Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 136

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scheidenen Wohlstand erarbeitet haben, leben jetzt plötzlich in akuter Armut und wis­sen nicht, wie sie sich und ihre Familien ernähren sollen. Meine Damen und Herren! Das sind die Probleme, die wir derzeit in Europa haben; damit müssen wir uns und auch die Institutionen der Europäischen Union beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hornek.)

Das erwarten sich auch  zu Recht – die Menschen von einer Gemeinschaft, die nüt­zen und schützen soll. Und das ist auch die Bewährungsprobe für alle europapolitisch handelnden Menschen, um das Vertrauen in das europäische Einigungswerk wieder­zugewinnen. Frau Kollegin Lunacek, da sollten auch Sie zuhören, denn Sie werden jetzt sozusagen einen Karrieresprung vornehmen.

Viel zu oft, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben die Bürgerinnen und Bür­ger den Eindruck gewinnen müssen, diese Union beschäftigt sich nur mit sich selbst: Wer wird was? Welche Posten sind zu vergeben? Wie wird die Macht verteilt? Wie können Pfründe gesichert werden? (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Lunacek und Brosz.) Und da ist es schon – und das sage ich jetzt speziell in Ihre Richtung – sehr bedenklich, ja enttäuschend, dass genau diese Nebenschauplätze, die für die Be­völkerung null Bedeutung haben, für die Grünen so dringlich sind, dass sie diese zum Aufhänger für eine Dringliche Anfrage machen. (Abg. Mag. Lunacek: Die Wahl des Kommissionspräsidenten ist ein „Nebenschauplatz“?)

Die Menschen erwarten sich eine Lösung ihrer Probleme und keine Personaldebatten. Bei Personalbestellungen muss man natürlich die geschaffenen und bestätigten Mehr­heitsverhältnisse in den Gremien zur Kenntnis nehmen. Da haben leider die Konserva­tiven die Mehrheit erzielt, zwar nicht wirklich verdient, sondern dem Umstand verdan­kend, dass die Anhängerschaft der anderen Fraktionen den Wahlurnen leider fernge­blieben ist. (Abg. Mag. Stadler: Und warum?)

Aber wie auch immer: Dieses Ergebnis ist zur Kenntnis zu nehmen und findet auch in der Besetzung der Gremien seinen Niederschlag. Das heißt, es wird den Sozialdemo­kraten und Sozialdemokratinnen bedauerlicherweise auch nicht möglich sein, einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin durchzubringen beziehungsweise einen Konservativen zu verhindern. Etwas anderes zu glauben wäre eine pure Illusion. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Was wir aber tun können und werden, ist, inhaltliche Forderungen zu stellen, wenn ein Kandidat Wert auf breite Zustimmung legt. Damit ist den Menschen, denen wir Sozial­demokratinnen und Sozialdemokraten uns besonders verpflichtet fühlen, wohl mehr gedient, nämlich den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Konsumentinnen und Konsumenten, jenen, die unter Arbeitslosigkeit und Armut leiden, der Jugend, die die besten Entfaltungsmöglichkeiten vorfinden soll, den Pensionistinnen und Pensionis­ten, die einen würdigen Lebensabend verbringen sollen. (Abg. Öllinger: Wie schaut es aus mit der Mindestsicherung?)

All diese Menschen haben sehr, sehr wenig davon, wenn jetzt aus Prestigegründen ein Gegenkandidat hochgezogen wird, der dann aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ohne­hin zum Scheitern verurteilt ist. Aber sie haben etwas davon, wenn trotz neoliberaler und konservativer Mehrheiten ihre Anliegen nicht den Bedürfnissen des freien Marktes geopfert werden, denn darüber werden wir wachen, auch – und das sage ich dazu – wenn es immer schwieriger wird, so dezimiert wir – das muss man eingestehen – euro­paweit leider wurden.

Aber es gibt ja nicht nur die Kommission, die sich nach einer Eigendefinition als Exeku­tivorgan der EU sieht, die die Interessen ganz Europas vertritt und verteidigt, sondern es gibt vor allem auch den Rat als Gesetzgebungsorgan neben dem Parlament und es gibt den Europäischen Rat, wo Österreich die Politik der Union mitgestalten kann und


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