Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll26. Sitzung, 16. Juni 2009 / Seite 173

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noch stolz darauf ist, dass Südtirol bei Italien und nicht bei Tirol ist, um das einmal so zu formulieren. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Da frage ich mich auch.

Wir könnten andere Faschismen in der Geschichte auch noch aufarbeiten, aber ich möchte mich nur darauf konzentrieren, weil das ja doch ein Aspekt ist, der in diesem Zusammenhang nicht unbedeutend ist.

Also, das ist hier eine Unklarheit, und das ist ein Bereich, der einer Präzisierung be­darf. Ich nehme an, Kollege Graf wird sicherlich irgendwann einmal dazu Stellung neh­men, aber er sagt, demokratischer Grundkonsens.

Ludwig Adamovich betont im „Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts“, 6. Auflage, Seite 82 – das zitiere ich jetzt wirklich, weil mir das sehr wichtig erscheint –:

„Demokratie ist aber, wie mit Recht betont wurde, nicht bloß eine besondere Form der staatlichen Organisation, sondern auch eine besondere Denk- und Lebensform. Ihre geistige Grundlage ist der Gedanke der Toleranz, ist eine Haltung, die, frei von jedem Klassen- und Rassenhass, jeder nationalistischen Überspitzung, dem Mitmenschen mit Respekt begegnet und ihm bereitwillig das gleiche Maß an Rechten zubilligt, das jeder für sich in Anspruch nimmt. Nur wenn sich diese geistige Haltung, dieses Wollen in allen Schichten des Volkes durchgesetzt und gefestigt hat, wird der programmatische Leitsatz des Art. 1 B-VG im vollen Maß verwirklicht sein.“

Wenn Sie sich daher zum demokratischen Grundkonsens bekennen, Herr Kollege Graf, dann müssen wir auch über bestimmte Aussprüche, Wahlkampfformen, Plakate, Inserate, Äußerungen, Diskussionen diskutieren. (Abg. Vilimsky: Jetzt sind wir wieder bei der Wahlkampfform!) Dann ist das auch Gegenstand einer Diskussion.

Ich sage das, weil ich mit Ihnen diskutieren möchte, Herr Kollege Vilimsky. Ich bin nicht hierher gekommen mit einem Urteil oder Vorurteil, ich bin nicht einer, der sagt, dass er mit Ihnen nichts zu tun haben möchte, nicht diskutieren möchte, nein, im Gegenteil, ich gehe davon aus, dass dieser Dialog notwendig ist.

Dieser Dialog hat auch die Geschichte der Zweiten Republik bestimmt. Manche haben kritische Anmerkungen über diese Art des Dialogs gemacht, manche haben das positiv charakterisiert.

Ich gehe von Folgendem aus: Hier sind 183 Abgeordnete, und die sollten in Verantwor­tung gegenüber unserer Verfassung, gegenüber unserer Geschichte, gegenüber unse­rer Demokratie einen vernünftigen, nicht hasserfüllten, ehrlichen Dialog führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur darum bemühe ich mich hier, und dazu stehe ich auch. Daher ist das hier keine At­tacke, kein Angriff, gar nichts. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein freundschaftlicher Rat!) Ich möchte nur anregen, dass wir darüber einmal diskutieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Ein freundschaftlicher Rat ist das, sagen Sie es gleich!)

Freundschaftlich können wir dann Ewald Stadler, der zu diesem Punkt auch auf der Rednerliste steht, fragen, eine kurze Interpretation von ihm dazu hören, was er gemeint hat, was 1945 war, als er gesagt hat, dass das die Befreiung von einer vermeintlichen Tyrannei ist. Die Zitate gibt es ja. (Abg. Mag. Stadler: Falsch zitiert!) – Sie können das ja hier herinnen klarstellen, wenn Sie hier wieder die Antifa-Nummer abziehen, Herr Ewald Stadler. Ich bitte, auch dazu einmal Stellung zu beziehen.

Mir geht es also darum, dass wir hier diese Diskussion führen, und zwar in aller Deut­lichkeit und ohne Flucht in Opferrollen, ohne Flucht in Märtyrerrollen, ohne das Produ­zieren von Bildern durch Vereinfachungen, die uns auch nicht weiterbringen, sage ich auch dazu. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Das ist auch an die Adresse der Grünen ge­richtet.

 


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