Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 117

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Es sind zum Beispiel die britischen Freunde, die derzeit Zweifel daran haben, ob der ohnehin noch nicht sehr scharf formulierte Entwurf zur Finanzmarktkontrolle überhaupt beschließbar ist, weil zum Beispiel von der britischen Regierung und deren Vertretern eine andere Meinung zur Finanzmarktkontrolle vorherrscht, als etwa wir das haben wollen.

Bei der Finanztransaktionssteuer ist es nicht Barroso, der sie verhindert, sondern es gibt kaum eine andere Regierung im Rat, die das so sieht wie wir, und auch keine Mehrheit dazu im Europäischen Parlament.

Bei Fragen der Kernenergie ist es noch viel extremer. Da würde selbstverständlich je­der Kommissionspräsident, ja jede Kommission – auch was das initiative Vorschlags­recht oder die Einhaltung von Verträgen betrifft; alles wichtige Funktionen – die Linie gegen Kernenergie umsetzen, gäbe es sie in der Europäischen Union. Tatsache ist, dass wir gerade bei der Kernenergie mit unserer Haltung im Europäischen Rat und im Europäischen Parlament besonders einsam und unterlegen sind.

Nun heißt das nicht, dass wir nicht mutig voranzuschreiten haben, im Gegenteil: Wir haben von der Finanztransaktionssteuer bis zur Finanzmarktkontrolle, von der Gen­technologie bis zur Atomenergie unseren Standpunkt hart und deutlich zu vertreten. Tun wir aber nicht so, als würde mit einem anderen Kommissionspräsidenten auch nur eine dieser Fragen anders entschieden!

Die Entscheidung, ob die 27 Nationalstaaten sich einigen – sei es im Europäischen Parlament oder sei es im Europäischen Rat –, das ist die wirkliche Entscheidung über die Zukunft Europas, und es wird sich jeder Kommissionspräsident an diese Entschei­dungen halten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Prinz.)

Ich möchte daher nur noch darauf verweisen, dass die Kommission bei all ihrer Bedeu­tung nicht die einzige Entscheidungsträgerin ist. Wir haben sehr oft eine sehr enge Be­ziehung, auch in der Abstimmung österreichischer Interessen, und wir haben oft auch sehr widersprüchliche konkrete Detailfragen mit der Kommission, mit den Kommissa­ren abzuklären. Aber vergessen wir nicht, dass die Kommission ein Kollegialorgan ist! Das heißt, nicht einmal dort ist die Entscheidung eines Einzelnen mächtig genug, die anderen auszuschalten, ganz im Gegenteil.

Daher ist der Kommissionspräsident jemand, der besonders für den Ausgleich verant­wortlich ist, der sich an die Beschlüsse des Parlaments hält, der das Parlament respek­tiert und achtet, der sich an die Beschlüsse des Rates hält, sie respektiert, achtet, um­setzt und mit eigenen Initiativen, Anträgen in der gewollten politischen Richtung weiter voranschreitet.

Daher hat Kommissionspräsident Barroso eine so große Unterstützung – und nicht für seine Haltung zur Frage der Atomenergie.

Ich möchte aufgrund der aufgeworfenen Fragen – in denen Sie sich so ausführlich mit der Person Barrosos beschäftigen – nochmals auf die grundsätzlichen Bemerkungen, die ich am Anfang in aller Offenheit machen wollte, verweisen. Gerade die Fragen 1 bis 4 beschäftigen sich ja nahezu ausschließlich mit der Person Barrosos und mit mög­lichen Alternativen.

Die klaren Spielregeln der Finanzmärkte, die zukunftsorientierte Ausrichtung des nächsten EU-Budgets, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die Klima- und Umweltfragen werden wir dort auszustreiten haben, wo die Beschlüsse fallen werden, nämlich im Rat und im Parlament.

Zur Frage 5:

Ich habe zur Beantwortung dieser Frage bereits einleitend versucht, die Rolle der Euro­päischen Kommission weder über- noch unterzubewerten und sie jetzt nicht in einer öf-


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