Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 91

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In seiner bemerkenswerten Rede sagte Franz Vranitzky – ich zitiere –:

„Es gibt eine Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben.“ „Wir bekennen uns zu allen Taten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen; und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen – bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten.“

Diese klaren Worte waren es, die einen so großen und so notwendigen Diskurs über die Verantwortung Österreichs während des NS-Regimes eröffneten.

Eine dieser sichtbaren Auswirkungen war dann im Jahr 1998 die Einsetzung der Histo­rikerkommission und hier im Haus der einstimmige Beschluss über das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen. All das wurde von einer sehr fundierten Artikelserie im „Standard“ begleitet, der das immer begleitet hat.

Jetzt ist es so, dass die zehnjährige Praxis dieses Gesetzes zeigt, dass manche Be­stimmungen zu eng gefasst sind, vor allem in Hinblick auf das Ziel einer vollständigen Rückgabe bedenklicher Bestände von Kunstgegenständen und sonstigen beweglichen Kulturgütern im Eigentum des Bundes. Darum geht es, das klarzumachen, Frau Unter­reiner! Was geraubt worden ist, soll zurückgegeben werden.

Zu den einzelnen Details werden meine Kolleginnen und Kollegen noch sprechen. Wir diskutieren auch den Restitutionsbericht und die Erweiterung der Funktionsperiode der Beiratsmitglieder, was ich für richtig und wichtig halte. Ich möchte die Gelegenheit nüt­zen und mich für deren kompetente Arbeit bedanken.

Im Ausschuss hatten wir eine breite Mehrheit und hatten dann wieder die unsägliche „Schlussstrichdebatte“. Ich möchte dazu noch ganz kurz etwas sagen: Es kann keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit geben. Die Vergangenheit wirkt immer in die Zu­kunft, auch verdrängte Vergangenheit wirkt weiter – oft unbewusst! – und wird gerade deswegen gefährlich aufgeladen. Wir müssen uns immer wieder – und so auch neue Generationen – mit der Verantwortung und unserer Vergangenheit auseinandersetzen.

Lassen Sie es mich zum Schluss wie André Heller in dem wunderschönen Lied Leon Wolke, das das Schicksal eines Treblinka-Überleben beschreibt, formulieren:

Ja, so redet Leon Wolke, und ich will, dass ihr es wisst, denn man kann nur Lehren zie­hen aus dem, was man nicht vergisst!

Der heutige Beschluss steht in dieser Tradition des Niemals-Vergessens, und darauf bin ich stolz. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Jury. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.32.42

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministe­rin! Ich will in dieser Debatte wieder von der moralisch-emotionalen auf die sachliche Ebene zurückkommen. (Abg. Mag. Lapp: Hallo! Das war auch sachlich!) – Bitte? (Abg. Dr. Jarolim: Das war nicht notwendig!) – Herr Abgeordneter, ich bin sehr wohl Ihrer Meinung, aber in dieser Causa – so glaube ich – sollte man schon auch sachlich disku­tieren können! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Schopf: Das war sachlich!)

Ich muss mit Bedauern feststellen, dass im Begutachtungsverfahren zum gegenständli­chen Gesetzentwurf vorgetragene Kritikpunkte auch der Kärntner Landesregierung in


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