Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 108

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4. Übergebührliche Erhöhung der Medikamentenpreise zu Lasten der Sozialversicher­ten im direkten Aufsichtsbereich

5. Nichtumsetzbarkeit der e-Medikation mit 1. Jänner 2010

6. Fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

7. Durchsichtiges Manöver einer mehrdeutigen Ministeriums-Kampagne vor den Wahlen

1. Unvermögen zur Reorganisation und zur nachhaltigen Sicherung des österreichi­schen Gesundheitssystems

Die Zahlen der Statistik Austria zeigen es deutlich: Das österreichische Gesundheits­system ist in seiner derzeitigen Form nicht mehr finanzierbar. Im Zeitraum von 1997 bis 2007 sind die Gesundheitsausgaben in Österreich um 52,4% gestiegen. Die finanzielle Lage der 19 Krankenversicherungen ist entsprechend desaströs. Die neun Gebiets­krankenkassen sind mit wenigen Ausnahmen hoch verschuldet und haben zusätzlich auch noch verpflichtende Rücklagen in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro ausge­räumt. Dazu kommen die noch nicht mit offiziellen Zahlen belegten verminderten Bei­tragszahlungen des Jahres 2009 und der Folgejahre aufgrund der aktuellen Wirt­schaftskrise. Eines ist jedoch sicher:

Die gesamte Finanzierungslast dieses, durch Beitragszahlungen finanzierten Systems liegt auf den Schultern der arbeitenden Bevölkerung. Die heute junge Generation muss aber bereits jetzt zu Recht befürchten, in ein paar Jahren selbst nicht mehr in den Ge­nuss von heute noch selbstverständlichen Sozialleistungen zu kommen. Die Prognose des Rechnungshofes 2009 in Alpbach machte es deutlich: Bei unveränderter Weiter­führung des derzeitigen Systems ist mit einer Kostensteigerung von zusätzlichen 29% bis zum Jahr 2013 zu rechnen.

Im Regierungsübereinkommen der SPÖVP ist die Aufgabe der Kassensanierung fest­geschrieben und diese fällt eindeutig in den Arbeitsbereich des Gesundheitsministers Stöger. Die in Österreich erforderlichen und vom Rechnungshof in Alpbach klar formu­lierten massiven Strukturänderungen des gesamten Sozialversicherungs- und Gesund­heitsbereiches würden die maximale Lösungskompetenz aller am Sozialversicherungs­system beteiligten Partner erfordern, wobei der Staat hier „optimale und nachhaltig wir­kende Rahmenbedingungen zu schaffen habe“. Das wurde von der Regierung bislang eindeutig verabsäumt.

Anstatt die zur Umsetzung des Regierungsübereinkommens erforderlichen Verhand­lungen zur Chefsache zu erklären und selbst ernsthaft in Angriff zu nehmen, hat Alois Stöger diplomé diese gleich zu Beginn seiner Ministerschaft zur großen Irritation der sonstigen Beteiligten (Apothekerkammer, Länder und Pharmaindustrie) an den Haupt­verband der Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer delegiert.

Bereits zu Beginn der Verhandlungen, im Jänner 2009, kündigte der Vorstandsvorsitzen­de im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, an, 2009 ein „Re­formpapier“ vorzulegen, damit entsprechend dem Regierungsprogramm im Jahr 2010 auch weiterhin kräftig Steuermittel zur Sanierung der Krankenkassen fließen können. Allein mit dieser Aussage zu Beginn der Verhandlungen ist das ernsthafte Bemühen al­ler daran Beteiligten, tatsächlich Reformerfolge zur Entlastung der österreichischen Steuerzahler erzielen zu wollen, in Frage gestellt. Es wäre Aufgabe von Bundesminis­ter Stöger gewesen hier energisch einzuschreiten und klarzustellen, dass ernsthafte Sparmaßnahmen unumgänglich sind.

Dennoch einigten sich SPÖ und ÖVP bereits bei der Regierungsklausur in Sillian am 10. Februar 2009 darauf, in den nächsten Jahren, ohne radikale Reformvorschläge ein­zufordern,

 


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