Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 122

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Sie sollten sich nach inhaltlichen Kriterien entscheiden, die Sie selbst aufgestellt ha­ben, und eines der großen Kriterien – wie ich die ÖVP immer verstanden habe – ist: Gentechnikfreiheit in Österreich ist wichtig! Dann ziehen Sie aber auch die Konse­quenz und sagen: Alle, die diese Politik weiter machen wollen – nämlich die Gentech­nik der Bevölkerung aufs Aug’ zu drücken –, unterstützen wir in Zukunft nicht mehr. Dann dürfen Sie aber Barroso nicht unterstützen; das ist ganz logisch. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Hätten Sie den Voggenhuber besser unterstützt, Frau Kolle­gin!)

Beim Kollegen Bartenstein ist das vielleicht ein bisschen anders. Kollege Bartenstein hat die Kommission aus anderen Gründen sehr kritisch gesehen – als Energieminister. Wenn dort gute Vorschläge zur Energieeffizienz oder zum Klimaschutz gekommen sind, war Ihr Ressort unter Ihrer Führung damals kritisch (Abg. Amon: Voggenhuber war sehr anerkannt! Den haben Sie in die Wüste geschickt!), obwohl die ÖVP – offen­bar nach außen hin – immer das Klimaschutzmäntelchen getragen hat. Also bei Ihnen verstehe ich, dass Sie Barroso weiterhin unterstützen, aber okay, das ist ein anderes Thema.

Ein drittes Thema noch: Die ganze Frage der Atomenergie in Europa ist schwierig ge­nug, das wissen wir alle, und Sie werden in Europa wenige für diese Position finden, die überhaupt nicht für Atomkraft sind. Aber muss man es sich daher so schlimm ma­chen, wie nur irgendwie möglich? Barroso war der erste Kommissionspräsident, der sich offen geoutet hat, der diese – unter Anführungszeichen – „angebliche“ Neutralität der Kommission (Abg. Rädler: Das haben die Grünen in Deutschland ...!) erstmals ver­lassen hat und sich offen pro Atomkraft ausgesprochen hat.

Was glauben Sie, was das in Europa auslöst, welche Investitionsentscheidungen das auslöst? Glauben Sie, es ist völlig irrelevant, wie sich ein Kommissionspräsident in die­ser Frage positioniert? Wenn Sie konsequent gegen Atomenergie auftreten (Ruf bei der ÖVP: Wie in Deutschland ...!), dann darf das nicht bei der österreichischen Grenze aufhören, und schon gar nicht bei der deutschen Grenze, weil Kollegin Merkel im Übri­gen unter Umständen auch keine Atomkraftgegnerin ist, die auf unserer Seite kämpft, oder vielleicht auch auf Ihrer; das weiß ich nicht. (Abg. Neubauer: Aber in Deutschland haben sie mit Hilfe der Grünen die Atomkraft verlängert!)

Wenn Sie konsequent sagen, wir sind gegen Atomenergie, wir wollen einen europawei­ten Atomenergieausstieg, dann müssen Sie Nein zu Barroso sagen. Alles andere ist völlig unsinnig und unlogisch. – Erklären Sie mir das Gegenteil! (Beifall bei den Grü­nen.)

Das reicht natürlich nicht für die Frage einer europäischen Kommissionsbesetzung aus, obwohl es sicher ein wichtiges Argument ist. Aber ich glaube, auch Sie waren un­glücklich damit, wie die Wirtschaftskrise, die Finanzkrise von den europäischen Institu­tionen gehandlet worden ist. Da gibt es sicher einiges zu verbessern. Viele Vorschläge des Europaparlaments, viele Kontrollvorschläge, viel Unbehagen gegenüber Hedge­fonds et cetera – schon sehr früh formuliert – hat die Kommission – und auch Barro­so – im Übrigen weitgehend ignoriert – schon Jahre vorher.

Bundeskanzler Faymann hat so ein rosig-rosarotes Bild gezeichnet von der Kommis­sion, die immer „hupft“, wenn das Europaparlament etwas sagt: Eine der wichtigsten Fragen für die Bevölkerung ist die Frage, wie sich Lobbyinteressen in Europa durchset­zen können. Das Europaparlament hat über Jahre versucht, ein sehr deklariertes, offe­nes Lobbyverzeichnis dieser Interessenvertretungen anzulegen, bei dem man ganz klar deklarieren muss, für wen man arbeitet, für wen man spricht und von wem man be­zahlt wird.

Die Kommission hat diesen ganz, ganz wichtigen Vorschlag nicht nur verwässert und nicht umgesetzt, sondern über Jahre hinweg auch ignoriert. Sie sollten Ihr Bild über


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