Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 155

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Das heißt, Sie wollen ja die politische Verzwergung Österreichs, die wir leider in der letzten Zeit beobachten, auf der europäischen Ebene fortsetzen. Und die Bundesregie­rung tut ihr Bestes in der Personalpolitik (Abg. Strache: Wir wollen ein föderales Euro­pa!), dieses Ziel zu befördern, Herr Strache. (Beifall bei den Grünen.)

Aber kurz zu den Beneš-Dekreten. Sie haben ja in einem Punkt recht: Die Beneš-De­krete – ein Teil der Beneš-Dekrete, muss man sagen –, ein Teil ist eindeutig men­schenrechtswidrig und grundrechtswidrig. (Ruf bei der FPÖ: Danke!) Meiner Meinung nach – und ich glaube, ich bin mit dieser Meinung nicht allein – hebt der Lissabon-Ver­trag die Beneš-Dekrete auch in diesem Teil nicht auf, aber er heißt sie auch nicht gut. Mit anderen Worten: Er ist neutral.

Nur: Ein Punkt interessiert mich schon, Herr Strache. Wenn Sie der Meinung sind, Sie, dass die Grundrechts-Charta im Rahmen des Lissabon-Vertrages eine große Bedeu­tung als Hebel für die Aufhebung der Beneš-Dekrete hätte, dann frage ich mich echt: Wieso haben Sie dem Lissabon-Vertrag nicht zugestimmt, wenn Ihnen das so wichtig ist? (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein! Eine Verfassungsklage wird eingebracht!) Das wäre doch dann der Hebel. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Noch etwas, Herr Strache: Ab 1. Dezember ist der Lissabon-Vertrag in Kraft! Die Grundrechts-Charta gilt in diesem noch unbestimmten, aber langen Zeitfenster auch für Tschechien. Probieren Sie es vor dem EuGH! Jetzt gilt der Lissabon-Vertrag. (Abg. Strache: Wir bringen eine Verfassungsklage ein!) – Ja, das ist in Ordnung. In Tschechien, oder wo? (Heiterkeit bei der ÖVP.) Vor dem EuGH? In Österreich wollen Sie die Beneš-Dekrete bekämpfen? Na, bitte! (Heiterkeit. – Abg. Strache: Gegen den Lissabon-Vertrag, Herr Van der Bellen! Eine Volksabstimmung wurde verweigert! Das ist verfassungswidrig!)

Den Lissabon-Vertrag, der Ihrer Meinung nach angeblich einen Hebel gegen die Be­neš-Dekrete bietet, den wollen Sie in Österreich bekämpfen?! Das erklären Sie einmal einem einigermaßen logisch begabten Menschen. (Abg. Strache: ... das noch immer nicht ...! Das ist österreichische ...!)

So: Jetzt komme ich zur ÖVP, zur Österreichischen Volkspartei. (Abg. Strache: Sie können doch nicht alle herunterdodeln, Herr Professor, mit Ihrer abgehobenen Art und Weise, die Sie wählen! Das nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass die Vorgangs­weise des Vertrages von Lissabon ...!) – Wenn ich Sie anschaue, Herr Strache – ent­schuldigen Sie, wenn ich das sage –, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als abgeho­ben zu wirken. Sorry! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich danke für den Applaus, auch in den Reihen der Volkspartei, aber jetzt ziehe ich über die Volkspartei her. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Schauen Sie: Sie haben in Ihren Reihen einen ehemaligen Bundeskanzler, der auch ehemaliger Außenminister und ehemaliger Wirtschaftsminister und was weiß ich was noch war. Kommt er als Kommissar in Frage? Spielte er in diesem Spiel eine Rolle? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen einen Vizekanzler a. D., der Umwelt- und Landwirtschafts­minister war, der Finanzminister war. Wurde er als Kommissar benannt? – Nein!

Sie haben in Ihren Reihen eine ehemalige Außenministerin, die jetzt EU-Kommissarin für Außenbeziehungen ist, und eine weitere ehemalige Außenministerin, die ohne wei­teres in Frage gekommen wäre. Werden sie als Kommissarinnen benannt? – Nein.

Benannt wird ein profilloser und erfolgloser Wissenschaftsminister. Das ist die Perver­tierung des Gedankens, den ich von Ihrer Seite immer wieder höre: Leistung muss sich


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