Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 214

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Das, was die Ausstellung an die Jugend heranträgt, nämlich sich mit historischen Er­eignissen auseinanderzusetzen, halte ich für besonders wesentlich, weil wir damit der Gefahr der Gleichgültigkeit gegenüber den Ereignissen der jüngeren Geschichte be­gegnen. Dieses Gedenken bringt eine ganz konkrete Verantwortung mit sich, nämlich Anerkennung jenen zu zollen, die sich gegen Unrechtsregime wie den Nationalsozialis­mus aufgelehnt haben.

Ich bin froh, dass wir dies heute beschließen können. (Allgemeiner Beifall.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Scheibner. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.37.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass wir diesbezüglich heute keinen einstimmigen Beschluss zustande bringen, denn wir haben eigentlich immer wieder versucht, bei derartigen Anträgen, die die Abscheu und die bedingungslose Kritik an den Gräueltaten des Nationalsozialismus zum Aus­druck bringen sollen, möglichst einen Gleichklang – auch für den Symbolwert nach außen – aller Fraktionen signalisieren zu können. Wir haben im Ausschuss sehr inten­siv diskutiert, und ich hatte dort eigentlich den Eindruck, dass wir die Zeit bis heute, bis zu den Plenarverhandlungen, nützen werden, um dieses Einvernehmen herzustellen. Das wurde auch angekündigt. Es sind noch Mitarbeiter, ich glaube, aus Ihrem Kabinett (in Richtung Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner) zu mir gekommen, die gefragt ha­ben, was wir noch brauchen, um zustimmen zu können. Es wären vielleicht ein oder zwei Sätze als Erklärung notwendig gewesen. – Es ist leider niemand gekommen, es ist nicht versucht worden, diese ein oder zwei Sätze in das Gesetz noch aufzunehmen, damit wir zustimmen.

Da frage ich mich schon: Warum geschieht das nicht? Hat man nicht die Absicht, hier einen einstimmigen Beschluss zu fassen? War das jetzt nur so eine Debatte anlässlich des Gedenkjahres 2009 zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkrieges? Wollte man wieder nur etwas zeigen, aber nicht wirklich das Signal setzen – was selbstverständlich ist, davon gehe ich aus –, dass alle fünf Fraktionen diese Gräuel und auch das Unrecht, das vom Nationalsozialismus ausgegangen ist, verurteilen?

Vieles von dem, das jetzt beschlossen wird, hat auch unsere Zustimmung gefunden. Dass man die Aufhebung auch auf Entscheidungen gegenüber Homosexuellen aus­dehnt, auf Entscheidungen im Zusammenhang mit Zwangssterilisationen – na, selbst­verständlich, überhaupt keine Debatte! Es sind wirklich auch vernünftige Bestimmun­gen mit eingebracht: dass zur Rehabilitierung von Homosexuellen etwa jene Straftaten nicht umfasst sind, die auch heute strafbar wären, so etwa der Missbrauch von Minder­jährigen, dass man hier selbstverständlich auch auf den Einzelfall Rücksicht nimmt und eine Einzelprüfung vornimmt.

All das hat man aber dann beim § 4 nicht gemacht, in dem es um die Deserteure geht, und das ist unverständlich, denn auch dort sollte man nicht alles über einen Kamm scheren. Ich will jetzt nicht die Argumentation fortführen – denn die finde ich unmög­lich –, dass man die Deserteure deshalb nicht rehabilitieren könne, weil sie Kamera­denmörder seien und so weiter. – Das ist Unsinn, das ist falsch und abzulehnen.

Ich sehe es anders: Ich möchte nicht jeden Deserteur gleich behandeln wie jene, die wirklich aus tiefster Überzeugung, aus Gewissensgründen den Dienst bei der Wehr­macht abgelehnt haben – zu welchem Zeitpunkt auch immer –, wie zum Beispiel Jä­gerstätter, der unser aller Anerkennung und Achtung finden muss, ohne dass mit erho­benem Zeigefinger gegen andere vorgegangen wird, denn Gott sei Dank muss nie­mand von uns in solchen Zeiten leben und in solchen Armeen dienen.

 


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