Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 219

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gesamte Wehrmacht kapituliert, aber nicht alle Verbände wollten sich daran halten. In Norwegen hat es eine Armeeeinheit gegeben, in der der Befehl ausgegeben wurde: Wir kämpfen weiter, das gilt für uns nicht! Außerdem gab es den klaren Befehl, auf dem Rückzug sämtliche Lappen, die man traf, zu erschießen, da sie verdächtigt wur­den, mit den Russen zusammenzuarbeiten. Dieser Befehl galt auch für sämtliche Nor­weger, die bewaffnet waren.

Die betroffenen Soldaten wussten, was es bedeutete, wenn sie diesem Befehl entspra­chen. Sie haben daher in einer kleinen Gruppe beschlossen, den militanten Nazi-Hauptmann zu ermorden. Sie haben das getan, haben sich auf die Flucht begeben, wurden von Nazi-Armeeeinheiten verfolgt, und der kleinere Teil der Gruppe – 11 Per­sonen – wurde tatsächlich wieder gefangengenommen. Meine Damen und Herren, noch am 9. Mai hat ein Wehrmachtsgericht vier davon zum Tode verurteilt, und am 10. Mai wurden diese Todesurteile – zwei Tage nach der Kapitulation der Wehrmacht – vollstreckt.

Können wir diesen Menschen einen Vorwurf machen? Haben wir das Recht, über sie zu richten, ihnen Gerechtigkeit und Rehabilitierung zu verwehren? Ich sage: Nein, sie gehören rehabilitiert!

Wer nicht zur Kenntnis nimmt, dass der kleinere Teil, dass nur ein sehr kleiner Teil der Deserteure physische Gewalt begangen hat, der steht schon unter dem Verdacht, dass es ihm um etwas anderes geht, nämlich darum, die Deserteure zu diskreditieren und damit den Widerstand gegen das NS-Regime zu diskreditieren. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Einen Namen möchte ich erwähnen, weil sein Träger einen wichtigen Beitrag geleistet hat: Das ist Professor Moos. Professor Moos hat die rechtspolitischen Überlegungen für den grünen Initiativantrag geliefert, der letztendlich auch inhaltlich in den nun vorlie­genden Antrag eingeflossen ist. Das waren wichtige Hilfestellungen, um diese umfas­sende Rehabilitierung tatsächlich zu erreichen.

Ein Name ist hier bereits gefallen, nämlich der von Richard Wadani. Er ist noch hier und hört dieser Debatte zu. Er ist der Ehrenobmann des Vereins Personenkomitee „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“. Er ist ein unermüdlicher Kämpfer ge­wesen, er hat nie aufgegeben. Wenn man ihm zuhört, weiß man, dass es nicht leicht war. Ich glaube, dafür muss man ihm Hochachtung und Dank aussprechen! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

In diesem Gesetz – ich komme darauf zurück – passiert das ausdrücklich. Es war im­mer interessant, ihm zuzuhören und zu hören, dass die Deserteure nicht verstehen konnten, dass sie einen Beitrag zur Befreiung Österreichs geliefert haben, dass sie einen Beitrag zur Beendigung des Krieges geliefert haben, dass sie dann aber im Nachkriegs-Österreich geächtet waren. Spätestens jetzt, mit diesem Gesetz, ist klar, dass sich diese Situation verändert hat. Die Republik hat sich deklariert: In diesem Ge­setz wird im § 4 ausdrücklich den Deserteuren und Opfern von NS-Unrechtsentschei­dungen ihre Achtung ausgesprochen. Das ist ein wichtiger Punkt!

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich aber noch ein paar andere Namen erwäh­nen, weil so ein Gesetz nicht möglich ist, wenn man nicht auch Verbündete in anderen Parteien hat, die mithelfen, hier etwas zu ändern. Allen voran gilt mein großer Dank Frau Nationalratspräsidentin Prammer, die sich öffentlich klar geäußert hat und dann – das glaube ich, auch wenn ich nicht immer hinter die Kulissen der anderen Parteien schauen kann – ein wichtiger Motor war, dass es zur Veränderung gekommen ist. (Bei­fall bei Grünen und SPÖ.)

Genauso hat es diese inhaltlichen Verbündeten in der Österreichischen Volkspartei ge­geben. Der Zweite Nationalratspräsident Neugebauer hat sich ebenfalls immer klar öf-


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