Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 48

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müssen warten, bis ein Bescheid kommt –, so ist das eigentlich Rechtsverweigerung. (Abg. Scheibner: Aber nicht fünf Mal berufen, damit es möglichst lange dauert!)

Ich frage mich: Wer in unserem Land soll etwas davon haben, wenn eine mustergültig integrierte Familie (Abg. Scheibner: „Super“ integriert!), wenn ein 17-jähriges Mädchen und zwei andere minderjährige Kinder, die keine andere Heimat als Österreich kennen (Abg. Weinzinger: Wo das alle machen!), die den Großteil ihres Lebens hier verbracht haben, wenn diese Leute um jeden Preis aus diesem Land rausgerissen und um jeden Preis abgeschoben werden sollen? (Rufe beim BZÖ: Unerträglich!) Wem bringt das etwas, außer vielleicht der Frau Innenministerin, die sich offensichtlich mit diesem Fall zu profilieren versucht, die versucht zu zeigen, dass sie genauso hart sein kann wie die FPÖ und das BZÖ? (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte abschließen mit den Worten eines Facharztes für Chirurgie, der mir seinen Brief geschickt hat, den er vor zwei Jahren an Minister Platter gesendet hat. Er schreibt:

„In Zusammenhang mit dem Mädchen Arigona erlaube ich mir Ihnen einige Gedanken mitzuteilen.“ – Der Brief ist an Platter gerichtet, wie gesagt.

„Sie haben als jüngerer Mann im Gegensatz zu uns Älteren eine Zeit nicht erlebt, in der gut integrierte Menschen gegen ihren Willen das Land Österreich – damals Ostmark – verlassen mussten oder abtransportiert wurden. Alles war den damals gültigen Geset­zen entsprechend.“

(Abg. Scheibner: Das ist doch eine Frechheit, was Sie da bringen!)

Ich zitiere weiter: „Viele nahmen dies als unabwendbar an, andere beendeten aus Verzweiflung ihr Leben (...).“

(Ruf bei der FPÖ: Schämen Sie sich für diesen Vergleich!)

„Sind wir heute in unserem Staat schon wieder in einer ähnlichen Situation?“ (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin! Das ist eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen! Da muss man eingreifen!) „Sie handeln – wie Sie sagen – dem Gesetz entsprechend. Kennen wir nicht alle die Sätze: ,Ich habe nur meine Pflicht getan‘ oder ,Wir haben ein Gesetz und nach dem muß er sterben‘ zur Genüge?“ (Abg. Mag. Stadler: Das braucht sich die Frau Ministerin nicht gefallen zu lassen! Das ist degoutant!) „Steht das Gesetz wirklich über der Menschlichkeit? Ist die Selbstmorddrohung des Mädchens wirklich ein Erpressungsversuch“ (anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ) „oder eine Ver­zweiflungsäußerung? Stellen Sie sich bitte Ihr weiteres Leben nach Ihrem kurzen Ministerdasein mit der Belastung vor, wenn das Mädchen diese Drohung in die Tat umsetzt!“ (Abg. Rädler: Erpressung!) „Immer noch hat eine Entscheidung gegen die Menschlichkeit – auch wenn sie gesetzeskonform war – eine nachhaltige Rückwirkung auf den Entscheidungsträger gehabt – so dieser ein Gewissen hat.“ (Beifall bei den Grünen.)

„Sie und nur Sie müssen sich nach Ihrem kurzen Ministerinterregnum noch mit gutem Gefühl in den Spiegel schauen können.“ (Abg. Mag. Stadler: Frau Präsidentin! Diesen degoutanten Vergleich braucht sich die Ministerin nicht gefallen zu lassen!)

„Dieser Brief soll nur ein gut gemeinter Rat eines alten Arztes sein.“ (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Graf: Das ist eine Frechheit! Unglaublich!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben als Nationalrat und als Gesellschaft die Möglichkeit, uns für einen menschlichen Umgang miteinander zu entscheiden. (Prä-


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