Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 172

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das steht ja, glaube ich, völlig außer Frage. Fraglich kann ja nur sein, welche diese le­gitimen Interessen sind und wie man diesen Interessen am besten dient.

Insofern, Herr Stadler, wundert es mich schon, dass Sie als Verfassungsjurist schon im Voraus ankündigen, dass Sie jeder beliebigen Verfassungsergänzung zustimmen ... (Abg. Mag. Stadler: Der, nur der!) – Dieser speziellen würden Sie zustimmen? – Na sehen Sie, so einfach ist das aber nicht, denn gerade dieser speziellen zuzustimmen hätte ich größte Bedenken, ungeachtet meiner Präambel. Dieser Vorschlag nämlich, den die FPÖ jetzt gemacht hat – und ich danke Ihnen auch für die historischen Hinwei­se auf die Streitbeilegungserklärung und so weiter, das ist alles, glaube ich, sehr inter­essant für diejenigen, die sich nicht täglich damit beschäftigen –, dieser Text, den Sie jetzt vorgelegt haben, der unterscheidet sich nicht unwesentlich von dem, der vor drei Jahren vom Nationalrat und damals zuerst vom Außenpolitischen Ausschuss beschlos­sen worden ist. Dort hieß es nämlich:

Der Nationalrat unterstützt bei einer Verfassungsreform – die ja damals schon sozusa­gen im Schwange war oder in der Luft lag – die Aufnahme einer Bestimmung in die ös­terreichische Bundesverfassung, welche die Schutzfunktion – „Schutzmachtfunktion“ oder „Schutzfunktion“, das ist vielleicht wirklich nicht so wichtig – für die österreichische Volksgruppe in Südtirol verankert.

Das ist schon ganz etwas anderes, Herr Stadler, behaupte ich, als ein Bekenntnis zur Wahrung des weiter abgetrennten Tiroler Volkes deutscher und ladinischer Sprache. (Abg. Mag. Stadler: Das ist historisch wahrer!) – Das ist schon ein bisschen mehr als eine semantische Verkürzung! Ich erinnere Sie nur daran: Wenn 1919 Südtirol und Welschtirol nicht abgetrennt worden wären, dann hätte Österreich eine andere Minder­heit in seinen Staatsgrenzen, nämlich die italienischsprachige Minderheit, ganz beson­ders dann, wenn Welschtirol rund um Trient geblieben wäre, aber natürlich selbst dann, wenn nur die Region Bozen geblieben wäre. (Abg. Dr. Graf: Das hat man Hun­derte Jahre gehabt!) Insofern halte ich die Formulierung für die österreichische Volks­gruppe in Südtirol, die die Sprachbarriere, Sprachgrenze, Sprachzugehörigkeit nicht ausdrücklich erwähnt, für eine ziemlich raffinierte. Da werden Sie mir vielleicht zustim­men.

Außerdem enthielt damals der Entschließungsantrag einen zweiten Satz. Der zweite Satz lautet:

„Die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen (Artikel 8 Abs. 2 B-VG) soll gleichermaßen in die Verfassung aufgenom­men werden.“

Das kann sich in erster Linie nur auf die slowenischsprachige Minderheit in Kärnten be­ziehen. Davon ist im Antrag der FPÖ keinerlei Rede. Da steht nur: „sowie ein Aner­kenntnis der gewachsenen Volksgruppen in Österreich“.

Das ist aber viel schwächer – seien Sie mir nicht böse! – als die Anerkennung der Schutzfunktion oder Schutzmachtfunktion Sloweniens für die slowenischsprachigen Kärntner. (Abg. Dr. Graf: Dann stellen Sie einen Antrag, und wir stimmen zu!) Ich fin­de, Sie weichen da wesentlich ab vom seinerzeitigen vom Nationalrat schon angenom­menen Entschließungsantrag, was die konkrete Formulierung in der Verfassung be­trifft. (Abg. Dr. Graf: Das ist die Formulierung Verfassungskonvent!)

In der Sache kann ich dem schon folgen, was Sie meinen. Das Südtiroler Autonomie­statut ist in verschiedener Hinsicht vorbildlich, aber es ist Jahrzehnte alt. Es ist immer die Frage, in welcher Form es adaptiert werden soll.

Ich muss schon auch sagen, ich hatte einmal – das „Vergnügen“, das kann ich nicht sagen – die Gelegenheit, mit Präsidentem Khol, als er noch Präsident des Nationalrats war, in Rom zu sein. Unmittelbarer Anlass war ein Besuch beim Papst; es war sehr in-


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