Ich muss mir aber schon erlauben, anzumerken, dass da ein großer Wurf angekündigt wurde und jetzt doch einige größere Reformlücken zurückbleiben.
In manchen Bereichen hatte man beim österreichischen Familienrecht schon längst den Eindruck, dass wir uns von der internationalen Rechtsentwicklung völlig abgekoppelt haben und ein negatives Alleinstehungsmerkmal haben.
Stichwort: Scheidungsrecht. – Da gehören dringend Reformen her.
Das Unterhaltsrecht ist auch nicht befriedigend gelöst.
Weiters: Obsorge und Besuchsrecht. – Die Probleme sind da eklatant.
Auch beim Namensrecht besteht, Frau Bundesministerin, dringender Handlungsbedarf.
Zwei Punkte spricht das Gesetz besonders an: Das sind die Lebensgemeinschaften und das Unterhaltsrecht. Und genau dort kann man sehen, was leider in diesem Gesetz nicht geregelt wurde.
Die Situation ist relativ klar: Die Scheidungsrate beträgt in Österreich 50 Prozent. Wir haben weiters einen Rückgang bei den Eheschließungen. Und wir haben 300 000 Lebensgemeinschaften, doch das Gesetz kennt das Institut der Lebensgemeinschaft praktisch, mit wenigen Ausnahmen, gar nicht. Man nimmt ausschließlich Bezug auf die Ehe und ignoriert damit die Realität.
Mir kommt es schon so vor, als ob hier ein ideologisches Konzept übergestülpt würde und man an der Lebensrealität der Menschen völlig vorbeigeht.
Was bräuchten wir? – Frau Bundesministerin, wir bräuchten zunächst einmal eine Definition der Lebensgemeinschaft im ABGB.
Als Zweites bräuchten wir einige wenige Bereiche, in denen wir auch Rechte und Pflichten im Bereich der Lebensgemeinschaften regeln. Ich rede da nicht über eine Gleichstellung, denn ich weiß schon, und das ist auch indiziert, dass, wenn jemand nicht heiratet, er nicht die vollen Rechte einer Ehe lösen will. Da muss man genau differenzieren!
Ich möchte Ihnen daher ein Beispiel bringen: Wo man etwas regeln könnte, wäre, dass in Lebensgemeinschaften Miteigentum an gemeinsamen Haushalts- und Freizeitgegenständen entsteht. Das ist notwendig, um den wirtschaftlich schwächeren Teil zu schützen. Was passiert jetzt oft? – Der eine kauft den Fernseher, den Videorekorder, den DVD-Player, was auch immer, der andere bestreitet die Lebenshaltungskosten. Wenn die Beziehung auseinandergeht, nimmt der eine den Fernseher, den DVD-Player und die Videokamera mit, und die Person – meist die Frau –, die die Lebenshaltungskosten bestritten hat, bekommt nichts. Ich glaube, das ist nicht zielführend und nicht indiziert.
Zweiter Punkt, Unterhaltsrecht: Natürlich fällt nicht alles, was hier an Problemen zu lösen ist, in Ihre Zuständigkeit, das muss man fairerweise auch sagen, Tatsache ist aber, dass unter Alleinerzieherinnen das Armutsrisiko extrem hoch ist. Rund 30 Prozent aller Alleinerzieherinnen leben an oder unter der Armutsgrenze, und die Probleme sind eklatant: Die Unterhaltszahlungen sind in der Regel zu niedrig, das heißt, die Leute kommen weder mit dem Unterhalt noch mit dem Unterhaltsvorschuss aus. Zweitens dauern die Verfahren zu lange: Wir haben drei Behörden, die involviert sind – wir haben die Jugendämter, wir haben die Bezirksgerichte und wir haben die Oberlandesgerichte –, und da frage ich mich, warum der Behördendschungel auch im Sinn der Verwaltungsvereinfachung nicht aufgelöst wird und wir beispielsweise das Unterhaltsverfahren beziehungsweise das Unterhaltsvorschussverfahren beim Jugendamt ansiedeln? – Ich glaube, damit wäre allen geholfen.
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