Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 74

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


12.24.04

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Das ist ein gutes Stichwort, Frau Kollegin Cortolezis: Wir befinden uns hier im Parlament und auch nicht in der Regie­rung, wo es letztlich um die Bildungspolitik in Österreich und nicht um die Streitigkeiten der Regierung geht. Aber wenn ich Sie daran erinnern darf, welche Teile der Regie­rungsübereinkommen umgesetzt worden sind, dann fällt mir zum Beispiel ein, dass, glaube ich, die letzten vier Regierungsübereinkommen immer den Passus enthalten haben, dass es ein neues Gehaltsschema für LehrerInnen geben soll, mit höheren Ein­stiegsgehältern, dass der Beruf der Lehrerinnen und Lehrer interessanter wird.

Wenn man es einmal rückblickend zusammenfasst: Die letzten Finanzminister waren entweder von der ÖVP, von der ÖVP oder von der ÖVP, und dieses Gehaltsschema gibt es noch immer nicht! Warum haben Sie also nicht die Dinge, die Sie selbst verein­bart haben und für die dann eigentlich Sie federführend waren, umgesetzt? – Nämlich genau deshalb, weil das auch eine sinnvolle Maßnahme gewesen wäre, um dem dro­henden Lehrermangel zu begegnen. Die Geschichte, die Sie da vorhalten, können Sie also in der Koalition zum Thema machen, aber belästigen Sie nicht den Nationalrat mit Ihren Streitigkeiten! (Beifall bei den Grünen.)

Aber kommen wir zum Positiven des heutigen Tages: Eine teilzentrale Matura – eine teilstandardisierte Matura müsste man, glaube ich, präziser sagen – ist etwas, was die Grünen unterstützen. Ich glaube, dass wir zumindest, seit die PISA-Studien be­kannt geworden sind, deutlich sehen mussten, dass es einen Handlungsbedarf gibt. Wenn nämlich herauskommt, dass die zweitbeste und die zweitschlechteste AHS in Österreich, gemessen an PISA, de facto den gleichen Notendurchschnitt in gewissen Gegenständen haben, obwohl sie einen Unterschied – wieder laut PISA gemessen – von bis zu eineinhalb oder zwei Lernjahren haben, dann muss man sehen, dass im System etwas nicht stimmt.

Es kann also nicht sein, dass ein Maturazeugnis nach völlig unterschiedlichen Kriterien vergeben wird. Insofern ist das ein sinnvoller Schritt, grundsätzlich ein sinnvoller Schritt. Ich glaube auch, dass es sinnvoll ist, wenn im mündlichen Bereich eine gewis­se Objektivierung zustande kommt, indem Fragen gezogen werden. Ich glaube, dass alle auch die Dinge von Maturabeispielen kennen, wo anders Maturafragen vergeben worden sind und die Frage, welche SchülerInnen oder welche LehrerInnen dort mit un­terschiedlichen Methoden gearbeitet haben, durchaus eine Veränderung erfordert hat. Daher ist die teilstandardisierte Matura unterstützenswert, vor allem auch deshalb, weil der mündliche Bereich doch insofern ausgenommen ist, als in den Schulen stärker Schwerpunkte gesetzt werden können. Deshalb werden wir diesem Bereich zustim­men. (Beifall bei den Grünen.)

Kommen wir zu einer zweiten Debatte, die wir in den letzten Tagen intensiv geführt ha­ben, zur Frage der Ganztagsschulen. Es ist ja eine Situation, die bemerkenswert ist – und das soll man auch positiv erwähnen –, wenn eine Partei die Position ändert und sagt: Okay, wir erkennen an, dass es hier einen Veränderungsbedarf gibt! – Das betrifft jetzt die ÖVP.

Was ich nicht ganz verstehe, ist, warum man dann diese strikte Trennung zwischen Nachmittagsbetreuung und Ganztagsschulen eigentlich wieder als ideologisches Krite­rium mit sich zieht. Jetzt wissen wir doch alle – und diese Diskussionen sind ja, glaube ich, auch übereinstimmend geführt worden –, dass diese Form von Unterricht in Öster­reich – um 7.40 Uhr läutet es das erste Mal, um 8.30 Uhr ist die Stunde aus, 5 Minuten ist Pause, dann beginnt die nächste Stunde, wir machen das bis zur Mittagspause und unterrichten in 50-Minuten-Blöcken durchgehend ohne vernünftige Pausen – nach je­der Form der pädagogischen Wissenschaft und der Hirnforschung extrem viel an Po-


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