Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 113

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Ein ganz konkretes Beispiel, wo meine Kollegin Eva Lichtenberger massiv aufgetreten ist. Barroso war dafür, dass die Arbeitszeit von selbständigen Lkw-Fahrern nicht regle­mentiert wird, dass diese sozusagen fahren dürfen, solange sie wollen, egal, wie müde sie sind et cetera, dass es also für diese keine Regeln gibt. Das hat Barroso auch un­terstützt. Die Grünen haben durchgesetzt, dass das nicht mehr gilt, dass auch selb­ständige Lkw-Fahrer Arbeitszeitregeln haben. Das ist wohl im Dienste der Sicherheit auf den Straßen. Barroso war dagegen und hat in diesem Fall nichts getan.

Ein Punkt aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und des internationalen Handels. Barroso ist dafür eingetreten, dass es bei Verhandlungen mit den AKP-Staa­ten, Afrika, Karibik und Pazifik, über neue Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ledig­lich darum geht, europäische Firmen dahin gehend zu unterstützen, dass sie in jene Länder stärker exportieren können, aber nicht die Wirtschaft in den Entwicklungslän­dern zu stützen. Auch das hat Barroso vorangetrieben – von wegen internationale Soli­darität und soziales Gewissen.

Im Oktober 2008, mitten in der finanziellen Kernschmelze, hat die EU-Kommission ein Handelsabkommen mit 14 karibischen Staaten abgeschlossen, darunter acht Staaten, die von der OECD als Steuerparadiese aufgelistet werden – das in der Zeit, in der man dann begonnen hat, zu sagen, die Steuerparadiese, die Steueroasen gehören ge­schlossen. Zur selben Zeit macht er das noch! Wo bleibt da das gemeinsame europäi­sche Interesse am Verhindern von weiteren Spekulationen, am Verhindern von weite­rer Schädigung der Finanzmärkte? Nichts hat er getan! Das ist ein weiterer Grund, wa­rum Barroso nicht für eine weitere Amtszeit vorgeschlagen werden soll. (Beifall bei den Grünen.)

Und der gesamte Bereich des Klimawandels, des Niedergangs der Umwelt: Die Kom­mission von Barroso hat sogar entgegen den Vorschlägen des eigenen Umweltkom­missars nichts getan, dass verbindliche Ziele für Pkw-CO2-Emissionen festgelegt wur­den, nämlich mit nur 120 Gramm pro Kilometer bis 2012. Nein, er hat nachgegeben, als die Autoindustrie gekommen ist und gesagt hat, wir brauchen aber mehr, wir kön­nen das noch nicht, das geht sich nicht aus. Er hat nachgegeben – so wie immer, wenn jemand von Seiten der Industrie gekommen ist und gesagt hat, wir wollen mehr, des­wegen machen wir das.

Gentechnik, das beste Beispiel. Da hat Barroso drei Mal versucht, den Anbau von gen­technikverändertem Mais zu erzwingen, auch in Österreich. Zum Glück ist das nicht gelungen, weil die Grünen, die NGOs und dann auch die Umweltminister und –ministe­rin sich geweigert haben. Barroso hat es immer wieder versucht. Auch das ein Beispiel, wo ich nicht verstehen kann, wie sich eine österreichische Bundesregierung, ein Bun­deskanzler und auch ein Außenminister schon im Vorfeld darauf verständigen können, dass ein Kommissionspräsident, der das vorantreibt, auch weiterhin Kommissionsprä­sident sein soll. Das ist gegen die Interessen der österreichischen Bürgerinnen und Bürger, Herr Bundeskanzler! Das sage ich Ihnen ganz deutlich und ganz klar. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiteres Beispiel: Barroso war der erste Kommissionspräsident, der sich deklariert hat, für die weitere Nutzung der Atomenergie zu sein, für weitere Atomkraftwerke, der auch die Renaissance der Atomkraft, die die Atomlobby vorantreibt, unterstützt. Ich weiß schon, es wird wohl auch andere Kommissionspräsidenten vorher gegeben ha­ben, die auch selbst für die Atomkraft eingetreten sind. Aber sie haben sich verschwie­gen. Sie haben sich als Kommissionspräsidenten neutral verhalten und gesagt: Nein, wir stehen dazu, dass wir das nicht selbst befürworten. Barroso ist der Erste, der das vorantreibt, der auch in diesem Fall dem Druck der Lobby gewichen ist. Und den wol­len Sie, Herr Bundeskanzler, erneut zum Kommissionspräsidenten machen, ein zwei-


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