Herr Kollege Neugebauer hat bereits darauf hingewiesen, was hier tatsächlich passiert: Es kommt mit diesem Gesetz zur rückwirkenden Aufhebung gerichtlicher Entscheidungen mit typisch nationalsozialistischem Unrecht und zur umfassenden Rehabilitierung. Es geht beispielsweise um die Strafurteile der Sonder- und Standgerichte, die bisher vom Anerkennungsgesetz 2005 nicht erfasst waren.
Ich habe mir die Mühe gemacht und einige Urteile gelesen, beispielsweise das Urteil des Wiener Sondergerichts gegen den Tischlermeister Ludwig Saffrian, wohnhaft in Wien, wo es heißt:
„Die Angeklagten werden wegen absichtlichen Abhörens des Londoner-Senders, Saffrian und Studniczka dazu wegen Verbreitens von Nachrichten dieses Senders verurteilt und zwar: 1) Ludwig Saffrian zu 7 (sieben) Jahren Zuchthaus (...).“
Oder das Urteil des „Volksgerichtshofes“ gegen den Eisenbahner Alois Brunner und Ehefrau Josefine Brunner – beide aus Wörgl –, den Maschinenschlosser Balthasar Höck aus Innsbruck, den Spengler Johann Loibichler aus Kufstein, die Verkäuferin Johanna Hofer aus Häring/Tirol, das Kinderfräulein Frieda Haupt aus Bludenz und den Bergarbeiter Otto Thies aus Mühlbach am Hochkönig.
Das Ehepaar Brunner wurde zum Tode verurteilt und das Todesurteil auch vollstreckt. Es wurde vom Begnadigungsrecht kein Gebrauch gemacht, dazu heißt es im Akt:
„In der Strafsache gegen die vom Volksgerichtshof am 28. Mai 1943 zum Tode verurteilten Alois Brunner und Josefine Brunner habe ich mit Ermächtigung des Führers beschlossen, von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch zu machen, sondern der Gerechtigkeit freien Lauf zu lassen. Berlin, den 22. August 1943.“
Was war das für eine Gerechtigkeit, Hohes Haus?
Oder die Ermordung des Majors Karl Biedermann in Wien, der in den letzten Kriegstagen zum Tode verurteilt worden ist?
Oder die Urteile der Erbgerichtshöfe? Die Anordnungen von Zwangssterilisierungen? (Abg. Scheibner: Kollege, die sind aber schon aufgehoben!) – Auch die werden jetzt erfasst, Kollege Scheibner. (Abg. Scheibner: Nein, die sind schon aufgehoben!) – Nein.
Ich lese aus einer Entscheidung vor:
„Im Namen des Deutschen Volkes! In dem Verfahren betreffend die Unfruchtbarmachung der ledigen Therese Zibusch, geboren am 7.8.1905 in Amaliendorf, wohnhaft Alt-Dietmanns, eheliche Tochter des Thomas Zibusch und der Marie, geborene Permesser, hat das Erbgesundheitsgericht Krems in der Sitzung vom 18.3.1944 durch den Amtsgerichtsrat Otto Brosch, den Amtsarzt Dr. Anton Gruss und den Arzt Dr. Leopold Tangl beschlossen: Die Therese Zibusch ist unfruchtbar zu machen.“
Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem heutigen Beschluss zu diesem Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz werden wir für Rechtsklarheit sorgen. Es wird Rechtssicherheit geben. Das Anerkennungsgesetz 2005 hat eben bestimmte Urteile der NS-Justiz – der NS-Terrorjustiz – nicht erfasst.
Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie einladen, dieser Vorlage auch zuzustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
20.49
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. Eingetragene Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.
20.49
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es handelt sich hier zweifellos
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