Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll29. Sitzung / Seite 180

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Jedenfalls wurde den Lebensgemeinschaften auch durch die Reform mehr Wertigkeit zuerkannt, und zwar deswegen, weil nun Lebensgefährten die Möglichkeit haben, sich zum Beispiel in einem Zivilprozess der Aussage zu entschlagen, genauso wie Patch­workkinder jetzt diese Möglichkeit haben.

Was hat sich noch geändert? – Es wurde auch schon angeführt: Im Adoptionsrecht hat es Änderungen gegeben. Aber ich will nicht alles wiederholen, was ohnehin schon ge­sagt wurde.

Ganz wichtig ist auch die Modernisierung der Ehepakte: Bis jetzt war es nur möglich, Vorausvereinbarungen zu treffen, was die ehelichen Ersparnisse betrifft, jetzt kann man auch über das eheliche Gebrauchsvermögen Vereinbarungen treffen und auch über die Ehewohnung, und trotzdem ist gewährleistet, dass der schwächere Teil nicht unter die Räder kommt. Das Gericht kann unter bestimmten Umständen – in einer un­zumutbaren Situation – diesen Ehepakt auflösen.

Außerdem wird das ABGB ein bisschen entrümpelt – das ist der erste Schritt, würde ich einmal sagen: Die Morgengabe, die Widerlage, der Witwengehalt sind Dinge, die jetzt aus dem Gesetz entfernt wurden, weil sie einfach totes Recht waren. – Es hindert Sie aber natürlich niemand, wenn Sie heiraten wollen, Ihrer Ehegattin am Morgen ein Geschenk zu überreichen!

Die Beratung im Zuge von Scheidungen ist auch noch ein wesentlicher Punkt: Es soll jetzt, wenn jemand sich noch nicht hat beraten lassen, diese Person die Möglichkeit er­halten, doch noch eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Das Gericht muss daher die Verhandlung zu diesem Zweck vertagen.

Das waren die wichtigsten Eckpunkte des Familienrechtspaketes. Es war sicherlich ein erster Schritt und ich gebe zu, da ist noch einiger Bedarf vorhanden.

Was den Unterhaltsvorschuss betrifft, Herr Abgeordneter Scheibner, fällt mir gerade Folgendes ein: Es wird immer verlangt, Unterhaltsvorschuss auch dann zu gewähren, wenn kein Unterhaltsanspruch besteht. Das kann ich nicht machen! Das ist eine Frage der Mindestsicherung, der Grundsicherung, und dafür sind die Länder zuständig.

Insgesamt allerdings ist dieses Paket, so glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch bei meinen Vor­gängerinnen, bei Karin Gastinger und Maria Berger, bedanken, die gemeinsam mit meinen sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesministerium für Justiz sehr viele Vorarbeiten geleistet haben. – Danke vielmals. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Franz zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.29.14

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Da­men und Herren! Wenn man auf unser überholtes Allgemeines Bürgerliches Gesetz­buch, stammend aus dem Jahr 1811 – wir haben schon davon gehört –, schaut, als der Mann noch das absolute Oberhaupt der Familie war, die Frau ihrem Mann untergeord­net und ihm zum Beistand verpflichtet war, er über den gemeinsamen Wohnsitz, den Beruf seiner ehelichen Kinder und den Familiennamen bestimmte, dann kann man den großen gesellschaftlichen Wandel erkennen. (Abg. Scheibner: ... 200 Jahre ... Ge­setz! – Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

Allerdings erfolgten die Veränderungen im Gesetz nur sehr zögerlich. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die auf eine Änderung des Familienrechts gerich­teten Bestrebungen erfolgreich.

 


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