Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 215

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ich möchte nicht, dass man Leute wie Franz Jägerstätter mit anderen gleichsetzt – und die hat es auch zuhauf gegeben: die typischen Opportunisten –, die vielleicht – und diese Fälle gab es, sie sind sogar in die Literatur mit eingeflossen – über Jahre ge­dient haben, mehr als sie mussten, die vielleicht noch wirkliche, opportunistische Natio­nalsozialisten gewesen sind, die Kritiker vernadert haben, aber in den letzten Tagen gemerkt haben, dass sich vielleicht das Blatt wendet und es jetzt gescheit wäre, auf die andere Seite zu gehen, unabhängig davon, wie das dann stattgefunden hat, ob da – das hat es auch gegeben – auch Straftaten stattgefunden haben.

Diese Leute werden jetzt ohne Prüfung des Einzelfalles, ohne – und das wäre unser Wunsch gewesen, das hätte man mit einem Satz ergänzen können – dass man auch das Motiv für die Desertion und für die Wehrdienstverweigerung mit in diesen Rechts­bestand hineinnimmt, alle pauschal rehabilitiert.

Ich glaube, das widerspricht den Grundsätzen, die man mit dieser gesetzlichen Bestim­mung schaffen wollte, und das ist schade, denn wenn das nicht nur ein Lippenbekennt­nis zu einem Jubiläumsjahr gewesen sein soll, dann hätte es doch die Möglichkeit ge­geben, dass wir einen Fünf-Parteien-Beschluss zusammenbringen und dass wir wirk­lich auch den Anliegen der Opfer, so wenige es noch sind, und der wirklichen Wider­standskämpfer gerecht werden. Mit dieser Vorlage ist das leider nicht gelungen. (Beifall beim BZÖ.)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.42.36

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war und ist kein Lippenbe­kenntnis zum Jubiläumsjahr. (Abg. Scheibner: Wieso wolltet ihr dann keine Einigung?) Wir wissen ganz genau, dass wir weiterhin die Geschichte erforschen müssen, aufklä­rend tätig sein müssen, und ich bedanke mich recht herzlich bei jenen, die die Ausstel­lung „Was damals Recht war ...“ organisiert und auch durchgeführt haben.

Ich verbinde damit die Hoffnung, dass diese Ausstellung nicht nur in Wien gezeigt wird, sondern auch in anderen Bundesländern, wobei auch die Möglichkeit bestünde, regio­nale Geschichten, regionale Probleme, Geschichten über den Widerstand der Regio­nen mit zu berücksichtigen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir halten relativ wenig von einer Motivforschung. Man muss sich vor Augen halten, dass sich Deserteure, aus wel­chem Grund auch immer sie desertiert sind, einem enormen Risiko ausgesetzt haben und noch am Ende des Krieges hingerichtet wurden.

Ich möchte auch in Erinnerung rufen, dass Österreich den Staatsvertrag nicht bekom­men hätte, hätte es nicht diesen Widerstand auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebe­nen gegeben, dessen Akteure nach dem Zweiten Weltkrieg aber nicht rehabilitiert wa­ren, sondern verleumdet wurden und Mühe hatten, gesellschaftspolitisch wieder aner­kannt zu werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz setzen wir ein klares politisches Bekenntnis und ein klares politisches Signal. Wir gehen den Weg, den auch Deutschland im August gegangen ist, wo es ebenfalls diese pauschale Reha­bilitierung gegeben hat.

Ich stimme in vielen Punkten mit der differenzierten Darstellung von Peter Fichten­bauer überein und unterstreiche seine Ausführungen hinsichtlich der NS-Militärjustiz. Die Justiz war ein Instrument des nationalsozialistischen Terrors, und daher ist dieses Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz so notwendig.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite