Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 64

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wie das durchgeführt wird, welche Erleichterung das auch für viele Kolleginnen und Kollegen an den Schulen bringt, hat sich die Stimmung deutlich geändert. Ich bin si­cher, dass wir, wenn wir auf diesem konstruktiven Weg weitermachen, das Bewusst­sein für die Notwendigkeit einer Standardisierung des gesamten Schulwesens werden bilden können.

Damit bin ich auch schon bei einem Kritikpunkt. Wir müssen hier weitermachen, wir dürfen nicht stehen bleiben. Wir haben die Standards in der achten Schulstufe, wir ha­ben sie in der vierten Schulstufe, und wir haben jetzt die standardisierte Reifeprüfung. Das brauchen wir dringend. Wir müssen wegkommen von jenen Noten – Elmar Mayer hat schon darauf hingewiesen –, die kaum Aussagekraft haben, wir müssen hinkom­men zu solchen Standards, dass wir genau sagen können, was Schülerinnen und Schüler wirklich können und nicht können.

Auch das Unterrichtspraktikumsgesetz scheint mir ein wichtiger Schritt nach vorne zu sein, weil es auch älteren Menschen – über 40, über 45 – ermöglicht, in den Schul­dienst einzusteigen. Das war bislang nicht möglich. Das ist ein erster, sehr, sehr zarter Schritt in Richtung Öffnung der Schule, ein Schritt, den wir aber auch, wie gesagt, drin­gend weitergehen müssen, denn der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern steht bevor. Wir erinnern uns noch an den unseligen Brief von Ministerin Gehrer, den wir damals in den Schulen verteilen mussten – ich glaube, es ist jetzt sieben oder acht Jahre her –, in dem sie eindringlich gewarnt hat vor dem Lehramtsstudium. – Fatal, denn jetzt ern­ten wir das, was damals schon absehbar war.

Dass es eine gewaltige Pensionierungswelle gibt, das war damals mit einem Blick in Richtung Lehrkörper schon erkennbar. Also hier müssen wir dringend gegenarbeiten, und damit müssen wir unmittelbar, müssen wir jetzt beginnen, damit die Situation in vier, fünf Jahren nicht wirklich dramatisch schlechter wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was uns aber fehlt, meine Damen und Herren, ist nach wie vor der große Wurf. Wenn ich an die Diskussionen denke, die wir im Unterausschuss des Verfassungsausschus­ses geführt haben, wenn ich an die Diskussionen im Unterrichtsausschuss denke, dann kann man sagen, es gibt größtenteils Übereinstimmung in den zentralen Fragen. Warum nichts davon umgesetzt wird, warum beispielsweise keine entscheidenden Schritte in Richtung gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen gemacht werden, das liegt derzeit an einer kleinen Minderheit in der Gewerkschaft. Es ist vor allem die Be­tonfraktion im ÖAAB, die in diesem Bereich einen Fortschritt verhindert. – Bitte, versu­chen wir eine Koalition der Vernünftigen!

Sie haben in der ÖVP ganz wesentliche zentrale Kräfte – in der Industriellenvereini­gung, im Wirtschaftsbund, im Umfeld der ÖVP, wenn ich an diverse kirchliche Organi­sationen denke –, die ganz klar mit uns diesen Weg in Richtung gemeinsame Schule beschreiten wollen. Was die Ganztagsschule anlangt, so scheinen erste zarte Bewe­gungen feststellbar zu sein, aber, bitte, wir wollen die Ganztagsschule nicht als Betreu­ungsmodell, sondern wir wollen sie als pädagogisches Modell. Wir wollen nicht, dass man Kindern am Vormittag Wissen hineinpfropft und das dann irgendwann einmal ab­prüft, sondern wir wollen Kindern Zeit geben, Zeit auch zur Erholung, zum Verdauen dessen, was sie gehört haben. Deshalb brauchen wir die verschränkte Schule. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir brauchen auch eine gerechte Schule, meine Damen und Herren, und deshalb die gemeinsame Schule. Es gibt neben Deutschland kein sozial selektiveres Schulsystem als unseres. Wenn die Eltern Matura beziehungsweise Hochschulabschluss haben, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch in die AHS kommt beziehungs­weise studiert, bei 79 Prozent. Wenn die Eltern nur Pflichtschulabschluss haben,


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