafrechtlich nachgewiesen werden, nicht einmal die Polizei muss verstän­digt werden, sondern es genügt einzig und allein – um aus Ihrem Antrag zu zitieren; vielleicht wissen Sie es nicht mehr so –, wenn eine befugte Beratungsstelle den Sach­verhalt schildert, und schon ist die Segnung eines Daueraufenthaltes in Österreich ge­geben! (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) – Frau Kollegin Korun, da wird doch dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet!

Die Regelung so, wie sie jetzt besteht, ist im Allgemeinen ausreichend – und sogar im Einzelfall für besondere Sachen.

Da Herr Kollege Cap jetzt hier ist, möchte ich auch auf seine Ausführungen eingehen. Kollege Cap hat gemeint, es müsse hier in einer offenen Diskussion ohne Emotion und ohne Hass diskutiert werden. – Ich sage Ihnen, ich halte mich daran. Ich war sehr stolz darauf, als ich im Oktober des Jahres 2008 hier angelobt wurde, darf Ihnen aber sa­gen: Bereits diese konstituierende Sitzung war einzig und allein überschattet vom The­ma Nationalsozialismus und Faschismus in Österreich – und damals hat es von einem Ariel Muzicant oder von anderen Diskussionen dazu überhaupt noch nichts gegeben, sondern das haben Sie von den Grünen von Anfang an in diese Gesetzgebungsperi­ode hineingetragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum Sie von den Grünen das gemacht haben, wissen wir auch, eben aufgrund von Indiskretion aus Ihrem eigenen Klub, wo gesagt wurde, dass wir Freiheitlichen ange­schüttet und diffamiert werden sollen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Nun wieder zu Ihnen, Herr Kollege Cap. Es fällt mir jetzt schon etwas schwer, ohne Emotion hier zu diskutieren, wenn ich lese – und da möchte ich an die Ausführungen des Kollegen Scheibner anknüpfen, der gesagt hat, dass das etwas Verwerfliches ist –, wenn Menschen als „Tiere“, als „Bakterien“ oder als „Viren“ bezeichnet werden. Die Sozialistische Jugend aber gibt ein solches Flugblatt heraus. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) – Sie brauchen nicht so süffisant zu lächeln, Frau Kollegin Rudas, wenn hier steht:

Wenn wir Glück haben, sehen wir auch ein paar von ihnen – und damit sind die Bur­schenschafter gemeint – in freier Wildbahn.

Was sieht man denn in freier Wildbahn? – Tiere! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In freier Wildbahn sieht man Tiere. Offensichtlich möchte man sie aber seitens der Sozialisti­schen Jugend nicht in freier Wildbahn sehen, sondern irgendwo eingesperrt und hinter Gittern.

Ich würde Sie daher ersuchen, Herr Kollege Cap, im Sinne eines wirklich offenen und ernsthaften Dialogs – selbstverständlich auch von meiner Seite her – mit Ihrer Parteiju­gend darüber zu reden, damit diese – auch wenn Frau Kollegin Rudas noch immer so süffisant lächelt – Abstand nimmt von einer solchen Wortwahl! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Strutz. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


19.14.25

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Hoher Landtag! (Heiterkeit und Rufe: Ja wo sind wir denn?) – Pardon: Hohes Parlament! (Neuerliche Zwischen­rufe.) – Es ist noch nicht so lange her, dass ich ins Parlament gewechselt bin. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Silhavy und Riepl.) – Okay, machen wir das das nächste Mal. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wenn ihr euch beruhigt habt, möchte ich jetzt zum eigentlichen Tagesordnungspunkt kommen.


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Der gegenständliche Initiativantrag ist nichts anderes als ein neuerlicher Versuch, eine massive Aufweichung und Aushöhlung der Asylgesetzgebung vorzunehmen. Offen­sichtlich reicht es den Grünen nicht, dass die Europäische Kommission plant, eine Auf­weichung des Familienbegriffs Angehörige vorzunehmen, das Asylwerbern Tür und Tor öffnet, zukünftig zusätzlich zur Grundversorgung auch einen Anspruch auf Sozial­hilfe-Leistung zu bekommen, und dass Möglichkeiten geschaffen werden sollen, einer Inschubhaftnahme Einhalt zu gebieten und dass künftig Personen besondere Schutz­würdigkeit erfahren sollen, wenn sie sich als psychisch krank deklarieren.

Das alles geht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger unseres Staates! Wir lehnen da­her all diese Initiativen massiv ab!

Schauen Sie sich doch die täglichen Schlagzeilen in den Zeitungen an – und Sie werden merken: Die Sicherheitslage in Österreich verschlechtert sich seit Monaten, und zwar in geradezu dramatischer und alarmierender Form! Kein Tag ohne Gewalt­verbrechen, kein Tag ohne Einbrüche, kein Tag ohne Diebstahl! (Zwischenrufe der Abg. Mag. Korun.)

Frau Kollegin, das ist der Unterschied: Sie von den Grünen setzen sich für die Interes­sen der Asylwerber, setzen sich für die Interessen der Ausländer ein – wir hingegen vertreten die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher. Das ist der Unter­schied! (Beifall beim BZÖ.)

Die Bevölkerung macht sich massiv Gedanken, macht sich zu Recht sorgen – und ist immer mehr verunsichert über diese Situation. (Abg. Mag. Korun: Nehmen Sie nicht das ganze Land in Geiselhaft!)

In Polizei-Kreisen wird ja mittlerweile immer öfter bemängelt, dass unter den ausge­forschten Einbrechern, dass unter jenen, die in letzter Zeit zahlreiche Gewaltverbre­chen begangen haben, eine große Zahl von Asylwerbern ist, die, kaum, dass sie in Ös­terreich sind, einen Antrag auf Asyl stellen und sich mittels asylrechtlicher Verfahren – und trotz Strafverfolgung! – einer Abschiebung entziehen beziehungsweise eine solche zumindest verzögern.

Ich darf Ihnen diese dramatischen Zahlen vor Augen führen, damit Sie sehen, für wen Sie sich einsetzen: Allein der Anteil der ausländischen Verurteilten seit dem Jahre 1975 ist von 9 auf 30 Prozent gestiegen, hat sich also mehr als verdreifacht. Im April 2009 ist der Anteil ausländischer Straf- und Untersuchungshäftlinge auf unglaubliche 43 Pro­zent angestiegen.

Daher gilt es, Schritte einzuleiten, um all diese Missstände wirksam bekämpfen zu kön­nen.

Wir treten dafür ein, dass straffällig gewordenen Asylwerbern – eben im Hinblick auf die enorme Zunahme der Kriminalitätsrate in Österreich – ein Aufenthalt in unserem Lande nicht erleichtert, sondern verunmöglicht wird. (Beifall beim BZÖ.)

Uns geht es um strengere Asylgesetze in Österreich, nicht aber um eine Aufweichung derselben. Ebenso wollen wir die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, denn das ist in Wirklichkeit die wichtigste Maßnahme, um der steigenden Kriminalität in Österreich Einhalt gebieten zu können. (Beifall beim BZÖ.)

Nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, dass Schengen in Wirklichkeit gescheitert ist und dass die EU-Außengrenzen in den Oststaaten nicht funktionieren!

Wir vom BZÖ treten ein für Maßnahmen, die die Sicherheit in Österreich verstärken helfen. Wir sind für die Wiedereinführung der Grenzkontrollen an Österreichs Grenzen. Wir sind für schärfere Asylgesetze, weil wir die Interessen der Österreicherinnen und


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Österreicher vertreten – und nicht so wie die Grünen jene der Asylanten beziehungs­weise jener, die in Österreich straffällig werden. (Beifall beim BZÖ.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 602/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.

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Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.19.16Einlauf


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 659/A bis 670/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2418/J bis 2458/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 17. Juni 2009, um 10 Uhr ein.

Diese Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Tagesordnung wird den Abgeordneten im Wege der Klubs übermittelt werden.

*****

Diese Sitzung ist geschlossen.

19.19.55Schluss der Sitzung: 19.20 Uhr

 

 

 

 

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