Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 243

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Minderheitenrechte im Untersuchungsausschuss gegeben. Dann haben die Regie­rungsparteien im Blitzverfahren das Gesetz eingebracht. Es gab aber wieder keinen Gesprächskontakt mit den Oppositionsparteien, zumindest nicht mit den Grünen. Und jetzt liegt das Gesetz hier!

Anzunehmen, dass man uns zuerst ein halbes Jahr nicht kontaktiert und dass wir uns dann hinstellen und zustimmen, ist Illusion! Das hat gar nichts mit der Frage des Zwei­drittelmehrheitsboykotts im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss zu tun. Vielmehr ist es grundsätzlich politisch naiv, zu glauben, dass man so zu Verfassungs­mehrheiten kommt. Und das weiß die Bundesregierung! Offensichtlich war es aller­dings ein kalkuliertes Ziel, hier ein paar Gesetze politisch an die Wand zu fahren und dann draußen in der Öffentlichkeit herumzulaufen und zu verkünden, dass die Opposi­tion nicht ordentlich mitarbeitet.

Wir stimmen dem Gesetz, unabhängig von allen Boykottaufrufen, die es irgendwo ge­ben mag, nicht zu, weil dieses Gesetz den Herausforderungen nicht gerecht wird. Die private Videoüberwachung ist ein zunehmendes Problem. Was aber geschieht in die­sem Gesetz? – In diesem Gesetz wird dieser Wildwuchs einfach legitimiert, und es wird sich am Problem nichts ändern.

Das ist relativ leicht zu sehen, wenn man sich anschaut, was der Zweck der zulässigen Videoüberwachung ist, nämlich sämtliche rechtliche Sorgfaltspflichten. Das heißt, wenn ich ein Haus habe und Eigentümer eines Gehsteiges bin und eine Videokamera auf­hänge, um den Gehsteig zu beobachten, dann ist eine Videoüberwachung schon legiti­miert.

Nächster Punkt: Kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse wird verletzt, wenn ein Verhalten gesetzt wird, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet ist, öffentlich wahrgenommen zu werden. – Wenn ich also etwa über die Kärntner Straße gehe, ist das zweifelsohne der Fall. Damit setze ich schon ein Verhal­ten, das nicht schützenswert ist.

Im Hinblick darauf frage ich mich, wann dieses Gesetz überhaupt noch einen Schutz entfaltet! Es muss offensichtlich ins Schlafzimmer des Nachbarn gefilmt werden, damit man vom Gesetz geschützt wird!

Rechtsschutz ist überhaupt klein geschrieben. Wie jemand seine Kameras aufhängt, wird gar nicht kontrolliert. Im Bauverfahren gibt es eine Baubehörde, die kontrolliert, wie man baut, beziehungsweise einen Abbruchbescheid erlässt. Bei der Videoüberwa­chung ist jedoch alles anders. Niemand kontrolliert, wie jemand eine Kamera aufhängt, und wenn sie irgendwohin filmt, sagt niemand, dass das verboten ist. Der Einzelne muss dann zu Gericht laufen und eine Unterlassungsklage einbringen. So schlecht ist der Rechtsschutz ausgebaut!

In Wirklichkeit brauchen wir eine Behörde, die kontrolliert und gegebenenfalls auch das Abmontieren einer Videokamera, die verbotener Weise filmt, verlangt.

In diesem Sinne stimmen wir diesem Gesetz nicht zu. Das hat gar nichts mit der Zwei­drittelmehrheitsfrage im Untersuchungsausschuss zu tun. Das wäre ein zusätzliches Argument, greift aber in diesem Fall nicht.

Um es deutlich auszusprechen: Wenn ihr in drei Monaten kommt und möglicherweise der Untersuchungsausschuss und die Minderheitenrechte ausgeräumt sind, braucht ihr nicht glauben, dass ihr unsere Zustimmung bekommt, ohne dass verhandelt wird. Wenn ihr in drei Monaten kommt, dann kommt rechtzeitig und verhandelt mit uns! Zum Nulltarif gibt es nichts! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.48

 


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