Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll29. Sitzung / Seite 179

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Dritter Punkt: Es gibt Lücken im Unterhaltsrecht, die extrem unbefriedigend sind. Ein Beispiel: Wenn beim Unterhaltspflichtigen keine Chance auf Rückzahlung des Vor­schusses besteht, dann bekommt das Kind schlichtweg nichts. Das heißt, wenn er aus irgendwelchen Gründen in der Einschätzung der Behörde nicht in der Lage ist, irgend­wann einmal seine Schulden der Republik gegenüber aufgrund des Unterhaltsvor­schusses zurückzuzahlen, dann sagt man: Okay, es gibt nichts, das Kind bekommt nichts! – Das geht nicht!

Ich denke, man kann den Unterhalt und den Unterhaltsvorschuss nicht von der Ein­bringlichkeit des Unterhalts vom unterhaltspflichtigen Elternteil abhängig machen. Das ist zynisch und das widerspricht der Intention des Gesetzes.

Mein grundlegendes Anliegen, Frau Bundesministerin, ist Folgendes: Das kann maxi­mal – maximal! – der erste Schritt zu einer Familienrechtsreform sein. Wir haben, so die Regierung hält, noch vier Jahre vor uns, und ich glaube, dass wir in all diesen auf­gezählten Gebieten – im Scheidungsrecht, im Namensrecht, im Unterhaltsrecht – noch große Reformen brauchen, um dieses Land in diesen Fragen und Rechtsbereichen endlich wieder europareif zu machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.23.30

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Her­ren auf den Zuschauerrängen! Familienrecht ist nichts Statisches, sondern etwas Be­wegliches; es muss sich den gesellschaftlichen Realitäten anpassen.

Die Zahlen wurden heute schon von Frau Abgeordneter Binder-Maier genannt; ich möchte zwei wiederholen: Es gibt insgesamt über 300 000 Lebensgemeinschaften und es gibt fast 76 000 Patchworkfamilien, also Familien mit Kindern aus früheren Bezie­hungen. Genau dieser Realität entspricht jetzt die Reform: Patchworkfamilien werden sozusagen vom Gesetzgeber aufgenommen, sie werden akzeptiert. Den verheirateten Patchworkeltern werden gewisse Rechte und Pflichten, die im Alltag erforderlich sind, eingeräumt.

In den letzten Wochen wurde immer wieder deponiert, dass es doch nicht sein könne, dass der Lebensgefährte, der leibliche Vater, der mit der Kindesmutter in Lebensge­meinschaft lebt, weniger Rechte hat als der verheiratete Stiefvater. – Ja, diese Kritik klingt auf den ersten Blick gesehen eigentlich plausibel, nur muss man sich das jetzt genauer anschauen.

Einerseits ist es ja so, dass man natürlich die gemeinsame Obsorge für das gemein­same leibliche Kind beantragen kann – und dann hat man noch viel mehr Rechte als der verheiratete Stiefvater oder die verheiratete Stiefmutter –, andererseits muss man sich fragen, wieso man eigentlich nicht heiratet, wenn man zusammen leben will. – Es ist deswegen, weil die Leute eben ungebunden sein wollen, vor allem keine Pflichten haben wollen, aber daher natürlich auch keine Rechte haben.

Man kann wirklich darüber diskutieren, wie es mit der Lebensgemeinschaft weiter­geht – eine Definition im ABGB finden et cetera –, aber es ist keine einfache Sache, und ich glaube, man muss auch herausfinden, was die Leute eigentlich wollen. Ich habe gestern zufälligerweise auf einer Postkarte einen Spruch gelesen, der sehr gut zu dieser Thematik passt. Darauf stand: Heirate oder heirate nicht, du wirst beides be­reuen. (Heiterkeit des Abg. Kopf.) – Insofern wird man also sehen, was die Zukunft bringt. Wir werden uns das noch genau anschauen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite